Epilepsie kann das Leben von Menschen in vielerlei Hinsicht beeinflussen, einschließlich ihrer beruflichen Möglichkeiten. Obwohl viele Menschen mit Epilepsie ein erfülltes und erfolgreiches Berufsleben führen können, ist es wichtig, die potenziellen Herausforderungen und verfügbaren Ressourcen zu verstehen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die beruflichen Möglichkeiten bei Epilepsie und beleuchtet sowohl die Einschränkungen als auch die Unterstützungsmöglichkeiten.
Epilepsie und Arbeitsmarkt: Eine Herausforderung
Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind bei Menschen mit Epilepsie trotz guter Anfallskontrolle in Europa häufiger anzutreffen. Studien zeigen, dass die Arbeitslosenquoten von ähnlich wie in der Allgemeinbevölkerung bis hin zu zwei- oder dreimal so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung reichen. Dies deutet darauf hin, dass neben der Erkrankung selbst auch andere Faktoren eine Rolle spielen.
Ursachen für Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt
- Stigmatisierung: Ein weitverbreitetes Missverständnis gegenüber Epilepsie führt dazu, dass Arbeitgeber Fehlzeiten- und Unfallraten bei Menschen mit Epilepsie höher einschätzen, was jedoch nicht der Realität entspricht.
- Mangelndes Bewusstsein: Das Bewusstsein am Arbeitsplatz für Epilepsie und die Bewältigung oder Vorbeugung von Anfällen ist in der Regel gering.
- Anfallsrisiko: Anfallsbedingte Gefährdungen und die Frage, ob besondere Arbeitsschutzmaßnahmen helfen können, anfallsbedingte Risiken auf ein vertretbares Maß zu reduzieren, sind wichtige Aspekte bei der beruflichen Beurteilung.
Individuelle Bewertung der beruflichen Eignung
Die beruflichen Möglichkeiten bei Epilepsie hängen stark von der Art der Anfälle ab. Insbesondere wenn Bewusstseinsstörungen oder Stürze im Rahmen eines Anfalls auftreten, wenn die Körpermotorik gestört ist oder es nach einem Anfall zu längeren Bewusstseinstrübungen kommt, sollte im Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder dem Arbeitgeber eine Überprüfung der beruflichen Eignung erfolgen.
Es gibt keine Berufe, die bei der Diagnose Epilepsie generell ungeeignet sind. Die große Herausforderung ist, persönliche Wünsche, Leistungsfähigkeit und Einschränkungen, die eine Epilepsie mit sich bringen kann, individuell abzustimmen. Statt die Berufswahl mit dem eingeschränkten Blick zu treffen, was alles wegen der Epilepsie nicht geht, sollte zuerst die Frage gestellt werden: Wo liegen die eigenen Neigungen, Interessen und Begabungen? Danach werden die möglichen Berufsfelder genauer betrachtet.
Mögliche Gefährdungen
- Eigengefährdung: Eine Eigengefährdung besteht z.B. bei der Gefahr, durch Anfälle mit gesundheitsschädlichen elektrischen Spannungen, infektiösen oder toxischen Stoffen in Berührung zu kommen.
- Fremdgefährdung: Fremdgefährdung ist z.B. gegeben bei anfallsbedingter Unterbrechung der Aufsicht von Minderjährigen bzw. Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen im Bereich sozialpflegerischer oder pädagogischer Berufe.
Offenlegung der Epilepsie am Arbeitsplatz
Menschen mit Epilepsie müssen ihrem Arbeitgeber die Diagnose Epilepsie nur mitteilen, wenn es die Arbeit erheblich beeinflusst, also z.B. Betroffene müssen die Epilepsie in diesen Fällen selbst ansprechen, nicht nur, wenn der Arbeitgeber es erfragt.
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Unterstützungsmöglichkeiten und Rehabilitation
Für Menschen mit Epilepsie, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben, gibt es verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten.
JobMe: Berufliche Rehabilitation bei Epilepsien
JobMe ist ein bundesweites Angebot der ambulanten beruflichen Rehabilitation speziell für Menschen mit Epilepsie und chronischen Anfallsleiden. Die Maßnahme startet mit einer umfassenden Bedarfseinschätzung und Profilentwicklung, die die beruflichen Interessen, Erfahrungen und Potenziale sowie wichtige medizinische Faktoren einbezieht. JobMe unterstützt die berufliche Rehabilitation mit gezielten Angeboten in den Bereichen Neuropsychologie, Arbeitsmedizin und proaktive Krankheitsbewältigung.
Weitere Hilfen und Förderungen
- Anpassung des Arbeitsplatzes: Ermöglicht werden kann das z.B. Anpassung des Arbeitsplatzes, z.B. Wechsel an einen Arbeitsplatz, an dem weiterhin die Erfahrungen und Qualifikationen von Beschäftigten genutzt werden können, an dem eine Eigen- oder Fremdgefährdung aber ausgeschlossen ist, z.B.
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: Kosten, die in diesem Zusammenhang entstehen, können unter Umständen im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von verschiedenen Kostenträgern übernommen werden.
- Schutz-, Hilfs- und Fördermöglichkeiten: Besteht aufgrund der Epilepsie eine Behinderung, dann gibt es zudem verschiedene Schutz-, Hilfs- und Fördermöglichkeiten.
- Erwerbsminderungsrente: Wer wegen Epilepsie nur noch unter 6 Stunden täglich auf dem sog. allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten kann, gilt als teilweise erwerbsgemindert, sind es unter 3 Stunden ist es eine volle Erwerbsminderung. Dann kann ggf. eine Erwerbsminderungsrente das Arbeitseinkommen ersetzen oder ergänzen.
- Sozialleistungen: Wird die Erwerbsminderungsrente abgelehnt oder ist sie zu gering, helfen verschiedene Sozialleistungen, z.B.
- Besonderer Arbeitsmarkt: Eine volle Erwerbsminderung muss nicht bedeuten, nicht mehr zu arbeiten. Denn sie liegt schon vor, wenn die Fähigkeit eingeschränkt ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Daneben gibt es auch einen besonderen Arbeitsmarkt. Der besondere Arbeitsmarkt meint alle vom Staat geförderten Arbeitsverhältnisse, z.B.
- Arbeitsassistenz: Arbeitsassistenz kann Menschen mit Epilepsie eine Berufstätigkeit in Anstellung oder Selbstständigkeit ermöglichen. Arbeitsassistenz bei Epilepsie setzt voraus, dass der Mensch mit Epilepsie der Kernarbeit selbst nachgehen kann und nur für Hilfsarbeiten Assistenz braucht. Arbeitsassistenz kann ggf. eine krankheitsbedingte Kündigung wegen Epilepsie verhindern.
- Lohnkostenzuschüsse: Eine Epilepsie kann die Leistungsfähigkeit vermindern. Beschäftigte brauchen dann ggf. für die gleiche Arbeit mehr Zeit als andere. Lohnkostenzuschüsse im Rahmen des sog. Besonders bei einer zusätzlichen Intelligenzminderung kann das Budget für Arbeit auch Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz finanzieren.
Berufswahl und Ausbildung
Bei der Berufswahl sollten sich junge Menschen mit Epilepsie frühzeitig beraten lassen. Tritt die Erkrankung erst im Erwachsenenalter auf oder verändert sich ihre Erscheinungsform, müssen evtl.
Grundsätzlich stehen Menschen mit Behinderungen die gleichen Ausbildungswege offen wie Menschen ohne Behinderungen. Es können sich allerdings Einschränkungen aus den Auswirkungen der Behinderung ergeben.
Informationen und Beratung
- Berufsberatung: Die Bundesagentur für Arbeit bietet spezielle Beratungsangebote für Jugendliche mit Behinderungen an.
- Sozialdienste an Epilepsiezentren: Auch die Sozialdienste an Epilepsiezentren können bei der Berufswahl unterstützen.
- Berufsbildungswerke: Besonders, wenn Jugendliche neben der Epilepsie weitere Einschränkungen haben, z.B. eine Lernbehinderung, bieten die Berufsbildungswerke verschiedene Möglichkeiten. Diese Einrichtungen bilden vor allem junge Menschen mit Behinderungen aus.
Studieren mit Epilepsie
Eine Epilepsie ist kein Grund, nicht zu studieren. Grundsätzlich können Sie jeden Studiengang wählen, der Sie interessiert. Keine Universität darf Sie wegen Ihrer Krankheit benachteiligen oder ausschließen. Die Uni ist verpflichtet, Ihnen (über den Nachteilsausgleich) die Teilnahme an allen studienrelevanten Kursen und Prüfungen zu ermöglichen. Auch ohne Schwerbehindertenausweis haben chronisch kranke Studenten ein Recht darauf.
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Nachteilsausgleich
Die Nachteilsausgleiche sind individuell unterschiedlich und bei der Universität zu erfragen, an der man studieren möchte. Ein solcher Ausgleich kann eine große Hilfe sein, wenn es z. B. darum geht, dass man Fristverlängerungen für Prüfungen benötigt oder längere krankheitsbedingte Fehlzeiten hat.
DGUV Information 250-001
Der Ausschuss Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung hat die DGUV Information 250-001 - "Berufliche Beurteilung bei Epilepsie und nach erstem epileptischen Anfall" herausgegeben. Außerdem findet sich in dieser DGUV-Information eine Einschätzung des Gefährdungsrisikos nach Anfallsart. Die Symptome werden dabei in verschiedene Kategorien eingeteilt. So werden z.B.
Weitere Aspekte im Umgang mit Epilepsie
Neben den beruflichen Aspekten gibt es noch weitere wichtige Punkte im Umgang mit Epilepsie.
Medikamente und Generika
Bei vielen Medikamenten ist es völlig unproblematisch, wenn mal das eine, mal das andere Generikum verschrieben wird. Jedoch hat eine aktuelle Studie bei Epilepsie-Patienten gezeigt, dass ein häufiger Wechsel, sowohl von Original zu Generikum als auch von Generikum zu Generikum, mit einem höheren Wiederauftreten von Anfällen verbunden ist. Daher sollte das Medikament, egal ob Original oder Generikum, auf das ein Patient gut eingestellt ist, nicht ausgetauscht werden.
Schwangerschaft und Epilepsie
Schwangerschaft und Epilepsie schließen einander nicht aus. Bei Kinderwunsch sollte eine Schwangerschaft sorgfältig geplant werden, um mögliche Risiken von vornherein zu vermeiden. Einige Medikamente bergen höhere Risiken als andere.
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Impfungen
Generell sollte auch bei Menschen mit Epilepsie ein ausreichender Impfschutz bestehen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Schutzimpfungen bei anfallskranken Menschen häufiger zu Komplikationenführen als bei Menschen ohne Anfälle.
Sport
Epilepsie-Patienten können, wie alle anderen Menschen auch, regelmäßig Sport treiben. Es ist jedoch wichtig, ein paar Punkte bei der Auswahl des richtigen Sports zu bedenken. Wählen Sie eine Sportart, die Ihnen Spaß macht. Sportarten, bei denen jedoch Stürze drohen (z. B. beim Klettern) oder bei denen die Gefahr des Ertrinkens besteht (Wassersport), sollten nur nach sorgfältiger Rücksprache mit dem Arzt / mit der Ärztin betrieben werden.
Alkohol
Größere Mengen Alkohol erhöhen die Gefahr für einen epileptischen Anfall. Auch kann die Wirkung und einige Nebenwirkungen von Medikamenten durch Alkohol verstärkt werden. Keinesfalls sollten Sie Ihre Medikamente nicht einnehmen, oder die Einnahme verschieben, wenn sie z. B. auf eine Feier eingeladen sind und vorhaben, Alkohol zu trinken.
Reisen
Auch mit einer Epilepsie sind Reisen möglich. Informieren Sie sich rechtzeitig vor einer Flugreise, ob die Fluggesellschaft bestimmte Transportbedingungen für Menschen mit Epilepsie hat. Nehmen Sie ausreichend Medikamente mit und besprechen Sie mit Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin, ob es sinnvoll ist, Notfallmedikation mitzunehmen.
Autofahren
Solange mit Anfällen zu rechnen ist, dürfen Betroffene i. d. R. kein Kraftfahrzeug lenken. Allerdings müssen nicht alle an Epilepsie-Erkrankten dauerhaft auf das Fahrzeug verzichten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Führerschein erteilt bzw. wieder erteilt werden. Ganz entscheidend ist dabei der Nachweis einer anfallsfreien Zeit.
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