Epilepsiechirurgie ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Epilepsien und hat sich dank zahlreicher technologischer und chirurgischer Fortschritte zu einer der effektivsten und sichersten Behandlungsformen entwickelt. Trotzdem bestehen weiterhin Ängste und Vorbehalte gegenüber der Epilepsiechirurgie. Internationale Bemühungen zielen darauf ab, Patientinnen und Patienten, die von einer chirurgischen Behandlung ihrer Epilepsie profitieren würden, diese auch zukommen zu lassen.
Paradigmenwechsel in der Epilepsiechirurgie
In der Epilepsiechirurgie zeichnen sich einige Paradigmenwechsel ab. Ein gutes Beispiel für die chirurgische Entwicklung der letzten Jahre weg von großen Operationen am Gehirn hin zu minimalinvasiven Methoden stellt die Diskonnektionstechnik dar.
Diskonnektionstechniken
Bei der Diskonnektion wird das erkrankte/epileptogene Gehirnareal vom gesunden Gehirn abgetrennt, aber nicht entfernt. Der Grund dafür liegt in den Bemühungen in der Epilepsiechirurgie, große Resektionshöhlen zu vermeiden, da diese zu Störungen der Liquorzirkulation und zu Blutungskomplikationen führen können. Den Grundstein hierfür hat man bei Epilepsieformen gelegt, welche es erfordern, eine ganze Hemisphäre zu entfernen, die sogenannte anatomische Hemisphärektomie. Diese Operationstechnik wurde schon in den frühen 1960er-Jahren angewendet und führte bei entsprechender Indikationsstellung bei 80-90% der Patientinnen und Patienten zur Anfallsfreiheit. Allerdings beobachtete man damals sehr hohe Langzeitmortalitätsraten von 30-40%. Den Grund sah man in chronischen Eisenablagerungen durch persistierende Mikroblutungen, welche zu einem Hydrocephalus führten.
Um dem zu begegnen, entwickelte Theodor Rasmussen die funktionelle Hemisphärektomie, bei der nur ein Teil (etwa 50%) der Hemisphäre entfernt und der Rest nur diskonnektiert und nicht entfernt wird. So war es möglich, die Größe der Resektionshöhle zu verringern. In den letzten Jahren habe sich nun endoskopische und ablative Techniken entwickelt, die alle das Ziel haben, den Eingriff so minimalinvasiv wie möglich zu gestalten. Dabei ist aber anzumerken, dass nur, weil ein Eingriff mithilfe des Endoskops durchgeführt wird, dieser noch lange nicht schonender und sicherer für die Patientinnen und Patienten ist, sondern kritisch weiterentwickelt werden muss. Auch für die multilobären und lobären epilepsiechirurgischen Eingriffe haben sich Diskonnektionstechniken etabliert bzw. wurden solche vorgeschlagen.
Ablative Techniken: Laserablation und Radiofrequenz-Thermokoagulation
Bei den ablativen Techniken gibt es zwei Formen: die Laserablation und die Radiofrequenz-Thermokoagulation. Bei beiden Techniken werden nur kleine Sonden im Gehirn platziert und die Diskonnektion der Faserverbindungen wird durch Hitze gesteuert. Auch wenn hierfür kein Hautschnitt und keine Kraniotomie notwendig sind.
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Die Laserablation (LITT) ist eine minimalinvasive Technik, bei der eine Lasersonde im epileptogenen Gehirnareal implantiert wird, welches durch Hitze destruiert wird. Offene Operationen können so vermieden und die Patientinnen und Patienten nach einem sehr kurzen Spitalsaufenthalt von wenigen Tagen wieder nach Hause entlassen werden. Die Laserablation wurde 2007 in den USA zugelassen und hat dort seither die Landschaft der Epilepsiechirurgie komplett umgestellt. Die Laserablation der mesialen Temporallappenepilepsie führt bei etwa 60% der Patientinnen und Patienten zur Anfallsfreiheit. Trotzdem hat sich diese Technik in Europa seit ihrer CE-Zulassung im Jahr 2019 noch nicht so durchgesetzt, wie man es erwarten würde. Ein Grund dafür sind wohl die sehr hohen Behandlungskosten der LITT-Technik, wobei eine Laserfaser üblicherweise bei 10.000-12.000 Euro anzusiedeln ist.
Einfluss der Epilepsiedauer auf das Outcome
In den letzten Jahren hat sich in zahlreichen unterschiedlichsten Untersuchungen gezeigt, dass die Dauer der Epilepsieerkrankung vor einer Operation ein wesentlicher Determinator für das Outcome ist. Je kürzer die präoperative Epilepsiedauer, desto höher die Wahrscheinlichkeit, nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff anfallsfrei zu werden und zu bleiben.
Die Frage, die sich beim Konzept „Je früher, desto besser“ stellt, ist, ob es eine Grenze gibt oder wo diese anzusiedeln ist. Ganz grundsätzlich ist zurzeit für die Indikation zu einem epilepsiechirurgischen Eingriff die Prüfung der medikamentösen Resistenz notwendig. Wenngleich dies bei vielen Epilepsieerkrankungen uneingeschränkte Gültigkeit hat, so zeigen jüngere Arbeiten, dass bei einer klaren Läsion im MRT wie beispielsweise einem „long-term epilepsy-associated tumor“ (LEAT) auf eine Resistenzprüfung verzichtet werden kann, um den Zeitpunkt des epilepsiechirurgischen Eingriffes nicht unnötig zu verzögern.
Netzwerkepilepsie
Dem gegenüber steht das zunehmend etablierte Modell, dass jede Epilepsie eine Netzwerkepilepsie ist und nicht nur eine Erkrankung eines bestimmten Areals im Gehirn.
Altersgrenze
In Bezug auf die Altersgrenze müssen zwei weitere Aspekte angesprochen werden: die Vulnerabilität des Gehirns gegenüber jeder chirurgischen Manipulation und jene des Herz-Kreislauf-Systems gegenüber operationsbedingten Wasser- und Elektrolytverschiebungen bei sehr kleinen Kindern.
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Technische Innovation und Fortschritt
Technische Innovation und Fortschritt sind wesentliche Treiber in der Verbesserung der epilepsiechirurgischen Methoden. Während sie wichtige Beiträge in der Entwicklung einer sicheren und effektiven Epilepsiechirurgie geleistet haben, sollte jede neue Technologie kritisch betrachtet werden, bevor sie eingesetzt wird.
Wechsel von subduralen zu Tiefenelektroden
Die größte Veränderung in der Epilepsiechirurgie der letzten 10 Jahre war der Wechsel von subduralen Platten- und Streifenelektroden zur Implantation von Tiefenelektroden. Bis vor circa 10 Jahren gab es weltweit 2 „Schulen“ . In Frankreich, Italien und Montreal (Kanada) wurden seit Beginn der invasiven Abklärung in den späten 1950er-Jahren Tiefenelektroden verwendet, wohingegen fast alle anderen Zentren subduralen Platten- und Streifenelektroden den Vorzug gaben. Gleichsam über Nacht hat sich dieses Bild gedreht und die meisten Zentren weltweit sind von subduralen Elektroden auf Tiefenelektroden umgestiegen.
Ursachen für Epilepsie nach Operation
Epileptische Anfälle treten oft bei Patienten mit Hirnschädigungen auf, zum Beispiel nach Schädel-Hirn-Trauma, nach Operationen oder nach Bestrahlungen am Kopf. Sie können auch bei Hirntumoren, Hirnmetastasen oder bei erhöhtem Hirndruck entstehen. Andere Gründe können eine Entzündung oder Stoffwechselerkrankung sein, die sich auf die Funktion der Gehirnzellen auswirken.
Narbenbildung und Tumorwachstum
Als Grund für fokale Anfälle kann die Narbenbildung und erneutes Tumorwachstum genannt werden. Es ist wichtig, nach dem Anfall im Krankenhaus ein MRT zu machen, um weitere Gründe auszuschließen.
Anästhesie
Kenntnisse über die epileptogenen Eigenschaften verschiedener Anästhetika erleichtern dem Kliniker die Auswahl geeigneter Medikamente für Patienten mit entsprechender Anamnese.
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Behandlungsmöglichkeiten nach Auftreten von Anfällen
Wenn die Anfälle länger als fünf Minuten dauern oder gehäuft auftreten, sollte möglichst rasch der Arzt informiert werden: Er wird dann in der Regel ein Medikament, ein sogenanntes Antikonvulsivum, verabreichen.
Medikamentöse Therapie
Die Epilepsiebehandlung wird in der Regel medikamentös begonnen, mit sogenannten Antiepileptika. Diese werden zur Vorbeugung von epileptischen Anfällen, aber auch zur Unterbrechung akuter Anfälle eingesetzt. Antiepileptika wirken direkt auf das Nervensystem und die Nervenzellen. Sie sorgen dafür, dass die Reizweiterleitung der Nerven gehemmt und die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn vermindert wird. Im Wesentlichen werden zwei Wirkmechanismen unterschieden: Die Blockierung epileptischer Impulse sowie das Verhindern der Ausbreitung epileptischer Aktivität.
Manchmal ist das erste Medikament nicht das richtige (wegen Nebenwirkungen oder Durchbruchsanfällen). Dann muss man etwas anderes probieren oder eine Kombination. Das "richtige" Mittel macht keine Nebenwirkungen und hält die Epilepsie in Schach.
Verhaltens- und Neurostimulationstherapie
Parallel zur medikamentösen Epilepsietherapie kann auch der verhaltenstherapeutische Ansatz der Anfallsselbstkontrolle in die Behandlung integriert werden.
Im Gegensatz zur Epilepsiechirurgie kann mit der Neurostimulation keine Anfallsfreiheit erreicht werden. Allerdings bewirkt sie, je nach Art der Epilepsie und des eingesetzten Verfahrens, eine deutliche Minderung der Anfallsfrequenz bzw. Unter Neurostimulation versteht man zusammengefasst, dass Strukturen im Gehirn oder solche, die dort hinführen (wie der Vagus-Nerv), mit niedriger Stromstärke stimuliert werden.
Tiefe Hirnstimulation
Im direkten Vergleich scheint die Tiefe Hirnstimulation - die allerdings nur unter bestimmten Bedingungen in Frage kommt - effektiver als die Vagus-Nerv-Stimulation zu sein. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass die Tiefe Hirnstimulation zu einer Reduzierung der Anfallshäufigkeit führt, wenn eine bestimmte Hirnregion - der anteriore Thalamus - stimuliert wird; besonders profitiert haben Menschen mit komplex-fokalen (bzw. automotorischen) Anfällen und Menschen mit Temporallappenepilepsien. Die Tiefe Hirnstimulation ist bei Menschen mit Bewegungsstörungen etabliert und zur Therapie des M.
Vagusnervstimulation (VNS)
20-30 Prozent aller Epilepsiepatienten sprechen nicht ausreichend auf eine medikamentöse Behandlung an und / oder können aus verschiedenen Gründen nicht operiert werden. Die VNS steht bereits seit Mitte der 90er Jahre als erfolgversprechende Behandlungsalternative zur Verfügung. Hierbei wird der 10. Dafür muss ein Pulsgenerator in eine Hauttasche unter dem linken Schlüsselbein eingesetzt und mittels eines Elektrodenkabels eine Verbindung zum 10. Hirnnerv im linken Halsbereich hergestellt werden. Dies erfolgt im Rahmen einer (minimalinvasiven) 1,5-stündigen OP unter Vollnarkose. In der Regel können die Patienten bereits am Folgetag nach Aktivierung des Systems entlassen werden.
Transkutane Vagusnervstimulation (tVNS)
Dies ist die Weiterentwicklung der VNS, bei der keine Operation und kein Klinikaufenthalt erforderlich sind. Allerdings liegt die Effektivität deutlich unter der der konventionellen Methode. Spezielle Nervenfasern werden hier über eine Ohrelektrode am Ohr durch sanfte elektrische Impulse aktiviert (Neurostimulation).
Transkranielle Magnetstimulation
Bei der Transkraniellen Magnetstimulation erfolgt die Stimulation durch die Schädeldecke und erreicht so die übererregten Hirnstrukturen.