Epilepsie und Lichtblitze: Ursachen, Symptome und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn. Die Symptome und Ausprägungen von Epilepsie sind vielfältig und reichen von harmlosen bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen.

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist eine Erkrankung, bei der beide Gehirnhälften oder einzelne Bereiche vorübergehend übermäßig oder fehlerhaft aktiv sind und zu viele Signale abgeben. Rund 1 % der Bevölkerung leidet an einer Form der Epilepsie. Etwa 10 % der Menschen erleiden im Laufe ihres Lebens mindestens einen epileptischen Anfall. Die Inzidenz ist in jüngeren Jahren erhöht, sinkt bei den 30- bis 50-Jährigen ab und steigt dann wieder steil an.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder, der einen epileptischen Anfall erleidet, automatisch an Epilepsie erkrankt ist. Die Diagnose Epilepsie erfordert bestimmte spontane, unprovozierte Anfälle und/oder Veränderungen im EEG.

Ursachen von Epilepsie

Den verschiedenen epileptischen Anfällen liegen fehlgeleitete oder fehlerhaft synchronisierte elektrische Entladungen an bestimmten Synapsen im Gehirn zugrunde, die sich häufig über weitere Areale ausbreiten. An welchen Stellen des Gehirns sie stattfinden, bestimmt darüber, in welcher Weise sich ein epileptischer Anfall äußert.

Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und oft nicht vollständig geklärt. Zu den möglichen Ursachen und Auslösern gehören:

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  • Genetische Veranlagung: Bei manchen Patienten liegt eine genetische Disposition vor, eine Veranlagung für neuronale Fehlfunktionen. Es handelt sich jedoch in den meisten Fällen nicht um eine Erbkrankheit.
  • Hirnschädigungen: Frühere oder sogar perinatale Schädigungen des Gehirns können als Auslöser fungieren. Jede Schädigung von Hirngewebe kann zu einer spontanen Entladung von Nervenzellen und damit zu einem Krampf führen.
  • Exogene und endogene Ereignisse: Schwere Infektionskrankheiten (auch durch EHEC), Vergiftungen, Sauerstoffmangel, ein rascher Fieberanstieg, Blutzuckerabfall (Hypoglykämie), Schlafentzug und Alkoholexzesse können die Blitze im Gehirn auslösen.
  • Andere Erkrankungen: Durchblutungsstörungen des Gehirns, degenerative Erkrankungen und Schlaganfälle können im höheren Alter Epilepsie auslösen.

Epileptische Anfälle und Lichtblitze

Einige Epilepsiepatienten reagieren empfindlich auf bestimmte visuelle Reize wie Lichtblitze in einem kritischen Frequenzbereich. Dieses Phänomen wird als fotosensitive Epilepsie bezeichnet.

  • Fotosensitive Epilepsie: Menschen mit fotosensitiver Epilepsie können Anfälle bekommen, wenn Lichtblitze einen bestimmten Rhythmus haben, insbesondere bei etwa sieben Blitzen pro Sekunde (7 Hertz). In Deutschland haben etwa 20.000 Menschen die fotosensitive Form der Epilepsie.
  • Auslöser: Computerspiele mit heftigen und plötzlichen Lichtwechseln oder Videoclips mit schnellen Bildfolgen können bei fotosensitiven Epileptikern Anfälle auslösen.

Symptome und Anfallsformen

Epileptische Anfälle können sich sehr unterschiedlich äußern. Vereinfacht lassen sich epileptische Anfälle in primär und sekundär generalisierte Anfälle einteilen. An primär generalisierten Anfällen sind von Anfang an beide Hälften des Gehirns beteiligt. Sekundär generalisierte Anfälle beginnen an einem bestimmten »Herd« in einer Gehirnhälfte. Nicht alle fokalen (örtlich begrenzten) Anfälle weiten sich zu generalisierten Anfällen aus. Ein wichtiges Kriterium ist weiterhin, ob die Anfälle mit einer Bewusstseinsstörung oder mit motorischen Besonderheiten einhergehen oder ob die Psyche mitbetroffen ist.

Man unterscheidet grundsätzlich zwischen fokalen und generalisierten Anfällen:

  • Fokale Anfälle: Diese entstehen in einem bestimmten Bereich des Gehirns. Die Symptome hängen davon ab, welcher Hirnbereich betroffen ist. Fokale Anfälle können sich als motorische Symptome (z.B. Zucken eines Arms), sensorische Symptome (z.B. Missempfindungen, Halluzinationen) oder psychische Symptome äußern. Sie können mit oder ohne Bewusstseinsstörung auftreten.
  • Generalisierte Anfälle: Diese erfassen beide Gehirnhälften. Häufig kommt es zu Bewusstlosigkeit und Krämpfen im ganzen Körper. Zu den generalisierten Anfällen zählen u.a. tonisch-klonische Anfälle (Grand-Mal-Anfälle), klonische Anfälle, tonische Anfälle, atonische Anfälle und Absencen.

Einige spezifische Anfallsformen sind:

  • Grand-Mal-Anfall (generalisierter tonisch-klonischer Anfall): Der Betroffene verliert das Bewusstsein, stürzt, der Körper wird steif, und es kommt zu groben Zuckungen. Es kann zu Atemstillstand und Zyanose kommen.
  • Absencen (Petit-Mal-Anfälle): Kurze Bewusstseinspausen, bei denen die Betroffenen kurzzeitig "wie weggetreten" wirken. Diese Form tritt häufig bei Kindern und Jugendlichen auf.
  • Status epilepticus: Ein Anfall, der länger als 5 Minuten dauert oder eine Serie von Anfällen ohne zwischenzeitliche Erholung. Dies ist ein lebensbedrohlicher Notfall.

Diagnose von Epilepsie

Um die Diagnose Epilepsie zu stellen, sind folgende Schritte erforderlich:

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  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, einschließlich der Beschreibung der Anfälle und der Umstände, unter denen sie auftreten. Hier ist es hilfreich, dass eine Person mit zum Arzttermin kommt, die den Anfall miterlebt hat und ihn beschreiben kann.
  • Körperliche und neurologische Untersuchung.
  • Elektroenzephalogramm (EEG): Messung der Hirnströme, um eine erhöhte Anfallsneigung festzustellen.
  • Magnetresonanztomografie (MRT): Bildgebung des Gehirns, um mögliche Ursachen für die Anfälle zu identifizieren.
  • Weitere Untersuchungen: In einigen Fällen können Blutuntersuchungen oder eine Lumbalpunktion erforderlich sein, um andere Ursachen auszuschließen.

Behandlung von Epilepsie

Die Therapie der Epilepsie zielt darauf ab, die Anfallshäufigkeit zu verringern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

  • Medikamentöse Therapie: Antiepileptika sind die Hauptstütze der Behandlung. Ziel ist es, mit einem einzigen Medikament (Monotherapie) eine Anfallsfreiheit zu erreichen. Wenn dies nicht möglich ist, kann eine Kombination verschiedener Medikamente erforderlich sein. Die Medikamente müssen in der Regel über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, oft sogar lebenslang.
  • Neurofeedbacktherapie: Bei fotosensitiver Epilepsie kann eine Neurofeedbacktherapie helfen, die Anfälle bei Lichtblitzen zu unterdrücken.
  • Chirurgische Behandlung: In einigen Fällen, insbesondere wenn die Anfälle auf einen bestimmten Bereich des Gehirns begrenzt sind, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden.
  • Vagusnervstimulation: Ein kleines Gerät, das unter die Haut implantiert wird, sendet elektrische Impulse an den Vagusnerv, was die Anfallshäufigkeit reduzieren kann.
  • Ketogene Diät: Eine spezielle fettreiche, kohlenhydratarme Diät kann bei einigen Patienten, insbesondere bei Kindern, die Anfallshäufigkeit reduzieren.

Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall

Während eines Krampfanfalls ist es wichtig, den Betroffenen vor Verletzungen zu schützen und die Atemwege freizuhalten:

  • Ruhe bewahren.
  • Gegenstände aus dem Weg räumen.
  • Betroffene zur Sturzprävention auf den Boden gleiten lassen.
  • Den Kopf abpolstern, um ihn vor Verletzungen zu schützen.
  • Keinesfalls sollten die Betroffenen festgehalten werden oder ihnen ein Beißkeil in den Mund geschoben werden.
  • Wegen der Aspirationsgefahr keine Flüssigkeiten oder Arzneimittel oral einflößen.
  • Die Dauer, Uhrzeit, den Ablauf und die Besonderheiten des Krampfanfalls genau dokumentieren.
  • Nach dem Anfall die Betroffenen in die stabile Seitenlage bringen, bis sie ihr Bewusstsein vollständig wiedererlangt haben.

Ein Anfall, der maximal 2 Minuten dauert, kann in der Regel nicht medikamentös unterbrochen werden. Ein Status epilepticus (Anfall ≥ 5 Min. oder Serie von Anfällen ohne zwischenzeitliche Erholung) ist lebensbedrohlich und muss immer medikamentös unterbrochen werden.

Leben mit Epilepsie

Mit der richtigen Behandlung und Unterstützung können Menschen mit Epilepsie ein weitgehend normales und selbstbestimmtes Leben führen.

  • Prävention: Ein regelmäßiger Tagesablauf und das Meiden von Anfallsauslösern (z.B. Schlafentzug, Flackerlicht, Alkohol) sind wichtig.
  • Schulung: Betroffene sollten im Umgang mit Antiepileptika geschult werden und über mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten Bescheid wissen.
  • Einschränkungen: Je nach Anfallsform und -häufigkeit kann es Einschränkungen bei bestimmten Tätigkeiten geben, z.B. beim Autofahren oder der Ausübung bestimmter Berufe.
  • Unterstützung: Der Austausch mit anderen Betroffenen und die Teilnahme an Schulungsprogrammen können hilfreich sein.

Irrtümer über Epilepsie

Es gibt viele Irrtümer und Vorurteile über Epilepsie. Einige der häufigsten sind:

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  • Wer einen epileptischen Anfall hatte, ist Epileptiker: Falsch!
  • Epileptiker sind behindert: Falsch!
  • Epilepsie ist man seit der Geburt und bleibt es sein Leben lang: Falsch!
  • Epilepsie ist eine Erbkrankheit: Falsch!
  • Epilepsie ist eine seltene Erkrankung: Falsch!
  • Epilepsie ist eine Geisteskrankheit: Falsch!

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