Epilepsie, hormonelle Veränderungen und Wechseljahre: Ein komplexer Zusammenhang

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Bei Frauen mit Epilepsie können hormonelle Veränderungen, insbesondere in den Wechseljahren, eine wichtige Rolle spielen. Dieser Artikel beleuchtet den komplexen Zusammenhang zwischen Epilepsie, hormonellen Schwankungen und den Wechseljahren und bietet Informationen zu Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.

Epilepsie bei Frauen: Besondere Herausforderungen

Frauen mit Epilepsie stehen vor besonderen Herausforderungen, da hormonelle Veränderungen im Laufe ihres Lebens die Anfallshäufigkeit und -schwere beeinflussen können. Diese Veränderungen treten insbesondere in der Pubertät, während des Menstruationszyklus, in der Schwangerschaft und in den Wechseljahren auf.

Der Einfluss von Sexualhormonen auf Epilepsie

Sexualhormone wie Östrogen und Progesteron haben einen direkten Einfluss auf die Aktivität von Nervenzellen und somit auch auf epileptische Anfälle. Östrogen wirkt tendenziell anfallsfördernd, während Progesteron eher anfallshemmend wirkt.

Katameniale Epilepsie

Bei einigen Frauen mit Epilepsie treten Anfälle gehäuft in bestimmten Phasen des Menstruationszyklus auf. Dieses Phänomen wird als katameniale Epilepsie bezeichnet. Definitionsgemäß liegt eine katameniale Epilepsie vor, wenn sich die tägliche Anfallsfrequenz in einer bestimmten Zyklusphase in sechs aufeinanderfolgenden Monaten verdoppelt.

Ein sorgfältig geführter Anfallskalender, der gleichzeitig die Dokumentation der Monatsblutung mit einschließt, kann hier die Diagnosestellung erleichtern. Die Angaben über das Vorkommen einer katamenialen Epilepsie variieren stark und werden zwischen 10 und 78 % angegeben.

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Hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren

Die Wechseljahre (Klimakterium) sind eine natürliche Lebensphase der Frau, in der die Produktion von Sexualhormonen in den Eierstöcken allmählich nachlässt. Dies führt zu starken Schwankungen der Östrogen-Spiegel und schließlich zum Ausbleiben der Menstruation (Menopause).

Epilepsie und Wechseljahre: Ein möglicher Zusammenhang

Es gibt Hinweise darauf, dass die hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren die Anfallshäufigkeit bei Frauen mit Epilepsie beeinflussen können:

  • Veränderung der Anfallsaktivität: Eine US-amerikanische Erhebung ergab, dass sich bei 15 Prozent der Patientinnen die Epilepsie erst in der Perimenopause manifestierte. Bei denjenigen, die bereits vorher erkrankt waren, hatte sich seit der letzten Periode in 41 Prozent die Anfallsaktivität zugenommen und in 27 Prozent abgenommen.
  • Vorzeitige Menopause: Eine weitere Studie zeigte, dass der Zeitpunkt des Erlöschens der Ovarialfunktion bei Epilepsiepatientinnen überproportional häufiger vorverlegt war (mittleres Menopausenalter 39,6 Jahre) als bei einer Kontrollgruppe mit anderen neurologischen Erkrankungen.
  • Östrogenüberschuss: In der Perimenopause reifen im Ovar noch östrogenproduzierende Follikel heran. Weil immer häufiger der Eisprung ausbleibt, wird kein antagonisierendes Progesteron freigesetzt. Der Östrogenüberschuss erklärt wahrscheinlich, warum selbst bei therapeutisch gut eingestellten Frauen in dieser Lebensphase die Anfallsaktivität wieder aufflackern beziehungsweise stark zunehmen kann.
  • Zusätzliche Provokationsfaktoren: Typische Klimakteriumsbeschwerden wie Hitzewallungen und Schlafstörungen können ebenfalls die Anfallsfrequenz beeinflussen.

Diagnose und Behandlung

Die Diagnose von Epilepsie in den Wechseljahren basiert auf den gleichen Kriterien wie bei anderen Altersgruppen. Eine sorgfältige Anamnese, neurologische Untersuchung und EEG-Untersuchungen sind wichtige Bestandteile der Diagnostik.

Die Behandlung von Epilepsie in den Wechseljahren erfordert ein individuelles Vorgehen, das die hormonelle Situation der Frau berücksichtigt. Folgende Therapieansätze können in Betracht gezogen werden:

  • Antiepileptische Medikamente (AED): Die Auswahl des geeigneten AED sollte unter Berücksichtigung möglicher Wechselwirkungen mit Hormonen erfolgen. Einige AED können den Abbau von Sexualhormonen beschleunigen oder verlangsamen, was die Anfallskontrolle beeinträchtigen kann.
  • Hormonersatztherapie (HRT): Bei Frauen mit Wechseljahresbeschwerden kann eine HRT in Erwägung gezogen werden. Allerdings sollte das Für und Wider einer HRT sorgfältig abgewogen werden, da Östrogene die Anfallsfrequenz erhöhen können. In einigen Fällen kann eine Kombination aus Östrogenen und Gestagenen sinnvoll sein.
  • Progesterontherapie: Der gezielte Ausgleich eines Progesterondefizits kann die Anfallssituation verbessern.
  • Anpassung des Lebensstils: Ausreichend Schlaf, Stressreduktion und eine gesunde Ernährung können dazu beitragen, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren.

Antiepileptika und ihr Einfluss auf den Hormonstoffwechsel

Antikonvulsiva können den Steroidstoffwechsel beeinflussen. Enzyminduzierende Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenobarbital, Primidon, Phenytoin, Oxcarbazepin oder (hoch dosiertes) Topiramat vermindern die Serumkonzentration von Östrogen und Androgenen. Keine Einschränkungen sind dagegen bei mit Valproat, Gabapentin, Lamotrigin oder Levetiracetam behandelten Patientinnen zu erwarten.

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Der Einfluss von Antikonvulsiva auf den Steroidmetabolismus ersteckt sich auch auf die endogenen Hormone. Induktoren des hepatischen Cytochrom-P450-Systems vermindern die Serumkonzentration von Östrogen und Androgenen, der Inhibitor Valproat steigert dagegen die Androgensynthese.

Lamotrigin: Ein Antiepileptikum mit neutralem metabolischem Profil

Das neutrale metabolische Profil von Lamotrigin (Lamictal®) wird von den Ergebnissen einer multizentrischen Studie bestätigt. Verglichen worden waren die Auswirkungen einer mindestens achtmonatigen und höchstens fünfjährigen Behandlung mit Lamotrigin (n = 110) oder Valproat (n = 96). In der Valproat-Gruppe wurden nicht nur statistisch signifikant höhere Testosteron- (p = 0,001) und Androstenedion-Spiegel (p = 0,015) dokumentiert als im Lamotrigin-Kollektiv, sondern auch ein im Durchschnitt deutlich höheres Körpergewicht. Als vielversprechend bezeichnete Morrell, dass durch Umstellung auf Lamotrigin eine Valproat-bedingte Adipositas rückgängig gemacht werden könne.

Weitere Aspekte

  • Osteoporose: Antiepileptika können den Knochenstoffwechsel beeinflussen und das Auftreten einer Osteoporose fördern. Bei langfristiger Einnahme enzyminduzierender Antiepileptika ist das Risiko besonders hoch.
  • Depressionen: Depressionen treten bei Frauen mit Epilepsie häufiger auf. Etwa 40 Prozent aller epilepsiekranken Frauen haben auch Depressionen.

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