Gelastische Anfälle: Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten

Gelastische Anfälle, auch bekannt als Lach- oder Kicheranfälle, sind eine seltene Form epileptischer Anfälle, die sich durch unwillkürliches Lachen oder Kichern äußern. Diese Anfälle sind oft schwer zu diagnostizieren und können medikamentös schwer zu behandeln sein. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten gelastischer Anfälle.

Was sind gelastische Anfälle?

Gelastische Anfälle sind gekennzeichnet durch plötzliche Ausbrüche von Lachen oder Kichern, die meist ohne entsprechenden emotionalen Hintergrund auftreten. Betroffene können während eines Anfalls ein unmotiviertes Lachen oder Kichern zeigen, das von ihrer normalen Gefühlslage abweicht. Diese Anfälle können isoliert auftreten oder von anderen Symptomen begleitet sein, wie z.B. einer Pubertas praecox (vorzeitige Pubertät) und/oder einer geistigen Behinderung.

Eine Betroffene beschrieb, dass ihre Kinder ihre Anfälle als "Lachanfälle" bezeichneten, da sie sich während des Anfalls selbst nicht beobachten konnte.

Ursachen gelastischer Anfälle

Die Hauptursache für gelastische Anfälle ist ein Hamartom im Hypothalamus, einem Bereich im Gehirn, der für die Steuerung verschiedener Körperfunktionen wie Emotionen, Hunger und Hormonhaushalt zuständig ist. Ein Hamartom ist eine gutartige Gewebewucherung, die in diesem Fall epileptische Anfälle auslösen kann.

In einigen Fällen können gelastische Anfälle auch durch andere Faktoren verursacht werden, wie z.B.:

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  • Hirnverletzungen
  • Infektionen
  • Tumore

Es gibt auch Fälle, in denen die Ursache der gelastischen Anfälle unbekannt bleibt (kryptogen).

Symptome gelastischer Anfälle

Das Hauptsymptom gelastischer Anfälle ist das unwillkürliche Lachen oder Kichern. Dieses Lachen kann sich von normalem Lachen unterscheiden und wirkt oft unnatürlich oder unpassend. Weitere Symptome, die während oder vor einem gelastischen Anfall auftreten können, sind:

  • Auren (Vorgefühle) wie Übelkeit, Déjà-Vu, Kribbeln, komischer Geschmack oder Angstgefühl
  • Starren oder Abwesenheit
  • Automatismen (unwillkürliche Bewegungen wie Kauen, Schmatzen oder Nesteln)
  • Bewusstseinsverlust
  • Andere Anfallsformen (z.B. tonisch-klonische Anfälle)
  • Vorzeitige Pubertät
  • Geistige Behinderung

Diagnose gelastischer Anfälle

Die Diagnose gelastischer Anfälle kann aufgrund ihrer Seltenheit und der Vielfalt der Symptome eine Herausforderung darstellen. Eine frühzeitige und korrekte Diagnose ist jedoch entscheidend für eine angemessene Behandlung und zur Vermeidung von Komplikationen. Die Diagnose umfasst in der Regel die folgenden Schritte:

  1. Anamnese: Der Arzt wird eine detaillierte Anamnese erheben, um die Anfallshistorie, Begleitsymptome und mögliche Ursachen zu erfassen.
  2. Neurologische Untersuchung: Eine neurologische Untersuchung dient dazu, neurologische Defizite oder Auffälligkeiten festzustellen.
  3. EEG (Elektroenzephalogramm): Ein EEG misst die elektrische Aktivität des Gehirns und kann helfen, epileptische Aktivität während oder zwischen den Anfällen zu identifizieren. Allerdings können die Ergebnisse bei gelastischen Anfällen unauffällig sein.
  4. MRT (Magnetresonanztomographie): Eine MRT des Gehirns kann helfen, strukturelle Ursachen wie ein Hamartom im Hypothalamus zu identifizieren.
  5. Video-EEG-Monitoring: Bei unklaren Fällen kann ein Video-EEG-Monitoring über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden, um Anfälle aufzuzeichnen und die epileptische Aktivität genauer zu analysieren.
  6. Weitere Untersuchungen: Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen wie Hormonanalysen oder genetische Tests erforderlich sein.

Behandlung gelastischer Anfälle

Die Behandlung gelastischer Anfälle zielt darauf ab, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen:

Medikamentöse Therapie

Antiepileptika sind dieStandardmedikation zur Behandlung von Epilepsie. Bei gelastischen Anfällen sind sie jedoch oft weniger wirksam als bei anderen Anfallsformen. Einige Betroffene sprechen gut auf eine niedrige Dosierung eines Medikaments in Monotherapie an, während andere kombinierte/Zusatztherapien benötigen. Es ist wichtig zu wissen, dass Antiepileptika nach einer gewissen Zeit ihre Wirkung verlieren können, so dass im Laufe der Zeit immer wieder ein Wechsel der Medikamente erforderlich sein kann. Die Auswahl richtet sich in erster Linie nach den Anfallsformen und der Verträglichkeit. Eine möglichst gute Lebensqualität für Kind und Familie ist dabei wesentliches Ziel.

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Chirurgische Therapie

Die chirurgische Entfernung des Hamartoms im Hypothalamus kann eine wirksame Behandlungsmöglichkeit für gelastische Anfälle sein, insbesondere wenn die medikamentöse Therapie versagt. Es gibt verschiedene chirurgische Techniken, darunter die offene Operation und die Radiofrequenztherapie. Da Operationen an dieser speziellen Stelle sehr risikoreich sind, sollte die Entscheidung für einen operativen Eingriff sorgfältig abgewogen werden.

Gammaknife-Bestrahlung

Das Gammaknife ist eine nicht-invasive Alternative zur Operation, bei der hochdosierte Strahlung gezielt auf das Hamartom gerichtet wird, um dessen Aktivität zu reduzieren. Diese Methode kann eine Option sein, wenn eine Operation zu riskant ist oder nicht in Frage kommt.

Vagusnervstimulation (VNS)

Die VNS ist eine weitere Behandlungsoption, bei der einStimulationsgerät implantiert wird, das über eine Elektrode mit dem linken Nervus Vagus verbunden ist. Über regelmäßige Stimulation dieses Hirnnervs wird die Wirkung erzielt. Die Einstellungen variieren dabei sehr, denn manche Kinder sprechen auf starke, schnelle Impulse an, andere auf schwächere Einstellungen.

Ketogene Diät

Eine ketogene Diät, eine sehr fettreiche und kohlenhydratarme Diät, kann bei einigen Patienten mit gelastischen Anfällen helfen, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren. Viele Familien berichten von gesteigerter Aufmerksamkeit und Wachheit und einem besseren Gesamtbefinden, auch ein Rückgang der Anfälle wurde beobachtet.

Weitere Therapieansätze

In einigen Fällen können auch andere Therapieansätze wie die Stimulation des tiefen Gehirns (DBS) oder die transkranielle Magnetstimulation (TMS) in Betracht gezogen werden.

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Begleitende Maßnahmen und Unterstützung

Neben der spezifischen Behandlung der gelastischen Anfälle sind begleitende Maßnahmen und Unterstützung wichtig, um die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Familien zu verbessern. Dazu gehören:

  • Psychologische Unterstützung: Gelastische Anfälle können eine erhebliche psychische Belastung darstellen. Eine psychologische Unterstützung kann helfen, mit Ängsten, Depressionen und sozialen Schwierigkeiten umzugehen.
  • Ergotherapie und Physiotherapie: Diese Therapien können helfen, motorischeDefizite und Entwicklungsverzögerungen zu verbessern.
  • Logopädie: Bei Sprach- und Kommunikationsschwierigkeiten kann eine Logopädie hilfreich sein.
  • Sozialberatung: Eine Sozialberatung kann bei Fragen zuFinanzierung, Pflege und Rehabilitation unterstützen.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen und ihren Familien kann eine wertvolle Unterstützung bieten.

CDKL5 und Epilepsie

Bei fast allen Kindern mit CDKL5 treten in den ersten Lebensmonaten epileptische Anfälle auf, die schwer therapierbar sind. Die Erfahrung mit CDKL5-Patienten zeigt, dass die Antiepileptika nach einer gewissen Zeit ihre Wirkung verlieren, so dass im Laufe der Zeit immer wieder ein Wechsel der Medikamente erforderlich ist. Dabei richtet sich die Auswahl in erster Linie nach den Anfallsformen und der Verträglichkeit. Dies erfordert in hohem Maße die kooperative Zusammenarbeit der behandelnden Ärzte und Therapeuten/Pädagogen mit der Familie. Eine möglichst gute Lebensqualität für Kind und Familie ist dabei wesentliches Ziel.

Für Notfälle, bzw. Steroid-Behandlungen, u.a. mit Adrenocorticotropin (ACTH) oder Prednisolon als zeitlich begrenzte Gabe oder in kurzen Behandlungszyklen (sogenannte „Pulse“) hat in einigen Fällen Wirkung gezeigt, in denen Infantile oder epileptische Spasmen zum Krankheitsbild gehören.

In einigen Fällen kann Neurochirurgie eine Option der Anfallskontrolle sein, wenn viele andere Behandlungen versagt haben. Bei CDKL5 ist die Epilepsie selten fokal. Sollte sie jedoch fokal sein, und der Anfalls auslösende Herd der Epilepsie ist identifiziert und auf eine Hirnhälfte beschränkt, kommt eine Neurochirurgie in Frage.

Für alle Behandlungsmethoden sollte viel Geduld eingeplant werden, denn alle Kinder reagieren verschieden, und auch das CDKL5-Krankheitsbild bietet eine Vielzahl von Variationen. Was bei dem einen Kind positive Wirkung zeigt, kann bei einem anderen wirkungslos sein. Zudem verändert sich die CDKL5-bedingte Epilepsie im Verlauf. Epileptische Anfälle treten regelhaft in den ersten 8 Lebensmonaten auf. Stadium II: beinhaltet die Entwicklung einer epileptischen Encephalopathie (schweren Beeinträchtigung der Hirnfunktion insgesamt durch epileptische Aktivität auch ohne sichtbare Anfälle) mit infantilen Spasmen und Hypsarrhythmie in 50% der Fälle. Stadium III: tritt als späte, multifokale und myklonische Epilepsie auf, wobei das nicht alle Fälle betrifft. In der Pubertät kann sich das Anfallsmuster und die Frequenz verändern.

Fallbeispiel Milly

Milly ist ein Kind, bei dem sich die Form der Epilepsie geändert hat. Bisher hatte sie „nur“ Absencen. Seit Mitte Oktober fielen vereinzelte Krampfanfälle (sogenannte gelastische Anfälle) von ca. 5 min Dauer auf. Ob die Medikation neu einstellen lassen muss, war noch unklar. Sie musste nun leider auch die Erfahrung eines Grand Mal-Anfalls machen. Das war kein schönes Erlebnis und ist zum Glück bisher nur einmal aufgetreten. Die Medikamente wurden nach ärztlicher Rücksprache angepasst.

Zur Behandlung der Epilepsie war Milly im März 2018 zweieinhalb Wochen in einem großen Epilepsiezentrum in Kehl-Kork. Durch eine Höherdosierung der bisherigen Medikamente Petnidan und Keppra konnte zuvor keine Besserung der Anfallssituation erreicht werden. In Kork wurde nun nach dreitägiger Beobachtung und Analyse entschieden, Keppra zu entfernen und als neues Medi Orfiril (Wirkstoff Valproat) reinzunehmen. Der Medi-Austausch verlief problemlos. Milly gefiel es in Kork und sie war richtig gut drauf. Die gefürchteten Nebenwirkungen, wie Erbrechen, Schwindel, Anfallszunahme oder schlechte Leberwerte blieben bisher zum Glück aus. Die Anfallsfreiheit konnte aber leider noch nicht erreicht werden. Dennoch ist eine Besserung der Anfälle im Sinne von milderen und kürzeren Verläufen sichtbar. Auch die Häufigkeit der Anfälle hat sich deutlich reduziert, sodass der Aufenthalt für uns und Milly ein Erfolg war. Wir müssen aber noch die kommenden Monate abwarten und hoffen, dass sich die Anfallstätigkeit weiter bessert.

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