Fahrverbot bei Epilepsie: Voraussetzungen, Dauer und Möglichkeiten zur Verkürzung

Epilepsie kann die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen und zu einem Fahrverbot führen. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen für ein Fahrverbot bei Epilepsie, die Dauer eines solchen Verbots und die Möglichkeiten, es zu verkürzen oder aufheben zu lassen.

Was ist Epilepsie?

Bevor auf das Fahrverbot bei Epilepsie eingegangen wird, soll kurz das Krankheitsbild erläutert werden. Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle können unterschiedliche Auswirkungen haben, von kurzzeitigen Bewusstseinsveränderungen bis hin zu Krampfanfällen mit Bewusstseinsverlust. Die Erkrankung kann letztendlich auch dazu führen, dass der Betroffene das Bewusstsein verliert.

Wann droht ein Fahrverbot wegen Epilepsie?

Ein Fahrverbot wegen Epilepsie droht, wenn die Anfälle regelmäßig und unkontrolliert auftreten. Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) befasst sich in Anlage 4 mit Krankheiten, welche die Fahreignung beeinträchtigen und zum Fahrverbot führen können, darunter auch Epilepsie. Die Anlage 4 der FeV ist hier sehr eindeutig. Besteht die erhöhte Möglichkeit, dass Anfälle während der Fahrt auftreten können, wird oft ein ärztliches Fahrverbot bei Epilepsie ausgesprochen. Ob die Fahreignung trotz Epilepsie noch besteht, ist immer im Einzelfall zu prüfen.

  • Ärztliches Fahrverbot: Bei einem epileptischen Anfall kann die betroffene Person vorübergehend Bewusstsein und Körperkontrolle verlieren. Deshalb geht von Menschen, die unvorhergesehen solche Anfälle haben können, ein besonderes Risiko für sie selbst und andere Verkehrsteilnehmende aus. Aus nachvollziehbaren Gründen geht man meist davon aus (unvorhersehbare Bewusstlosigkeit), dass die notwendigen Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen bei Epilepsie nicht erfüllt werden. Es wird dann ein ärztliches Fahrverbot ausgesprochen.

    • Bedeutung: Attestiert die Ärztin oder der Arzt eine zeitweise Fahruntauglichkeit aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen, müssen sich Verkehrsteilnehmende daran halten. Das "ärztliche Fahrverbot" ist nicht gleichzusetzen mit einem vom Gericht oder der Fahrerlaubnisbehörde verhängten Fahrverbot.

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    • Verstoß: Wer jedoch dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, wenn er oder sie trotz fehlender Fahrtauglichkeit fährt, und macht sich (z. B. bei einem Unfall) strafbar, wenn andere Personen dadurch gefährdet werden. Bei einem Unfall drohen Geld- und sogar Freiheitsstrafen, wenn jemand verletzt oder im schlimmsten Fall getötet wird. Zudem kann die Kfz-Haftpflichtversicherung bereits an die Unfallgeschädigten ausgezahltes Geld zurückfordern; die Kaskoversicherungen können Leistungen kürzen oder verweigern.

  • Rechtliches Fahrverbot: Ein rechtliches Fahrverbot kann nur das Gericht oder die zuständige Behörde aussprechen. Die Fahrerlaubnisbehörde wird gewöhnlich die Fahreignung des Betroffenen prüfen und hierfür ein ärztliches Gutachten anordnen. Das kann sie aber nur, wenn sie von den gesundheitlichen Beeinträchtigungen weiß.

Dauer des Fahrverbots

Die Dauer des Fahrverbots hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Art und Häufigkeit der Anfälle sowie von der Führerscheinklasse.

  • Erstmaliger Anfall: Handelt es sich um einen erstmaligen Anfall ohne erkennbaren Auslöser, kann nach der Fahrerlaubnisverordnung Anlage 4 die Dauer des Verbots zwischen drei und sechs Monate betragen. Nach frühestens sechs Monaten ohne weitere Anfälle darf die Fahrerlaubnis nach Prüfung wieder erteilt werden. Davor sind Untersuchungen von Fachärztinnen oder Fachärzten für Neurologie notwendig. Beispielsweise lässt sich durch eine Hirnstrommessung (Elektroenzephalogramm, EEG) einschätzen, inwieweit ein erhöhtes Risiko für weitere Anfälle oder eine Epilepsie besteht. Wenn es eine plausible Erklärung für den Anfall gegeben hat (beispielsweise bestimmte Medikamente), wird fachärztlich abgeklärt, ob ein generell erhöhtes Risiko epileptischer Anfälle besteht und ob die auslösenden Ursachen fortbestehen. Schlafentzug gilt hier in aller Regel nicht als Ursache.Gleiches gilt, wenn es nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einem chirurgischen Eingriff am Gehirn innerhalb einer Woche zu einem epileptischen Anfall gekommen ist, ohne dass es Hinweise auf eine Hirnschädigung gibt. Hier kann die Zeit der Fahruntauglichkeit auf drei Monate verkürzt werden.

  • Wiederholte Anfälle (Epilepsie): Treten die Anfälle wiederholt auf, spricht man von Epilepsie. Bevor eine Patientin oder ein Patient wieder Auto fahren darf, muss nachgewiesen werden, dass sie oder er mindestens ein Jahr lang keinen Anfall hatte. Betroffene können die Fahrtauglichkeit bei Epilepsie wiedererlangen. Wenn die Anfälle seit mindestens drei Jahren nur noch im Schlaf auftreten, kann die Fahrtauglichkeit wieder bescheinigt werden.

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  • Führerscheinklasse: Die Dauer des Fahrverbots und die Voraussetzungen für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis sind auch von der Führerscheinklasse abhängig.

    • Gruppe 1 (A, A1, A2, AM, B, BE, L und T): Hier gelten die oben genannten Fristen von sechs Monaten bzw. einem Jahr Anfallsfreiheit.
    • Gruppe 2 (C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF): Bei Fahrern der Klassen C, CE, C1, C1E, D, DE, D1 und D1E wird die Fahrtauglichkeit bei Vorliegen von Epilepsie nicht wieder erteilt. In der Gruppe 2, also bei Inhabern eines Lkw- und Bus-Führerscheins oder einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF), kann die Fahreignung nach epileptischen Anfällen nur festgestellt werden, die Betroffenen keine Medikamente gegen Epilepsie (anfallssuppressive Medikamente) einnehmen. Erstmaliger Anfall ohne erkennbaren Auslöser: Wie in Gruppe 1 ist auch hier eine fachärztliche Untersuchung notwendig, bei der kein erhöhtes Risiko für weitere Anfälle festgestellt wird. Außerdem wird die Kraftfahreignung frühestens nach zwei Jahren ohne Anfälle wieder erteilt.Wenn es eine plausible Erklärung (bestimmte Medikamente, Schlafentzug gilt nicht) für den Anfall gegeben hat und es aus fachärztlicher Sicht keine Hinweise auf ein gesteigertes Risiko eines Rückfalls gibt, kann die Fahreignung frühestens nach sechs anfallsfreien Monaten wieder erteilt werden. Gleiches gilt für Anfälle nach Schädel-Hirn-Trauma oder Operationen. Bei wiederholten epileptischen Anfällen bleibt die Kraftfahreignung für die Gruppe 2 in der Regel langfristig ausgeschlossen. Hier bedarf es stets einer Einzelfallprüfung.

Möglichkeiten zur Verkürzung oder Aufhebung des Fahrverbots

Ein Fahrverbot wegen Epilepsie muss nicht dauerhaft sein. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es verkürzt oder sogar aufgehoben werden.

  • Anfallsfreiheit: Die wichtigste Voraussetzung für die Aufhebung eines Fahrverbots ist die Anfallsfreiheit. Bleiben Sie länger anfallsfrei und kann Ihnen eine Fahrtauglichkeit bescheinigt werden, kann das Fahrverbot wieder aufgehoben werden und Sie dürfen trotz Epilepsie fahren.
  • Ärztliches Gutachten: Zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit und ob ein Fahrverbot bei Epilepsie ausgesprochen werden muss, wird ein ärztliches Gutachten erstellt. Dieses dient dazu, festzustellen, ob der Betroffene die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen besitzt. Nützlich zu wissen: Hat der Betroffene mindestens ein Jahr lang keinen Anfall mehr gehabt, kann er die Aufhebung seines Fahrverbots beantragen. Hierfür wird geprüft, ob er als Verkehrsteilnehmer wieder fahrtauglich ist.
  • Anfälle nur im Schlaf: Wenn die Anfälle seit mindestens drei Jahren nur noch im Schlaf auftreten, kann die Fahrtauglichkeit für die Führerscheinklassen A, A1, A2, AM, B, BE, L und T wieder bescheinigt werden.
  • Individuelle Prüfung: Ob ein Mensch mit Epilepsie fahrtauglich ist, ist eine individuelle Frage. Es gibt zwar Begutachtungsleitlinien mit Richtlinien die bei Gutachten über die Fahrtauglichkeit verwendet werden, aber sie gelten nicht starr. In diesen Leitlinien heißt die Fahrtauglichkeit "Kraftfahreignung", weil es nur um Kraftfahrzeuge geht. Sie wird abhängig von der Art des Führerscheins unterschiedlich eingeschätzt.

Was regelt Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung?

Anlage 4 zur FEV beinhaltet Krankheiten und gesundheitliche Mängel, die die Fahreignung beeinträchtigen oder aufheben können, etwa Epilepsie, schwere Altersdemenz oder Alkoholabhängigkeit.

Verhalten bei einem Fahrverbot

  • Ärztliche Aufklärung: Der behandelnde Arzt ist verpflichtet seine Patienten über ein eventuelles Fahrverbot ausdrücklich und ausführlich aufzuklären.
  • Benachrichtigung der Behörde: Um das Fahren bei dieser Krankheit untersagen zu können, ist die Benachrichtigung der zuständigen Behörde eine maßgebliche Voraussetzung.
  • Versicherungsschutz: Hat ein Fahrer nach einem Schlaganfall allerdings Einschränkungen beim Führen seines Fahrzeugs und verursacht einen Unfall, kommt die Versicherung dafür nicht auf.

Strafen bei fehlender Fahreignung

Solange die Fahreignung nicht sichergestellt werden kann, dürfen Betroffene kein Kraftfahrzeug fahren. Andernfalls liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Laut Fahrerlaubnisverordnung darf am Verkehr nur teilnehmen, wer ausreichend Sorge dafür getragen hat, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden.

Wenn es zu einem Unfall kommt und in diesem Zusammenhang bekannt wird, dass aufgrund einer epileptischen Erkrankung keine Fahreignung bestand, werden Strafverfahren gegen den Fahrer oder die Fahrerin eingeleitet. Je nach Unfallart kann dann zum Beispiel eine Straßenverkehrsgefährdung, eine Körperverletzung oder sogar ein Tötungsdelikt vorliegen. Das Führen eines Fahrzeugs unter dem bekannten Risiko eines epileptischen Anfalls gilt als grob fahrlässig. Das Strafmaß reicht bis zu mehreren Jahren Freiheitsstrafe.

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Unterstützung und Beratung

Menschen mit Epilepsie, die von einem Fahrverbot betroffen sind, können verschiedene Unterstützungsangebote nutzen.

  • Verkehrspsychologen: Eine persönliche Beratung bieten auch Verkehrspsychologen.
  • Juristische Beratung: Falls aufgrund eines Anfallsleidens eine Ordnungswidrigkeit beziehungsweise bei einem anfallsbedingten Unfall sogar ein Strafverfahren eingeleitet wird, ist es ratsam, sich im Einzelfall juristisch beraten zu lassen. Das gilt auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde z.B. Tatsachen für eine Epilepsie-Erkrankung erhält und Führerscheinmaßnahmen drohen.

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