Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Ein epileptischer Anfall ist eine plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladung im Gehirn, die zu Veränderungen im Bewusstsein, Verhalten oder in der Bewegung führen kann. Etwa jeder zehnte Mensch erlebt einmal im Leben einen epileptischen Anfall, aber nicht jeder Anfall bedeutet gleich die Erkrankung Epilepsie.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems, die durch eine Überaktivität der Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Die Erkrankung kann in jedem Alter beginnen, wobei es Häufigkeitsgipfel im Kindesalter und bei älteren Menschen ab 60 Jahren gibt. Bei der Entstehung der Epilepsien gibt es einen Gipfel im Kleinkindesalter, in dem Epilepsien häufig beginnen können; zusätzlich besteht in höherem Alter ab dem 60.
Epileptische Anfälle
Ein epileptischer Anfall ist eine kurzzeitige Funktionsstörung des Gehirns, die durch eine plötzliche, übermäßige Entladung von Nervenzellen verursacht wird. Diese Entladung kann sich auf verschiedene Bereiche des Gehirns auswirken und unterschiedliche Symptome hervorrufen.
Die Erscheinungsform und Ausprägung des Anfalls hängt dabei von der jeweils betroffenen Gehirnregion ab. Im Gehirn laufen Vorgänge wie das Riechen, Schmecken, Hören oder Sehen ab - wenn sich diese Zellverbände elektrisch entladen, spricht man von einem epileptischen Anfall. Wenn beispielsweise eine Geruchsmissempfindung, eine Halluzination oder eine Geschmacksmissempfindung entsteht, kann das ein epileptischer Anfall sein.
Gelegenheitsanfall vs. Epilepsie
Nicht jeder Anfall bedeutet gleich die Erkrankung Epilepsie. Etwa zehn Prozent der Menschen haben einmal in ihrem Leben einen Anfall. Ein einzelner, isoliert auftretender epileptischer Anfall wird als "Gelegenheitsanfall" bezeichnet. Ursachen hierfür können beispielsweise Schlafentzug, Alkoholmissbrauch oder Stoffwechselstörungen sein.
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Eine Epilepsie liegt erst dann vor, wenn wiederholt epileptische Anfälle auftreten, die nicht durch eine akute Ursache ausgelöst wurden. Meist kommen diese Anfälle “aus dem Nichts” (unprovozierte Anfälle). Es treten mindestens zwei epileptische Anfälle im Abstand von mehr als 24 Stunden auf. Es tritt zwar nur ein einziger unprovozierter Anfall oder Reflexanfall auf, aber die Wahrscheinlichkeit für weitere Anfälle in den nächsten zehn Jahren liegt bei mindestens 60 Prozent. Es liegt ein sogenanntes Epilepsie-Syndrom vor, zum Beispiel das Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS).
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen der Epilepsie sind vielfältig und oft nicht vollständig geklärt. In vielen Fällen spielen genetische Faktoren eine Rolle. Was vererbbar ist, ist die Neigung zu epileptischen Anfällen. Hier wird von genetischen Epilepsien gesprochen - die Neigung dazu, irgendwann im Leben einen epileptischen Anfall zu erleiden, kann in der Erbmasse gespeichert sein. So wie wir unseren Vorfahren ähnlich sehen können, können wir Krankheiten von unseren Vorfahren übernehmen.
Es gibt genetische Erkrankungen, die Epilepsie zur Folge haben können bzw. mit epileptischen Anfällen vergesellschaftet sind. Hier gibt es Syndrome wie z.B. das Landau-Kleffner-Syndrom, das mit Fehlbildungen des Gehirns vom Kleinkindesalter an besteht - das ist immer mit epileptischen Anfällen vergesellschaftet. Ein weiteres, bekannteres Syndrom ist die Trisomie 21 - hier ist das Chromosom 21 dreifach vorhanden.
Weitere mögliche Ursachen sind:
- Hirnschäden: Verletzungen des Gehirns, Schlaganfälle, Tumore oder Infektionen können zu Epilepsie führen. Bei Erwachsenen kann wie auch bei Kindern jede Art der Verletzung des Gehirns epileptische Anfälle verursachen. Wenn Verletzungen des Gehirns entstehen - bei Erwachsenen etwa Schlaganfälle oder Tumore bzw. bei Kindern ein Schädelhirntrauma oder eine stärkere Gehirnerschütterung, kann diese Veränderung im Gehirn eine kleine Narbe hinterlassen, welche eine Instabilität in den Gehirnzellverbänden entstehen lässt.
- Entwicklungsstörungen des Gehirns: Angeborene Fehlbildungen des Gehirns können Epilepsie verursachen.
- Stoffwechselstörungen: Bestimmte Stoffwechselerkrankungen können das Risiko für Epilepsie erhöhen.
- Immunologische Ursachen: Chronische Entzündungen des Gehirns, die durch Autoimmunerkrankungen verursacht werden, können zu Epilepsie führen.
Auslöser von Anfällen
Es gibt Faktoren, die epileptische Anfälle begünstigen können. Dazu gehört eine Störung des regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus, welcher für das Leben zentral ist - wenn dieser gestört ist, sind die Gehirnzellen instabiler und können sich leichter entladen. Wenn man die ganze Nacht wach ist, Alkohol trinkt und nicht schläft, ist der Schlafrhythmus gestört; außerdem hat der Alkohol eine dämpfende Wirkung auf das Gehirn.
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Epileptische Anfälle können aus heiterem Himmel auftreten, aber auch durch bestimmte Faktoren ausgelöst werden. Zu den häufigsten Auslösern gehören:
- Schlafmangel
- Unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus
- Stress
- Fieber
- Alkohol
- Drogen
- Flackerndes Licht
Symptome und Anfallsformen
Die Symptome eines epileptischen Anfalls können sehr unterschiedlich sein, je nachdem, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Formen von Anfällen. Die Symptome einer Epilepsie sind ebenso vielseitig wie die verschiedenen Anfallsformen. Insgesamt gibt es mehr als 30 bekannte Formen der Epilepsie.
Einem epileptischen Anfall kann eine sogenannte Aura vorausgehen. Bei der Aura können Wahrnehmungsstörungen, Halluzinationen und Schwindelgefühle auftreten.
Allgemeine Symptome bei epileptischen Anfällen können sein:
- Bewusstseinsveränderungen, geistige Abwesenheit (Absence), Bewusstseinsverlust
- Wahrnehmungsstörungen: Sehstörungen, Geschmacks- und Geruchshalluzinationen
- Schwindelgefühle
- Übelkeit und Unwohlsein
- Kribbeln in den betroffenen Körperteilen
- Ungewöhnliche Muskelaktivität, Muskelzuckungen und Krämpfe
- Unwillkürliche Laute
Fokale Anfälle
Fokale (herdförmige) epileptische Anfälle sind die häufigsten epileptischen Anfälle. Das sind Anfälle, welche von einer bestimmten Region im Gehirn ausgehen. Fokale Anfälle können sich mit einer sogenannten Aura ankündigen. Die Aura (griechisch: das Lüftchen) ist eine Art Vorgefühl bzw. eine Sensation, die sich schwer beschreiben lässt; danach verliert man das Bewusstsein. Häufig sind epigastrische Auren bzw. eine aufsteigende Übelkeit; danach weiß man oft nichts mehr. Hierbei muss jedoch nicht auf den Magen geachtet werden - das wird vom Gehirn bzw. vom Schläfenlappen gesteuert.
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Diese Ankündigungen von Anfällen werden schon als bewusst erlebte Anfälle bezeichnet. Es gibt unterschiedliche Formen: oft treten Geruchsstörungen auf - dann spricht man von einer olfaktorischen Aura. Außerdem können Geschmacksstörungen bzw. eine gustatorische Aura auftreten. Ein Anfall könnte aber auch durch ein ledigliches Zucken mit der Hand bewusst erlebt werden (motorische Anfälle). Das alles sind Phänomene, welche einen Anfall ankündigen können - wenn diese Ankündigungen auftreten, verliert man als Betroffener im Anschluss das Bewusstsein und weiß danach oft gar nichts mehr.
Generalisierte Anfälle
Bei generalisierten Anfällen ist das gesamte Gehirn von der elektrischen Entladung betroffen. Außenstehende, welche einen Anfall beobachten sind oft so entsetzt über das Anfallsgeschehen, dass sie wenig darüber berichten können. Was beobachtet werden kann ist das Verkrampfen der Arme, wenn ein sogenannter tonischer Anfall auftritt bzw. klonisch, wenn die Arme zucken.
Ein bekannter Typ generalisierter Anfälle ist der Grand-mal-Anfall. Die Umgebung kann dann beobachten, wie der Körper zuckt oder krampft - hier wird dann vom großen Anfall bzw. Grand-mal-Anfall gesprochen. Nach einem großen bzw. Grand mal Anfall mit tonisch-klonischen Krämpfen ist es so, dass man zunächst einmal schläft und kein Bewusstsein hat. Menschen, die einen großen bzw. tonisch-klonischen Anfall gehabt haben, können sich an gar nichts erinnern. Der Anfall kommt in diesem Fall aus heiterem Himmel und wenn die Betroffenen wieder zu sich kommen, wissen sie nicht, was passiert ist. Menschen, die diesen Anfall beobachten glauben oft, sie müssen helfen - aber umso weniger man tut, desto besser ist es.
Diagnose
Wenn man erstmals einen epileptischen Anfall erleidet, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Dieser untersucht dann, ob es sich tatsächlich um Epilepsie handelt oder ob der Anfall andere Gründe hat. Der erste Ansprechpartner ist meist der Hausarzt. Er wird den Patienten bei Bedarf an einen Facharzt für Nervenerkrankungen (Neurologen) überweisen.
Ein erster epileptischer Anfall gehört immer ärztlich abgeklärt. In diesem Fall sollte ein Arzt, ein Neurologe oder ein Kinderarzt bzw. ein Neuropädiater aufgesucht werden, um eine Abklärung durchzuführen. Das Zentrale ist dabei das EEG, die Elektroenzephalographie; umso früher das EEG durchgeführt werden kann, desto aussagekräftiger ist es.
Die Diagnose von Epilepsie umfasst in der Regel folgende Schritte:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten und befragt ihn ausführlich zu den Anfällen. Wenn man nach dem ersten Anfall zu einem Facharzt kommt, wird die erste Frage sein, ob man vor dem Anfall etwas gespürt hat. In den meisten Fällen ist das für die Patienten schwer zu sagen. Aus diesem Grund werden die beteiligten Menschen wie Familie oder Freunde befragt, ob z.B. vor dem Anfall eine Art Schmatzen (Schmatzautomatismus) zu hören war, was typisch für einen fokalen Anfall wäre. Ein außerdem typisches Anzeichen sind Gestikulationen mit den Händen - das wird vom Arzt bzw.
- Neurologische Untersuchung: Der Arzt untersucht die Funktion des Nervensystems.
- EEG (Elektroenzephalogramm): Bei diesem Test werden die Hirnströme gemessen. Beim EEG werden Elektroden an den Kopf angebracht, mit denen man die Hirnströme messen kann - im besten Fall sollte das früh gemacht werden (bis zu zwanzig Stunden nach dem Anfall). Dadurch könnte man schon eine epileptogene Bereitschaft erkennen. Beim Elektroenzephalogramm werden am Kopf durch eine Elektrodenhaube in bestimmten Abständen Elektroden angebracht; mit einem Gerät werden dann die Hirnströme aufgezeichnet - so können Hirnströme zwischen zwei Elektroden gemessen werden. Wenn im EEG-Befund eine Aktivität auftritt, welche bei beiden Hemisphären gleichzeitig beginnt und danach abrupt wieder endet, weicht das von einem gesunden EEG ab.
- Bildgebende Verfahren: Eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns kann helfen, strukturelle Ursachen für die Epilepsie zu erkennen. Nach dem EEG wird eine bildgebende Untersuchung des Gehirns gemacht - da ist die Diagnostik der Wahl die Kernspintomographie; das MRT.
Behandlung
Die langfristige Behandlung von Epilepsie-Patienten übernimmt meist ein niedergelassener Neurologe beziehungsweise Kinder- und Jugendneurologe. Manchmal ist es sinnvoll, sich an eine ambulante Einrichtung oder Klinik zu wenden, die auf die Epilepsie-Behandlung spezialisiert ist (Schwerpunktpraxis für Epilepsie, Epilepsieambulanz, Epilepsiezentrum). Das gilt zum Beispiel, wenn die Diagnose unklar ist, es trotz Behandlung zu epileptischen Anfällen kommt oder spezielle Probleme mit der Epilepsie zusammenhängen.
Generell hängt die Behandlung immer auch von der Situation des einzelnen Patienten ab. Manche Betroffenen haben zum Beispiel nur alle paar Jahre einen epileptischen Anfall. Andere haben häufigere Anfälle, die sie aber als wenig belastend empfinden (zum Beispiel nur kurze "Aussetzer" = Absencen). Dann wägt der Arzt Nutzen und Risiken einer Epilepsie-Behandlung besonders sorgfältig gegeneinander ab. Dabei berücksichtigt er auch, wie groß die Bereitschaft des Patienten ist, sich an ärztliche Empfehlungen zu halten (Therapietreue = Adhärenz). Das Verschreiben von Medikamenten hat nämlich wenig Sinn, wenn der Patient diese dann doch nicht (regelmäßig) einnimmt.
Medikamentöse Therapie
Den meisten Epilepsie-Patienten hilft eine medikamentöse Behandlung, ein anfallsfreies Leben zu führen. Eingesetzt werden sogenannte Antiepileptika. Sie hemmen die übermäßige Aktivität von Nervenzellen im Gehirn. Damit senken sie das Risiko für einen Krampfanfall. Deshalb spricht man auch von Antikonvulsiva (= krampfhemmenden Mitteln). Gegen die Ursache der Epilepsie helfen die Medikamente allerdings nicht. Das bedeutet: Antiepileptika wirken nur symptomatisch, ohne die Epilepsie zu heilen.
Als Antiepileptika werden verschiedene Wirkstoffe eingesetzt, zum Beispiel Levetiracetam oder Valproinsäure. Der Arzt wägt für den jeweiligen Patienten ab, welcher Wirkstoff im konkreten Fall vermutlich am besten wirkt. Dabei spielt die Art der Anfälle beziehungsweise die Form der Epilepsie eine wichtige Rolle. Außerdem berücksichtigt der Arzt bei der Wahl des Antiepileptikums und dessen Dosierung mögliche Nebenwirkungen.
Das Ziel ist, weitere Anfälle zu verhindern (oder zumindest zu reduzieren). Gleichzeitig werden die Nebenwirkungen so gering wie möglich gehalten. In der Regel verschreibt der Arzt bei Epilepsie nur ein einziges Antiepileptikum (Monotherapie). Wenn dieses Medikament nicht die gewünschte Wirkung zeigt oder starke Nebenwirkungen verursacht, ist es meist einen Versuch wert, mit ärztlicher Rücksprache auf ein anderes Präparat umzustellen. Manchmal findet sich erst beim dritten oder vierten Versuch das individuell beste Antiepileptikum.
Bei manchen Patienten lässt sich die Epilepsie mit einer Monotherapie nicht ausreichend in den Griff bekommen. Dann verschreibt der Arzt womöglich zwei (oder mehr) Antiepileptika. Eine solche Kombinationstherapie wird sorgfältig geplant und überwacht. Denn allgemein gilt: Je mehr verschiedene Medikamente jemand einnimmt, desto eher kommt es zu unerwünschten Wechselwirkungen. Auch das Risiko für Nebenwirkungen steigt.
Antiepileptika helfen nur dann zuverlässig, wenn sie regelmäßig angewendet werden. Es ist also sehr wichtig, sich genau an die entsprechenden Anweisungen des Arztes zu halten!
Antiepileptika werden meist über mehrere Jahre eingenommen. Wenn über einen langen Zeitraum keine epileptischen Anfälle mehr aufgetreten sind, ist manchmal in Absprache mit dem Arzt ein Absetzversuch möglich. Das darf aber nicht abrupt geschehen. Stattdessen empfiehlt es sich, die Dosierung nach ärztlicher Anweisung schrittweise zu verringern.
Setzen Sie Ihre Epilepsie-Medikamente niemals auf eigene Faust ab - das hat unter Umständen lebensgefährliche Konsequenzen!
Epilepsiechirurgie
Bei manchen Patienten ist die Epilepsie mit Medikamenten nicht ausreichend behandelbar. Gehen die Anfälle immer von einer begrenzten Hirnregion aus (fokale Anfälle), ist es in manchen Fällen möglich, diesen Teil des Gehirns operativ zu entfernen (Resektion, resektive Operation). In vielen Fällen verhindert dies zukünftige epileptische Anfälle.
Eine resektive Operation kommt aber nur unter bestimmten Voraussetzungen in Frage: Also dann, wenn das Entfernen der betreffenden Hirnregion relativ gefahrlos möglich ist. Außerdem darf es keine inakzeptablen Nachteile für den Patienten nach sich ziehen, etwa eine ernste Beeinträchtigung bestimmter Hirnfunktionen. Eine resektive Hirnoperation kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn die epileptischen Anfälle im Schläfenlappen (Temporallappen) des Gehirns entstehen.
Andere chirurgische Eingriffe kommen bei Epilepsie eher selten zum Einsatz. Zum Beispiel bei Betroffenen, die häufig schwere Sturzanfälle erleben - also epileptische Anfälle, bei denen sie blitzartig stürzen und sich dabei unter Umständen schwer verletzen. Hier erwägen die behandelnden Ärzte gegebenenfalls eine sogenannte Balkendurchtrennung (Kallosotomie).
Der Chirurg durchtrennt bei der Kallosotomie ganz oder teilweise den sogenannten Balken (Corpus callosum) im Gehirn. Das ist das Verbindungsstück zwischen der rechten und linken Gehirnhälfte. Dieser Eingriff verringert unter Umständen die Zahl der Sturzanfälle deutlich. Als Nebenwirkung drohen aber kognitive Beeinträchtigungen. Deshalb wägen Ärzte und Betroffene die Nutzen und Risiken der Kallosotomie im Vorfeld sorgfältig gegeneinander ab.
Stimulationsverfahren
Neben einer Operation kommen sogenannte Stimulationsverfahren infrage, wenn Medikamente bei Epilepsie nicht ausreichend wirken. Dabei werden bestimmte Strukturen im Gehirn oder solche, die dorthin führen (Vagusnerv), mit niedriger Stromstärke stimuliert. Das wirkt epileptischen Anfällen zum Teil entgegen.
Zur Anwendung bei Epilepsie kommen verschiedene Verfahren. Am weitesten verbreitet ist die Vagusnerv-Stimulation (VNS): Dabei pflanzt der Chirurg dem Betroffenen ein kleines, batteriebetriebenes Gerät unterhalb des linken Schlüsselbeins unter die Haut. Es handelt sich um eine Art Schrittmacher, der über ein Kabel, das ebenfalls unter der Haut verläuft, mit dem linken Vagusnerv am Hals verbunden wird. In Intervallen (zum Beispiel alle fünf Minuten für 30 Sekunden) gibt es leichte Stromstöße an den Nerv ab. Dadurch lässt sich die Häufigkeit epileptischer Anfälle deutlich reduzieren. Bei manchen Patienten dauert es allerdings einige Monate, bis dieser Effekt einsetzt.
Ein anderes Stimulationsverfahren ist die tiefe Hirnstimulation: Dabei werden dem Patienten kleine Elektroden an bestimmten Stellen im Gehirn implantiert, zum Beispiel am Thalamus oder Hippocampus. Sie stimulieren das Nervengewebe mit elektrischen Impulsen. In der Folge sinkt bei vielen Betroffenen die Zahl der Anfälle. Mögliche Nebenwirkungen sind Depressionen und Gedächtnisstörungen.
Behandlung bei Status epilepticus
Wenn jemand einen Status epilepticus erleidet, ist es wichtig, sofort den Notarzt zu rufen - es besteht Lebensgefahr! Der Patient erhält als erstes ein Beruhigungsmittel (Benzodiazepin). Trägt der Epileptiker das Notfallmedikament bei sich, lässt es sich auch von medizinischen Laien verabreichen: Es wird entweder in eine Wange gelegt (Buccaltablette) oder als Creme über eine kleine Tube in den After des Patienten eingeführt.
Der eingetroffene Notarzt verabreicht das Beruhigungsmittel gegebenenfalls auch als Spritze in eine Vene. Dann bringt er den Patienten rasch in ein Krankenhaus. Dort wird die Behandlung fortgesetzt. Lässt sich der Status epilepticus nach 30 bis 60 Minuten immer noch nicht beenden, bekommen viele Patienten eine Narkose und werden künstlich beatmet.
Leben mit Epilepsie
Viele Menschen mit Epilepsie können ein normales und erfülltes Leben führen. Wichtig ist, die Erkrankung gut zu verstehen, die Behandlung konsequent einzuhalten und Auslöser für Anfälle zu vermeiden.
Erste Hilfe bei einem Anfall
Menschen, die einen großen bzw. tonisch-klonischen Anfall gehabt haben, können sich an gar nichts erinnern. Der Anfall kommt in diesem Fall aus heiterem Himmel und wenn die Betroffenen wieder zu sich kommen, wissen sie nicht, was passiert ist. Menschen, die diesen Anfall beobachten glauben oft, sie müssen helfen - aber umso weniger man tut, desto besser ist es.
Früher wurde in der Krankenpflegeausbildung gelehrt, bei einem großen Anfall einen Keil zwischen die Zähne zu geben - das wird heute nicht mehr gemacht, da dadurch der Biss in die Zunge nicht verhindert wird und man sich als Helfer selbst verletzen kann. Man kann jedoch darauf achten, den Patienten in eine stabile Seitenlage bringen zu können und Gläser oder andere Gegenstände aus dem Weg zu räumen, um die Umgebung zu schützen.
Was man bei einem epileptischen Anfall tun kann:
- Ruhe bewahren
- Den Betroffenen vor Verletzungen schützen
- Gefährliche Gegenstände entfernen
- Den Kopf des Betroffenen polstern
- Enge Kleidung lockern
- Den Notruf 112 wählen, wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert oder sich mehrere Anfälle kurz hintereinander ereignen
- Nach dem Anfall beim Betroffenen bleiben und beruhigen
Was man bei einem epileptischen Anfall nicht tun sollte:
- Den Betroffenen festhalten oder zu Boden drücken
- Dem Betroffenen etwas in den Mund schieben
Auswirkungen auf den Alltag
Solange das Risiko von Anfällen besteht, dürfen die Betroffenen jedoch kein Kraftfahrzeug fahren.
Wenn durch eine schlechte Behandlungsmöglichkeit oder unregelmäßige Einnahme der Medikamente Anfälle jedoch immer wieder auftreten, kann es langfristig zu Gedächtnisstörungen kommen. Während des Anfalls selbst kann man sich zusätzlich verletzen - das kann langfristige Folgen mit sich bringen. Häufig passieren durch Anfälle Rippen- oder Wirbelkörperbrüche, die dann unter Umständen auch zu Lähmungserscheinungen führen können.
Die Angst vor einem Anfall kann Betroffene psychisch belasten. Darüber hinaus ist das Risiko für eine Depression bei Menschen mit Epilepsie erhöht.
Epilepsie und Schwangerschaft
Frauen mit Epilepsie müssen bei der Schwangerschaft ein paar Dinge berücksichtigen. Antiepileptische Medikamente können Fehlbildungen verursachen - das trifft jedoch nicht auf alle zu. Da muss man sich gut beraten lassen, welche Medikamente während einer Schwangerschaft ideal sind. Wichtig ist dabei, die bestehenden Medikamente nicht abzusetzen, sobald man von einer Schwangerschaft erfährt.