Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die auch bei Kaninchen auftreten kann. Es ist wichtig, die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten zu kennen, um betroffenen Tieren bestmöglich helfen zu können.
Einführung
Epileptische Anfälle bei Kaninchen können verschiedene Ursachen haben und sich in unterschiedlicher Form äußern. Die frühzeitige Erkennung von Symptomen und eine umfassende Diagnostik sind entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung. Es ist wichtig zu betonen, dass viele Symptome, die auf Epilepsie hindeuten, auch andere Ursachen haben können. Daher ist eine sorgfältige Abklärung unerlässlich.
Ursachen von Epilepsie bei Kaninchen
Epilepsie bei Kaninchen kann verschiedene Ursachen haben. Man unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Epilepsie.
Primäre Epilepsie
Die primäre Epilepsie ist eine Erbkrankheit, die bei einigen Hunderassen vorkommt. Bei dieser Form kommt es zu einer erniedrigten Reizschwelle für Übererregungen im Gehirn. Ob dies auch bei Kaninchen zutrifft, ist noch nicht ausreichend erforscht.
Sekundäre Epilepsie
Die sekundäre Epilepsie tritt als Folge anderer Erkrankungen auf. Mögliche Ursachen sind:
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- Infektionskrankheiten: Verschiedene Infektionen können das Gehirn und das Nervensystem beeinträchtigen und epileptische Anfälle auslösen.
- Innere Krankheiten: Leber- und Nierenerkrankungen, Störungen im Elektrolythaushalt oder Schilddrüsenerkrankungen können ebenfalls Ursachen sein.
- Erkrankungen des Gehirns: Tumoren, Entzündungen oder Missbildungen im Gehirn können epileptische Anfälle verursachen.
- Vergiftungen: Medikamente, Blei, Insektizide, Dünger oder Cannabis können toxische Wirkungen haben, die zu Anfällen führen.
- Mechanische Ursachen: Fremdkörper oder angeborene Fehlbildungen im Rachenbereich sowie Tumoren oder Abszesse, die das zentrale Nervensystem beeinträchtigen, können ebenfalls Anfälle auslösen.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Herzerkrankungen, insbesondere bei warmem Wetter, sowie ein Hitzschlag können Anfälle verursachen.
- Blutveränderungen: Elektrolytverschiebungen (Natrium, Magnesium, Kalzium), niedriger Blutzucker (Hypoglykämie) oder Mangel an Vitamin E, Betacarotin oder Folsäure können ebenfalls Anfälle begünstigen.
- Parasiten: Encephalitozoon cuniculi (E. cuniculi), Kokzidiose, Toxoplasmose oder Nematodenlarven können das Nervensystem schädigen und Anfälle auslösen.
- Ohrenentzündungen: Mittel- und Innenohrentzündungen können ebenfalls epileptische Anfälle verursachen.
- Weitere Ursachen: Kopfverletzungen, Nierenerkrankungen, akute Verdauungserkrankungen, Lebererkrankungen, Trächtigkeitstoxikose, Schlaganfall, bakterielle Infektionen oder Fieberkrämpfe können ebenfalls als Auslöser in Frage kommen.
Symptome von Epilepsie bei Kaninchen
Die Symptome epileptischer Anfälle können vielfältig sein. Typisch ist ein plötzlicher Beginn. Häufig erkennen die Tiere ihre Halter nicht mehr und sind nicht ansprechbar. Einige Tiere zeigen vor dem Anfall Unruhe oder Verhaltensänderungen. Mögliche Anzeichen sind:
- Fliegenschnappen: Das Kaninchen schnappt in die Luft, als würde es Fliegen fangen.
- Schwanzbeißen: Das Kaninchen versucht, seinen eigenen Schwanz zu beißen.
- Raserei: Das Kaninchen rennt ohne ersichtlichen Grund panisch umher.
- Angstzustände: Das Kaninchen wirkt ängstlich und verunsichert.
- Rhythmische Krämpfe und Ruderbewegungen: Der Körper zeigt rhythmische Krämpfe und Ruderbewegungen von oft hoher Kraftentfaltung.
- Bewusstseinsverlust: Das Kaninchen verliert das Bewusstsein und reagiert nicht auf äußere Reize.
- Unkontrolliertes Schlucken, Lecken oder Beißen: Das Kaninchen zeigt unkontrollierte Bewegungen mit dem Maul.
- Verdrehen des Körpers: Das Kaninchen verdreht den Körper in unnatürliche Positionen.
- Bewegungsstörungen: Das Kaninchen zeigt ruckartige Drehungen, verliert das Bewusstsein, sieht nichts mehr oder läuft gegen Gegenstände.
- Unkontrolliertes Speicheln oder Urinieren: Das Kaninchen verliert unkontrolliert Speichel oder Urin.
- Schiefhaltung des Kopfes oder Wippen mit dem Kopf: Der Kopf wird schief gehalten oder das Kaninchen wippt mit dem Kopf.
- Angespannte oder schlaffe Muskeln: Die Muskeln sind entweder stark angespannt oder schlaff.
Ein Anfall dauert oft nur wenige Minuten, danach erschlafft der Körper, die Tiere liegen ruhig auf der Seite und erheben sich bald wieder. In einigen Fällen kann der Anfall auch länger andauern (Status epilepticus) und stellt eine lebensbedrohliche Situation dar, die nur durch einen Tierarzt unterbrochen werden kann.
Diagnose von Epilepsie bei Kaninchen
Um die Ursache der epileptischen Anfälle zu finden, sind verschiedene Untersuchungen notwendig:
- Blutuntersuchung: Eine Blutchemie, ein Blutstatus und Harnanalysen können metabolische Krankheiten ausschließen.
- Liquoranalysen: Liquoranalysen dienen dazu, andere Krankheitsursachen auszuschließen.
- Bildgebende Verfahren: Eine Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) können Veränderungen im Gehirn aufdecken.
- Neurologische Untersuchung: Eine gründliche neurologische Untersuchung hilft, die Art und den Ursprung der Anfälle zu bestimmen.
- Kotuntersuchung: Eine Kotuntersuchung kann Parasiten wie Kokzidien nachweisen.
- Röntgenaufnahmen: Röntgenaufnahmen des Thorax und ein Herzultraschall können Herzerkrankungen ausschließen.
Da die Symptome oft sporadisch auftreten, ist es hilfreich, Episoden auf Video festzuhalten und diese dem Tierarzt zu zeigen. Videos können eine wertvolle Hilfe bei der Diagnose sein, da sie die charakteristischen Bewegungen und Verhaltensweisen des Hundes während einer Episode dokumentieren.
Differentialdiagnostik
Es ist wichtig, Epilepsie von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen abzugrenzen. Dazu gehören:
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- Enzephalitozoonose (E. cuniculi): Diese parasitäre Erkrankung kann neurologische Symptome wie Kopfschiefhaltung, Koordinationsstörungen und Lähmungen verursachen.
- Ohrenentzündungen: Insbesondere Mittel- und Innenohrentzündungen können zu Gleichgewichtsstörungen und Kopfschiefhaltung führen.
- Gastrointestinale Störungen: Chronische Darmentzündungen oder Futtermittelunverträglichkeiten können Symptome wie Bauchschmerzen und Krämpfe verursachen.
- Muskel- und Skeletterkrankungen: Myopathien (Muskelerkrankungen) oder Arthropathien (Gelenkerkrankungen) können ebenfalls zu Krämpfen und Bewegungsstörungen führen.
- Stoffwechselerkrankungen: Hypoglykämie (niedriger Blutzucker) oder Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) können neurologische Symptome verursachen.
- Vergiftungen: Verschiedene Substanzen können neurologische Symptome bis hin zu Anfällen auslösen.
Behandlung von Epilepsie bei Kaninchen
Die Behandlung von Epilepsie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.
Behandlung der Grunderkrankung
Liegt eine Grunderkrankung vor, sollte diese nach Möglichkeit behandelt werden. Beispielsweise können Antibiotika bei bakteriellen Infektionen oder Antiparasitika bei Parasitenbefall eingesetzt werden.
Antiepileptika
Für die Therapie von Epilepsie werden Antiepileptika eingesetzt. Zu Beginn der Therapie wird erst ein bis zwei Wochen nach Einsatz des Arzneimittels ein konstanter Wirkstoffspiegel erreicht. Während dieser Periode ist noch mit Anfällen zu rechnen. Anfängliche Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Unlust, aber auch vermehrtes Fressverhalten und Harndrang.
Alle Anti-Epileptika müssen regelmäßig, also als Dauertherapie, gegeben werden. In keinem Fall sollte das Arzneimittel ohne Rücksprache mit dem Tierarzt plötzlich abgesetzt oder die Dosis verändert werden, da auf diese Weise sehr oft besonders schwere Anfälle provoziert werden können. Auch bei gut eingestellten Patienten können noch mehrere Anfälle pro Jahr auftreten, die dann aber oft weniger schwer ablaufen.
Therapiebegleitende Maßnahmen
Der Wirkstoffspiegel des Arzneimittels ist von vielen Faktoren abhängig, so spielen Darm-, Leber- und Nierenfunktion eine wichtige Rolle. Um eine gleich bleibende Konzentration des Arzneimittels zu gewährleisten, ist die Kontrolle des Wirkstoffspiegels bei einigen Anti-Epiletika mittels Blutuntersuchung sinnvoll. Diese Therapiekontrolle sollte alle drei Monate, mindestens aber alle sechs Monate erfolgen.
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Erste Hilfe bei Anfällen
- Umgebung sichern: Die Umgebung sollte mit Kissen oder Decken ausgepolstert werden, um Verletzungen zu vermeiden. Gegenstände im Umkreis sollten entfernt werden.
- Ruhe bewahren: Zahme Tiere sollten beruhigt und gestreichelt werden. Der Raum sollte abgedunkelt und das Tier mit einer Decke abgedeckt werden.
- Anfall beobachten: Der Anfall sollte gefilmt oder genau beobachtet werden, um ihn später genau beschreiben zu können. Die Dauer des Anfalls sollte notiert werden.
- Nicht auf den Arm nehmen: Während des Anfalls sollte das Tier nicht auf den Arm genommen werden.
- Nach dem Anfall: Nach dem Anfall sollte die Körpertemperatur gemessen und bei Untertemperatur gewärmt werden.
- Tierärztlicher Notdienst: Dauert der Anfall über 5 Minuten oder treten mehrere Anfälle innerhalb von 24 Stunden auf (Cluster), sollte sofort der tierärztliche Notdienst aufgesucht werden.
Tipps für die Haltung von Kaninchen mit Epilepsie
- Ebenerdige Haltung: Um Stürze zu vermeiden, sollten Tiere mit Anfällen unbedingt ebenerdig, ohne höhere Etagen gehalten werden.
- Verletzungsgefahr minimieren: Alle potenziellen Gefahrenstellen sollten ausgepolstert oder beseitigt werden.
- Stress vermeiden: Stress und Unwohlsein können Krämpfe oder Anfälle auslösen. Eine stressarme Pärchenhaltung oder eine stabile Gruppenkonstellation ist von Vorteil.
- Reize reduzieren: Plötzliche laute Geräusche, gegen den Strich streicheln, laute Musik, starke Düfte und Lichtblitze sind mögliche Stressoren, da Kaninchen eine sehr gute Geruchswahrnehmung haben.
- Medikamentengabe erleichtern: Notwendige Medikamente sollten stressfrei durch Medical Training eingegeben werden.
- Geeignete Medikamente wählen: Einige Medikamente sind für betroffene Kaninchen nicht geeignet. Die Tauglichkeit sollte mit dem Tierärzteteam abgesprochen werden.
Enzephalitozoonose (E. cuniculi) als mögliche Ursache
Encephalitozoon cuniculi (E. cuniculi) ist ein einzelliger Parasit, den viele Kaninchen in sich tragen. Die Übertragung erfolgt durch Kot und Urin infizierter Tiere oder direkt über den Mutterleib. Der Erreger lagert sich dann im Nervensystem und in den Nieren ab.
Symptome von E. cuniculi
E. cuniculi kann verschiedene Symptome verursachen, darunter:
- Kopfschiefhaltung: Der Kopf wird zur Seite geneigt oder völlig verdreht.
- Lähmungserscheinungen: Besonders häufig sind gelähmte Hinterbeine, die nachgezogen werden.
- Anfälle und Krämpfe: Die Tiere zeigen Orientierungslosigkeit, verdrehen den Körper, bewegen die Augen nervös und unkontrolliert und starren vor sich hin.
- Augenerkrankungen: Uveitis (Entzündung der mittleren Augenhaut), Katarakt (Grauer Star) oder Glaukom (Grüner Star) können auftreten.
- Inkontinenz: Die Tiere verlieren unkontrolliert Urin.
- Niereninsuffizienz: Es kommt zu einer Schädigung der Nieren, die sich durch vermehrten Durst, stumpfes Fell, Apathie und Nahrungsverweigerung äußern kann.
Diagnose von E. cuniculi
Bei Verdacht auf E. cuniculi wird das Blutserum des Kaninchens auf E. cuniculi-Antikörper untersucht. Ein hoher Antikörpertiter bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass das Kaninchen die klinische Erkrankung hat, sondern erst einmal nur, dass das Tier schon einmal Kontakt zu dem Erreger hatte und das Immunsystem darauf reagiert hat. Während eines akuten Schubs wird E. cuniculi mit dem Urin ausgeschieden. Daher sollte eine Urinprobe auf E. cuniculi untersucht werden.
Behandlung von E. cuniculi
E. cuniculi wird mit folgenden Medikamenten behandelt:
- Fenbendazol (Panacur): Ein Wurmmittel, das auch Protozoen wie E. cuniculi abtötet.
- Vitamin B: Fördert den Wiederaufbau der durch E. cuniculi geschädigten Nerven.
- Antibiotika: Werden eingesetzt, um bakterielle Infektionen zu bekämpfen.
- Infusionen: Steigern die Durchflussrate der Niere und verhindern, dass sich die Erreger übermäßig in der Niere ansiedeln.
- Cortison: Wird in Extremfällen eingesetzt, um die Entzündung im Gehirn zu reduzieren.
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