Impfungen gehören zu den bedeutendsten Errungenschaften der modernen Medizin und haben zur Ausrottung verschiedener Krankheiten beigetragen. Neben dem Schutz vor spezifischen Erkrankungen zeigen Studien, dass Impfungen auch positive Nebeneffekte haben können, wie z. B. den Schutz vor Schlaganfällen. Der folgende Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Impfungen und dem Schlaganfallrisiko, basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen und Expertenmeinungen.
Erhöhen Virusinfektionen das Schlaganfallrisiko?
Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Virusinfektionen wie Grippe oder COVID-19 das Risiko für schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen kurz nach der Ansteckung drastisch erhöhen können. Eine Metastudie der University of California analysierte über 52.000 Studien aus den Jahren 1997 bis 2024 und kam zu dem Schluss, dass besonders nach einer Grippe das Risiko für einen Schlaganfall in den ersten vier Wochen um das Fünffache erhöht ist. Auch das Coronavirus erhöht das Risiko eines Herzinfarkts um das 3,1-Fache und das eines Schlaganfalls um das 2,9-Fache. Andere Viren wie HIV, Hepatitis C oder Gürtelrose können ebenfalls das Risiko erhöhen, wenn auch weniger stark.
Der Grund dafür liegt in der Reaktion des Immunsystems auf Infektionen. Dabei werden Entzündungsstoffe freigesetzt und die Blutgerinnung aktiviert, was das Herz-Kreislauf-System stark belasten kann.
COVID-19-Impfung und Schlaganfallrisiko
Entgegen anfänglicher Bedenken hat sich gezeigt, dass eine Impfung gegen SARS-CoV-2 das Risiko für einen Schlaganfall nicht erhöht. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) verweist auf mehrere Studien, die dies belegen. Eine Auswertung des „French National Health Data System“ ergab beispielsweise keine Assoziation zwischen mRNA-Impfstoffen und dem Auftreten schwerer kardiovaskulärer Komplikationen wie Schlaganfällen.
Studienergebnisse im Detail
Eine in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlichte Übersichtsarbeit wertete 2 randomisierte Studien, 3 Kohortenstudien und 11 registerbasierte Studien aus. Insgesamt wurden 17.481 Fälle ischämischer Schlaganfälle bei 782.989.363 Impfungen erfasst. Die Schlaganfallrate betrug 4,7 Fälle pro 100.000 Impfungen, was mit der Rate in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar ist.
Lesen Sie auch: Schützt die Corona-Impfung vor Schlaganfall?
Eine weitere Studie untersuchte, wie häufig nach der ersten und zweiten Gabe von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 bei Menschen im Alter von 18 bis 75 Jahren kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkte, Lungenembolien oder Schlaganfälle) auftraten. Die Studie zeigte, dass es keine Assoziation zwischen mRNA-Impfstoffen und dem Auftreten dieser schweren kardiovaskulären Komplikationen gab.
Die Bedeutung der Ergebnisse
Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung, da sie die anfängliche Sorge zerstreuen, dass COVID-19-Impfstoffe das Schlaganfallrisiko erhöhen könnten. Stattdessen deuten die Daten darauf hin, dass die Impfung vor Schlaganfällen schützen kann, da eine SARS-CoV-2-Infektion selbst mit einer höheren Schlaganfallrate einhergeht.
Weitere Impfungen und ihr Einfluss auf das Schlaganfallrisiko
Neben der COVID-19-Impfung gibt es auch Hinweise darauf, dass andere Impfungen das Schlaganfallrisiko beeinflussen können.
Grippeimpfung (Influenza)
Eine Grippeimpfung kann das Risiko für einen Schlaganfall senken. Britische Forscher fanden heraus, dass das Schlaganfallrisiko in den ersten drei Tagen nach der Impfung um 55 Prozent geringer war als bei Menschen ohne Grippeimpfung. Auch nach zwei Monaten war das Risiko noch um 17 Prozent reduziert. Dies könnte daran liegen, dass akute Atemwegserkrankungen wie die Grippe einen Schlaganfall begünstigen können.
Gürtelrose-Impfung (Herpes zoster)
Eine Impfung gegen Gürtelrose kann ebenfalls das Schlaganfallrisiko senken. Australische Forscher analysierten die Daten von über 1,6 Millionen US-Bürgern im Alter von über 66 Jahren und stellten fest, dass die Impfung das Risiko für einen akuten ischämischen Schlaganfall um 17 Prozent und für einen hämorrhagischen Schlaganfall um zwölf Prozent senken konnte. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Menschen nach einer Gürtelrose-Infektion ein erhöhtes Schlaganfallrisiko haben.
Lesen Sie auch: Alles über Herpes-Meningitis
Impfungen und Alzheimer-Prävention
Einige Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Impfungen auch vor Alzheimer schützen können. Eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2023 verglich geimpfte und ungeimpfte Personen über 65 Jahre und stellte fest, dass geimpfte Personen seltener an Alzheimer erkrankten. Dies galt für Impfungen gegen Tetanus-Diphtherie-Pertussis, Gürtelrose und Pneumokokken.
Empfehlungen und Vorsichtsmaßnahmen
Trotz der positiven Auswirkungen von Impfungen ist es wichtig, einige Empfehlungen und Vorsichtsmaßnahmen zu beachten:
- COVID-19-Impfung: Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt weiterhin eine Basisimmunität durch mindestens drei Impfungen allen Personen ab 18 Jahren.
- Grippeimpfung: Die STIKO empfiehlt die Grippeimpfung allen Menschen ab 60 Jahren und allen Schwangeren ab dem zweiten Trimester ihrer Schwangerschaft.
- Gürtelrose-Impfung: Die STIKO empfiehlt eine Impfung gegen Gürtelrose ab 60 Jahren.
- Patienten unter Antikoagulation: Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen, sollten vor der Impfung ihren Arzt konsultieren. Die Impfung sollte intramuskulär erfolgen, und die Einstichstelle sollte nach der Impfung mindestens zwei Minuten fest komprimiert werden.
Die Rolle von Gesundheitsfachkräften
Alle Angehörigen von Gesundheitsberufen sind dazu aufgerufen, die Bevölkerung proaktiv über den Nutzen von Impfungen aufzuklären. Insbesondere bei älteren Menschen besteht oft eine ablehnende Haltung gegenüber Impfungen, die auf falschen Informationen, Angst vor Nebenwirkungen oder Misstrauen gegenüber dem Gesundheitswesen beruhen kann. Es ist daher entscheidend, das Bewusstsein für Impfungen zu stärken, um diese Hochrisikogruppe vor vermeidbaren Infektionen und deren schwerwiegenden Folgen zu schützen.
Fazit
Die aktuelle Studienlage deutet darauf hin, dass Impfungen nicht nur vor den Krankheiten schützen, gegen die sie entwickelt wurden, sondern auch zusätzliche Vorteile bieten können, wie z. B. den Schutz vor Schlaganfällen und möglicherweise sogar Alzheimer. Es ist jedoch wichtig, sich von einem Arzt beraten zu lassen und die empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Durch eine umfassende Aufklärung und eine hohe Impfbereitschaft kann die Gesundheit der Bevölkerung nachhaltig verbessert werden.
Ausblick
Die Forschung in diesem Bereich ist noch nicht abgeschlossen. Zukünftige Studien müssen die Mechanismen, die für die positiven Auswirkungen von Impfungen auf das Schlaganfallrisiko verantwortlich sind, genauer untersuchen. Es ist auch wichtig, die Auswirkungen von Impfungen auf verschiedene Bevölkerungsgruppen und unter verschiedenen Bedingungen zu untersuchen. Nur so kann das volle Potenzial von Impfungen zur Prävention von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit ausgeschöpft werden.
Lesen Sie auch: Seltene Fälle von Meningitis nach Impfung
Die Bedeutung der Prävention
Schlaganfälle sind weltweit eine der Hauptursachen für Tod und Behinderung. Viele Schlaganfälle wären durch Präventivmaßnahmen vermeidbar. Neben Impfungen spielen auch andere Faktoren eine wichtige Rolle, wie z. B. die Kontrolle von Bluthochdruck, Diabetes und Cholesterinspiegel, eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und der Verzicht auf das Rauchen. Durch eine Kombination aus Impfungen und einem gesunden Lebensstil kann das Schlaganfallrisiko deutlich reduziert werden.
tags: #impfung #schlaganfall #risiko