Epilepsie: Definition, Ursachen, Diagnose und Therapie

Epilepsie, umgangssprachlich auch Fallsucht genannt, ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe von neurologischen Erkrankungen, die durch wiederholte, unprovozierte Anfälle gekennzeichnet sind. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, abnorme elektrische Entladungen im Gehirn. Der Begriff leitet sich vom griechischen Wort "epilepsis" (ἐπίληψις) ab, was so viel wie "Anfall" bedeutet.

Was ist Epilepsie? Eine Definition

Epilepsie ist keine einzelne Krankheit, sondern ein Syndrom, das verschiedene Ursachen haben kann. Charakteristisch für Epilepsie ist das Auftreten von Anfällen, die durch eine vorübergehende Funktionsstörung von Nervenzellen im Gehirn verursacht werden. Diese Funktionsstörung äußert sich in Form von vermehrten und sich gegenseitig aufschaukelnden elektrischen Entladungen.

Von Epilepsie spricht man, wenn mindestens zwei unprovozierte Anfälle oder Reflexanfälle auftreten, die weiter als 24 Stunden auseinander liegen. Etwa 10 % aller Menschen erleiden einmal in ihrem Leben einen epileptischen Anfall, der sich nicht wiederholt. Daher spricht man in diesem Fall nicht von dem Vorliegen einer Epilepsie. Treten Anfälle wiederholt spontan auf oder lassen sich nach einem einmaligen Anfall Hinweise für ein erhöhtes Risiko auf weitere Anfälle feststellen (in der Bildgebung des Gehirns oder/und den elektrischen Hirnströmen = EEG), wird von dem Vorliegen einer Epilepsie ausgegangen.

Ursachen von Epilepsie

Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und oft nicht eindeutig zu bestimmen. Man unterscheidet verschiedene Kategorien von Epilepsien, die auf unterschiedlichen Auslösern basieren:

  • Strukturelle Epilepsie: Hierbei ist die Epilepsie die Folge einer bekannten Ursache, wie beispielsweise einem Schlaganfall, einer Kopfverletzung, einem Hirntumor oder einer Entzündung des Gehirns.
  • Genetische Epilepsie: Bei dieser Form wird eine genetische Ursache als Auslöser der Erkrankung vermutet. Viele Fälle von idiopathisch generalisierten Epilepsien (IGE) sind polygenetische Erkrankungen.
  • Infektiöse Epilepsie: Diese Form wird durch eine infektiöse Erkrankung des Gehirns verursacht, beispielsweise durch Viren oder Bakterien.
  • Metabolische Epilepsie: Sie geht aus Veränderungen im Stoffwechsel hervor.
  • Immunologische Epilepsie: Diese Form ist durch eine chronische Entzündung des Gehirns gekennzeichnet.
  • Epilepsie mit unbekannter Ursache: In diesen Fällen kann die Ursache der Epilepsie nicht festgestellt werden.

Ein Ungleichgewicht von Erregung und Hemmung im Gehirn unterschiedlichster Ursache liegt epileptischen Anfällen zugrunde. Hierbei kommt es im Anfall zu nicht normalen synchronen rhythmischen Entladungen von Nervenzellverbänden. Nach der Art des Beginns der elektrischen Aktivität im Oberflächen-EEG werden Anfälle und auch die resultierende Epilepsie als fokal oder generalisiert bezeichnet. Eine örtlich begrenzte (fokale) Aktivität kann sich im Verlauf eines Anfalls auf das gesamte Gehirn ausbreiten und wird dann "sekundär generalisiert" genannt. Die fokale oder generalisierte Aktivität spiegelt sich auch in den klinischen Anfallssymptomen wider.

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Symptome von Epilepsie

Die Symptome einer Epilepsie sind ebenso vielseitig wie die verschiedenen Anfallsformen. Insgesamt gibt es mehr als 30 bekannte Formen der Epilepsie. Jede/r Betroffene hat in der Regel nur eine Epilepsieform mit ein bis drei verschiedenen Anfallsformen.

Epileptische Anfälle können sich sehr unterschiedlich äußern. Einige Beispiele sind:

  • Grand-mal-Anfall (generalisierter tonisch-klonischer Anfall): Dies ist die bekannteste Form, bei der Betroffene plötzlich das Bewusstsein verlieren, stürzen und der Körper unkontrolliert zuckt und verkrampft.
  • Absencen: Kurze Bewusstseinspausen, die oft unbemerkt bleiben. Sie treten häufig im Kindes- und Schulkindalter auf.
  • Fokale Anfälle: Diese Anfälle beginnen in einem bestimmten Bereich des Gehirns und können sich unterschiedlich äußern, z.B. durch Muskelzuckungen, Gefühlsstörungen oder Verhaltensänderungen. Je nachdem, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist, können die Symptome variieren. Ist zum Beispiel die rechte motorische Hirnrinde betroffen, kommt es z. B. zu einem motorischen Anfall im Bereich der linken Körperhälfte. Im Falle der Sehrinde käme es zu visuellen Phänomenen.

Typische Anfallsphänomene bei genetischen generalisierten Epilepsien sind "kleinere" generalisierte Anfälle (petit Mal) wie Absencen und bilaterale zumeist morgendlichen Muskelzuckungen (Myoklonien) und primäre "große" generalisierte tonisch-klonische Anfälle (grand Mal). Letztere können auch bei fokalem Anfallsursprung im Rahmen der Ausbreitung der elektrischen Anfallsaktivität auf das gesamte Gehirn auftreten.

Die ILAE unterscheidet grundsätzlich zwischen Anfällen mit fokaler, generalisierter oder unbekannter Ausbreitung. Darüber hinaus werden diese in Formen mit motorischen und nicht-motorischen Bewegungsstörungen eingeteilt. Bei fokal beginnenden Anfällen wird zusätzlich unterschieden, ob der Patient bei Bewusstsein ist oder nicht.

Diagnose von Epilepsie

Die Diagnose von Epilepsie basiert auf einer sorgfältigen Anamnese, neurologischen Untersuchung und verschiedenen technischen Untersuchungen. Wichtig ist die möglichst genaue Dokumentation der Anfälle durch Angehörige ist hier entscheidend für eine genaue Diagnose und die fortlaufende Behandlung. Wenn mindestens zwei nicht provozierten Anfällen oder Reflexanfällen auftreten, die weiter als 24 Stunden auseinander liegen.

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Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen sind:

  • Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten und die genauen Umstände der Anfälle (Anfallhergangs beurteilt). Dabei sind die Angaben des Betroffenen wichtig, wobei wir insbesondere bei eingeschränktem Bewusstsein auf Angaben von Augenzeugen angewiesen sind. Diese haben einen herausragenden Stellenwert, weshalb wir bitten, bei Terminen in unserer Epilepsieambulanz Augenzeugen - wenn möglich - mitzubringen. Bewährt hat sich auch die Aufnahme eines Anfalls auf dem Smartphone durch Angehörige. Dieses Video kann dann den Ärztinnen und Ärzte vorgespielt werden. Eine möglichst genaue Dokumentation der Symptome erleichtert den Ärztinnen und Ärzte die Diagnose oft erheblich.
  • Elektroenzephalogramm (EEG): Diese Untersuchung misst die Hirnströme und kann typische Veränderungen bei Epilepsie aufzeigen. Anlegen der Elektroden zur Ableitung einer Elektroenzephalographie (EEG)
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Dieses bildgebende Verfahren kann Veränderungen im Gehirn darstellen, die die Ursache der Epilepsie sein könnten.
  • Blutuntersuchungen: Diese können helfen, Stoffwechselstörungen oder Entzündungen als Ursache der Epilepsie auszuschließen. Blutentnahme bei Epilepsie-Patienten.

Nach einem ersten Anfall muss anhand durchgeführter Bildgebung (bevorzugt Magnetresonanztomographie) und den Ergebnissen des EEGs festgestellt werden, ob ein erhöhtes Risiko auf weitere epileptische Anfälle besteht. Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist die richtige Diagnose. Anhand der Anfallsbeschreibung und der Ergebnisse der Diagnostik wird die Zuordnung des Epilepsiesyndroms durchgeführt. Hieraus wird auf weitere Empfehlungen bezüglich Therapie und z. B. Fahreignung geschlossen.

Therapie von Epilepsie

Oberstes Ziel der Therapie ist Anfallsfreiheit oder zumindest eine gute Anfallskontrolle. Die Behandlung von Epilepsie richtet sich nach der Ursache, der Anfallsform und dem Schweregrad der Erkrankung.

Die wichtigsten Therapieoptionen sind:

  • Medikamentöse Therapie (Anfallssuppressiva): Dies ist die häufigste Behandlungsmethode. Es stehen zahlreiche verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung. Die Wahl des Medikaments richtet sich zum einen nach dem vorliegenden Epilepsiesyndrom sowie nach den persönlichen Merkmalen, die ein Patient mit sich bringt. Wenn ein Medikament in einer niedrigen Dosierung nicht wirkt, kann zunächst die Dosis erhöht werden. Zeigt sich kein Erfolg, probiert man ein Medikament aus einer anderen Wirkstoffgruppe oder kombiniert mehrere Wirkstoffe.
  • Chirurgische Therapie: In bestimmten Fällen, insbesondere wenn die Anfälle von einem bestimmten Bereich des Gehirns ausgehen, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Operation: Wenn sich bei fokalen Anfällen feststellen lässt, welcher Bereich des Gehirns die Anfälle auslöst, kann er entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich.
  • Vagusnerv-Stimulation: Dabei wird ein Schrittmacher unter die Haut im Brustbereich implantiert, der elektrische Impulse abgibt. Er ist über Kontakte am Halsbereich mit dem Vagusnerv verbunden und soll die Überaktivität der Nervenzellen hemmen. Der Vagusnerv ist ein wichtiger Nerv des vegetativen Nervensystems und an der Regulierung der inneren Organe beteiligt. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien. Daher wird die Vagus-Stimulation von den gesetzlichen Krankenkassen nur unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall erstattet.
  • Ketogene Diät: Bei einigen Epilepsieformen, insbesondere bei Kindern, kann eine spezielle Diät, die reich an Fetten und arm an Kohlenhydraten ist, helfen, die Anfälle zu reduzieren.
  • Psychotherapie: Ergänzend kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Sie kann dabei unterstützen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.

Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall

Bei einem epileptischen Anfall ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und den Betroffenen vor Verletzungen zu schützen. Was sollte man bei einem epileptischen Anfall tun? Man sollte auf jeden Fall Erste Hilfe leisten. Patientinnen und Patienten sollten zudem immer einen Notfallausweis bei sich tragen. In bestimmten Fällen kann es sein, dass Ärztinnen und Ärzte eine Notfallmedikation verordnen. Ist dies der Fall, wird sie, zusätzlich zur Dauermedikation, im Notfallausweis vermerkt.

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Die wichtigsten Maßnahmen sind:

  • Sorgen Sie für eine freie Atemwege.
  • Entfernen Sie gefährliche Gegenstände aus der Umgebung.
  • Legen Sie den Betroffenen in eine stabile Seitenlage, sobald die Krampfphase beendet ist.
  • Bleiben Sie beim Betroffenen, bis er wieder vollständig orientiert ist.
  • Rufen Sie den Notruf (112), wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert oder sich mehrere Anfälle kurz hintereinander ereignen.
  • Bei einem schweren Anfall kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein.

Leben mit Epilepsie

Die Diagnose Epilepsie kann für Betroffene und ihre Angehörigen eine große Herausforderung darstellen. Mit der richtigen Behandlung und Unterstützung können Menschen mit Epilepsie jedoch ein weitgehend normales Leben führen.

Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Auch eine psychologische Betreuung kann hilfreich sein, um mit den Ängsten und Sorgen umzugehen, die mit der Epilepsie einhergehen können.

Prognose bei Epilepsie

Zunächst sei gesagt, dass die Prognose von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ist und bei vielen Betroffenen die Anfallsfreiheit erreicht werden kann (siehe Prognose). Die Diagnose Epilepsie bedeutet also nicht automatisch, dass Betroffene kein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben führen können.

In vielen Fällen kann durch die medikamentöse Behandlung eine Anfallsfreiheit erreicht werden. Wenn Patientinnen und Patienten 10 Jahre anfallsfrei sind, davon mindestens 5 Jahre ohne die Einnahme von Anfallssuppressiva.

Häufigkeit von Epilepsie

Etwa 0,5% bis 1% der Deutschen sind betroffen (bis zu 800.000 Menschen). Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an Epilepsie zu erkranken, liegt bei über 5 %. Kinder und ältere Menschen sind häufiger betroffen; etwa 2/3 aller Epilepsien treten bis zum 20. Lebensjahr auf. Ab dem 60. Lebensjahr erhöht sich das Risiko, an Epilepsie zu erkranken, bedingt durch z.B.

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