Bei Schwindel, lateinisch Vertigo, empfindet der Betroffene ein Schwanken und Drehen, auch bekannt als Schwindelgefühl. Wenn eine Person einen Schwindelanfall hat, glaubt sie sich nicht mehr sicher durch den Raum bewegen zu können, da ihr Gleichgewichtssinn beeinträchtigt wird. Schwindel entsteht oft dann, wenn das Gehirn widersprüchliche Informationen von den drei Sinnesorganen erhält, die das Gleichgewichtsempfinden und die räumliche Orientierung verbinden. Sie setzen sich zusammen aus dem Vestibularapparat, dem Gleichgewichtsnerv und den Tiefenrezeptoren.
Was ist Schwindel?
Schwindel ist keine Krankheitseinheit, sondern das Leitsymptom verschiedener Erkrankungen unterschiedlicher Ätiologie, die von Innenohr, Hirnstamm oder Kleinhirn ausgehen, aber auch psychische Ursachen haben können. Es ist wichtig zu verstehen, dass Schwindel ein Symptom ist, das viele Ursachen haben kann, und die genaue Diagnose ist entscheidend für eine wirksame Behandlung.
Ursachen von Schwindel
Es gibt verschiedene Arten von Schwindel, die verschiedene komplexe Ursachen haben. Bei der Untersuchung wird der Schwindel zunächst in Schwindeltypen zugeordnet, um die möglichen Ursachen einzugrenzen. Der Schwindel wird in zwei verschiedene Kategorien eingeordnet. Dabei ist die Art des Schwindels (systematisch oder unsystematisch) zu beachten und der wahrscheinliche Ort des Auslösers (Ätiologie).
Zu den häufigsten Ursachen für Schwindel gehören:
- Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPLS): BPLS, Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel, ist eine häufig vorkommende vestibuläre Erkrankung, die Schwindel und andere Symptome verursacht. Dieser entsteht durch Ablagerungen, die sich in einem Teil des Innenohrs angesammelt haben. Diese Ablagerungen, Otolithen genannt, bestehen aus kleinen Kalziumkarbonat-Kristallen, auch „Ohrsteinchen“ genannt. Bei Kopfbewegungen wandern die Otolithen und senden falsche Signale an das Gehirn.
- Neuritis vestibularis: Die Neuritis vestibularis ist eine Erkrankung, bei der das Innenohr oder der Nervus vestibulocochlearis (8. Hirnnerv) sich durch eine Infektion entzünden. Der Nervus vestibulocochlearis verbindet das Innenohr mit dem Gehirn. Die Neuritis, die Nervenentzündung, verletzt die vestibulären Äste des Hirnnervs und verursacht dadurch Schwindel.
- Labyrinthitis: Eine Labyrinthitis (Entzündung des Labyrinths) entsteht, wenn die Infektion beide Äste des Nervs betrifft. In diesem Fall tritt Schwindel auf, sowie eine Veränderung des Hörens.
- Vestibularisparoxysmie: Eine Vestibularisparoxysmie bezeichnet den Kurzschluss zwischen einer Ader und einem Nerven. Nerven kann man sich als elektrische Leiter vorstellen, die eine Information von A nach B senden. Wird nun ein äußerer Reiz angeschlossen, dann kommt es zu einem fehlerhaften Reiz des Nervs. Das Gehirn kennt diese Ader nicht und nimmt an, dass die Information des Nervs z.B. vom Gleichgewichtsorgan kommt und interpretiert diese Stromschwankung als Schwindel.
- Morbus Menière: Morbus Menière ist eine vestibuläre Erkrankung, die in den meisten Fällen nur einseitig auftaucht. Die genauen Ursachen der Krankheit sind nicht bekannt. Es wird jedoch vermutet, dass die Schwindelattacken und die auftretende Schwerhörigkeit durch eine Druckerhöhung der Flüssigkeit in der Hörschnecke des Innenohrs ausgelöst werden, medizinisch wird es endolymphatischer Hydrops genannt.
- Akustikusneurinom (Vestibularisschwannom): Das Akustikusneurinom (Vestibularisschwannom) ist ein seltener, gutartiger Tumor des Hör- und Gleichgewichtsnervs. Er kann Symptome wie Hörverlust, Schwindel, Ohrgeräusche oder ein Taubheitsgefühl im Gesicht verursachen, aber auch gar keine Beschwerden hervorrufen. Kleinere Tumoren werden oft bestrahlt und größere Tumoren ab ca.
- Vestibuläre Migräne: Migränekranke Patienten leiden während einer Kopfschmerzattacke zusätzlich an Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen. Häufig klagen die Patienten auch nicht über Kopfschmerzen, weshalb die vestibuläre Migräne auch mit den Morbus Meniére verwechselt wird. Symptome sind unter anderem zuckende Augenbewegungen, Unsicherheiten im Gehen und Stehen, sowie Drehschwindel.
- Andere Ursachen: Schwindel bei älteren Menschen kann als Folge eines Problems mit dem vestibulären, zentralen und visuellen System entstehen. Ebenso kann der Schwindel durch eine Neuropathie, psychologische Motive oder durch unbekannte Gründe verursacht werden. Schwindel bei Kindern tritt häufiger auf als gedacht. Es handelt sich um eine gängige Störung, die circa 15-20 % der Kinder im Schulalter betrifft. In den meisten Fällen treten dieser Beschwerden nur vorübergehend auf. Niedriger Blutdruck. In einigen Fällen handelt es sich cernieragen um einen benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPLS) im Kindesalter, eine Form der Gleichgewichtsstörung ohne offensichtlichen Grund, die mit dem Wachstum komplett zu verschwinden neigt. Abgesehen von der Ursache richtet sich die Therapie nach der Art des Schwindels, an dem das Kind leidet.
Symptome von Schwindel
Schwindelsymptome sind sehr unterschiedlich. Je nach Ursache und Patient können andere Symptome mit Schwindel einhergehen. Zum vestibulären System gehören die Teile des Innenohrs und des Gehirns, die die Informationen verarbeiten, welche durch die Gleichgewichtskontrolle und durch die Augenbewegungen durchgegeben werden.
Lesen Sie auch: Nervenbehandlungsmethoden erklärt
Die Symptome können sein:
- Drehschwindel (Vertigo)
- Schwankschwindel
- Unsicherheit beim Gehen und Stehen
- Übelkeit und Erbrechen
- Benommenheit
- Kopfschmerzen
- Ohrgeräusche (Tinnitus)
- Hörverlust
- Sehstörungen
- Konzentrationsschwierigkeiten
Diagnose von Schwindel
Für die Diagnose bei Schwindelbeschwerden ist zunächst der Hausarzt der Ansprechpartner. Je nach Erstverdacht überweist er den Patienten bei Bedarf an den entsprechenden Spezialisten. Das kann ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt, ein Neurologe, ein Internist oder ein Psychiater beziehungsweise Psychotherapeut sein, sowie ein Augenarzt oder Orthopäden, die hinzugezogen werden können.
Der nächste Schritt auf dem Weg zur Diagnose ist die eingehende körperliche Untersuchung des Patienten. Bei der orientierenden Gleichgewichtsprüfungen muss der Patient mit verschlossenen Augen geradeaus gehen, mit geschlossenen Augen auf einer Stelle marschieren und auf beiden Beinen stehen. Eine zentrale Bedeutung haben die Tests zur Funktion des Gleichgewichtsorgans, die sogenannten Vestibularisprüfungen. Mit diesen Tests kann untersucht werden, ob der Schwindel durch Störungen des Gleichgewichtsorgans bedingt ist oder nicht. Die Frenzel-Brille wird zur Untersuchung des Nystagmus eingesetzt. Auch das Gehör muss geprüft werden, da das Gleichgewichts- und Hörorgan ihre Signale über den gleichen Nerv (Nervus vestibulocochlearis) zum Gehirn weiterleitet. Mehr zu diesem Test-Verfahren erfahren Sie in unserem speziell hierfür geschriebenen Beitrag.
Zu den diagnostischen Verfahren gehören:
- Anamnese: Detaillierte Erfragung der Symptome, ihrer Dauer, Häufigkeit und Auslöser.
- Körperliche Untersuchung: Überprüfung des Gleichgewichts, der Koordination, der Reflexe und der Augenbewegungen.
- Hörtest: Um Hörverlust oder andere Hörstörungen festzustellen.
- Vestibularisprüfung: Tests zur Funktion des Gleichgewichtsorgans, wie z.B. die kalorische Prüfung oder der Kopfimpulstest.
- Bildgebende Verfahren: MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) des Gehirns, um andere Ursachen wie Tumoren oder Entzündungen auszuschließen.
Behandlung von Schwindel
Die Behandlung von Schwindel hängt grundsätzlich von der Ursache, der Schwindelform und den Begleiterscheinungen ab. Je nach Ursache können Medikamente, eine Psychotherapie oder in seltenen Fällen eine Operation helfen, aber auch physikalische Maßnahmen können getroffen werden, um dem Schwindel entgegenzuwirken.
Lesen Sie auch: Wie man ZNS-Entzündungen erkennt und behandelt
Es gibt spezielle Medikamente, so genannte Antivertiginosa, die bei akutem oder starkem Schwindel eingenommen werden. Der Arzt kann bei einem Lagerungsschwindel meist durch ein Lagerungsmanöver behandeln. In seltenen Fällen operiert man bei Schwindel. Dann ist meist ein Tumor die Ursache. Homöopathische Mittel können helfen, sofern die Ursache ungefährlich ist. Extrakte aus der Heilpflanze Ginkgo fördern die Durchblutung im Innenohr und können helfen, die Beschwerden bei Schwindel zu verbessern. Ein Hörgerät verbessert nicht nur das Hörvermögen, sondern kann noch viel mehr leisten; denn oft geht mit Schwerhörigkeit auch eine Verschlechterung des Gleichgewichtssinns einher. Mit Hörgeräten verbessert sich auch der Orientierungssinn und die Erkennung des Ursprung von Geräuschen und folglich auch die Wahrnehmung des Raumes und der Umgebung; dadurch werden Schwindelanfälle und andere Störungen vermieden.
Zu den Behandlungsoptionen gehören:
- Medikamente: Antivertiginosa zur Linderung von Übelkeit und Schwindel, Kortikosteroide zur Reduktion von Entzündungen, Antihistaminika zur Behandlung von Reisekrankheit und vestibulären Störungen.
- Physiotherapie: Vestibuläre Rehabilitationstherapie zur Verbesserung des Gleichgewichts und der Koordination.
- Lagerungsmanöver: Spezielle Übungen zur Behandlung von BPLS.
- Psychotherapie: Bei Schwindel, der durch Angst oder Stress verursacht wird.
- Operation: In seltenen Fällen, z.B. bei einem Akustikusneurinom oder einer Vestibularisparoxysmie.
Spezifische Behandlungen für verschiedene Schwindelformen
- BPLS: Befreiungsmanöver nach Sémont oder Repositionsmanöver nach Epley.
- Neuritis vestibularis: Kortikosteroide zur Verbesserung der Erholung der peripheren Labyrinthfunktion, vestibuläre Rehabilitationstherapie.
- Morbus Menière: Prophylaktische Hochdosis-Langzeittherapie mit Betahistin, um die Durchblutung im Innenohr zu verbessern.
- Vestibularisparoxysmie: Carbamazepin zur Reduktion der Attacken.
Der Verlauf von Schwindel
Der Therapieerfolg muss sich am Spontanverlauf und - besonders wichtig bei chronisch rezidivierenden episodischen Schwindelformen - an der Häufigkeit von Attacken oder Rezidiven im Langzeitverlauf messen.
- BPPV: Wird der BPPV nicht therapiert, persistiert er bei etwa 30 % der Patienten. Auffallend ist die hohe Rate einer Spontanheilung für den hc-BPPV von über 60 % innerhalb von vier Wochen. Nach Verlaufsbeobachtungen von 125 Patienten über im Mittel zehn Jahre lag die Rezidivrate zunächst geheilter Patienten mit pc-BPPV bei insgesamt 50 % (15). Die meisten dieser Rezidive (80 %) erfolgten innerhalb des ersten Jahres nach der Behandlung, unabhängig vom Typ des Befreiungsmanövers; Frauen waren mit 58 % häufiger von Rezidiven betroffen als Männer mit 39 %; die Rezidivrate war in der siebten Dekade deutlich geringer als in der 6. (15). Die Therapie erfolgte wiederum durch ein für den betroffenen Bogengang geeignetes Befreiungsmanöver. Eine kontrollierte Einschränkung von Kopf- und Körperlagewechseln beeinflusst die Prognose in Bezug auf die Rezidivhäufigkeit nicht.
- Neuritis vestibularis: Im Verlauf liegt die Erholungsrate der peripheren vestibulären Funktion zwischen 40 und 60 % in Abhängigkeit von einer frühen Behandlung mit Kortikosteroiden (21). In einer Langzeitverlaufsstudie von 103 Patienten über im Mittel fast 10 Jahre fand sich nur bei zwei Patienten (1,9 %) ein Rezidiv, und zwar jeweils auf dem kontralateralen Ohr und mit deutlich geringeren Beschwerden aufgrund der Vorschädigung des anderen Nervs (22). In einer anderen Verlaufsstudie wurde bei 11,7 % der Patienten von Rezidiven berichtet (e4). Etwa 15 % der Patienten mit Neuritis vestibularis entwickeln innerhalb von Wochen bis wenigen Monaten auf dem betroffenen Ohr einen „postinfektiösen BPPV“, weil nicht nur der Nerv, sondern auch das Labyrinth von der Entzündung betroffen ist (e5).
Lesen Sie auch: Trigeminusneuralgie: Ein umfassender Überblick