Elektrische Nervenstimulation: Anwendungsgebiete, Wirkung und Risiken

Die elektrische Nervenstimulation, auch Elektrotherapie genannt, ist eine medizinische Behandlungsmethode, bei der elektrische Ströme eingesetzt werden, um therapeutische Effekte zu erzielen. Sie findet Anwendung in verschiedenen Bereichen, von der Schmerzlinderung bis zur Muskelstimulation. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Anwendungsgebiete, Wirkungsweisen und Risiken der elektrischen Nervenstimulation.

Einführung in die elektrische Nervenstimulation

Schon seit dem 19. Jahrhundert wird die Anwendung von elektrischem Strom zu Heilzwecken in medizinischen Lehrbüchern beschrieben. Die Elektrotherapie gehört zu den passiven Behandlungsmaßnahmen und zur Reiz-Serien-Therapie. Bei der Elektrotherapie werden spezielle Stromformen genutzt, um gezielt am menschlichen Organismus eine Erwärmung des Gewebes zu erreichen, Schmerzen zu reduzieren, Nerven zu reizen, den Abbau von Schwellungen im Gewebe zu fördern oder die Muskulatur zu aktivieren. Grundsätzlich gilt, dass Elektrotherapie ergänzend zu aktiven Maßnahmen (Bewegungsübungen, Training) angewendet werden sollte.

Wie funktioniert die Elektrotherapie?

Durch die direkte, elektrische Einwirkung über die Haut auf das Zellmilieu werden das Ruhepotential der Zelle und die Zellhülle (Membran) verändert. Dies führt zu einer gewünschten Reaktion wie Schmerzstillung, stärkere Durchblutung, Erhöhung oder Senkung der Muskelspannung, Auslösen einzelner Muskelzuckungen oder das Einbringen von Medikamenten über die intakte Haut. Die Wirkung des Stroms ist abhängig von der Stromdichte, also von der Stromstärke in Milliampere (mA) pro Fläche in Quadratzentimetern (cm²). Die Dosierung erfolgt nach der individuellen Verträglichkeit, von "gerade wahrnehmbar" bis "deutlich, aber nicht schmerzhaft wahrnehmbar".

Um den Strom auf den Patienten zu übertragen, werden Elektroden (Klebeelektroden oder Metallplatten in feuchten Schwammtaschen) direkt auf der Haut angebracht. Zudem ist es möglich, Wasser als Leitmedium zu nutzen, beispielsweise bei einem Stangerbad oder einem Vier-Zellenbad. Eingesetzt werden elektrische Ströme mit unterschiedlich hohen Frequenzen, also der Schwingungszahl pro Sekunde (zum Teil zu spüren als Vibration, Impuls), die in Hertz (Hz) gemessen wird.

Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS)

Die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS) ist eine der bekanntesten Formen der Elektrotherapie. Die Abkürzung TENS steht für transkutane elektrische Nervenstimulation, also Strom-Impulse, die über Elektroden unter die Haut geschickt werden. Das Verfahren wird oft zur Behandlung von Schmerzen eingesetzt - so auch für Polyneuropathien, zum Beispiel bei Menschen mit Diabetes. TENS ist ein nicht-invasives Verfahren zur Schmerzlinderung, das auf der Anwendung elektrischer Impulse über Hautelektroden basiert.

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Wirkungsweise von TENS

Bei TENS wird ein Neurostimulator verwendet, der kurze elektrische Impulse mit niedriger Spannung erzeugt und auf bestimmte Nervenbahnen zielt. Diese Impulse wirken direkt auf die Nerven und unterbrechen die Schmerzsignale, bevor sie das Gehirn erreichen. Die elektrischen Signale werden teils mit der sogenannten Gate-Control-Theorie erklärt: Die Impulse stimulieren Nervenfasern, die eigentlich Berührungsreize weiterleiten und im Rückenmark mit den Schmerzfasern verschaltet sind. Das Signal der Berührungsnerven kann so die Weiterleitung der Schmerzen an das Gehirn hemmen.

Der Reizstrom, der durch das elektrische Gerät erzeugt wird, blockiert je nach gewählter Frequenzhöhe die Schmerzweiterleitung der Nervenfasern oder aktiviert die Bildung von schmerzlindernden Botenstoffen im Gehirn. Beides lindert Schmerzen.

Anwendung von TENS

TENS stimuliert die Nerven durch schwache elektrische Impulse, die über Elektroden auf die Haut des schmerzenden Bereichs übertragen werden. Diese Impulse erzeugen im Gewebe eine sanfte Reizung der Nerven, was eine Blockade der Schmerzübertragung und die Freisetzung von Endorphinen bewirkt. Darüber hinaus fördert die elektrische Stimulation die Durchblutung im behandelten Bereich.

Die Behandlung erfolgt zu Hause in Selbstanwendung mit handlichen, mobilen Geräten nach Erprobung und Einweisung durch den Arzt. Er zeigt Ihnen genau, wo Sie die Elektroden aufkleben müssen und erklärt Ihnen die Funktionsweise des TENS-Gerätes. In der Regel fangen Patienten mit 20- bis 30-minütigen TENS-Anwendungen 3 bis 4 Mal am Tag an. Je nach individueller Situation und Verträglichkeit können Dauer und Häufigkeit auf 5 - 6 Mal 1 Stunde pro Tag gesteigert werden. Allerdings sollten Sie auf Verhärtungen des Gewebes achten und im Zweifel Ihren behandelnden Arzt konsultieren.

TENS-Geräte sind mittlerweile frei käuflich, sie werden jedoch am besten für Ihre speziellen Ansprüche vom Arzt verordnet.

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Parameter und Modi von TENS-Geräten

An dem TENS-Gerät können die Parameter Frequenz, Intensität und Pulsbreite eingestellt werden. Hohe TENS-Frequenzen bewirken eine Unterbrechung der Schmerzsignalweiterleitung in das Gehirn. Die TENS-Behandlung selbst ist nicht schmerzhaft, kann aber ein leichtes Kribbeln verursachen.

Die Behandlung mit einem TENS-Gerät kann mit unterschiedlichen Frequenzen durchgeführt werden. Hohe Frequenzen, mit schneller, elektrischer Impulsfolge, unterbinden die Signalweiterleitung des Schmerzes an das Gehirn und unterbrechen dadurch das Schmerzempfinden. Niedrige Frequenzen haben eine andere Wirkweise als hohe Frequenzen. Niedrige Frequenzen setzen im Gehirn Glückshormone frei: Endorphin, Serotonin und Dopamin. Niedrige Frequenzen, liegen im Frequenzbereich von 1 bis 5 Hertz. Die elektrische Impulsfolge ist langsam, bei gleichzeitig hoher Intensität bzw.

Welche Impulsdauer, auch als Pulsweite bekannt, gewählt werden soll, hängt von den Nervengruppe ab, die bei der TENS-Behandlung angesprochen werden soll. Die Impulsdauer wird in Mikrosekunden gemessen. Motorische Nerven werden mit einer längeren Impulsdauer angesprochen, sensible Nerven mit einer kurzen Impulsdauer. Motorische Nerven liegen im zentralen Nervensystem (ZNS) und sind für die Muskelkontraktion und -bewegung zuständig. Sensible Nervenfasern leiten die Wahrnehmungen des Tastens an das Gehirn weiter, wie z.B.

Die Intensität sollte von denen, die ein TENS-Gerät anwenden, so gewählt werden, dass diese noch als angenehmes Kribbeln und nicht als Schmerz wahrgenommen wird. Die angebotenen TENS- und EMS-Geräte verfügen über voreingestellte Modi, die nicht mehr konfiguriert werden müssen. Lediglich die Intensität sollte individuell angepasst werden.

  • CONT (kontinuierlich): Die Stromimpulse fließen dauerhaft und unverändert. Auf diese Weise werden die schmerzleitenden Nervenbahnen unterbrochen und kein Schmerzsignal mehr an das Gehirn weitergeleitet. Der Stimulationsreiz wird als kontinuierliches Kribbeln auf der Haut wahrgenommen.
  • Burst Modus: Im Burst Modus wird mit niedrigen Frequenzen gearbeitet, bei gleichzeitig hoher Intensität. Zweimal pro Sekunde werden jeweils 9 Impulse mit 2 Hertz (Hz) Frequenz sowie fest eingestellter Pulsweite abgegeben.
  • Dense-Disperse-Stimulation: In diesem Modus verändern sich automatisch und in regelmäßigen Abständen die Einstellparameter Frequenz, Pulsweite und/oder Intensität. Der Reizstrom fließt wellenförmig im Wechsel zwischen an- und abschwellend.

Anwendungsgebiete von TENS

Das TENS-Verfahren eignet sich zur Therapie von akuten und chronischen Schmerzen verschiedenster Ursache. Die besten Erfolge sind bei akuten und subakuten Schmerzen zu erwarten. Bei chronischen Schmerzen ist die Wirksamkeit anfangs oft gut, lässt jedoch nicht selten nach einigen Wochen nach.

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Einige spezifische Anwendungsgebiete sind:

  • Schmerzen als Folge eines HWS-Syndroms
  • Arthroseschmerzen (z. B. im Knie): Die Transkutane Elektrische Nervenstimulation kann den Schmerzmittelbedarf bei Arthroseschmerzen (z. B. im Knie) deutlich senken oder sogar ganz ersetzen.
  • Polyneuropathien: TENS kann etwa dann versucht werden, wenn Medikamente oder andere etablierte Methoden nicht ausreichen bei Polyneuropathien und anderen chronischen Schmerzen.
  • Rückenschmerzen
  • Muskelschmerzen

Wirksamkeit von TENS

Wissenschaftlich nachgewiesen ist die Wirkung der TENS-Behandlung bisher nicht vollständig. Es gibt vorwiegend kleinere Untersuchungen, die eine Schmerzlinderung feststellen, aber nur bedingt aussagekräftig sind. Regelmäßig gab es zudem Versuche, über sogenannte Meta-Analysen viele kleinere Studien gemeinsam zu betrachten - mit gemischten Ergebnissen.

Immerhin: Eine besonders große Meta-Analyse von 2022 mit insgesamt 381 randomisierten, kontrollierten Studien legt eine Wirksamkeit nahe. Die Forscherinnen und Forscher kamen zu dem Schluss: TENS lindert Schmerzen vermutlich besser als ein Placebo. Auch im Vergleich zu anderen medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien ergab das Verfahren einen Nutzen. Allerdings bemängelten Fachleute die Qualität der zugrunde liegenden Studien.

Es ist durchaus möglich, dass ein Teil der TENS-Wirkung auf dem Placeboeffekt beruht - also dass die Schmerzen sich nur deshalb bessern, weil die Betroffenen genau darauf hoffen. Solange sich die Patienten besser fühlen, ist auch der Placeboeffekt ein willkommener Nebeneffekt.

Risiken und Kontraindikationen von TENS

Die Transkutane Elektrische Nervenstimulation ist ein konservatives Therapieverfahren, das praktisch nebenwirkungsfrei ist. In wenigen Fällen kann es zum sogenannten Überstimulationssyndrom kommen. Dabei verstärkt das TENS-Gerät aufgrund einer schlecht eingestellten Intensität die Schmerzen. Wenn Sie derartige Symptome beobachten, wenden Sie sich an Ihren Arzt, um die Stimulationsparameter anzupassen.

Von einer TENS-Behandlung abraten würde man Menschen mit einem Herzschrittmacher oder einer Epilepsie. In Deutschland ist sie auch für Schwangere nicht empfohlen. Im englischsprachigen Raum wird TENS allerdings teilweise eingesetzt, um Geburtsschmerzen zu lindern.

Weitere Kontraindikationen sind:

  • Metalle im Körper des Patienten (zum Beispiel Gelenkprothesen)
  • Akute Entzündungen
  • Blutgerinnsel (Thrombose)
  • Offene Hautstellen
  • Schwere Durchblutungsstörungen der Arterien (Arteriosklerose)
  • Herzrhythmusstörungen oder vorhandener Herzschrittmacher
  • Bösartige Tumorerkrankungen
  • Fieberhafte Krankheitsprozesse
  • Erhöhte Blutungsneigung

Weitere Formen der Elektrotherapie

Neben TENS gibt es noch weitere Formen der Elektrotherapie, die in verschiedenen Bereichen Anwendung finden.

Reizstromtherapie und Reizstrommassage

Reizstromtherapie dient in der Regel der Schmerzbehandlung, der Durchblutungsförderung und der Kräftigung der Muskulatur.

Spezielle Formen der Reizstromtherapie:

  • Iontophorese: Mit der Iontophorese können Medikamente in den Körper gebracht werden. Dazu wird unter einer Elektrode die Salbe oder das Gel aufgetragen, wodurch die Ionen in Richtung der Gegenelektrode fließen. Die Polung ist daher abhängig von dem verwendeten Medikament. Die Einweisung und Kontrolle erfolgt durch den Physiotherapeuten/die Physiotherapeutin und den Arzt/die Ärztin.
  • Stangerbad: Das Stangerbad ist auch als hydroelektrisches Voll- oder Teilbad bekannt. In einer speziellen Wanne werden Metallplatten als Elektroden angebracht. Je nach Anordnung dieser Elektroden und Schaltung des Stroms kann eine Ganzkörper- oder Teildurchströmung einzelner Körperteile durchgeführt werden. Ebenso wird der Stromfluss kopfwärts (anregend) oder absteigend (beruhigend, ausleitend), fußwärts eingestellt. Durch Salze kann eine bessere Leitfähigkeit erzielt werden. Die Dosierung des Stromes erfolgt durch den/die Physiotherapeuten/-in über einen Stromstärkeregler. Beim Ausstieg aus dem Vollbad kann es zu Schwindel kommen. Daher sollte die Wanne erst verlassen werden, wenn das Wasser vollständig abgelaufen ist und ein Unterschenkelguss (Kneippsche Güsse) erfolgte.
  • Vier-Zellenbad: Das Vier-Zellenbad folgt dem gleichen Prinzip wie das Stangerbad. Hier werden Unterarme und/oder Unterschenkel in kleinere Wannen getaucht. Bäder werden auf Grund der hohen Anschaffungs- und Betriebskosten nur selten ambulant angeboten. Weit häufiger erfolgt die Anwendung im Krankenhaus oder im Rahmen der Rehabilitation.

Elektrostimulation bei neurologischen Beschwerden

Elektrostimulation hat als schonende, nicht-medikamentöse Therapieform bei neurologischen Beschwerden in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Bei Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Zerebralparese oder Fibromyalgie können damit Schmerzen gelindert, Muskeln gestärkt und die Beweglichkeit verbessert werden.

  • Multiple Sklerose (MS): Elektrostimulation kann MS-assoziierte Spastik lockern und die Muskelfunktionen verbessern. Studien zeigen, dass neuromuskuläre Stimulation (NMES) bei MS-Patienten die übermäßige Rückenmarksaktivität reduziert, was zu gesteigerter Beweglichkeit führt.
  • Zerebralparese (CP): Bei angeborenen Bewegungsstörungen hilft die Kombination aus passiver Stimulation und aktiver Therapie. EMS- oder FES-Systeme entspannen spastische Muskeln und fördern die Koordination. Klinische Berichte zeigen nach regelmäßiger Anwendung verbesserte motorische Fähigkeiten und verringertes Muskelspastizität.
  • Fibromyalgie: Patienten berichten nach einigen Wochen Anwendung von deutlich weniger Bewegungsschmerz und weniger Fatigue. So konnten in einer Studie mit 301 Fibromyalgie-Patienten tägliche, mehrminütige TENS-Sitzungen die Schmerzintensität und Erschöpfung signifikant reduzieren.
  • Spastiken (z. B. nach Schlaganfall oder Rückenmarksverletzung): Auch hier kann E-Stimulation gezielt Entspannung bringen.
  • Querschnittlähmung: Bei kompletten oder inkompletten Rückenmarksverletzungen kann Elektrostimulation dazu beitragen, Muskelabbau zu verhindern und verbliebene Nervenbahnen zu trainieren.
  • Neuropathischer Schmerz: Bei Nervenschmerzen (z. B.
  • Weitere Einsatzbereiche: Die Elektrotherapie unterstützt zudem bei sensomotorischen Neuropathien (z. B. bei Diabetes), Muskelschwund oder als Ergänzung in der Parkinson-Therapie.
  • Fußheberschwäche: Die mit der TENS verwandte funktionelle Elektrostimulation (FES) stimuliert den nicht mehr angesprochenen Nerven, wodurch es zu einer Muskelkontraktion des Wadenmuskels kommt. Das Gerät wird dabei in Form einer Manschette um das betroffene Bein gelegt. So verhindert es Stürze und trägt zu einem normalen Gangbild bei.

Neuromuskuläre Stimulation (EMS/NMES)

Im Gegensatz zur TENS wird bei der neuromuskulären Stimulation (auch EMS/NMES) mit stärkerer Spannung an den motorischen Nerven gearbeitet. Jeder Impuls erzeugt eine Muskelkontraktion. So können auch gelähmte oder sehr schwache Muskeln trainiert werden. Moderne Geräte verfügen oft über Displays und Signaltöne, die über Behandlungsdauer und -stärke informieren und so Patienten und Therapeuten die Kontrolle erleichtern. Einige moderne Geräte arbeiten mit biphasischen Impulsen, bei denen sich die Polarität schnell wechselt.

In der Fitnessbranche ist EMS auch als Trainingsmethode bekannt: Häufig wird ergänzend zu einfachen Kräftigungsübungen Strom appliziert, um die Wirksamkeit des Trainings zu erhöhen. Dabei bekommt der/die Trainierende während einfacher Übungen ergänzend Stromimpulse auf den Muskeln.

Anwendung im Alltag

Elektrostimulation kann problemlos im Alltag eingesetzt werden, sei es zu Hause oder in der Praxis. Moderne Reizstrom-Geräte sind kompakt und leicht bedienbar. Klebepads lassen sich an Armen, Beinen, Schultern oder am Rücken anbringen, je nach Beschwerden.

  • Gerätetyp wählen: Je nach Einsatz gibt es verschiedene Reizstrom-Geräte. Einfache TENS-Geräte sind vor allem für die Schmerzbehandlung gedacht, EMS-Geräte aktivieren gezielt die Muskulatur. Für spezielle Anwendungen wie Gangtraining gibt es auch FES-Systeme.
  • Eigenanwendung zu Hause: Viele Patienten nutzen tragbare TENS- oder EMS-Geräte für die häusliche Anwendung. Nach fachlicher Einweisung können die Elektroden selbstständig an Rücken, Schultern oder Beinen platziert und die Stimulationsstärke über das Gerät geregelt werden.
  • Anwendung mit Fachbegleitung: Komplexere Systeme werden unter therapeutischer Anleitung eingesetzt. Beispiel: der Ganzkörper-Anzug Mollii Suit mit 58 integrierten Elektroden. Dieses Reizstrom-Garment ist speziell für neurologische Patienten entwickelt. Es stimuliert entgegengesetzt arbeitende Muskelgruppen (agonistisch-antagonistisch), um Verspannungen zu lösen und die Beweglichkeit zu steigern.

Tipps für die Anwendung

  • Wichtige Hinweise: Achten Sie auf saubere, trockene Haut vor dem Anlegen der Elektroden. Vermeiden Sie öl- oder lotionhaltige Substanzen, die die Leitfähigkeit stören. Wechseln Sie die Klebepads bei Verschleiß.
  • Sitzende Trainingseinheiten zu Hause: Sitzende Trainingseinheiten zu Hause können Sie leicht in den Tagesablauf integrieren (z.B. 2×30 Minuten pro Tag).
  • Gerätepflege: Halten Sie Elektroden und Anschlusskabel sauber, um eine konstante Leitfähigkeit zu gewährleisten.
  • Sitzungsdauer: Als Richtwert gelten meist 20-30 Minuten pro Sitzung. Je nach Therapieziel können Sitzungen mehrfach täglich oder mehrmals pro Woche stattfinden.
  • Batteriezustand: Überprüfen Sie vor jeder Anwendung den Ladezustand (bzw. die Batterien) des Geräts. Schwache Batterien können die Reizstärke verringern.

Durch diese flexiblen Einsatzmöglichkeiten ist Elektrostimulation gut in den Alltag integrierbar. Ziel ist, die Therapie so angenehm wie möglich zu gestalten und die Motivation hoch zu halten.

  • Intensität dosieren: Starten Sie mit sehr niedriger Stromstärke und erhöhen Sie die Intensität nur allmählich, bis ein deutliches, aber keinesfalls schmerzhaftes Kribbeln wahrgenommen wird.
  • Elektrodenplatzierung: Kleben Sie die Pads genau nach Anleitung auf. Ein kleiner Versatz kann die Wirkung erheblich verändern. Reinigen und trocknen Sie die Haut vor dem Anlegen. Vermeiden Sie aufgekratzte Haut, entzündete Areale oder frische Narben.
  • Regelmäßige Betreuung: Lassen Sie Ihren Therapieplan von Fachleuten begleiten. Da sich Beschwerden über die Zeit verändern können, ist es sinnvoll, Reizparameter (Frequenz, Pulsbreite, Stimulationsdauer) bei Bedarf anzupassen.
  • Nebenwirkungen: Elektrostimulation ist sehr gut verträglich. Gelegentlich kann es zu Hautrötungen oder leichtem Kribbeln unter den Elektroden kommen.
  • Kontraindikationen beachten: Personen mit Herzschrittmacher, Defibrillator oder bestimmten Herzrhythmusstörungen sollten vor Anwendung ärztlichen Rat einholen. Auch bei Epilepsie, akuten Entzündungen oder in der Schwangerschaft wird Vorsicht empfohlen. Verwenden Sie kein E-Stimulationsgerät in nasser Umgebung (z.B.
  • Dranbleiben: Elektrostimulation entfaltet ihre Wirkung meist erst nach mehreren Wochen konsequenter Anwendung. Seien Sie geduldig und setzen Sie die Therapie gemäß der Empfehlung fort. Bei fortschreitender Besserung können Intervalle angepasst werden.

Mit dieser Sorgfalt wird Elektrostimulation zu einer sicheren und effektiven Ergänzung Ihrer Behandlung.

Kosten und Verordnung

Elektrotherapie zählt zu den Heilmitteln, deren Wirksamkeit nachgewiesen wurde und daher von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wird. PatientInnen haben lediglich den festgelegten Eigenanteil von 10 Prozent der Kosten für die Heilmitteltherapie sowie 10 Euro je Verordnung selbst zu tragen. Darüber hinaus greifen die Möglichkeiten der Zuzahlungsbefreiung. Der Arzt/die Ärztin kann Elektrotherapie nach den gesetzlichen Regelungen, den Heilmittelrichtlinien, verordnen. Hierfür gibt es einen speziellen Verordnungsvordruck. Vor der erstmaligen Verordnung und möglichen Folgeverordnungen von Elektrotherapie erfolgt die Befunderhebung durch den Arzt/die Ärztin.

TENS-/EMS-Geräte gelten oft als medizinische Hilfsmittel und können auf Rezept verordnet werden.

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