Viele Menschen leiden unter übermäßigem und starkem Schwitzen, oft ohne die Ursache zu kennen. Das vegetative Nervensystem spielt eine wichtige Rolle bei der Thermoregulation des Körpers und steuert unter anderem die Schweißsekretion. Störungen in diesem System können zu übermäßigem Schwitzen führen, insbesondere nachts.
Das vegetative Nervensystem und seine Funktion
Das vegetative Nervensystem ist an der Thermoregulation des Körpers beteiligt und steuert hierbei u.a. die Schweißsekretion. Es reguliert Körperfunktionen, die nicht willentlich beeinflussbar sind. Es verarbeitet ständig Informationen aus Organen und Geweben und reagiert, um Gleichgewichte im Körper aufrechtzuerhalten. Unter anderem ist das vegetative Nervensystem zuständig für die Steuerung und Regulierung von Herz- und Kreislauftätigkeiten, Atmung, Peristaltik (Muskeltätigkeiten) im Magen-Darm-Trakt und für die Muskelspannung der Harnblase. Dieses autonom agierende Nervensystem steuert auch die Tätigkeit der Schweißdrüsen, ist also direkt für die Schweißproduktion verantwortlich.
Man unterteilt dieses noch, meist nach funktionellen Merkmalen, in die zwei Teilsysteme, den Sympathikus und den Parasympathikus. Die beiden Hauptbestandteile des vegetativen Nervensystems sind der Sympathikus und der Parasympathikus. Diese Namen sind nicht von ungefähr gewählt, denn beide Bestandteile haben gewissermaßen gegensätzliche Aufgaben und befinden sich in einem ständigen Wechselspiel: Der Sympathikus ist für Leistungssteigerung und damit verbundenen Körperfunktionen, wie Energiebereitstellung, Beschleunigung der Atmung und eben Schweißbildung, zuständig - während der Parasympathikus für Entspannung sorgt und beispielsweise die Abläufe bei der Verdauung steuert. Der Sympathikus sorgt für die Schweißproduktion, indem die zu den Schweißdrüsenzellen führenden sympathischen Nerven die sogenannten Myoepithelzellen (das sind glatte Muskelzellen an den Schweißdrüsen) stimulieren. Dieser Nervenreiz kurbelt die Schweißproduktion an. Der Botenstoff, der für die Stimulierung der Myoepithelzellen sorgt, ist Acetylcholin. Gesteuert werden alle Aktivitäten von Sympathikus und Parasympathikus über den Hypothalamus, der Bereich des Großhirns, der die Abstimmung zwischen Hormonen und Nervensystem koordiniert.
Thermoregulation und Schwitzen
Schwitzen ist ein im Grunde ganz normaler Vorgang in unserem Organismus. Es dient der Wärme-(Thermo)-Regulation. Der Mensch muss seine Körpertemperatur annähernd gleich halten. Somit setzt er sozusagen seine eigene Klimaanlage ein und kann bei hohen Lufttemperaturen und/oder körperlichen Belastungen kühlen. Die Schweißdrüsen geben das wässrige Sekret ab und der Schweiß verdampft auf der Haut. Das kühlt den Körper. Dafür können täglich mehrere Liter Schweiß nötig sein.
Das Schwitzen hat eine wesentliche Funktion bei der Temperaturregulation, d.h. Thermoregulation. Diese wird durch die Hormon-Schaltzentrale, den Hypothalamus im Gehirn kontrolliert und durch das sympathische Nervensystem vermittelt. Schwitzen und Hautfeuchtigkeit werden durch diesen Teil des neurovegetativen (autonomen) Nervensystems reguliert. Vermittelt werden die Impulse über kleinkalibrige Nervenfasern (Small Fibres) zu den Schweißdrüsen in der Haut. Natürlich haben eine ganze Reihe von Faktoren Einfluss auf die Hautfeuchtigkeit und das Schwitzen. Dazu gehören beispielsweise Lebensalter, Geschlecht, Klima oder Tageszeit.
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Ursachen für übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrose)
Manchmal kann dieses „innere Gleichgewicht“ gestört sein, es kommt zu einer Verschiebung der Erregungsleitung im vegetativen System und der Mensch schwitzt z.B. unter den Achseln übermäßig, selbst ohne körperliche Anstrengung. Die Ursache für die Hyperhidrosis (übermäßiges Schwitzen) verantwortliche, vorausgehende Fehlfunktion ist der Sympathikus im vegetativen Nervensystem.
Wenn übermäßiges Schwitzen durch das vegetative Nervensystem ausgelöst wird, kann eine Störung des sympathischen Nervensystems vorliegen. Die Ursachen dafür können vielfältig sein, von Problemen im Hypothalamus bis zu Erkrankungen einzelner Nerven. Auch Krankheiten, die mit Gewebeveränderungen verbunden sind, kommen als Ursache infrage. Bei Verdacht auf starkes Schwitzen durch eine Störung im vegetativen Nervensystem empfiehlt sich das Konsultieren eines Neurologen.
Das dauerhafte übermäßige Schwitzen, d.h. die Hyperhidrose kann infolge verschiedener Erkrankungen auftreten beispielsweise Störungen der Schilddrüsenfunktion, Infektionen, Tumorerkrankungen etc. Vermehrtes Schwitzen tritt unter anderem auch als Nebenwirkung medikamentöser Behandlungen (bspw. Psychopharmaka wie Neuroleptika, Trizyclika) auf. Das übermäßige Schwitzen kann entweder den ganzen Körper betreffen oder beschränkt sein auf Kopf, Rumpf. Zu den Auslösern plötzlichen Schwitzens gehören nicht nur eine hohe Umgebungstemperatur sondern auch psychische Anspannung, Emotionen, körperliche Aktivität und Mahlzeiten. So kann es zum Beispiel beim Essen zum Auftreten des Geschmacksschwitzens kommen. Ausgelöst durch bestimmte Speisen oder durch das Essen allgemein können die Betroffenen plötzlich stark, nicht nur im Bereich des Gesichts und Kopfes schwitzen. Betroffene schwitzen nicht nur übermäßig viel sondern auch an Körperstellen, welche normalerweise selten in das Schwitzen einbezogen sind. Dazu gehören beispielsweise die Unterarme, Ober- und Unterschenkel oder die Kopfhaut. Infolge des übermäßigen Schwitzens kann es notwendig sein, mehrmals täglich oder auch nachts mehrfach die Bekleidung zu wechseln.
Nachtschweiß und seine Ursachen
Nachtschweiß, auch als nächtliche Hyperhidrose bekannt, bezeichnet das übermäßige Schwitzen während des Schlafs. Es kann viele Ursachen haben, von harmlosen Faktoren wie warmen Schlafbedingungen oder einer ungeeigneten Bettdecke bis hin zu schwerwiegenden Erkrankungen. Nachtschweiß bezeichnet übermäßiges Schwitzen in der Nacht, bei dem Bettwäsche und Kleidung so stark durchnässt sein können, dass Betroffene sich umziehen oder die Bettlaken wechseln müssen. Diese Schwitzattacken unterscheiden sich vom normalen Schwitzen, das der Körper zur Temperaturregulation nutzt, da sie meist unabhängig von äußeren Faktoren wie hohen Raumtemperaturen, einer ungeeigneten Bettdecke oder anderen Schlafbedingungen auftreten.
Nächtlichem Schwitzen liegen häufig belastende Lebenssituationen oder ungünstige Schlafbedingungen zugrunde. Aber auch hormonelle Schwankungen oder ernste Erkrankungen können zu Schwitzen in der Nacht führen.
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Mögliche Ursachen für Nachtschweiß sind:
- Ungünstige Schlafbedingungen: Zu hohe Raumtemperatur, zu warme Bettdecke, zu hohe Luftfeuchtigkeit.
- Lebensgewohnheiten: Übermäßiger Alkohol-, Koffein- und Nikotinkonsum sowie scharf gewürzte Speisen.
- Hormonelle Schwankungen: Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), Wechseljahre, Schwangerschaft, Menstruation, niedriger Testosteronspiegel bei Männern.
- Stoffwechselerkrankungen: Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Pankreasinsuffizienz.
- Infektionskrankheiten: Erkältung, Grippe (Influenza), bakterielle Herzinnenhautentzündung (Endokarditis), HIV/AIDS, Tuberkulose, Borreliose, Pfeiffersches Drüsenfieber.
- Autoimmunerkrankungen: Rheumatoide Arthritis, Wegener Granulomatose, Temporalarteriitis, Polymyalgia rheumatica.
- Medikamente: Antidepressiva, Neuroleptika, fiebersenkende Mittel, blutdrucksenkende Medikamente, Medikamente gegen Bronchitis und Asthma, hormonblockierende Medikamente, Hormonpräparate.
- Neurologische Erkrankungen: Parkinson, Schlaganfall, Herzinfarkt.
- Psychische Belastung: Stress, Angststörungen, Albträume, Burnout-Syndrom.
- Krebserkrankungen: Lymphdrüsenkrebs, Leukämie, Myelofibrose, Osteomyelofibrose.
Psychische Faktoren und Nachtschweiß
Manchmal liegen die Ursachen für nächtliche Schweißausbrüche aber auch in unserer Psyche. Fühlen wir uns gestresst, schlafen wir oft schlechter. Die Gedanken kreisen um Probleme. Sorgen und Ängste lassen unseren Körper nur schwer zur Ruhe kommen. Wer im Alltag häufig mit Sorgen, Anspannung, Stress und Ängsten kämpft, befindet sich unter Umständen in andauernder Alarmstimmung - und nimmt sie womöglich mit in den Schlaf. Entspannungstechniken und Methoden zum Stressabbau können dann vielleicht helfen. Manche Krankenkassen bieten Kurse zur Stressbewältigung an. Wer unter der Situation leidet, sich zum Beispiel erschöpft fühlt oder ein "Burnout" befürchtet, spricht am besten mit seiner Hausärztin oder seinem Hausarzt.
Da die Schweißproduktion vom vegetativen Nervensystem aus gesteuert wird, haben auch psychische Vorgänge Einfluss darauf. So werden nachts noch verstärkt Stresshormone ausgeschüttet, wenn die Probleme des Tages nicht losgelassen werden können. Ebenso ist es möglich, dass Schlafstörungen oder Nervenerkrankungen zu nächtlichem Schwitzen führen.
Diagnose von Nachtschweiß
Im Gespräch mit dem Arzt wird dieser sich ein gründliches Bild von der bisherigen Krankengeschichte und den akuten Beschwerden machen. Dazu stellt der Arzt auch Fragen in Bezug auf die aktuelle Lebenssituation. Für den Arzt ist es ebenfalls wichtig zu wissen, ob und welche Medikamente eingenommen werden, denn einige Arzneien lösen auch nächtliches Schwitzen aus.
Abhängig von der vermuteten Diagnose werden im Anschluss an das Anamnesegespräch weitere Untersuchungen durchgeführt. So werden unter anderem Blutdruck und Körpertemperatur gemessen, das Blut wird analysiert und gegebenenfalls sind weitere bildgebende Untersuchungen wie Ultraschall oder Röntgen angezeigt. Besteht der Verdacht auf Leukämie oder Lymphdrüsenkrebs, wird eine Knochenmarkpunktion vorgenommen. Eine Elektrokardiografie (EKG) wird angeordnet, wenn Verdacht auf Herzrhythmusstörungen besteht. Neurologische Untersuchungen folgen, wenn beispielsweise eine Erkrankung wie Morbus Parkinson für die Schweißausbrüche verantwortlich sein könnte.
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Behandlung von Nachtschweiß
Nachtschweiß gibt sich dann wieder, wenn die zugrundeliegende Erkrankung erfolgreich behandelt werden konnte. War beispielsweise ein Infekt Ursache des vermehrten nächtlichen Schwitzens, dann stellt sich das Symptom ein, sobald die Krankheit überstanden ist. Werden die Schweißausbrüche von Medikamenten ausgelöst, kann der Arzt gegebenenfalls die Dosis anpassen oder ein anderes Mittel wählen. Ist Stress Ursache von nächtlichem Schwitzen, dann hilft vielen Betroffenen das Praktizieren von Entspannungstechniken. Bei ernsten seelischen Problemen kann ebenfalls psychotherapeutische Unterstützung helfen. Häufig liegt nächtlichem Schwitzen lediglich eine ungesunde Lebensweise zugrunde. Dann ist es sinnvoll, die Ernährung umzustellen, auf Alkohol und Nikotin zu verzichten sowie sportliche Aktivitäten in den Alltag zu integrieren.
Was man selbst gegen Nachtschweiß tun kann
Wenn keine ernsthafte Erkrankung der Grund für das nächtliche Schwitzen ist, kann man einige Tipps beherzigen, um wieder ruhig schlafen zu können:
- Am Abend keinen oder nur wenig Alkohol trinken.
- Koffeinhaltige Getränke vermeiden.
- Nicht rauchen.
- Regelmäßig und viel bewegen.
- Bei Übergewicht: Das Körpergewicht reduzieren.
- Keinen engen Pyjama tragen. Besser leichte Kleidung aus natürlichen Materialien.
- Keine hohe Temperatur im Schlafzimmer. Empfohlen werden 18 Grad.
- Die Bettdecke entsprechend der Jahreszeit wählen.
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