Epilepsie im Alter: Symptome, Ursachen und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die Menschen jeden Alters betreffen kann. Während Epilepsie oft mit dem Kindesalter in Verbindung gebracht wird, tritt sie auch häufig bei älteren Menschen auf. Diese Form wird als Altersepilepsie bezeichnet. Die Altersepilepsie ist die dritthäufigste Nervenerkrankung bei Senioren nach Demenz und Schlaganfall. In Deutschland erkranken jährlich etwa 10.000 Menschen an Altersepilepsie.

Was ist Altersepilepsie?

Altersepilepsie, auch als spät beginnende Epilepsie bekannt, bezieht sich auf das Auftreten von epileptischen Anfällen bei Menschen im fortgeschrittenen Alter, typischerweise ab dem 60. Lebensjahr. Selten entwickelt sich Epilepsie erst im Alter. Nur jede 10. Erkrankung wird erst im hohen Alter festgestellt. 90 Prozent aller Epilepsie-Fälle werden im frühkindlichen Alter diagnostiziert.

Ursachen der Altersepilepsie

Die Ursachen der Altersepilepsie sind vielfältig und oft schwer zu ermitteln. Im Alter sind Durchblutungsstörungen des Gehirns oder vorangegangene Schlaganfälle häufige Ursachen. Narben oder Blutabbauprodukte, die nach einem Schlaganfall im Gehirn verbleiben, können ebenfalls epileptische Anfälle auslösen. Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Schlaganfälle: Sie sind eine der Hauptursachen für Epilepsie im Alter.
  • Demenzerkrankungen: Insbesondere die Alzheimer-Krankheit kann mit Epilepsie einhergehen. Rund 3-5 Prozent der Demenzpatienten sind davon betroffen.
  • Hirntumore: Sie können die normale Funktion des Gehirns beeinträchtigen und Anfälle verursachen.
  • Kopfverletzungen: Traumatische Hirnverletzungen können auch Jahre später noch zu Epilepsie führen.
  • Alkoholmissbrauch: Chronischer Alkoholmissbrauch kann das Gehirn schädigen und die Anfallswahrscheinlichkeit erhöhen.
  • Entzündungen des Gehirns: Entzündliche Prozesse im Gehirn können ebenfalls Epilepsie auslösen.
  • Andere neurologische Erkrankungen: Parkinson-Krankheit, atypische Parkinson-Syndrome und die Demenz mit Lewy-Körpern sind mit der Akkumulation von α-Synuclein assoziiert. Auch α-Synuclein kann die neuronale Exzitabilität so verändern, dass epileptiforme Aktivität auftritt.

Symptome der Altersepilepsie

Epileptische Anfälle im Alter können sich vielfältig äußern. Die Symptome können subtil sein und oft nicht als epileptische Anfälle erkannt werden. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Anfälle offensichtlich sind. Im Gegensatz zu den typischen Anfällen mit Muskelkrämpfen und Bewusstseinsverlust, die bei jüngeren Menschen häufig auftreten, zeigen sich bei älteren Menschen oft andere Symptome. Dazu gehören:

  • Kurze Bewusstseinseintrübungen: Diese können sich als Starren äußern.
  • Verwirrtheit: Plötzliche Verwirrtheitszustände, die nur kurz andauern.
  • Sprachstörungen: Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden oder sich auszudrücken. Kurz auftretende Abwesenheitszustände, Verwirrtheit oder einfach nur Sprachunfähigkeit sind charakteristisch, aber leider nicht sehr spezifisch.
  • Gedächtnisverlust: Vorübergehender Verlust des Kurzzeitgedächtnisses.
  • Stürze: Ungeklärte Stürze können ein Hinweis auf unbemerkte Anfälle sein.
  • Lähmungserscheinungen: Zeitweise auftretende Lähmungen oder Missempfindungen.
  • Unspezifische Beschwerden: Kopfschmerzen oder Muskelschmerzen.

Diese Besonderheiten im Erscheinungsbild führen dazu, dass eine Epilepsie im Alter oft nicht erkannt oder gar als Folge des Alterns missverstanden wird. Das kann gesundheitliche Folgen haben, wenn zum Beispiel die Epilepsie als Ursache von Stürzen nicht diagnostiziert und damit künftige Unfälle nicht vermieden werden können. Kommen andere Erkrankungen wie etwa Parkinson oder Demenz hinzu, überdecken die Beschwerden möglicherweise die Symptome der Altersepilepsie.

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Diagnose der Altersepilepsie

Die Diagnose von Altersepilepsie erfordert eine gründliche Untersuchung durch einen Neurologen. Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen, wie z.B. kurzzeitige Hirndurchblutungsstörungen, Schwindelursachen, Migräne oder Medikamenten-Nebenwirkungen. Die Diagnose umfasst in der Regel:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Beschwerden. Da sich Betroffene oft nicht an das Ereignis erinnern und der Anfall im Alter nicht so dramatisch abläuft wie ein klassischer, sind die Verwandten gefragt. Der Neurologe benötigt eine möglichst genaue Schilderung dessen, was passiert ist.
  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung der neurologischen Funktionen wie Reflexe, Koordination und Gedächtnis.
  • EEG (Elektroenzephalogramm): Messung der Hirnströme, um epileptische Aktivität festzustellen. Das Elektroenzephalogramm (EEG) misst die Hirnströme. Die Hirnstromkurve zeigt an, ob eine Neigung zu epileptischen Anfällen besteht.
  • Bildgebende Verfahren: MRT (Magnetresonanztomografie) oder CT (Computertomografie) des Gehirns, um strukturelle Veränderungen oder Läsionen zu identifizieren. Weitere neurologische Veränderungen im Gehirn lassen sich zum Beispiel mittels der Computertomografie (CT) oder der Magnetresonanztomografie (MRT) darstellen.
  • Blutuntersuchungen: Um andere mögliche Ursachen für die Anfälle auszuschließen. Auch die Blutuntersuchung kann dabei helfen, mögliche Ursachen für einen Krampfanfall oder eine Epilepsieerkrankung aufzuspüren.

Es ist wichtig zu beachten, dass das EEG nicht immer eine epileptische Aktivität zeigt, selbst wenn eine Epilepsie vorliegt. Mehr als 90 % der epileptiformen Aktivität im Hippocampus kann aus methodischen Gründen nicht mit Oberflächenelektroden aufgezeichnet werden und entgeht daher einer Diagnosestellung. In solchen Fällen kann eine Langzeit-EEG-Ableitung hilfreich sein.

Behandlung der Altersepilepsie

Die Behandlung von Altersepilepsie zielt darauf ab, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren oder zu verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die medikamentöse Therapie ist die häufigste Behandlungsform.

Medikamentöse Therapie

  • Antiepileptika: Verschiedene Medikamente stehen zur Verfügung, um epileptische Anfälle zu kontrollieren. Die Auswahl des Medikaments erfolgt individuell und berücksichtigt die Art der Anfälle, das Alter des Patienten, Begleiterkrankungen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Beim Einsatz von Medikamenten muss die Einstellung der Dosierung meist langsam erfolgen. Zudem müssen zusätzliche Erkrankungen des Patienten sowie mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, die der Betroffene einnimmt, berücksichtigt werden. Auch ist Dosierung der Medikamente im Alter in der Regel niedriger als bei jüngeren Menschen, da sich der Stoffwechsel des Organismus mit zunehmendem Alter ändert. Ganz entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist die regelmäßige Einnahme der Antiepileptika.

    Derzeit stehen mehr als 20 verschiedene Präparate zur Verfügung. Die Medikamente beeinflussen den Gehirnstoffwechsel, haben aber kaum Nebenwirkungen und werden daher von den meisten Patient:innen sehr gut vertragen. Die Einstellung auf ein bestimmtes Medikament ist manchmal etwas schwieriger als bei jungen Patienten.

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  • Nebenwirkungen: Antiepileptika können Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel oder Gedächtnisprobleme verursachen. Eine sorgfältige Abwägung der Medikamente ist wichtig, um mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden. Eine ausführliche ärztliche Beratung ist daher besonders wichtig.

Alternative Behandlungen

In einigen Fällen, wenn Medikamente nicht ausreichend wirken, können alternative Behandlungen in Betracht gezogen werden:

  • Operation: Wenn sich bei fokalen Anfällen feststellen lässt, welcher Bereich des Gehirns die Anfälle auslöst, kann dieser entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich.
  • Vagusnerv-Stimulation: Dabei wird ein Schrittmacher unter die Haut im Brustbereich implantiert, der elektrische Impulse abgibt. Er ist über Kontakte am Halsbereich mit dem Vagusnerv verbunden und soll die Überaktivität der Nervenzellen hemmen. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien. Daher wird die Vagus-Stimulation von den gesetzlichen Krankenkassen nur unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall erstattet.

Begleitende Maßnahmen

  • Psychotherapie: Ergänzend kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Sie kann dabei unterstützen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
  • Unterstützung im Alltag: Wenn Sie Familienangehörige haben, die an Altersepilepsie leiden, ist es wichtig, sie zu unterstützen, damit sie möglichst lange selbständig in den eigenen vier Wänden leben können. Vermeiden Sie es, alleine zu lassen, wenn sie Anfälle haben und sorgen Sie für eine sichere Wohnumgebung. Eine 24h Betreuungskraft kann im Notfall sofort vor Ort sein und Erste Hilfe leisten.

Was tun bei einem epileptischen Anfall?

Bei einem epileptischen Anfall ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und den Betroffenen vor Verletzungen zu schützen. Hier sind einige wichtige Maßnahmen:

  • Ruhe bewahren: Panik hilft niemandem.
  • Sicherheit gewährleisten: Gefährliche Gegenstände aus dem Weg räumen.
  • Kopf schützen: Den Kopf des Betroffenen abstützen oder polstern.
  • Enge Kleidung lockern: Um die Atmung zu erleichtern.
  • Nicht festhalten: Den Betroffenen nicht festhalten oder zu Boden drücken.
  • Nichts in den Mund stecken: Auch wenn die Person sich in die Zunge beißt.
  • Notruf wählen: Wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert oder mehrere Anfälle kurz hintereinander auftreten (Notruf 112).
  • Nach dem Anfall: Beim Betroffenen bleiben und Unterstützung anbieten. Wenn die Person erschöpft ist und einschläft, in die stabile Seitenlage bringen.

Leben mit Altersepilepsie

Mit der richtigen Behandlung und Unterstützung können Menschen mit Altersepilepsie ein aktives und erfülltes Leben führen. Es ist wichtig, die Medikamente regelmäßig einzunehmen, regelmäßige Arzttermine wahrzunehmen und einen gesunden Lebensstil zu pflegen.

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