Ein eingeklemmter Nerv in der Halswirbelsäule (HWS) kann sehr schmerzhaft sein und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Typische Symptome sind Schmerzen, Kribbeln, Taubheit oder Schwäche, die meist im Nacken, in der Schulter, im Arm oder in der Hand auftreten. Glücklicherweise sind die Beschwerden in vielen Fällen gut behandelbar, vor allem wenn man frühzeitig reagiert. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten eines eingeklemmten Nervs in der HWS.
Was ist ein eingeklemmter Nerv?
Umgangssprachlich wird der Begriff "eingeklemmter Nerv" oft für plötzliche Schmerzen verwendet, die sich anfühlen, als hätte sich tatsächlich ein Nerv "eingeklemmt". Medizinisch gesehen handelt es sich jedoch meist um Druckschäden an Nerven. Ein Nerv wird durch umliegendes Gewebe wie Muskeln, Knochen oder Sehnen zusammengedrückt. Dies kann verschiedene Ursachen haben. Häufig betroffen ist der Karpaltunnel am Handgelenk, durch den die Beugesehnen der Finger und der Mittelnerv verlaufen. Auch bei Bandscheibenvorfällen mit Nervenschädigungen spricht man oft von einem eingeklemmten Nerv.
Ursachen für einen eingeklemmten Nerv in der HWS
Ein eingeklemmter Nerv im Nacken- oder Halswirbelsäulenbereich (HWS) ist häufig die Folge einer mechanischen Kompression, Reizung oder Schädigung der Nervenwurzeln, die aus der Halswirbelsäule austreten. Diese Einklemmungen können zu Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und neurologischen Symptomen führen. Die Ursachen sind vielfältig und können sowohl degenerative als auch funktionelle Gründe haben:
- Haltungsprobleme und Fehlbelastungen: Eine schlechte Haltung, wie z. B. ein Rundrücken oder das Vorstrecken des Kopfes (z. B. bei der Nutzung von Smartphones, sogenannter "Handynacken"), kann zu einer Überlastung der Nackenmuskulatur führen. Häufiges Arbeiten im Sitzen und eine hohe Bildschirmnutzung im Alltag tragen dazu bei, dass die Halswirbelsäule (HWS) immer längere Zeit in der gleichen Stellung verharren muss. Dabei wirken enorme Kräfte: Bei 45 Grad Kopfneigung können bis zu 30 Kilo auf die sieben Halswirbel drücken. Auch falsches Liegen und eine ungeeignete Schlafumgebung können zu Verspannungen und Schmerzen im Nackenbereich führen.
- Überlastung: Vor allem das zu schnelle oder ruckartige Drehen des Kopfes und das schnelle Wegducken kann zu sich schnell verhärtenden Muskeln führen, die dann auf einen Nerven im Bereich des Nackens drücken und diesen komprimieren.
- Wiederholte Bewegungen und einseitige Belastungen: Die Beschwerden entstehen oft durch wiederholte Bewegungen, einseitige Belastungen oder langanhaltende Fehlhaltungen. Arbeiten mit ständig gebeugtem Handgelenk kann beispielsweise zu einem Karpaltunnelsyndrom führen.
- Degenerative Veränderungen: Im Alter lässt die Elastizität der Bandscheibenhülle nach und sie kann Risse bekommen. Man spricht dann von einer degenerierten Bandscheibe. Bei einem Bandscheibenvorfall durchbricht der Gallertkern den geschwächten Faserknorpelring und kann auf die Nervenwurzeln der Spinalnerven drücken. Am häufigsten von einem HWS-Bandscheibenvorfall sind die Halswirbelkörper C5 und C6 bzw. C6 und C7 betroffen. Auch bei einer Spondylarthrose verschleißt die dünne Knorpelschicht der Gelenkflächen zwischen den einzelnen Halswirbeln.
- Spinalkanalstenose: Bei einer Spinalkanalstenose der Halswirbelsäule wird das Rückenmark in drei Segmenten eingeengt. Für den verringerten Durchmesser können ein Bandscheibenvorfall oder knöcherne Anbauten (Spondylophyten) verantwortlich sein. Die Verengung sorgt für eine Kompression des Rückenmarks oder des Spinalnerven, letztere meist einseitig.
- Verletzungen: Brüche (Frakturen) im Bereich der Halswirbel entstehen entweder durch Unfälle, Gewalteinwirkung oder durch eine Erkrankung, die die Knochensubstanz schädigt. Dazu zählen Knochenschwund (Osteoporose), Knochentumore und -metastasen.
- Weitere Risikofaktoren: Schwere, körperliche Arbeit, körperliche Veränderungen während der Schwangerschaft, chronischer Stress und psychische Anspannung können ebenfalls zu Nacken- oder Rückenschmerzen führen.
Symptome eines eingeklemmten Nervs in der HWS
Das Leitsymptom eines eingeklemmten Nerven im Nacken ist der lokaler Schmerz in dem Bereich, wo es zu einer Einklemmung gekommen ist. Der Schmerz ist einschießend und lässt den Betroffenen in der Regel sofort die gerade durchgeführte Bewegung stoppen. Sehr typisch für den eingeklemmten Nerven ist, das man den Kopf nicht mehr drehen kann und führt zu einem steifen Nacken. Meistens strahlen die Schmerzen dann auch in angrenzende Bereiche wie die Schulter ein. Manchmal können die Schmerzen auch so stark sein, dass sie bis in die Arme ausstrahlen. Je nachdem, welcher Nerv von der Einklemmung betroffen ist, kann es an unterschiedlichen Stellen zu einem Kribbeln oder zu einem Taubheitsgefühl kommen. Schmerzbedingt, aber auch durch die gereizten Nerven, verspüren die Patienten mitunter auch eine Bewegungsbeeinträchtigung. So können die gewohnten, herkömmlichen Bewegungen manchmal nur noch eingeschränkt durchgeführt werden. Hier sind vor allem Bewegungen der oberen Extremität von betroffen. Das Heben der Arme könnte genauso beeinträchtigt sein wie das Greifen.
Die Schmerzen, die durch einen eingeklemmten Nerv ausgelöst werden, fühlen sich brennend, beißend und ziehend an. Sie starten zunächst direkt nach der Einklemmung lokal im Bereich des Nackens und sind vor allem zunächst bei Bewegung auszulösen. Die Schonhaltung wiederum führt zu einer weiteren Verhärtung der Muskeln und dieses wiederum zu einer weiteren Nervenreizung. Bei starken Einklemmungen des Nerven kann es auch zu einem Ruheschmerz kommen. Der Schmerz strahlt über den seitlichen Hals oftmals auch in umliegende Bereiche, meistes der Arme oder der Schultern ein. Ein typisches Symptom für einen eingeklemmten der Nerv der HWS ist, dass der Betroffenen den Kopf nicht mehr drehen kann. Ursächlich hierfür ist die verspannte Muskulatur im Nacken.
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Weitere Symptome können sein:
- Nackenschmerzen, die in die Schulter und in den Arm ausstrahlen
- Kopfschmerzen, die vom Hinterhaupt helmartig bis zur Stirn ausstrahlen
- Schwindel, Benommenheit, Sehstörungen oder sogar Übelkeit
- Taubheitsgefühle in Armen und Händen, vor allem Daumen und Zeigefinger können betroffen sein
- Blockade der Halswirbelsäule, die sich in Kopfschmerzen und einem "steifen Nacken" äußert
Diagnose eines eingeklemmten Nervs in der HWS
Zunächst erfolgt eine gründliche Anamnese (Gespräch mit dem Patienten) und körperliche Untersuchung durch einen Neurologen oder Orthopäden. Dabei werden die Beweglichkeit und Funktionalität der Wirbelsäule und der einzelnen Zwischenwirbelgelenke geprüft. Auch die Muskulatur wird auf Verspannungen, Verhärtungen und druckschmerzhafte Stellen abgetastet. Außerdem testet der Arzt Gefühl, Kraft und Reflexe in den Armen.
Weitere diagnostische Maßnahmen können sein:
- Röntgenaufnahme: Um Verletzungen, Verschleißerscheinungen oder Veränderungen der Wirbelsäule festzustellen. Vor allem nach Auffahrunfällen ist ein Röntgenbild der Halswirbelsäule wichtig, um eine Verletzung der Knochen auszuschließen.
- Elektromyografie (EMG): Um die Leitfähigkeit des betroffenen Nervs zu messen.
- Magnetresonanztomografie (MRT): Um Nerven, Muskeln, Knochen, Bandscheiben und Blutgefäße darzustellen und Erkrankungen wie Bandscheibenvorfälle oder Multiple Sklerose auszuschließen. Eine MRT Untersuchung kommt immer dann zum Einsatz, wenn man sich nicht genau sicher ist, was die Schmerzen der Halswirbelsäule auslöst oder wenn die Beschwerden auch nach einer längeren Zeit und einer entsprechenden Behandlung nicht abklingen.
- Computertomografie (CT): In bestimmten Fällen kann eine CT-Untersuchung sinnvoll sein, um knöcherne Strukturen genauer zu beurteilen.
- Ultraschall: Bei der Diagnostik eines eingeklemmten Nerven im Bereich der Halswirbelsäule kann ein Ultraschall helfen, Muskelverdickungen im Bereich der Halswirbelsäule zu sehen. Auch Flüssigkeitsansammlungen, die oftmals entzündlich bedingt sind und auf einen Nerven drücken, können mithilfe eines Ultraschalls meistens gesehen werden.
- Blutuntersuchungen: Bei Verdacht auf eine Infektion als Ursache des Zervikalsyndroms.
Behandlung eines eingeklemmten Nervs in der HWS
Die Behandlung eines eingeklemmten Nervs in der HWS zielt darauf ab, die Ursache der Kompression zu beseitigen, die Schmerzen zu lindern und die Funktion des Nervs wiederherzustellen. In den meisten Fällen lassen sich die Schmerzen mit konservativen Maßnahmen behandeln.
Konservative Behandlungsmethoden:
- Schonung und Ruhigstellung: Vermeiden Sie Haltungen oder wiederholende Tätigkeiten, bei denen es zu Druckschäden kommen kann. Starke Belastung vermeiden: Ein gereizter oder eingeklemmter Nerv sollte entlastet werden. Das Tragen von schweren Dingen sollten Betroffene deshalb möglichst meiden.
- Schmerztherapie: Schmerzmittel mit entzündungshemmenden Substanzen wie Diclofenac oder Ibuprofen können helfen, die Schmerzen zu lindern. Bei starken Schmerzen können auch Injektionen mit Lokalanästhetika und Kortikosteroiden in die schmerzhafte Muskulatur oder bis an die Wirbelgelenke erforderlich sein.
- Physiotherapie: Gezielte Übungen können die Muskulatur der Halswirbelsäule stärken und Nackenschmerzen vorbeugen. Die Physiotherapie dient der Stärkung der Wirbelsäulenmuskulatur. Massagen helfen dabei, verspannte Muskeln zu lockern und die Durchblutung zu fördern. Manuelle Therapie nutzt spezielle Grifftechniken, um Blockaden und Funktionsstörungen in der HWS zu lösen.
- Wärme: Wärme trägt zur Entspannung der Muskulatur bei, viele Betroffene empfinden diese als wohltuend und schmerzlindernd. Durchblutungsfördernde Salben oder Pflaster funktionieren auch mit der lindernden Wirkung der Wärme. Häufig finden hier Präparate auf Hitzereiz erzeugender Capsaicin-Basis Anwendung. Auch wärmende Maßnahmen in Form von warmen Duschen oder Wärmflaschen auf die Halswirbelsäule können eine deutliche Besserung bringen.
- Kälte: Obwohl Kälte- und Wärmeanwendung bei verklemmten Nerven individuell unterschiedlich von den Patienten bewertet werden, scheint eine wärmende Behandlung, z.B. durch wärmende Salben, heißem Bad oder Rotlicht einen besseren, heilenden Effekt bei einem eingeklemmten Nerv zu haben.
- Halswirbelsäule wieder mobilisieren: Bei akuten Nackenschmerzen und anderen Beschwerden, die auf ein HWS-Syndrom zurückgeführt werden können, ist es ratsam, die Halswirbelsäule wieder zu mobilisieren und die Schmerzen zu reduzieren, sodass Sie schnell aus einer Schonhaltung herauskommen. Dabei helfen Dehnübungen, Übungen aus der Rückenschule und ein gezieltes Training der Nackenmuskulatur unter ärztlicher oder physiotherapeutischer Aufsicht. Achten Sie darauf, stets mit kontrollierten, langsamen Bewegungen zu trainieren und abrupte Drehungen des Kopfes zu vermeiden.
- Kinesiotaping: Im Falle einer Nerveneinklemmung des Nackens kann man ein oder mehrere Kinesiotapes auf den Nacken kleben. Die Bänder sollen Tag und Nacht für einige Tage dort belassen und ein entsprechender Behandlungserfolg abgewartet werden. In den meisten Fällen kommt es bereits nach wenigen Tagen zu einer deutlichen Besserung.
- Osteopathie: Bei einem eingeklemmten Nerven im Nackenbereich kann mit Hilfe der ärztlichen Osteopathie eine entlastende Behandlung durchgeführt werden. Viele Patienten beschreiben ein Nachlasssen der Schmerzen bereits nach der ersten Behandlung.
Operative Behandlungsmethoden:
Operative Maßnahmen kommen infrage, wenn die Beschwerden trotz konservativer Behandlung bestehen bleiben oder neurologische Ausfälle wie Lähmungen auftreten. In diesen Fällen ist oft eine operative Entlastung erforderlich, um eine Verschlechterung zu verhindern. Umso wichtiger ist es, den richtigen Zeitpunkt für eine Operation nicht zu verpassen. Bei einer Operation kann beispielsweise eine Bandscheibenprothese die Bandscheibe des Patienten in der Halswirbelsäule ersetzen.
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Selbsthilfe bei einem eingeklemmten Nerv in der HWS:
- Ergonomie am Arbeitsplatz: Achten Sie auf eine gesunde Haltung im Alltag und gegebenenfalls auch die Reduktion von Stress.
- Bewegung und Sport: Um den typischen Ursachen des Halswirbelsäulensyndroms aber wirklich nachzukommen, braucht es auf Dauer oft mehr Bewegung und Sport.
- Rückenschule: Um eine gesunde Körperhaltung zu erlernen und die Rückenmuskulatur zu trainieren, ist eine Rückenschule sinnvoll.
- Dehnübungen:
- Wichtig: Der Rücken bleibt während der Übungen möglichst gerade.
- Drehen Sie den Kopf zunächst auf die rechte Seite und nicken Sie einige Male.
- Positionieren Sie das Kinn in Richtung des Brustbeins und vollziehen Sie eine Drehung des Kopfs erst nach rechts, im Anschluss nach links.
- Schieben Sie den Kopf so weit es Ihnen möglich ist nach vorne und nach hinten. Bei der Rückwärtsbewegung darf gerne ein Doppelkinn entstehen.
- Schlafumgebung: Achten Sie auf eine hochwertige Matratze, die die Wirbelsäule und vor allem den Halswirbelbereich optimal unterstützt. Auf Höhe des Gesäßes und der Schultern sollte sie etwas nachgeben. Am schonendsten ist das Liegen auf dem Rücken oder auf der Seite. Wenn Sie Bauchschläfer sind und es sich nicht so leicht abgewöhnen können oder möchten, sollten Sie zumindest ein sehr dünnes Kopfkissen zu verwenden - oder gar keins. So bleibt die Halswirbelsäule eine annähernd gerade Verlängerung der restlichen Wirbelsäule.
- Massagetechniken: Erfolgversprechende Selbstbehandlungen bei einem eingeklemmten Nerv sind vor allem Wärme, sowie Massagetechniken, um die Muskeln im Bereich der Halswirbelsäule zu lockern. Auch das Einreiben mit Tigerbalsam 1-3 mal täglich kann eine deutliche Besserung bringen. Wichtig ist auch, den Kopf immer mal wieder nach links und rechts zu drehen, bis man an eine schmerzhafte Blockade kommt.
- Dehnende Übungen: Eine wichtige Übung wäre somit den Hinterkopf mit beiden Händen zu umgreifen und vorsichtig federnd nach vorne zu ziehen. Am Schluss sollte der Kopf so weit es geht nach links und rechts gedreht und in dieser Position einige Sekunden gehalten werden. Die Übung sollte mehrmals am Tag für ca. eine Woche durchgeführt werden.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
In den meisten Fällen ist ein eingeklemmter Nerv in der HWS nicht gefährlich und kann mit konservativen Maßnahmen behandelt werden. Es gibt jedoch Situationen, in denen Sie möglichst rasch einen Arzt aufsuchen sollten:
- Nach einer Verletzung, z.B. bei einem Unfall oder Sturz (mögliches Schleudertrauma)
- Bei Fieber über 38,5 Grad Celsius
- Bei Nachtschweiß
- Wenn sich Ihre Nackenschmerzen stark verschlimmern
- Wenn ein plötzlicher "Vernichtungsschmerz" (extrem starker Schmerz, bei dem unter Umständen Todesängste aufkommen) einsetzt
- Bei Lähmungserscheinungen (z.B. kein Gefühl in den Armen)
- Wenn Ihr Kraft-, Schmerz- oder Berührungsempfinden beeinträchtigt ist (z.B. keine Kraft in den Armen)
- Wenn Sie Osteoporose (Knochenschwund) haben
- Wenn Sie von einer Krebserkrankung betroffen sind
- Wenn Sie plötzlich an Gewicht verlieren, ohne es zu wollen oder ohne eine Erklärung dafür zu haben
- Wenn Sie eine rheumatische Erkrankung (z.B. rheumatoide Arthritis) haben
- Wenn Sie mit HIV infiziert sind
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