Elon Musk und das Gehirn: Neuralink und die Zukunft der Mensch-Maschine-Schnittstelle

Elon Musk, bekannt für seine ambitionierten Projekte wie Tesla und SpaceX, hat sich mit Neuralink auch im Bereich der Neurotechnologie einen Namen gemacht. Das Ziel: Mensch und Maschine zu verbinden. Doch was steckt hinter Neuralink, welche Fortschritte wurden bereits erzielt und welche ethischen Fragen wirft diese Technologie auf?

Neuralink: Die Vision von der Symbiose zwischen Mensch und KI

Im Jahr 2016 gründete Elon Musk das Unternehmen Neuralink mit dem Ziel, eine Gehirn-Computer-Schnittstelle (Brain-Computer Interface, BCI) zu entwickeln. Diese Schnittstelle soll es ermöglichen, dass Menschen mit Computern interagieren, indem sie ihre Gedanken nutzen. Musk sieht in der Künstlichen Intelligenz (KI) eine existentielle Bedrohung für die Menschheit und möchte durch die Verbindung von Mensch und Maschine sicherstellen, dass der Mensch nicht von der KI überholt wird.

Die Technologie hinter Neuralink

Herzstück der Neuralink-Technologie ist ein winziger Chip, der ins Gehirn implantiert wird. Dieser Chip enthält über 1.000 Elektroden, die neuronale Impulse erfassen. Diese Impulse entstehen beispielsweise bei der Bewegungsplanung und -steuerung. Die Elektroden werden mithilfe eines Roboters und einer extrem feinen Nadel mit dem Gehirn verbunden. Das Implantat ist etwa so groß wie eine 1-Euro-Münze und wiegt rund 15 Gramm. Es verfügt über eine kleine Batterie, die drahtlos von außerhalb des Gehirns aufgeladen wird.

Fortschritte und Anwendungen

Neuralink hat bereits einige Fortschritte erzielt. Im Jahr 2024 erhielt der erste Mensch ein Neuralink-Implantat. Mittlerweile tragen zwölf Menschen den Gehirn-Chip von Neuralink. Laut Unternehmensangaben sind die Implantate bei den Patienten seit 2.000 Tagen im Einsatz und wurden über 15.000 Stunden genutzt.

Die ersten Anwendungen der Neuralink-Technologie konzentrieren sich auf die Behandlung von neurologischen Erkrankungen. So soll das Implantat es Menschen mit Querschnittslähmung ermöglichen, Computer und andere Geräte durch ihre Gedanken zu steuern. Ein Patient mit Tetraplegie, einer Querschnittslähmung, die Arme und Beine betrifft, konnte dank des Neuralink-Implantats Videospiele spielen, im Internet surfen und einen Cursor bewegen. Auch bei der Behandlung von ALS (Amyotrophe Lateralsklerose), Parkinson, Demenz oder Depressionen könnte die Technologie in Zukunft eingesetzt werden.

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Bradford G. Smith, der dritte Mensch weltweit, der das Neuralink-Hirnimplantat erhalten hat, leidet an ALS und kann nicht sprechen. Er nutzt das Implantat als primäre Kommunikationsform und tippt mit seinen Gedanken.

Science-Fiction-Visionen und ethische Bedenken

Musk verbindet mit Neuralink jedoch auch weiterführende Ambitionen, die an Science-Fiction denken lassen. So möchte er das Gehirn mit Computern verbinden, um an Informationen und Erinnerungen aus den Tiefen des Gehirns zu gelangen. Auch die Idee, Menschen mit "Supervision" auszustatten und menschliche Telepathie zu ermöglichen, hat Musk bereits geäußert.

Experten weisen jedoch darauf hin, dass diese Visionen derzeit noch weit von der wissenschaftlichen Realität entfernt sind. Juan Alvaro Gallego, BCI-Forscher am Imperial College London, betont: "Wir können die Gedanken der Menschen nicht lesen. Das grundlegende Problem ist, dass wir nicht wirklich wissen, wo oder wie Gedanken im Gehirn gespeichert werden."

Neben der Machbarkeit werden auch ethische und regulatorische Bedenken geäußert. Kritiker bemängeln die unternehmensorientierte Kommunikationsstrategie von Neuralink, die auf Pressemitteilungen und Live-Events setzt, anstatt auf Publikationen in Fachjournalen mit Peer-Review-Prüfung. Zudem werfen die direkte Verbindung zwischen Gehirn und digitalen Systemen völlig neue Datenschutzrisiken auf. Wer hat Zugriff auf die Daten aus dem Gehirn? Können diese Schnittstellen gehackt oder manipuliert werden? Klassische Datenschutzgesetze wie die DSGVO in Europa sind nicht auf Gehirn-Computer-Schnittstellen ausgelegt. Es fehlen klare Vorschriften, wer Daten aus dem Gehirn speichern, verarbeiten oder verkaufen darf.

Tierversuche und Kontroversen

Neuralink stand auch wegen seiner Tierversuche in der Kritik. Tierschützer warfen dem Unternehmen vor, dass bei den Versuchen zahlreiche Tiere zu Tode gekommen seien. Musk wies diese Vorwürfe jedoch energisch zurück und erklärte, dass kein einziges Tier aufgrund eines Neuralink-Chips gestorben sei.

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Dennoch fordern einige Kongressmitglieder eine Untersuchung der Aufsichtsgremien, die die Tierversuche überwachen. Sie befürchten, dass die bezahlten Aufseher von Elon Musk den Auftrag bekommen haben könnten, nur jene Ergebnisse vorzulegen, die Experimente mit Menschen beschleunigen.

Konkurrenz und Forschung in Deutschland

Neuralink ist nicht das einzige Unternehmen, das an Hirn-Computer-Schnittstellen arbeitet. Auch die Firma Precision Neuroscience entwickelt ein Implantat mit 1.024 Elektroden, das minimalinvasiv am Gehirn angebracht werden soll.

Thomas Stieglitz, Professor für biomedizinische Mikrotechnik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, hält das Implantat von Neuralink für das neueste und komplexeste, das es gebe. Er wünscht sich jedoch bessere Bedingungen für die Forschung in Deutschland. Es wäre hilfreich, wenn "Zugänge für Forschungsstudien klarer definiert wären und die Wege dahin mit weniger administrativen Hürden belegt werden, sodass wir da ungefähr auf dem gleichen Stand wären wie die USA. Das ist leider nicht so".

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