Epilepsie in der Pubertät: Ursachen, Formen und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, synchrone Aktivierungen von Nervenzellen im Gehirn und können sich auf vielfältige Weise äußern. Bei Kindern und Jugendlichen kann Epilepsie in verschiedenen Formen auftreten, die oft altersabhängig sind. Die Pubertät stellt für Jugendliche mit Epilepsie eine besondere Herausforderung dar.

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist definiert als das wiederholte Auftreten unprovozierter epileptischer Anfälle. Ein epileptischer Anfall ist eine vorübergehende Funktionsstörung des Gehirns, die durch eine übermäßige, synchrone Entladung von Nervenzellen verursacht wird. Mehr als 3 % der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Epilepsie, wobei ein Viertel der Neuerkrankten Kinder sind.

Ursachen von Epilepsie in der Pubertät

Die Ursachen für Epilepsie können vielfältig sein. Im Kindesalter geben das Alter des ersten Auftretens und die Art der Anfälle erste Hinweise auf die zugrunde liegende Ursache.

Angeborene Ursachen

Epileptische Anfälle bei Kindern in den ersten Lebensjahren stehen häufig mit angeborenen Hirnschäden oder angeborenen Stoffwechselstörungen in Verbindung.

Erworbene Ursachen

Bei Kindern, die erst in höherem Alter eine Epilepsie entwickeln, kommen Infektionen und Erkrankungen des Nervensystems (z. B. Meningitis), Kopfverletzungen, Hirntumore oder erbliche Faktoren als Ursache infrage. In vielen Fällen kann die Ursache einer Epilepsie jedoch nicht eindeutig geklärt werden.

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Genetische Faktoren

Epilepsie ist in der Regel keine Erbkrankheit im klassischen Sinne. Eine Veranlagung zu einer erhöhten Anfallsbereitschaft kann jedoch genetisch bedingt sein. Einige Formen der Epilepsie treten daher familiär gehäuft auf. Des Weiteren gibt es Erbkrankheiten, die mit epileptischen Anfällen verbunden sind. Als idiopathisch werden Epilepsiesyndrome bezeichnet, die einen genetischen Ursprung haben und bei denen die Betroffenen sonst neurologisch unauffällig sind.

Auslösende Faktoren

Alle Menschen können unter gewissen Voraussetzungen einen epileptischen Anfall erleiden. Epileptische Anfälle sind bei jüngeren Kindern häufiger, da ihr Gehirn unreif ist, sich schnell entwickelt und eine niedrigere Anfallsschwelle hat. Bei Personen mit Epilepsie können Anfälle auch ohne erkennbaren Auslöser auftreten. Typische Auslöser sind beispielsweise Fieber, Schlafmangel und flackernde Lichter. Auch Alkohol kann das Risiko für Krampfanfälle erhöhen.

Epilepsieformen im Kindes- und Jugendalter

Abhängig von der Art der Anfälle werden Epilepsien bei Kindern und Jugendlichen nach sogenannten epileptischen Syndromen eingeteilt, die üblicherweise eine bestimmte Altersgruppe betreffen und mit charakteristischem Verlauf einhergehen. Hier sind einige der häufigsten Epilepsieformen im Kindes- und Jugendalter:

Rolando-Epilepsie

Die Rolando-Epilepsie ist eine der häufigsten kindlichen Epilepsieformen und tritt in der Regel im Alter von 2-10 Jahren auf. Betroffene Kinder haben bei den Anfällen typischerweise Zuckungen im Gesicht, Sprechstörungen und Schluckbeschwerden. Diese Form bildet sich meist bis zur Pubertät ohne bleibende Schäden vollständig zurück. Die benigne idiopathische Partialepilepsie mit zentrotemporalen Spikes im EEG ist mit etwa einem Fall auf 12 000 Kinder neben der Absenceepilepsie die häufigste Epilepsie im Kindesalter. Die Mehrzahl der Patienten erleidet den ersten Anfall zwischen dem sechsten und neunten Lebensjahr. Charakteristisch sind sensomotorische Herdanfälle der Perioralregion. Diese bestehen aus seitenbetonten Parästhesien der Lippe, der Zunge und des Gaumens sowie aus perioralen myoklonischen, klonischen und tonischen Anfällen (Zucken und Verziehen der Lippen und Wangen). Die Kinder können im Anfall nicht schlucken und sprechen. Es kommt zu starkem Speichelfluss. Im Alter von 12 bis 14 Jahren sind praktisch alle Betroffenen mit und ohne Therapie anfallsfrei.

Absence-Epilepsie

Auch Epilepsien mit sogenannten Absencen (kurzzeitige Bewusstseinsstörungen) kommen bei Kindern im Alter von 2-15 Jahren häufig vor.

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Absence-Epilepsie des Schulkindalters (Pyknolepsie)

Eine der häufigsten generalisierten Formen von Epilepsie bei Kindern ist die Absence-Epilepsie des Schulkindalters (Pyknolepsie). Sie ist genetisch bedingt und zeigt sich meist im Alter von fünf bis acht Jahren. Dabei sind Mädchen häufiger betroffen. Die kleinen Patienten erleben bis zu 100 Absencen am Tag. Absencen sind kurze Bewusstseinspausen - das Kind ist nicht bewusstlos, nimmt aber kurzzeitig seine Umgebung nicht wahr. Es hält plötzlich in seiner aktuellen Tätigkeit (spielen, reden, laufen et cetera) inne und setzt sie nach einigen Sekunden wieder fort, als wäre nichts gewesen. Meist weiß das Kind gar nicht, dass es gerade kurz "weggetreten" war. Diese Form der Epilepsie bei Kindern im Schulalter hat im Allgemeinen eine gute Prognose. Bei etwa einem Drittel der jungen Patienten kommen die Absencen zum Stillstand, bei einem weiteren Drittel bleiben sie bis ins Erwachsenenalter bestehen. Beim letzten Drittel der Patienten schließlich gesellen sich große epileptische Anfälle hinzu.

Juvenile Absence-Epilepsie

Eine Absence-Epilepsie bei Kindern zwischen dem neunten und 15. Lebensjahr bezeichnen Neurologen als juvenile Absence-Epilepsie. Beide Geschlechter sind etwa gleich häufig betroffen. Die Patienten erleben nur wenige Absencen am Tag. Dafür sind diese aber oft mit einem tonisch-klonischen Krampfanfall (Grand mal = "großer Anfall") verbunden. Das heißt: Zuerst wird der Körper des Kindes plötzlich steif (tonische Phase), bevor er nach einigen Sekunden in rhythmische Muskelzuckungen ausbricht (klonische Phase). Nach wenigen Minuten ist der Anfall meist vorbei. Die Prognose der juvenilen Absence-Epilepsie ist weniger günstig. Das gilt besonders bei Patienten, die nicht fachgerecht behandelt werden und einen unregelmäßigen Lebensstil (häufiger Schlafmangel et cetera) führen. Bei ihnen kommt es vermehrt zu großen Anfällen. Die Absencen unterscheiden sich nicht prinzipiell von denen der Absenceepilepsie des Kindesalters, treten aber in der Regel seltener auf. Im Verlauf, kommt es neben den Absencen in etwa 80 Prozent der Fälle auch zu einzelnen generalisierten tonisch-klonischen Anfällen.

Juvenile myoklonische Epilepsie (Janz-Syndrom)

Diese Epilepsie ist häufig (5 bis 10 Prozent aller Epilepsien) und betrifft normal intelligente Kinder und Jugendliche. Sie beginnt meist zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr. Kardinalsymptom sind morgendliche, oft kurz nach dem Erwachen auftretende, kurze … Typischerweise tritt die juvenile myoklonische Epilepsie bei Kindern/Jugendlichen im Alter von zwölf bis 18 Jahren zum ersten Mal auf. Charakteristisches Merkmal sind mehr oder weniger stark ausgeprägte Muskelzuckungen (Myoklonien). Während des Anfalls bewegen sich die Arme heftig und unkoordiniert. Dabei schleudert der Patient eventuell Gegenstände, die er in der Hand hält, unwillentlich fort. Manchmal knicken die Beine ein. Die Anfälle treten oft nach dem Aufwachen, aber auch bei Schlafentzug auf. Viele Betroffene entwickeln im Verlauf generalisierte Krampfanfälle oder Bewusstseinstrübungen (Absencen).

West-Syndrom (BNS-Epilepsie)

Das West-Syndrom ist eine seltene, ernst zu nehmende Epilepsie bei Babys. Sie beginnt meist im Alter von zwei bis acht Monaten. Jungen sind dabei häufiger betroffen. Die kleinen Patienten erleiden meist mehrere epileptische Anfälle hintereinander (in Serie). Jeder einzelne Anfall dauert nur wenige Sekunden. Dabei lassen sich drei charakteristische Typen von Krämpfen erkennen, die meist in Kombination auftreten. Sie geben dem West-Syndrom auch den zweiten Namen Blitz-Nick-Salaam-Epilepsie (BNS-Epilepsie): Als Blitz-Anfälle bezeichnet man die plötzlichen (blitzartigen) Muskelzuckungen des gesamten Körpers oder einzelner Gliedmaßen. Bei den Nick-Anfällen verkrampfen sich Nacken- und Halsmuskulatur. Dadurch wird wie bei einer Nickbewegung das Kinn ruckartig in Richtung Brust gezogen. Bei den Salaam-Anfällen beugt das Kind Kopf und Rumpf nach vorne. Gleichzeitig öffnet es häufig die Arme und rudert mit den Händen beziehungsweise führt sie vor der Brust zusammen - was an den orientalischen Gruß "Salaam" erinnert. Die Anfälle treten oft kurz nach dem Aufwachen oder vor dem Einschlafen auf. Die Messung der Hirnströme (EEG) bei den Betroffenen zeigt ein typisches Muster (sogenannte Hypsarrhythmie). Verursacht wird das West-Syndrom etwa durch eine Fehlbildung oder Schädigung des Gehirns, eine Infektion oder Stoffwechselstörung. Von dieser Ursache hängt die Prognose ab. Meist ist sie ungünstig. Die meisten der betroffenen Kinder leiden an Entwicklungsstörungen. Es erkranken meist Säuglinge zwischen dem zweiten und achten Lebensmonat. Perinatale Asphyxie, ZNS-Fehlbildungen und die tuberöse Sklerose sind die häufigsten Ursachen. Das West-Syndrom ist charakterisiert durch die Trias Blitz-Nick-Salaam-Anfälle, Hypsarrhythmie im EEG und Entwicklungsregression. Die häufigste Anfallsform stellen symmetrische Beuge- oder Streckkrämpfe der Extremitäten dar. Blitzanfälle bestehen aus heftigen myoklonischen Stößen. Nickanfälle sind kurze, häufig diskrete (myoklonische) Beugungen des Kopfes. Vor allem die Prognose eines symptomatischen West-Syndroms ist im Hinblick auf Anfallsfreiheit und kognitive Entwicklung ungünstig.

Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS)

Das Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS) ist eine weitere seltene Form von Epilepsie bei Kindern. Es tritt meist zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr erstmals in Erscheinung. Jungen sind dabei häufiger betroffen als Mädchen. Die Patienten erleiden oft mehrere Anfälle am Tag, manchmal auch in der Nacht. Typischerweise treten dabei verschiedene Anfallsformen auf: Manchmal spannt sich plötzlich der Körper ganz oder teilweise für mehrere Sekunden an (tonischer Anfall). In anderen Fällen erschlafft die Muskulatur plötzlich (atonischer Anfall). In beiden Fällen besteht Sturzgefahr. Ein kombinierter tonisch-klonischer Anfall sowie weitere Anfallsformen (wie Bewusstseinspausen = Absencen) sind beim Lennox-Gastaut-Syndrom ebenfalls möglich. Gelegentlich gehen die Anfälle bei LGS in einen potenziell lebensgefährlichen Status epilepticus über. Das ist ein länger anhaltender Anfall oder eine Serie von mehreren Anfällen sehr kurz hintereinander, zwischen denen das Kind nicht zu Bewusstsein kommt. Oft tritt diese Form von Epilepsie bei Kindern mit Fehlbildungen oder Schädigungen des Gehirns auf. Die Hirnschädigung ist in einigen Fällen die Folge von Geburtskomplikationen. Es gibt aber auch LGS-Patienten, bei denen die Gehirnstruktur normal entwickelt ist und keine Schädigung zeigt. Das Lennox-Gastaut-Syndrom lässt sich nur schwer behandeln. Die Entwicklung der betroffenen Kinder ist meist mehr oder weniger stark beeinträchtigt. Bei dieser Epilepsie ist in etwa zwei Drittel der Fälle eine ZNS-Fehlbildung oder kortikale Läsion nachweisbar. Zumeist manifestiert sich die Epilepsie zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr. Typisch sind tonische Anfälle (Versteifung), atypische Absencen (Abwesenheitszustände mit diskreten motorischen oder autonomen Phänomenen) und Sturzanfälle. Die überwiegende Mehrzahl der Patienten (etwa 90 Prozent) ist intellektuell beeinträchtigt. Tonische Anfälle werden für die Diagnosestellung gefordert. Das Lennox-Gastaut-Syndrom ist nahezu immer therapieresistent.

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Dravet-Syndrom

Eine sehr seltene und schwere Form der Epilepsie bei Kindern ist das Dravet-Syndrom. Es wird auch myoklonische Frühenzephalopathie oder frühe infantile epileptische Enzephalopathie genannt. Meist erkranken Kinder zwischen dem dritten und zwölften Lebensmonat daran, selten später. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Anfangs bekommen die kleinen Patienten bei Fieber tonisch-klonische Krampfanfälle (zuerst versteift der Körper kurz; dann setzen unkontrollierte, langsame Muskelzuckungen ein). Die Anfälle gehen machmal in einen gefährlichen Status epilepticus über. Im weiteren Verlauf der Erkrankung treten die Anfälle auch ohne Fieber auf. Dabei zeigen sich manchmal zusätzlich andere Anfallsformen (neben tonisch-klonischen Attacken) wie etwa myklonische Anfälle (schnelle Zuckungen einzelner Muskelgruppen). Oft werden die Anfälle durch äußere Reize ausgelöst, beispielsweise durch Temperaturwechsel, Lichtreize oder Aufregung ausgelöst. Die Ursache des Dravet-Syndroms ist häufig eine Genveränderung (Genmutation): Betroffen ist das sogenannte SCN1A-Gen, das den Bauplan für einen bestimmten Natriumkanal im Gehirn liefert. Die Funktion dieser Kanäle ist entscheidend für die Erregung der Nervenzellen. Das Dravet-Syndrom ist nur schwer behandelbar. Medikamente wirken oft nicht so gut. Mit zunehmendem Alter werden die epileptischen Anfälle zwar seltener. Weil sie aber oft kognitive Einschränkungen und Verhaltensauffälligkeiten nach sich ziehen, hat diese Form von Epilepsie bei Kindern trotzdem eine ungünstige Prognose. Dazu kommt, dass sie gehäuft mit plötzlichem Kindstod in Zusammenhang steht (besonders zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr). Die schwere myoklonische Epilepsie des Säuglingsalters, manifestiert sich im ersten Lebensjahr bei bis dahin normal entwickelten Säuglingen mit febrilen oder afebrilen generalisierten tonisch-klonischen Anfällen und meist alternierenden Halbseitenanfällen. Die Prognose ist im Hinblick auf Anfallsfreiheit und kognitive Entwicklung sehr ungünstig. Bei etwa 60 Prozent der Kinder kann ein Defekt im SCN1A-Gen (einem Natriumkanalgen) nachgewiesen werden. Falls myoklonische Anfälle nicht im Vordergrund stehen, wird die Epilepsie als frühkindliche Epilepsie mit generalisiert tonisch-klonischen Anfällen und alternierenden Hemi-Grand-Mal bezeichnet. Charakteristisch ist die ausgeprägte Temperatur- beziehungsweise Infektabhängigkeit der Anfälle.

Fieberkrämpfe

Besonders bei Kindern im Alter zwischen 6 Monaten und 5 Jahren können auch im Rahmen eines fieberhaften Infektes Krampfanfälle auftreten, die dann als Fieberkrämpfe bezeichnet werden. Diese Unterscheidung ist gegenüber der kindlichen Epilepsie äußerst wichtig, da Fieberkrämpfe nur im Zusammenhang mit Fieber auftreten. Ein Fieberkrampf ist ein epileptischer Anfall jenseits des ersten Lebensmonats, der in Verbindung mit einer fieberhaften Erkrankung, die nicht durch eine ZNS-Infektion verursacht ist, meist bei einer Temperatur von mehr als 38 Grad Celsius auftritt. Anfälle symptomatischer Genese und vorausgehende Neugeborenenanfälle oder afebrile Anfälle stellen Ausschlusskriterien dar. Fieberkrämpfe werden als einfach eingeordnet, wenn sie:- als generalisierte tonisch-klonische Anfälle verlaufen- weniger als 15 Minuten dauern- innerhalb von 24 Stunden nur ein einziges Mal auftreten. Ungefähr 70 Prozent der Fieberkrämpfe verlaufen „einfach“, meist als generalisierte tonisch-klonische Anfälle (Grand-Mal) und dauern etwa drei Minuten. Nach dem Sistieren des Anfalles folgt oft ein postiktaler Schlaf. Etwa drei Prozent aller Kinder erleiden bis zum siebten Lebensjahr einen Fieberkrampf. Betroffen sind in aller Regel normal entwickelte Kinder im Alter von drei Monaten bis fünf Jahren. Die Prognose auch von wiederholt auftretenden einfachen Fieberkrämpfen ist sehr gut. Die psychomotorische Entwicklung bleibt unbeeinträchtigt und das Epilepsierisiko erhöht sich nur geringfügig - von 0,5 auf etwa 3 Prozent.

Primäre Lese-Epilepsie

Meist im Alter von 17 bis 18 Jahren beginnt die primäre Lese-Epilepsie. Bei Kindern vor der Pubertät ist sie aber ebenfalls möglich. Die epileptischen Anfälle werden hier durch lautes oder leises Lesen ausgelöst: Bei den Betroffenen beginnen Zunge, Kiefer, Lippen, Gesichts- und Halsmuskeln plötzlich kurzzeitig zu zucken. Diese Form von Epilepsie hat eine gute Prognose.

Diagnose von Epilepsie

Die Diagnose einer Epilepsie ist bereits nach dem ersten Anfall möglich, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für weitere Anfälle besteht. Zwischen den epileptischen Anfällen sind die Betroffenen meist ohne Symptome. Um eine Einschätzung zu ermöglichen, sind daher genaue Beschreibungen von Augenzeugen, insbesondere über Dauer und Symptome des Anfalls, von großer Bedeutung. Auch Videoaufnahmen können bei Kindern mit wiederholten Anfällen sehr hilfreich sein.

Neurologische Untersuchung

Zunächst wird eine körperliche und neurologische Untersuchung durchgeführt, die jedoch bei Patient*innen mit Epilepsie komplett unauffällig sein kann.

Blutuntersuchung

Eine Blutuntersuchung kann wichtige Hinweise liefern.

Elektroenzephalografie (EEG)

Der wichtigste Schritt in der Abklärung einer Epilepsie ist die Elektroenzephalografie (EEG), mit der die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen wird. Bei etwa der Hälfte der betroffenen Kinder zeigen sich dabei Auffälligkeiten mit speziellen, epilepsietypischen Mustern. Mit einer Wiederholung der Untersuchung nach Schlafentzug oder unter flackernden Lichtern lässt sich die Genauigkeit weiter verbessern.

Magnetresonanztomografie (MRT)

In den meisten Fällen wird eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns durchgeführt, um Veränderungen oder Verletzungen am Gehirn auszuschließen. Bei Säuglingen kann auch eine Ultraschalluntersuchung über die offene Fontanelle erfolgen.

Therapie von Epilepsie

Um Kindern und Jugendlichen eine weitgehend normale Lebensführung und Entwicklung zu ermöglichen, ist es wichtig, eine einschränkende Epilepsie zu behandeln. Bei der Therapie einer Epilepsie wird zwischen Maßnahmen während des Anfalls und der dauerhaften Behandlung zur Vermeidung von weiteren Anfällen unterschieden. Bei optimaler Therapie können circa 70 % der Patienten in Remission gebracht werden.

Maßnahmen während eines Anfalls

Während des Anfalls können die Anwesenden helfen, Verletzungen vorzubeugen. Es sollte jedoch nicht versucht werden, die Betroffenen festzuhalten. Wichtig ist, den Kopf gegen Stöße zu schützen und potenziell schädliche Gegenstände zu entfernen. Wenn die Krämpfe nachlassen, sollte die Atmung kontrolliert und das Kind in den ersten Stunden nach dem Anfall nicht unbeaufsichtigt gelassen werden.

Medikamentöse Therapie

Die meisten Anfälle gehen von selbst vorüber. In seltenen Fällen können die Anfälle jedoch so lange andauern, dass sie einer unmittelbaren Therapie bedürfen. Länger als 5 Minuten andauernde Krampfanfälle sollten mit Medikamenten (z. B. Diazepam), die bei Kindern meist als Zäpfchen verabreicht werden, durchbrochen werden. Die Dauertherapie basiert auf Medikamenten, die Antiepileptika genannt werden, und mit denen in vielen Fällen eine Anfallsfreiheit erreicht werden kann. Der Wirkstoff wird individuell ausgewählt. Einige Antiepileptika haben Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel, Konzentrationsschwäche und Lernschwierigkeiten. Die medikamentöse Therapie wird in der Regel nach zwei unprovozierten epileptischen Anfällen eingeleitet.

Operation

Bei einer kleinen Gruppe von schwer betroffenen Patient*innen, die unter antiepileptischen Medikamenten nicht anfallsfrei werden, kann eine Operation sinnvoll sein. Dabei wird ein kleiner Bereich des Gehirns entfernt, von dem die epileptischen Anfälle ausgehen.

Ernährungstherapie

Bei bestimmten Epilepsieformen wird eine ketogene Ernährung empfohlen, die viel Fett und wenig Kohlenhydrate enthält. Dazu wird ein individueller Diätplan erstellt, der mindestens ein Jahr lang befolgt werden sollte. Frühestens nach 8 Wochen kann ein Rückgang der Anfallshäufigkeit festgestellt werden. Älteren Kindern und Jugendlichen fällt die Einhaltung des Ernährungsplans jedoch oft schwer.

Allgemeine Empfehlungen

Ein geregelter Lebensrhythmus ohne Schlafmangel wird empfohlen. Auch mögliche Auslöser von Anfällen (z. B. Flackerlicht) sollten vermieden werden. Die regelmäßige Einnahme der verschriebenen Medikamente ist wichtig, um Anfällen vorzubeugen.

Epilepsie und Pubertät

Die Pubertät ist eine Zeit großer körperlicher und emotionaler Veränderungen. Für Jugendliche mit Epilepsie können diese Veränderungen zusätzliche Herausforderungen mit sich bringen.

Hormonelle Veränderungen

Hormonelle Veränderungen können die Anfallshäufigkeit beeinflussen. Bei Mädchen kann die Menstruation besondere Unterstützung erfordern.

Selbstständigkeit und Privatsphäre

Fördern Sie die Selbstständigkeit Ihres Kindes und berücksichtigen Sie dabei die individuellen Bedürfnisse.

Umgang mit Aggressionen

Aggressives Verhalten kann bei Epilepsie im Jugendalter häufiger auftreten.

Sexualität und Verhütung

Ihr Kind wird älter und bezüglich Epilepsie und Sexualität können viele Fragen auftauchen. In Bezug auf die Verhütung sollten Sie bedenken, dass Ihr Kind in der Pubertät genauso hormonell aktiv ist wie andere junge Erwachsene. Falls Ihre Tochter bereits einen Partner hat, achten Sie darauf, regelmäßige gynäkologische Untersuchungen durchführen zu lassen. Erklären Sie Ihrem Kind, wie Verhütung funktioniert.

Komplikationen und Begleiterkrankungen

Entwicklungsstörungen, Konzentrationsstörungen, psychische Begleiterkrankungen und Nebenwirkungen der Medikamente können auftreten. Häufig ist eine Anpassung des Alltags erforderlich, die evtl. mit Einschränkungen verbunden ist. Auch die Wahl von Schule und Beruf kann eingeschränkt sein. Personen, die unter Epilepsie mit Krampfanfällen leiden, sind grundsätzlich in ihrer Fahrtauglichkeit eingeschränkt und können keinen Pkw-Führerschein machen. Andererseits ist eine Intelligenzminderung (IQ < 70) die häufigste Komorbidität bei Kindern mit Epilepsie. In epidemiologischen Studien sind Zerebralparese, Hydrozephalus, Tuberöse Sklerose und Sturge-Weber-Syndrom die häufigsten Begleiterkrankungen.

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