Die Entwicklung des kindlichen Gehirns ist ein faszinierender und komplexer Prozess, der von der Embryonalzeit bis ins junge Erwachsenenalter andauert. Sie ist eng verknüpft mit der kognitiven, emotionalen, sozialen und motorischen Entwicklung des Kindes. Das Verständnis dieser Entwicklung ist entscheidend, um Kinder optimal zu fördern und mögliche Entwicklungsverzögerungen frühzeitig zu erkennen.
Grundlagen der Gehirnentwicklung
Struktur des Gehirns
Das menschliche Gehirn besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen), die über 100 Billionen Synapsen miteinander kommunizieren. Diese Neuronen sind in verschiedenen Hirnarealen organisiert, die jeweils spezifische Funktionen erfüllen:
- Großhirn: Verantwortlich für höhere kognitive Funktionen wie Sprache, Denken, Gedächtnis, Wahrnehmung und bewusste Bewegungen. Es besteht aus zwei Hälften (Hemisphären), die durch den Balken (Corpus callosum) verbunden sind. Die linke Hemisphäre steuert vorwiegend Sprache, Denkprozesse, Mathematik und Logik, während die rechte Hemisphäre visuell-räumliche Wahrnehmung, Gefühle, Kreativität, Fantasie, Kunst und Musik verarbeitet. Zum Großhirn gehört auch das limbische System, das für emotionale Reaktionen zuständig ist.
- Kleinhirn: Steuert unbewusst die Muskulatur, Motorik, Körperhaltung und das Gleichgewicht. Es koordiniert willkürliche Bewegungsimpulse aus dem Großhirn und ermöglicht die Orientierung im Raum.
- Zwischenhirn: Umfasst den Thalamus (der Informationen filtert und an spezialisierte Teile des Gehirns weiterleitet) und den Hypothalamus (der lebenswichtige vegetative Funktionen wie Körpertemperatur, Blutdruck, Nahrungs- und Wasseraufnahme, Schlaf und Geschlechtstrieb steuert).
- Hirnstamm: Kontrolliert grundlegende und überlebenswichtige Funktionen wie Herzfrequenz, Atmung, Blutkreislauf, Aufmerksamkeit und Schlaf. Das verlängerte Mark steuert automatisch ablaufende Vorgänge wie den Herzschlag sowie verschiedene Reflexe.
Neuronale Kommunikation
Die Kommunikation zwischen den Neuronen erfolgt über Synapsen, an denen Neurotransmitter (chemische Botenstoffe) oder Ionen (elektrisch geladene Teilchen) ausgetauscht werden. Innerhalb der Nervenzellen werden elektrische Signale weitergeleitet. Gliazellen unterstützen die Neuronen, indem sie ein Stützgerüst bilden, am Stoff- und Flüssigkeitstransport beteiligt sind und die Axone (Nervenfasern) mit einer isolierenden Myelinschicht umhüllen.
Entwicklungsprozesse
Die Entwicklung des Gehirns beginnt bereits in der Embryonalzeit und setzt sich bis ins junge Erwachsenenalter fort. Zu den wichtigsten Entwicklungsprozessen gehören:
- Neurogenese: Bildung neuer Nervenzellen.
- Synaptogenese: Bildung neuer Synapsen (Verbindungen zwischen Nervenzellen).
- Synaptisches Pruning: Abbau nicht benötigter Synapsen, um die Effizienz der neuronalen Netzwerke zu erhöhen.
- Myelinisierung: Ausbildung der Myelinschicht um die Axone, um die Geschwindigkeit der Signalübertragung zu erhöhen.
Phasen der Gehirnentwicklung im Kindesalter
Die Gehirnentwicklung verläuft in verschiedenen Phasen, die jeweils durch spezifische Veränderungen und Lernmöglichkeiten gekennzeichnet sind.
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Pränatale Entwicklung
Die Entwicklung des Gehirns und Nervensystems beginnt bereits in der dritten Schwangerschaftswoche. Bis zum Ende der achten Woche sind Gehirn und Rückenmark fast vollständig angelegt. In den folgenden Wochen und Monaten wird im Gehirn eine Unmenge von Nervenzellen durch Zellteilung gebildet, von denen ein Teil vor der Geburt wieder abgebaut wird. Während der gesamten Schwangerschaft sind die neuronalen Strukturen äußerst empfindlich und damit anfällig gegenüber äußeren Einflüssen. Alkoholkonsum, Rauchen, Strahlung, Jodmangel und bestimmte Erkrankungen der Mutter können zu einer Schädigung des sich entwickelnden Nervensystems führen. Schon im Mutterleib nimmt das Gehirn des Ungeborenen Informationen auf. So geht man davon aus, dass durch das Wahrnehmen der Sprache der Eltern das Erlernen der Muttersprache schon vor der Geburt geprägt wird.
Säuglingsalter (0-1 Jahr)
Bei der Geburt enthält das Gehirn eines Säuglings rund 100 Milliarden Neuronen, die gleiche Anzahl wie beim Erwachsenen. Die Nervenzellen des Neugeborenen sind aber noch nicht voll ausgebildet und wenig vernetzt. Ein Neuron hat durchschnittlich nur 2.500 Synapsen; bei Kleinkindern sind es hingegen bis zu 15.000 Synapsen. Auch bewegen sich Nervenimpulse viel langsamer: Die neurale Geschwindigkeit nimmt zwischen Geburt und Adoleszenz um das 16fache zu - (Klein-) Kinder verfügen noch über zu viele mögliche Leitungsbahnen, was Erregungen länger "fließen" lässt. Somit ist das Gehirn zum Zeitpunkt der Geburt immer noch recht unreif; lediglich ein Grundgerüst wurde angelegt. In der Regel ist die rechte Hemisphäre etwas weiter entwickelt als die linke.
In dieser Phase steht die Entwicklung der sensorischen und motorischen Fähigkeiten im Vordergrund. Das Baby lernt, seine Umgebung wahrzunehmen, Reflexe zu koordinieren und grundlegende Bewegungen wie Greifen, Rollen und Krabbeln auszuführen. Das Gehirn wächst rasant und bildet unzählige neue Synapsen.
- Neugeborenenreflexe: Angeborene Reaktionen wie Saugen, Schlucken und Greifen sind in dieser Phase wichtig.
- Sensorische Entwicklung: Babys entwickeln ihre Seh-, Hör-, Tast- und Geschmacksfähigkeiten.
- Motorische Entwicklung: Babys lernen, ihren Kopf zu heben, sich zu drehen, zu sitzen und zu krabbeln.
Kleinkindalter (1-3 Jahre)
In dieser Phase entwickelt sich das Gehirn rasant weiter. Mit zwei Jahren entspricht die Menge der Synapsen derjenigen von Erwachsenen; mit drei Jahren hat ein Kind mit 200 Billionen Synapsen bereits doppelt so viele. Das Gehirn eines Dreijährigen ist mehr als doppelt so aktiv wie das eines Erwachsenen und hat somit auch einen fast doppelt so hohen Glukoseverbrauch. Bis zu 50% des täglichen Kalorienbedarfs wird für das Gehirn benötigt; bei Erwachsenen sind es nur rund 18%. Verbunden mit dem rasanten Wachstum von Synapsen ist eine rasche Gewichtszunahme des Gehirns: von 300 g bei der Geburt über 750 g am Ende des 1. Lebensjahrs bis 1.300 g im 5. Lebensjahr. In der Pubertät wird schließlich das Endgewicht erreicht.
Kleinkinder beginnen, die Welt aktiv zu erkunden, ihre Sprache zu entwickeln und soziale Beziehungen aufzubauen. Das Denken wird komplexer, und sie entwickeln ein erstes Verständnis von Ursache und Wirkung.
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- Sprachentwicklung: Kleinkinder lernen, Wörter zu verstehen und zu sprechen.
- Kognitive Entwicklung: Kleinkinder entwickeln ein Verständnis von Objekten, Raum und Zeit. Sie beginnen, Probleme zu lösen und zu lernen, wie Dinge funktionieren.
- Sozial-emotionale Entwicklung: Kleinkinder lernen, ihre Emotionen zu regulieren und Beziehungen zu anderen aufzubauen. Sie entwickeln ein erstes Verständnis von Empathie und sozialem Verhalten.
Mit Beginn des zweiten Lebensjahres beginnen Kinder, sich mit räumlichen Beziehungen auseinanderzusetzen und ihre räumliche Vorstellung zu entwickeln. Ab etwa anderthalb Jahren erkennen Kinder, dass Gegenstände gleich oder verschieden groß sein können. Sie beginnen, Dinge nach bestimmten Eigenschaften zu unterscheiden und zu sortieren und können einfache Formen wie Kreise oder Dreieiecke schon bald sicher zuordnen. Gegen Ende des zweiten Lebensjahres besitzt Ihr Kind bereits eine stabile innere Vorstellung von Gegenständen und Handlungen, die es sich in seinem Spiel einprägt. Nach und nach entwickelt Ihr Kind nun die Fähigkeit, sich das Ergebnis einer Handlung vorzustellen, ohne dass es dies praktisch ausprobieren müsste.
Vorschulalter (3-6 Jahre)
In dieser Phase verfeinern Kinder ihre kognitiven, sprachlichen und sozialen Fähigkeiten. Sie entwickeln ein besseres Verständnis von Regeln und Normen und lernen, mit anderen zusammenzuarbeiten. Das Gedächtnis verbessert sich, und sie beginnen, logisch zu denken.
- Kognitive Entwicklung: Kinder entwickeln die Fähigkeit, Aufgaben durchzudenken, ohne sie ausprobieren zu müssen. Sie entwickeln ein Zeitgefühl und das Bedürfnis, zu lernen und etwas zu leisten.
- Sprachentwicklung: Kinder erweitern ihren Wortschatz und lernen, komplexere Sätze zu bilden.
- Sozial-emotionale Entwicklung: Kinder lernen, ihre Emotionen besser zu regulieren und entwickeln ein stärkeres Selbstbewusstsein.
Ab etwa vier Jahren entwickeln Kinder ein enormes Gedächtnis und beginnen, einfache Mengen- und Zeitbegriffe zu verstehen. Im vierten Lebensjahr geben sich Kinder nicht mehr zufrieden mit dem, was offensichtlich und sichtbar ist: Mit ihren unermüdlichen Fragen „Warum, wieso, wie, woher, wo, wann?“ fragen sie nun verstärkt nach den Hintergründen „ihrer Welt“. Ihr Kind vergrößert zusehends sein Allgemeinwissen und verbessert seine Fähigkeit zum logischen Denken. Es kann nun Grundfarben erkennen und benennen sowie Formen wie Kreis, Quadrat oder Dreieck sicher unterscheiden.
Schulalter (6-12 Jahre)
Die im dritten Lebensjahr erreichte Anzahl von Synapsen bleibt bis zum Ende des ersten Lebensjahrzehnts relativ konstant. Die Ausbildung von doppelt so vielen Synapsen wie letztlich benötigt ist ein Zeichen für die große Plastizität des Gehirns - und die enorme Lern- und Anpassungsfähigkeit des Säuglings bzw. Kleinkinds. Das Neugeborene fängt geistig praktisch bei null an: Abgesehen von ein paar angeborenen Verhaltensweisen ist es weitgehend auf Wahrnehmung und Reaktion beschränkt. Die Regionen des Gehirns, die später für komplexe Funktionen wie Sprechen oder Denken zuständig sind, liegen weitgehend brach. Aber das ist genau die große Chance des Menschen: Der Neugeborene ist praktisch für ganz unterschiedliche Kulturen und Milieus offen - für einen Indianerstamm bestehend aus Jägern und Sammlern in den Tiefen der Dschungel Brasiliens, für eine Bauern- und Hirtengemeinschaft in Westafrika wie auch für eine hoch technisierte Wissensgesellschaft in Westeuropa oder Ostasien.
In dieser Phase steht das Lernen im Vordergrund. Die Kinder entwickeln ihre Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten und erweitern ihr Wissen über die Welt. Die Fähigkeit zum logischen Denken und zur Problemlösung verbessert sich.
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- Kognitive Entwicklung: Kinder lernen, abstrakte Konzepte zu verstehen und komplexe Probleme zu lösen.
- Sozial-emotionale Entwicklung: Kinder entwickeln ein stärkeres Selbstbewusstsein und lernen, mit Gleichaltrigen zu interagieren.
Adoleszenz (12-18 Jahre)
In der Adoleszenz kommt es zu einer grundlegenden Reorganisation des Gehirns. Der Abbau von synaptischen Verbindungen bei der gleichzeitigen Zunahme der weißen Substanz sowie Veränderungen in Neurotransmitter-Systemen zeigen, dass die anatomischen und physiologischen Reifungsprozesse der Adoleszenz weitaus dynamischer sind als ursprünglich vermutet. Demnach ist von einem Umbau der kortikalen Schaltkreise auszugehen, die den adoleszenzspezifischen Veränderungen in kognitiven Funktionen und in der Affektregulation zugrunde liegen könnten. Das Gehirn ist relativ früh nach der Geburt ausgewachsen, das heißt, das maximale kortikale Gesamtvolumen ist dann erreicht. Dennoch finden wichtige Reifungsprozesse in der anatomischen Struktur in der Adoleszenz statt, wie strukturelle Bildgebungsstudien zeigen konnten. Die Reifung der grauen Substanz verläuft im Gehirn sozusagen von hinten nach vorne: Zuerst in der Entwicklung wird das Maximum der Dichte der grauen Substanz im primären sensomotorischen Kortex erreicht, zuletzt in höheren Assoziationsarealen, wie dem dorsolateralen präfrontalen Kortex, dem inferioren parietalen und dem superioren temporalen Gyrus. Das bedeutet, dass insbesondere Hirnareale wie der präfrontale Kortex - der für höhere kognitive Funktionen wie etwa die Handlungskontrolle, das Planen oder die Risikoabschätzung von Entscheidungen verantwortlich ist - später reift als jene Kortexareale, die mit sensorischen oder motorischen Leistungen assoziiert sind. Neben der Abnahme der grauen Substanz findet man eine Zunahme in der weißen Substanz. Diese wird aus myelinisierten Axonen gebildet, die für eine schnelle Informationsweiterleitung verantwortlich sind. Der Anteil an weißer Substanz nimmt von der Kindheit bis in das frühe Erwachsenenalter hinein an Volumen zu. Es wird vermutet, dass die Veränderung der weißen Substanz primär auf die fortschreitende Myelinisierung der Axone durch Oligodendrozyten zurückzuführen ist. Insgesamt verläuft die Myelinisierung von inferioren zu superioren Hirnarealen und dabei tendenziell von posterior nach anterior.
In der Teenagerzeit formen Jugendliche ihre Identität und streben nach Unabhängigkeit. Das Gehirn durchläuft eine Phase intensiver Reorganisation, insbesondere im präfrontalen Kortex, der für Entscheidungsfindung, Impulskontrolle und Planung zuständig ist.
- Kognitive Entwicklung: Jugendliche entwickeln die Fähigkeit zum abstrakten Denken und zur kritischen Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt.
- Sozial-emotionale Entwicklung: Jugendliche suchen nach ihrer Identität und entwickeln ihre eigenen Werte und Überzeugungen.
- Risikoverhalten: Die erhöhte Risikobereitschaft in der Adoleszenz ist auf die späte Reifung des präfrontalen Kortex und die erhöhte Aktivität des Belohnungssystems zurückzuführen.
Einflussfaktoren auf die Gehirnentwicklung
Die Entwicklung des Gehirns wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, darunter:
- Genetik: Die genetische Ausstattung legt den Grundstein für die Gehirnentwicklung. Rund 60% aller menschlichen Gene wirken auf die Gehirnentwicklung ein. Der IQ ist aber nur zu etwa 50% genetisch bedingt, der Schulerfolg sogar nur zu 20%.
- Umwelt: Die Umwelt, in der ein Kind aufwächst, hat einen entscheidenden Einfluss auf die Gehirnentwicklung. Die Umgebung wirkt schon vor der Geburt auf die Gehirnentwicklung ein (z.B. die Stimme der Mutter, Musik und andere Geräusche), insbesondere über den Körper der Mutter: Negative Einflussfaktoren sind beispielsweise Fehlernährung, Rauchen, Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Stress oder der Umgang mit giftigen Substanzen am Arbeitsplatz während der Schwangerschaft. Nach der Geburt wird die Gehirnentwicklung z.B. gehemmt durch längere Krankenhausaufenthalte oder Heimunterbringung, da dann Säuglinge bzw. Kleinkinder zu wenig Stimulierung erfahren. Dasselbe gilt für den Fall, dass die Mutter depressiv ist oder die Eltern ihr Kind vernachlässigen. Einen negativen Effekt können ferner frühkindliche Traumata oder Misshandlungen haben. Eine positive Wirkung wird hingegen beispielsweise dem Stillen zugesprochen, da hier das Gehirn besonders gut mit Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen versorgt wird. So schnitten gestillte Kinder beim IQ-Test mit acht Jahren um durchschnittlich 8 Punkte besser ab - der Vorsprung war umso größer, je….
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig für die gesunde Entwicklung des Gehirns.
- Stimulation: Kinder brauchen ausreichend Stimulation, um ihre kognitiven, sprachlichen und sozialen Fähigkeiten zu entwickeln.
- Soziale Interaktion: Der Kontakt zu anderen Menschen ist wichtig für die Entwicklung sozialer Kompetenzen und emotionaler Intelligenz.
- Erziehung: Eine liebevolle, unterstützende und anregende Erziehung fördert die gesunde Entwicklung des Gehirns. Eltern, die ihren Kindern gegenüber zögerlich, gestresst, feindselig, abwesend oder gleichgültig sind, werden nicht in der Lage sein, die Art von Umgebung zu bieten, die für eine optimale Gehirnentwicklung eines Babys nötig ist. Auch wenn Babys von diesen Eltern vielleicht hochwertiges Essen bekommen und auch all ihre Entwicklungsmeilensteine erreichen, sie können sogar kognitiv sehr intelligent sein, werden sie sich dennoch im emotionalen Sinne höchstwahrscheinlich schlechter entwickeln und Defizite haben, die sie ein ganzes Leben behalten werden.
- Erfahrungen: Die Erfahrungen, die ein Kind macht, prägen die Entwicklung seines Gehirns.
Bedeutung der frühen Kindheit
Die ersten Lebensjahre sind von entscheidender Bedeutung für die Gehirnentwicklung. In dieser Zeit werden die grundlegenden neuronalen Netzwerke aufgebaut, die das Fundament für spätere Lernprozesse und Verhaltensweisen bilden. Frühkindliche Erfahrungen haben einen langfristigen Einfluss auf die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung eines Menschen.
- Sensible Perioden: Bestimmte Zeitfenster in der frühen Kindheit sind besonders wichtig für die Entwicklung spezifischer Fähigkeiten. Werden diese "sensiblen Perioden" verpasst, kann es schwieriger sein, diese Fähigkeiten später zu erlernen. Beispielsweise dauert die "sensible Phase" für den Spracherwerb bis zum 6. oder 7. Lebensjahr. Das Baby kann schon alle Laute jeder Sprache dieser Welt unterscheiden, das Kleinkind alle Phoneme korrekt nachsprechen. Innerhalb weniger Lebensjahre werden aber die Synapsen eliminiert, die diese Leistung ermöglichen, aber nicht benötigt werden, da sich das Kind in der Regel ja nur eine Sprache mit einer sehr begrenzten Zahl von Phonemen aneignet. Deshalb kann ab dem Schulalter, insbesondere ab der Pubertät, eine neue Sprache nicht mehr perfekt erlernt werden. Dieses Beispiel verdeutlicht aber auch, dass das Konzept der "kritischen Phasen" nicht überbetont werden darf. Sonst wird im jeweiligen Bereich die Lernfähigkeit des Menschen außerhalb der sensiblen Periode unterschätzt - das Schulkind oder der Erwachsene kann eben doch eine zweite, dritte oder vierte Sprache lernen, wenn auch zumeist nur mit einem (leichten) Akzent. Allerdings fällt das Erlernen bestimmter Kompetenzen (neben der Sprache z.B.
- Plastizität: Das Gehirn von Kindern ist besonders plastisch, d.h. es kann sich leicht an neue Erfahrungen anpassen. Diese Plastizität ermöglicht es Kindern, schnell zu lernen und sich an unterschiedliche Umgebungen anzupassen. Die große Zahl der Synapsen bei 2 bis 10-Jährigen ist ein Zeichen für die enorme Anpassungs- und Lernfähigkeit der Kinder in diesem Alter. Art und Anzahl der sich formenden und bestehen bleibenden Synapsen hängen mit speziellen erlernten Fertigkeiten zusammen. Bei der weiteren Entwicklung des Gehirns treten dann andere Dinge in den Vordergrund. Die wenig benutzten und offenbar nicht benötigten Verbindungsstellen werden abgebaut, die anderen Nervenfasern zwischen den Neuronen dagegen intensiver genutzt. Das ist der Grund für den Abbau der Synapsen ab dem 10. Lebensjahr um die Hälfte.
Förderung der Gehirnentwicklung
Eltern und Erzieher können die Gehirnentwicklung von Kindern auf vielfältige Weise fördern:
- Liebevolle und unterstützende Umgebung: Geben Sie Kindern das Gefühl, geliebt und wertgeschätzt zu werden.
- Anregende Umgebung: Bieten Sie Kindern vielfältige Möglichkeiten zum Spielen, Erkunden und Lernen.
- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine gesunde Ernährung, die alle wichtigen Nährstoffe enthält.
- Ausreichend Schlaf: Kinder brauchen ausreichend Schlaf, um sich zu erholen und neue Informationen zu verarbeiten.
- Soziale Interaktion: Fördern Sie den Kontakt zu Gleichaltrigen und anderen Erwachsenen.
- Vorlesen und Erzählen: Lesen Sie Kindern vor und erzählen Sie ihnen Geschichten, um ihre sprachlichen Fähigkeiten zu fördern.
- Spielen: Ermöglichen Sie Kindern freies Spiel, um ihre Kreativität, Fantasie und Problemlösungsfähigkeiten zu entwickeln.
- Bewegung: Fördern Sie regelmäßige körperliche Aktivität, um die motorische Entwicklung und die kognitiven Funktionen zu verbessern.