EEG in der Demenzdiagnostik: Ein umfassender Überblick

Demenzerkrankungen stellen eine wachsende Herausforderung für die alternde Bevölkerung dar. Da die meisten Demenzerkrankungen schleichend beginnen und oft lange unbemerkt bleiben, ist eine frühzeitige und präzise Diagnose von entscheidender Bedeutung. Die Elektroenzephalographie (EEG) hat sich als eine vielversprechende Methode zur Unterstützung der Demenzdiagnostik etabliert, insbesondere bei der Früherkennung und Differenzierung verschiedener Demenzformen.

Bedeutung der Früherkennung von Demenz

Viele Menschen mit Gedächtnisstörungen sind stark verunsichert und versuchen, ihre Schwächen zu verbergen. Eine frühe Diagnose hilft, die Ursache für Gedächtnisstörungen zu identifizieren und ermöglicht es den Betroffenen und ihren Familien, sich auf die Zukunft vorzubereiten und Behandlungsstrategien zu entwickeln, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.

Der Weg zur Diagnose: Ein Überblick

Wenn sich Gedächtnis oder andere kognitive Fähigkeiten dauerhaft und auffällig verschlechtern, ist der Hausarzt oft die erste Anlaufstelle.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Zunächst findet ein Anamnese-Gespräch statt, in dem der Arzt nach aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen, Medikamenten und möglichen Risikofaktoren fragt. Im Anschluss folgt eine allgemeine körperliche Untersuchung.

Kognitive Tests

Kognitive oder neuropsychologische Tests geben wichtige Hinweise auf das Vorliegen einer Demenzerkrankung. Diese Tests untersuchen verschiedene Bereiche der kognitiven Funktion, einschließlich Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und exekutive Funktionen.

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Einfache Kurztests, bei denen sich Patienten beispielsweise drei Wörter merken und anschließend Rechenaufgaben lösen müssen, können erste Hinweise liefern. Ausführlichere Gedächtnistests, wie das Lernen und Abrufen von Wortlisten, werden in spezialisierten Gedächtnisambulanzen durchgeführt.

Bildgebende Verfahren

Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) sind essenziell, um strukturelle Veränderungen im Gehirn zu erkennen, die auf bestimmte Demenzformen hinweisen können. Bei der frontotemporalen Demenz beispielsweise ist der Abbau im Stirn- oder Schläfenlappen typisch. Bei der vaskulären Demenz zeigen MRT-Aufnahmen Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen oder Schlaganfälle.

Weitere Untersuchungen

Welche weiteren Untersuchungen sinnvoll sind, hängt von der vermuteten Demenzform ab. Bei der Alzheimer-Diagnostik steht der Nachweis bestimmter Biomarker im Vordergrund - etwa im Nervenwasser (Liquor) oder Blut. Bei anderen Demenzformen kommen teilweise andere Verfahren zum Einsatz.

  • Alzheimer-Krankheit: Der Nachweis bestimmter Proteine (Amyloid-beta, Tau) im Nervenwasser oder Blut kann die Diagnose absichern.
  • Frontotemporale Demenz: Bildgebende Verfahren (MRT) sind besonders wichtig, um den für diese Form typischen Abbau im Stirn- oder Schläfenlappen zu erkennen.
  • Lewy-Körperchen-Demenz: Hier helfen zusätzliche Untersuchungen, etwa zur Beweglichkeit oder zum Schlafverhalten. Auch spezielle bildgebende Verfahren wie DAT-SPECT oder MIBG-Szintigrafie können zum Einsatz kommen.
  • Vaskuläre Demenz: Die Diagnose basiert auf MRT-Aufnahmen, die Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen oder Schlaganfälle zeigen.

Die Rolle des EEG in der Demenzdiagnostik

Die Elektroenzephalographie (EEG) ist eine nicht-invasive Methode, die die elektrische Aktivität des Gehirns über Elektroden auf der Kopfhaut misst. Sie kann Veränderungen in den Hirnströmen aufzeigen, die mit Demenzerkrankungen einhergehen.

EEG-Veränderungen bei Demenz

Bei Demenzerkrankungen können im EEG verschiedene Veränderungen auftreten, darunter:

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  • Verlangsamung des Grundrhythmus: Der Alpha-Rhythmus, der normalerweise im EEG von wachen und entspannten Personen dominiert, kann sich verlangsamen.
  • Zunahme der Theta- und Delta-Aktivität: Diese langsameren Frequenzbereiche nehmen im EEG zu, was auf eine verminderte kortikale Aktivität hindeutet.
  • Abnahme der Kohärenz: Die Synchronisation der elektrischen Aktivität zwischen verschiedenen Hirnregionen kann abnehmen, was auf eine gestörte Kommunikation zwischen den Hirnarealen hindeutet.

QEEG: Quantitative EEG-Analyse

Die quantitative EEG-Analyse (QEEG) ist eine computergestützte Methode, die EEG-Daten quantifiziert und analysiert. Sie kann subtile Veränderungen in den Hirnströmen aufdecken, die mit dem bloßen Auge möglicherweise nicht erkennbar sind. QEEG kann dazu beitragen, Demenzerkrankungen frühzeitig zu erkennen und zwischen verschiedenen Demenzformen zu differenzieren.

EEG bei verschiedenen Demenzformen

Verschiedene Demenzformen können unterschiedliche EEG-Muster aufweisen:

  • Alzheimer-Krankheit: Eine Zunahme der Theta-Aktivität gilt als sensitivster Parameter. Kohärenzanalysen können eine Differenzierung von vaskulärer Schädigung erlauben.
  • Lewy-Körperchen-Demenz: Starke Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit und der Aufmerksamkeit sind kennzeichnend.
  • Vaskuläre Demenz: Verlangsamung, Denkschwierigkeiten oder Stimmungslabilität stehen im Vordergrund.
  • Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Charakteristische Veränderungen im EEG helfen, die Diagnose zu sichern.

Der "Fastball"-Test: Ein neuer Ansatz zur Früherkennung von Alzheimer

Der "Fastball"-Test ist eine neue EEG-basierte Methode, die von britischen Forschern entwickelt wurde, um Alzheimer frühzeitig zu erkennen. Dabei werden den Patienten in schneller Folge Bilder von Alltagsobjekten gezeigt, während ihre Hirnströme aufgezeichnet werden. Das EEG-Muster verrät dann, ob ihre gedächtnisgestützte Erkennung bereits gestört ist oder nicht.

In einer Pilotstudie konnte der "Fastball"-Test Alzheimer-Patienten mit einer Treffsicherheit von 86 Prozent identifizieren, während klassische psychologische Tests nur eine Treffsicherheit von 63 Prozent erreichten. Die Wissenschaftler hoffen, dass dieser Test die Alzheimer-Diagnose um bis zu fünf Jahre nach vorne verschieben kann.

Differenzialdiagnostik mit EEG

Das EEG kann auch bei der Differenzialdiagnostik von Demenz helfen, insbesondere bei der Unterscheidung zwischen Delir und Demenz.

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EEG bei Delir

Beim Delir zeigen sich im EEG typischerweise eine okzipitale Grundrhythmusverlangsamung, eine Zunahme der Theta/Delta-Aktivität, frontale intermittierende rhythmische Deltaaktivität (FIRDA) und eine fehlende Aktivierungsreaktion.

EEG zur Unterscheidung von Delir und Demenz

Eine besondere Herausforderung stellt die Differentialdiagnose zwischen Delir und Demenz dar, insbesondere bei Patienten mit vorbestehender Demenz. Studien untersuchen, ob das EEG eine Differenzierung der funktionellen, reversiblen Enzephalopathie (Delir) von der degenerativen Enzephalopathie (Demenz) ermöglicht. Eine zusätzliche einfache Daueraktivierung (3 Minuten geöffnete Augen) kann die Diagnosegenauigkeit verbessern.

Weitere Demenzformen und ihre Diagnostik

Neben der Alzheimer-Krankheit gibt es weitere Demenzformen, die unterschiedliche Ursachen und Symptome haben.

Vaskuläre Demenz

Die vaskuläre Demenz entsteht durch Durchblutungsstörungen des Gehirns, die zum Absterben von Nervenzellen führen. Risikofaktoren sind Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes mellitus, ein hoher Cholesterinspiegel, Übergewicht, Bewegungsmangel und Rauchen. Die Symptome können denen der Alzheimer-Krankheit ähneln, es können aber auch körperliche Störungen wie Taubheitsgefühle oder Lähmungserscheinungen auftreten.

Lewy-Körperchen-Demenz

Die Lewy-Körperchen-Demenz ähnelt der Alzheimer-Krankheit stark, wodurch sie schwer voneinander zu unterscheiden sind. Kennzeichnend sind starke Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit und der Aufmerksamkeit, optische Halluzinationen und leichte Parkinsonsymptome.

Morbus Parkinson mit Demenz

Bei etwa einem Drittel der Patienten mit Morbus Parkinson entwickelt sich im späten Stadium zusätzlich eine Demenz. Die Behandlung erfolgt symptomatisch mit Medikamenten, die spezifisch gegen die Akinese und den Tremor wirken. Treten Demenzsymptome hinzu, sprechen diese nach neueren Untersuchungen auf die Behandlung mit einem Antidementivum (Rivastigmin) an.

Frontotemporale Demenz (FTD)

Die frontotemporale Demenz (FTD) umfasst eine Gruppe von Demenzerkrankungen, die vor allem den Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns betreffen. Es gibt verschiedene Formen der FTD, die sich in ihren Symptomen und ihrem Verlauf unterscheiden. Häufige Symptome sind Verhaltensänderungen, Sprachstörungen und Störungen der exekutiven Funktionen.

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist eine sehr seltene, aber rasch fortschreitende Demenz, die typischerweise von motorischen Störungen in Form von Myoklonien (Muskelzuckungen) und Ataxie (Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen) begleitet ist. Charakteristische Veränderungen im EEG helfen, die Diagnose zu sichern.

Korsakow-Syndrom

Das Korsakow-Syndrom tritt insbesondere als ausgeprägte Merkfähigkeitsstörung in Erscheinung. Die Betroffenen haben die Fähigkeit verloren, neue Informationen zu speichern (anterograde Amnesie) und entwickeln gleichzeitig die Tendenz, die entstehenden Gedächtnislücken mit frei erfundenen Geschichten zu füllen (Konfabulation). Die häufigste Ursache ist ein jahrelanger übermäßiger Alkoholkonsum.

Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE)

Die Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE) ist eine seltene fortschreitende degenerative Erkrankung des Gehirns, die bei Menschen auftritt, die wiederholten leichtgradigen Schädeltraumen ausgesetzt waren. Typischerweise tritt eine CTE bei Sportlern auf, die während ihrer Karriere zahlreiche Schläge oder Stöße gegen den Kopf erlitten haben.

Die Zukunft der Demenzdiagnostik

Weltweit arbeiten Demenzforscherinnen und -forscher daran, die Diagnostik von Demenzerkrankungen zu verbessern. Ein wichtiges Ziel ist es, Demenzerkrankungen wie Alzheimer früher zu erkennen. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist die korrekte Abgrenzung von Demenzerkrankungen. Die Forschung arbeitet daran, auch diese Diagnosen frühzeitig und eindeutig zu ermöglichen.

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