Elektromagnetische Wellen: Auswirkungen auf das Nervensystem und Gesundheit

Wir leben in einer Zeit, in der wir ständig verschiedenen elektrischen und magnetischen Feldern ausgesetzt sind. Diese Exposition, oft als Elektrosmog bezeichnet, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Um die potenziellen negativen Auswirkungen auf unsere Gesundheit zu verstehen und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, ist es wichtig, die persönliche Strahlungsbelastung zu kennen und zu bewerten.

Niederfrequente vs. Hochfrequente Felder

Man unterscheidet hauptsächlich zwischen niederfrequenten und hochfrequenten Feldern, die unterschiedliche Auswirkungen haben.

Niederfrequente Felder

Niederfrequente Felder sind in der Regel leitungsgebunden. In der Praxis treten sie mit einer Frequenz von 50 Hertz überall dort auf, wo Strom über das Stromnetz verteilt oder verbraucht wird. Sie sind auch dann vorhanden, wenn Geräte an das Netz angeschlossen, aber ausgeschaltet sind. Eine Ausnahme bilden Hochspannungsleitungen oder Bahnlinien mit Oberleitung in der Nähe, die in Einzelfällen zu erhöhten Strahlungswerten in Innenräumen führen können. Starke Magnetfelder, beispielsweise durch Hochspannungstrassen, können Mauerwerk und Bausubstanzen durchdringen.

Hochfrequente Felder

Elektrische und magnetische Felder im Bereich von 100 Kilohertz bis 300 Gigahertz werden als hochfrequent bezeichnet. Die Belastung durch hochfrequente Strahlung hat in den vergangenen Jahren aufgrund der Zunahme von Geräten mit drahtloser Kommunikation stark zugenommen. Im Gegensatz zu niederfrequenter Strahlung durchdringt hochfrequente Strahlung normales Mauerwerk relativ gut, sodass bei der EMF-Messung auch externe Quellen berücksichtigt werden müssen.

Messung von Elektrosmog

Beide Strahlungsarten können mit Elektrosmog-Messgeräten gemessen werden, um Informationen über die Strahlungsquelle zu erhalten. Für die EMF-Messung von niederfrequenten und hochfrequenten Feldern sind in der Regel unterschiedliche Messgeräte erforderlich. Niederfrequente Felder können mit einem sogenannten NF-Messgerät festgestellt werden, während hochfrequente Strahlung durch HF-Messgeräte erfasst wird, die die Leistungsflussdichte in Mikrowatt pro Quadratmeter der gekoppelten elektromagnetischen Welle messen. Bei der Auswahl des Geräts ist es wichtig zu berücksichtigen, welche Feldarten gemessen werden sollen. Um Handystrahlung zu messen, sollte das Gerät den Bereich von 0,9 Gigahertz bis 2,1 Gigahertz abdecken. Für das neue 5G Mobilfunknetz sollten zusätzlich Frequenzen bis mindestens 3,7 Gigahertz erfasst werden.

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Da hochfrequente und niederfrequente Felder unterschiedlich gemessen werden, sind im Allgemeinen für die EMF-Messung zwei verschiedene Geräte erforderlich. Einige dieser Geräte zeigen direkt die umgerechneten Werte an, sodass man die Messwerte schnell und einfach mit gängigen Richtwerten vergleichen kann. Hochfrequente Strahlungsquellen können sich auch außerhalb der Wohnung befinden. Falls die EMF-Messung noch Strahlungswerte anzeigt, kommt diese von außerhalb des Hauses. Mit geeigneten Maßnahmen zur Abschirmung kann man sich davor schützen. Alternativ können Sie eine EMF-Messung auch durch Fachleute vornehmen lassen. Um einen ersten Überblick zu bekommen, ob und wie stark eine Belastung vorliegt, lohnt es sich unter Umständen, im ersten Schritt professionelle Messgeräte zu mieten. Durch die ersten Messungen bekommt man ein Gefühl dafür, welche Funktionen oder Frequenzbereiche man benötigt und welche nicht genutzt werden.

Auswirkungen auf den Körper

Niederfrequente Strahlung

Niederfrequente Strahlungen können Ströme in den Körper induzieren, die zu Reizungen von Nerven-, Sinnes- und Muskelzellen führen können. Die Feldstärke nimmt schnell mit zunehmendem Abstand von der Feldquelle ab. Daher besteht der beste Schutz vor der Strahlung darin, diese entweder zu minimieren oder so weit wie möglich räumlich von den Verursachern zu trennen. Über unser Nervensystem werden Reize wie z. B. Schmerz in Form eines elektrischen Signals ans Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet oder aber vom Gehirn über die Nerven an unsere Muskeln geleitet, z. B. wenn wir eine Bewegung ausführen wollen. Niederfrequente Felder verursachen im Körper Ströme, die die Signalweiterleitung der Nerven beeinflussen. So kann es bei schwächeren Feldern zu ungewollten Sinnesempfindungen kommen, die aber nur vorübergehend sind und keine bleibenden Schäden zur Folge haben. Stärkere Felder können hingegen zu ernsthaften Störungen des zentralen und peripheren Nervensystems führen und im schlimmsten Fall Herzkammerflimmern hervorrufen. Ab welcher Feldstärke diese Gefährdungen auftreten ist von der Frequenz abhängig und durch Einhaltung von Grenzwerten unbedingt zu verhindern.

Hochfrequente Strahlung

Hochfrequente elektromagnetische Strahlung dringt bis ins biologische Gewebe ein. Je höher die Frequenz dabei ist, desto weniger tief kann diese in das Gewebe eindringen. Hochfrequente elektromagnetische Wel­len werden vom menschlichen Gewebe aufgenommen und in Wärme um­ge­wandelt. Auf diesem Prinzip basiert auch die Erwärmung von Speisen in der Mikrowelle. Mit steigender Frequenz nimmt die Reizwirkung (siehe niederfrequente Felder) ab und die thermischen Effekte zu. Je nach Stärke des Feldes und Dauer der Einwirkung kann die Wärmeregulation des Körpers dem nicht mehr entgegenwirken, wodurch gesundheitsschädliche Folgen hervorgerufen werden können, vergleichbar mit sehr hohem Fieber, was lebensbedrohlich sein kann. Auch kleine punktuelle Erwärmungen, sog. Hotspots, können bleibende Schäden verursachen und beispielsweise eine Trübung der Linse bei Erwärmung des Auges hervorrufen.

Grenzwerte und Kontroversen

Die Definition des Grenzwerts ist über 20 Jahre alt und mittlerweile unter Wissenschaftlern sehr umstritten, weil er sich nur auf eine thermische Wirkung von EMF-Felder bezieht. Biologische Wirkungen werden nicht berücksichtigt und zudem unterhalb der geltenden Grenzwerte sogar offizielle geleugnet. Kritiker sehen z.B. unterhalb der Grenzwerte Wirkmechanismen wie den o.g. oxidativen Stress und freie Radikale, die biologischer Natur sind und mit einer Wärmewirkung nichts gemein haben. Hochfrequente elektromagnetische Handystrahlung stuft die Weltgesundheitsorganisation WHO als „möglicherweise krebserregend“ ein. Neue Studien erhärten mittlerweile diesen Verdacht.

Elektromagnetische Felder am Arbeitsplatz

In betrieblichen Anwendungen können elektromagnetische Felder auftreten, die deutlich stärker gegenüber den Feldern von Anwendungen im Alltag sind. Daher muss in betrieblichen Umgebungen gewährleistet sein, dass diese Felder nicht gesundheitsschädliche Auswirkungen für die Mitarbeiter haben. Dieses Ziel hat die "Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch elektromagnetische Felder (Arbeitsschutzverordnung zu elektromagnetischen Feldern - EMFV)". Es müssen daher die Bestimmungen dieser Verordnung eingehalten werden, damit eine Gefährdung der Mitarbeiter durch elektromagnetische Felder ausgeschlossen werden kann. Zur Konkretisierung der EMFV wurden technische Regeln für Elektromagnetische Felder (TREMF) erarbeitet und im Frühjahr 2023 veröffentlicht. Die TREMF stellen den Stand der Technik zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung, zur Messung und Berechnung sowie zu Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung der Gefährdungen von Beschäftigten durch EMF dar.

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Wenn in einem Betrieb Arbeitsmittel verwendet werden, die stärkere elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder erzeugen und eine Gefährdung darstellen könnten, muss dies dokumentiert werden. Es muss auch berücksichtigt werden, ob besondere Personengruppen betroffen sind, wie z. B. Träger von aktiven oder passiven Implantaten, Schwangere oder Jugendliche. Auch bei Tätigkeiten wie Wartung, Instandhaltung oder Reparatur kann eine Gefährdung entstehen. Es ist wichtig zu wissen, in welchen Arbeitsbereichen und bei welchen Tätigkeiten diese möglichen Gefährdungen auftreten und ob Informationen zu den Arbeitsmitteln vorliegen, z. B. Herstellerangaben. Gegebenenfalls müssen Messungen oder Berechnungen durchgeführt werden oder ein Vergleich mit ähnlichen bekannten Strahlungsquellen erfolgen.

Schutzmaßnahmen

Oberstes Gebot ist, Abstand zu halten, da die Stärke von elektromagnetischen Feldern sehr schnell mit zunehmendem Abstand abnimmt. Zudem lassen sich elektrische Felder leicht abschirmen, beispielsweise durch eine dünne Metallfolie. Auch vor hochfrequenten Feldern kann man sich schützen, beispielsweise durch spezielle Schutzanzüge.

Werden die Vorgaben und Grenzwerte der EMFV nicht eingehalten, stellt dies eine Gefährdung der Sicherheit und der Gesundheit des Beschäftigten dar. Es müssen Schutzmaßnahmen getroffen werden. Das Ziel aller Maßnahmen ist eine Reduzierung der Exposition auf ein Minimum nach dem Stand der Technik (Minimierungsgebot). In jedem Fall müssen die Expositionsgrenzwerte eingehalten werden. Die Rangfolge der Schutzmaßnahmen nach dem TOP-Prinzip muss berücksichtigt werden:

  • Technische Maßnahmen: Reduzierung der Leistung, Abschaltung, Abschirmung, Abstandsvergrößerung, technische Zugangsbeschränkungen
  • Organisatorische Maßnahmen: Unterweisung, Betriebsanweisung, Kennzeichnung des Expositionsbereichs, Begrenzung der Aufenthaltsdauer
  • Persönliche Schutzausrüstung: Hochfrequente (HF)-Schutzkleidung

Forschungsstand und Studien

Gesundheitsschädigende Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder wurden in den letzten Jahren nicht zuletzt aufgrund uneinheitlicher Ergebnisse vielseitiger Forschungsaktivitäten äußerst kontrovers diskutiert. Die Exposition der Bevölkerung gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern nahm seit der Einführung des Mobilfunks rapide zu. Bereits Ende 1999 nutzten circa 25 Prozent der Bevölkerung ein Handy, immerhin 50 Prozent der Haushalte waren es im Jahr 2000 (4). Und heute sind es mehr als 65 Prozent der deutschen Bevölkerung, die ein Handy besitzen (27). Expositionen im beruflichen Umfeld, zum Beispiel an Arbeitsplätzen mit Hochfrequenz-Plastikschweißmaschinen, treten schon seit Jahrzehnten auf. Der Anteil beruflich Exponierter ist zwar deutlich kleiner als beim Mobilfunk, allerdings ist die Intensität der Exposition teilweise deutlich höher.

Viele experimentelle Studien weisen darauf hin, dass der Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf die Karzinogenität nicht in der Initiierung einer Tumorzelle beziehungsweise einer Mutation liegt, sondern in der Promotion beziehungsweise in der Erleichterung der Aufnahme von Karzinogenen in die Zelle (43, 44). Theoretische Ansätze über die biochemischen Mechanismen der Tumorentstehung durch Hochfrequenzexposition gehen davon aus, dass durch Hitzeschock veränderte Proteine als Tumorpromotor wirken können (10). In Versuchen, in denen Zellkulturen oder Tiere hochfrequenten elektromagnetischen Feldern ausgesetzt wurden, konnten weitere physiologische Effekte nachgewiesen werden (31). Zu den beobachteten Wirkungen zählen Veränderungen der neuralen und neuromuskulären Funktionen, erhöhte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke, Verschlechterung der Sehfähigkeit, Veränderungen im Immunsystem, Veränderungen im hämatologischen System, bei der Fortpflanzungsfähigkeit, der Zellmorphologie, des Wasser- und Elektrolythaushalts sowie der Membranfunktion.

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In einer Übersicht von Hermann und Hossmann (13) über die neurologischen Effekte der hochfrequenten elektromagnetischen Felder wurden folgende Aspekte herausgearbeitet: Die Exposition kann zu Einflüssen in der neuronalen elektrischen Aktivität führen sowie die Calciumhomöostase, den Energiestoffwechsel, Neurotransmitter und die Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke beeinträchtigen. Jedoch kommen die Autoren zu dem Schluss, dass sich die in Studien gefundenen Ergebnisse häufig widersprechen und somit eine Evidenz über das gesundheitliche Risiko hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf das Gehirn bisher nicht gegeben ist.

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