Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, von der etwa 1 % der Bevölkerung betroffen ist, und betrifft auch junge Menschen. Ein epileptischer Anfall ist eine pathologische Übererregung im Gehirn, und erst wenn diese häufiger auftritt, spricht man von einer Epilepsie. Die Erkrankung kann sich auf alle Lebensbereiche auswirken, einschließlich Familie, Freizeit und Beruf. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie umfasst verschiedene Krankheitsbilder, die sich durch wiederholte epileptische Anfälle zeigen. Diese Anfälle entstehen durch synchrone Entladungen von Nervenzellen im Gehirn. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und reichen von genetischen Faktoren bis hin zu Veränderungen der Hirnsubstanz wie Hirntumoren.
Nicht jeder Krampfanfall bedeutet jedoch, dass eine Epilepsie vorliegt. Etwa fünf Prozent der Menschen erleiden in ihrem Leben einen einmaligen Krampfanfall. Von einem Anfallsleiden spricht man erst, wenn eine Veranlagung für eine Übererregbarkeit der Neurone im Gehirn vorliegt.
Symptome und Anfallsformen
Epileptische Anfälle können sich je nach Ursache und betroffenem Hirnareal sehr unterschiedlich äußern. Es gibt verschiedene Anfallsformen, die grob in zwei Kategorien unterteilt werden können:
- Fokale Anfälle: Diese Anfälle gehen von einem bestimmten Bereich des Gehirns aus und betreffen in der Regel nur eine Gehirnhälfte. Die Symptome richten sich nach dem Ursprungsort im Gehirn. Fokale Anfälle können mit oder ohne Bewusstseinseinschränkung auftreten. Bei fokalen Anfällen mit Bewusstseinsverlust kommt es häufig zu Automatismen, bei denen Patienten bestimmte Handlungsmuster wiederholen.
- Generalisierte Anfälle: Bei generalisierten Anfällen ist keine bestimmte Hirnregion als Ursprungsort des Anfalls erkennbar. Während eines Anfalls kann sich die Ausbreitung unterschiedlich verlaufen und das gesamte Hirnareal betreffen. Beispiele für generalisierte Anfälle sind Absencen (kurze Bewusstseinsstörungen), myoklonische Anfälle (Muskelzuckungen) und tonisch-klonische Anfälle (Grand-mal-Anfälle).
Die Symptome einer Epilepsie treten meist plötzlich und unvermittelt auf. Einige Menschen berichten von Vorboten wie Kopfschmerzen, Schwindel, Stimmungsschwankungen oder erhöhter Reizbarkeit. Diese Vorboten werden als Prodrom bezeichnet.
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Ursachen und Auslöser
Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig. Zu den wichtigsten gehören:
- Genetische Ursachen
- Stoffwechselbedingte Ursachen: Zum Beispiel Alkoholentzug oder Unterzuckerung bei Diabetes mellitus.
- Strukturelle Ursachen: Hierzu zählen Tumoren, Metastasen, Veränderungen durch Schlaganfälle, Schädel-Hirn-Traumata oder Entzündungen.
Epilepsien, bei denen eine erkennbare Ursache vorliegt, werden als strukturelle Epilepsie bezeichnet. Ist die Ursache unbekannt, spricht man von einer idiopathischen Epilepsie.
Neben den Ursachen gibt es auch Auslöser, die einen epileptischen Anfall provozieren können. Zu den häufigsten Auslösern gehören:
- Schlafmangel und unregelmäßiger Schlaf
- Alkohol
- Stress
- Hormonschwankungen (bei Frauen)
- Flackerlicht
- Dehydration
- Ausgelassene Mahlzeiten
- Bestimmte Medikamente
Der Einfluss von Stress auf Epilepsie
Viele Menschen mit Epilepsie berichten, dass Stress ein wichtiger Auslöser für ihre Anfälle ist. Stress kann verschiedene Formen annehmen, von großen Lebensereignissen bis hin zu alltäglichen Belastungen. Studien haben gezeigt, dass Stress die Anfallshäufigkeit bei Epilepsie-Patienten erhöhen kann.
Stress als Trigger
Stress kann als Trigger für epileptische Anfälle wirken, indem er die elektrische Aktivität im Gehirn beeinflusst. Bei Stress werden Stresshormone wie Cortisol freigesetzt, die die Erregbarkeit der Nervenzellen erhöhen können. Dies kann dazu führen, dass die Schwelle für einen epileptischen Anfall überschritten wird. Eine Studie der University of Western Ontario in Kanada deutet darauf hin, dass erhöhte Spiegel von Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) im Gehirn eine Rolle bei der stressbedingten Zunahme von Anfällen spielen könnten.
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Die Forscher fanden heraus, dass CRH auf den piriformen Kortex der Ratten einwirkte, ein Hirnareal, das beim Menschen häufig der Ausgangsort von Krampfanfällen ist. Bei gesunden Ratten dämpfte das Hormon die Aktivität dieses Hirnareals, während es bei Ratten mit Epilepsie die Aktivität erhöhte.
Stressoren und Ressourcen
Eine Studie der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum untersuchte den Zusammenhang zwischen psychosozialen Belastungen, Bewältigungsstrategien und Anfallsereignissen. Die Forscher entwickelten für jeden Patienten einen persönlichen Fragebogen, der Stressoren und Ressourcen abbildete. Die tägliche Datenerfassung erfolgte online, und die Antworten vor und zwischen den Anfällen wurden verglichen.
Die Studie ergab, dass bei der Hälfte der Patienten den Anfällen eine signifikante Zunahme von Stressoren und/oder eine signifikante Abnahme der Ressourcennutzung vorausging. Dies deutet darauf hin, dass mittelfristige Veränderungen des psychischen Wohlbefindens dem Auftreten epileptischer Anfälle bei einigen Patienten vorausgehen können.
Individuelle Unterschiede
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder Mensch mit Epilepsie gleich auf Stress reagiert. Einige Menschen sind anfälliger für stressbedingte Anfälle als andere. Faktoren wie die Art der Epilepsie, die individuelle Stressbewältigungsfähigkeit und andere Begleiterkrankungen können eine Rolle spielen.
Eine Untersuchung aus dem Jahr 2000 ergab, dass Patienten mit einer Temporallappenepilepsie häufiger Stress als Anfallsauslöser angaben als Patienten mit anderen Epilepsieformen. Auch ältere Patienten und Frauen waren häufiger betroffen.
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Stressmanagement
Da Stress ein potenzieller Auslöser für epileptische Anfälle sein kann, ist es wichtig, Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln. Einige hilfreiche Maßnahmen sind:
- Regelmäßiger Schlaf: Ausreichend Schlaf ist entscheidend für die Stabilisierung der Gehirnaktivität.
- Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung können helfen, Stress abzubauen.
- Sport und Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität kann Stress reduzieren und die Stimmung verbessern.
- Soziale Kontakte: Der Austausch mit Freunden und Familie kann helfen, Stress zu bewältigen und das Gefühl der Isolation zu verringern.
- Professionelle Hilfe: Bei Bedarf kann eine Psychotherapie oder ein Stressmanagement-Training helfen, den Umgang mit Stress zu erlernen.
Diagnose und Behandlung
Die Diagnose von Epilepsie umfasst in der Regel eine ausführliche Anamnese, eine neurologische Untersuchung, ein EEG (Elektroenzephalografie) und bildgebende Verfahren wie MRT (Magnetresonanztomografie) oder CT (Computertomografie).
Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die wichtigsten Behandlungsansätze sind:
- Medikamentöse Therapie: Antiepileptika sind Medikamente, die die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn reduzieren und so Anfälle verhindern können. Es gibt verschiedene Arten von Antiepileptika, die je nach Anfallsform und individuellen Bedürfnissen eingesetzt werden.
- Chirurgische Therapie: In einigen Fällen kann eine Operation in Erwägung gezogen werden, um den Bereich im Gehirn zu entfernen, der die Anfälle verursacht.
- Stimulationsverfahren: Relativ neu ist ein Stimulationsverfahren mit Silikonplättchen und Elektroden, die operativ dort eingesetzt werden, wo die Epilepsie im Gehirn stattfindet. Dann wird dort diese Stelle stimuliert.
- Ketogene Diät: In bestimmten Fällen, insbesondere bei Kindern mit schwer behandelbarer Epilepsie, kann eine ketogene Diät helfen, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren.
- Vermeidung von Auslösern: Das Erkennen und Vermeiden von individuellen Auslösern kann helfen, Anfälle zu verhindern.
Leben mit Epilepsie
Epilepsie kann das Leben der Betroffenen und ihrer Familien erheblich beeinflussen. Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und Unterstützung zu suchen. Es gibt viele Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen, die Menschen mit Epilepsie und ihren Angehörigen zur Seite stehen.
Mit einer optimalen Behandlung und einer guten Lebensführung können viele Menschen mit Epilepsie ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben führen. Es ist wichtig, sich nicht von der Erkrankung einschränken zu lassen und aktiv am Leben teilzunehmen.
Innovationen in der Epilepsiebehandlung
Die Forschung im Bereich Epilepsie schreitet stetig voran, und es gibt immer wieder neue Entwicklungen in der Diagnose und Behandlung. Ein Beispiel ist ein neues Medikament, das vor einigen Jahren auf den Markt gekommen ist und von vielen als "Gamechanger" bezeichnet wird. Dieses Medikament hat vielen Menschen mit schwerer Epilepsie geholfen, anfallsfrei zu werden und ist zudem gut verträglich.
Auch im Bereich der operativen Verfahren und Stimulationsverfahren gibt es innovative Ansätze, die neue Hoffnung für Menschen mit schwer behandelbarer Epilepsie bieten.