Epileptischer Anfall und Sprachverlust: Ursachen, Symptome und Behandlung

Ein epileptischer Anfall, oft auch als Krampfanfall bezeichnet, kann vielfältige Ursachen haben und sich unterschiedlich äußern. In manchen Fällen geht er mit Sprachverlust einher, was Betroffene und Angehörige zusätzlich beunruhigt. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von epileptischen Anfällen mit Sprachverlust, die verschiedenen Anfallsformen, Diagnosemethoden und Behandlungsansätze.

Was ist ein epileptischer Anfall?

Ein epileptischer Anfall entsteht durch unkontrollierte, plötzliche elektrische Entladungen von Nervenzellen im Gehirn. Diese Störungen können sich auf unterschiedliche Weise äußern, von kurzen Aussetzern bis hin zuGeneralisierten Anfällen mit Krämpfen und Bewusstseinsverlust.

Ursachen von Anfällen

Jede Schädigung des Hirngewebes kann zu einer spontanen Entladung von Nervenzellen und damit zu einem Krampf führen. Bei Säuglingen und kleinen Kindern kann hohes Fieber einen Anfall auslösen (Fieberkrampf). Prinzipiell kann ein epileptischer Anfall oder eine Epilepsie in jedem Lebensalter auftreten. Manchmal bleibt die Ursache unbekannt. Bei einigen Patientinnen und Patienten erhöhen Trigger das Risiko für einen Krampf.

Im höheren Lebensalter gibt es viele verschiedene Ursachen, die zu einem epileptischen Anfall führen können. Das Auftreten einer Spätepilepsie muss meist diagnostisch umfassend abgeklärt werden. Dabei müssen beispielsweise andere Ursachen vorübergehender Hirnfunktionsstörungen, insbesondere kurzzeitige Hirndurchblutungsstörungen, Schwindelursachen, Migräne oder Medikamenten-Nebenwirkungen ausgeschlossen werden.

In etwa der Hälfte der Fälle bei Senioren sind Durchblutungsstörungen des Gehirns oder vorangegangene Schlaganfälle die Ursachen von Epilepsie. Zwischen 3 bis 10 Prozent der Schlaganfall-Patienten entwickeln nach einem Schlaganfall diese Erkrankung, weil Narben und teilweise auch Blutabbauprodukte im Hirn verbleiben. Daneben können auch dementielle Störungen wie die Alzheimer-Krankheit eine Epilepsie verursachen. Rund 3-5 Prozent der Demenzpatienten sind betroffen.

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Formen von Anfällen

Grundsätzlich wird zwischen fokalen und generalisierten Anfällen unterschieden.

  • Fokale Anfälle: Die Störung befindet sich in einem kleinen Bereich in einer der beiden Hirnhälften. Beim fokalen Anfall zeigt die Patientin oder der Patient nicht zielgerichtete Verhaltensweisen. Beispiele sind Schmatzen, Lippenlecken sowie Nesteln. Auch Muskelzuckungen, verkrampfte Gliedmaßen und Muskelschwäche sind beim fokalen Anfall möglich. Während des Anfalls nimmt die Person manchmal ein Kribbeln, Taubheitsgefühle, Lichtblitze, ungewöhnliche Geräusche oder Gerüche wahr. Auch plötzliche Angst oder kurze Aussetzer in Sprache oder Gedächtnis treten auf. Weitere Symptome können Herzrasen, Schweißausbrüche, Speichelfluss und Übelkeit sein.
  • Generalisierte Anfälle: Krampfanfälle können im Erscheinungsbild sehr unterschiedlich sein. Teilweise handelt es sich um kurze „Aussetzer“ (sogenannte Absencen oder Bewusstseinsstörungen). Die betroffene Person kann auch länger ohnmächtig werden und stürzen. Es folgt eine Verkrampfung am ganzen Körper mit Zuckungen der Arme und der Beine. Am häufigsten ist ein tonisch-klonischer Anfall. Durch die Anspannung aller Muskeln wird der Körper plötzlich steif (tonische Phase). Es folgt ein Bewusstseinsverlust - und danach kommt die klonische Phase. Dabei zucken die Muskeln krampfartig durch abwechselndes An- und Entspannen. Beim tonisch-klonischen epileptischen Anfall kommt es manchmal zu Zungen- oder Wangenbiss und Einnässen.

Sprachverlust als Symptom

Ein epileptischer Anfall kann sich auf Bewegungen, Empfindungen und das Bewusstsein auswirken. Auch die Sprache kann betroffen sein. Sprachverlust während eines Anfalls kann verschiedene Ursachen haben:

  • Direkte Beeinträchtigung des Sprachzentrums: Wenn die unkontrollierten Entladungen im Gehirn das Sprachzentrum (Broca- oder Wernicke-Areal) betreffen, kann es zu vorübergehendem Sprachverlust (Aphasie) kommen.
  • Beeinträchtigung der Sprechmuskulatur: Krämpfe im Bereich der Gesichts-, Mund- und Rachenmuskulatur können die Artikulation beeinträchtigen und zu Schwierigkeiten beim Sprechen führen (Dysarthrie).
  • Bewusstseinsstörung: Bei generalisierten Anfällen oder komplex-fokalen Anfällen kann das Bewusstsein beeinträchtigt sein, was die Fähigkeit zu sprechen einschränkt.

Rolando-Epilepsie: Eine spezielle Form mit Sprachverlust

Die Rolando-Epilepsie ist eine häufige Epilepsie-Form bei Kindern. Betroffene haben typischerweise Muskelkrämpfe im Gesicht und können nicht sprechen. Die Anfälle treten häufig nachts auf, enden meist schnell wieder und erfordern nicht immer eine Behandlung.

Symptome der Rolando-Epilepsie:

  • leichte, kurze epileptische Anfälle, meist aus dem Schlaf heraus, einseitig in Gesicht und Mund
  • meist Unfähigkeit während und kurz nach dem Anfall zu sprechen
  • vermehrter Speichelfluss
  • manchmal Krampfanfall am ganzen Körper

Ursachen der Rolando-Epilepsie:

  • nicht ganz geklärt, genetische Veranlagung und Umweltfaktoren

Diagnose der Rolando-Epilepsie:

  • Anfallsverlauf und Messung der Hirnströme (EEG) typisch, EEG-Bild mit Rolando-Fokus und Sharp-Waves (spitze Wellen)

Krankheitsverlauf der Rolando-Epilepsie:

  • Krankheit endet mit dem Erwachsenenalter, Anfälle meist selten, gilt als gutartige Epilepsie

Komplikationen der Rolando-Epilepsie:

  • Betroffene entwickeln möglicherweise Teilleistungsstörungen (v.a. Sprache und schulisches Lernen), verhalten sich ggf. auffällig
  • im Einzelfall Status epilepticus (Notarzt!)

Behandlung der Rolando-Epilepsie:

  • manchmal keine Medikamente, sonst Antiepileptika und Sultiam, evtl. Ergotherapie und Logopädie

Diagnose von epileptischen Anfällen mit Sprachverlust

Für die Diagnose wird die Patientin oder der Patient ausführlich befragt und körperlich untersucht.

  • Elektroenzephalogramm (EEG): Misst die Hirnströme. Die Hirnstromkurve zeigt an, ob eine Neigung zu epileptischen Anfällen besteht. Bei Rolando-Epileptikern zeigt das EEG ein typisches Muster mit sogenannten „Spikes“ (dt. Spitzen), „Sharp Waves“ (dt. scharfe Wellen) oder „Sharp-and-slow-waves“ (dt. scharfe und langsame Wellen).
  • Bildgebende Verfahren: Weitere neurologische Veränderungen im Gehirn lassen sich zum Beispiel mittels der Computertomografie (CT) oder der Magnetresonanztomografie (MRT) darstellen.
  • Blutuntersuchung: Kann dabei helfen, mögliche Ursachen für einen Krampfanfall oder eine Epilepsieerkrankung aufzuspüren.
  • Genetische Testung: Manchmal wird eine genetische Testung veranlasst.

Behandlung von Epilepsie und Sprachverlust

Welche Behandlung sinnvoll ist, hängt von der Form der Epilepsie und dem Krankheitsverlauf ab.

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  • Medikamentöse Behandlung (Antiepileptika): Meist wird eine Epilepsie mit Medikamenten behandelt, sogenannten Antiepileptika. Es stehen unterschiedliche Medikamente aus verschiedenen Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Wenn ein Medikament in einer niedrigen Dosierung nicht wirkt, kann zunächst die Dosis erhöht werden. Zeigt sich kein Erfolg, probiert man ein Medikament aus einer anderen Wirkstoffgruppe oder kombiniert mehrere Wirkstoffe.
    • Da es oft bei einem einzigen Anfall bleibt, kann man mit einer Behandlung meist erst einmal abwarten. Die Therapie beginnt in der Regel erst nach einem zweiten Anfall. Besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für erneute Anfälle, wie etwa bei einer Gehirnerkrankung, kann bereits nach dem ersten Krampfanfall eine Behandlung sinnvoll sein. Wichtig ist, die persönliche Situation ausführlich mit der Ärztin oder dem Arzt zu besprechen.
    • Wer sich für eine Behandlung mit Medikamenten entscheidet, nimmt diese meist über mehrere Jahre ein. Wenn in dieser Zeit keine Anfälle aufgetreten sind, können manche Menschen versuchsweise auf Medikamente verzichten. Andere benötigen ihr Leben lang Medikamente.
    • Antiepileptika können Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel haben. Manchmal bestehen spezielle Risiken, zum Beispiel während der Schwangerschaft für das ungeborene Kind. Eine ausführliche ärztliche Beratung ist dann besonders wichtig.
  • Operation: Wenn sich bei fokalen Anfällen feststellen lässt, welcher Bereich des Gehirns die Anfälle auslöst, kann er entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich.
  • Vagusnerv-Stimulation: Dabei wird ein Schrittmacher unter die Haut im Brustbereich implantiert, der elektrische Impulse abgibt. Er ist über Kontakte am Halsbereich mit dem Vagusnerv verbunden und soll die Überaktivität der Nervenzellen hemmen. Der Vagusnerv ist ein wichtiger Nerv des vegetativen Nervensystems und an der Regulierung der inneren Organe beteiligt. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien. Daher wird die Vagus-Stimulation von den gesetzlichen Krankenkassen nur unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall erstattet.
  • Ergänzende Therapien: Ergänzend kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Sie kann dabei unterstützen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.

Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall

Bei einem epileptischen Anfall ist es am wichtigsten, dass Helferinnen und Helfer Ruhe bewahren und Betroffene vor Verletzungen schützen. Dauert der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle kurz hintereinander auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden. Bei einem schweren Anfall kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein.

Aphasie (Sprachverlust)

Die erworbene Sprachstörung (Aphasie - griech.: Sprachlosigkeit) ist die Folge einer Schädigung des Sprachzentrums im Gehirn. In den meisten Fällen ist ein Schlaganfall die Ursache. Die Sprach- und Verständnisprobleme der Betroffenen (Aphasiker) erschweren die Kommunikation mit anderen Menschen. Häufig ist auch die Lese- und Schreibfähigkeit eingeschränkt oder in schweren Fällen nicht mehr vorhanden.

Ursachen für eine Aphasie

Eine Aphasie tritt nach Schädigungen oder Erkrankungen des Gehirns auf wie z.B.:

  • Schlaganfall (verursacht 80 Prozent der Aphasien)
  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Tumoren
  • Hirnblutungen
  • Entzündungen
  • weiteren Erkrankungen des zentralen Nervensystems

Wie äußert sich eine Aphasie?

Je nach Art und Läsionsort der Schädigung unterscheidet sich eine Aphasie in ihren spezifischen Merkmalen (Symptomen) und in ihrem Schweregrad. Eine Aphasie ist in der Regel eine multimodale sprachliche Störung, d. h. Patientinnen mit Aphasie weisen zumindest in der akuten Phase der Erkrankung nicht nur Defizite beim Sprechen sondern häufig auch beim Lesen, Schreiben und Sprachverständnis auf. In seltenen Fällen kann es auch zu Monophasien kommen. Patientinnen zeigen dann isolierte Störungen in nur einer sprachlichen Modalität.

Typisch sind Schwierigkeiten des:

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  • Sprachverständnis
  • der Wortfindung
  • der grammatikalischen Verarbeitung
  • der lautlichen Verarbeitung
  • des Lese-Sinn-Verständnis
  • des Schreiben

Formen der Aphasie

Am häufigsten finden sich die folgenden vier Standardsyndrome der Aphasie:

  • Globale Aphasie: Die Globale Aphasie ist die schwerste Form einer Aphasie. Die Betroffenen können kaum oder gar nicht sprechen. Die Störung beeinträchtigt ebenso das Sprachverständnis und in der Regel auch die Fähigkeit zum Lesen und Schreiben.
  • Broca-Aphasie (motorische Aphasie): Bei der Broca-Aphasie können die Betroffenen nicht flüssig sprechen und keine kompletten Sätze bilden. Typisch ist ein sogenannter „Telegrammstil“ der Sprache. Das Sprachverständnis ist dagegen in der Regel weitgehend ungestört.
  • Wernicke-Aphasie: Bei der Wernicke-Aphasie ist der Redefluss gut erhalten, manchmal sogar gesteigert. Dagegen ist das Sprachverständnis und häufig auch das Störungsbewusstsein für die Sprachstörung stärker beeinträchtigt. Die Betroffenen verstehen häufig auch einfache Wörter nicht. Das bedeutet, sie können zwar flüssig sprechen, das Gesprochene aber nicht mit Inhalt füllen.
  • Amnestische Aphasie: Patient*innen mit Amnestischer Aphasie zeigen oft nur leichte Defizite. Hauptsymptom sind Wortfindungsstörungen. Die Betroffenen zeigen ein gutes Störungsbewusstsein und versuchen Fehler zu korrigieren. Häufig werden Statthalterwörter wie „Ding“, „das da“ oder „es“ verwendet.

Therapie: So wird eine Aphasie behandelt

Ziel der Aphasietherapie ist es, die Kommunikationsfähigkeit so gut es geht zu verbessern und vorhandene Fähigkeiten zu fördern. Nach wissenschaftlichen Studien gilt auch für die Aphasietherapie: Je intensiver die Behandlung, desto effektiver ist das Ergebnis. Die Rehabilitationsbehandlung der Aphasien kann folgende Therapiemodule umfassen:

  • Sprachtherapie (Logopädie und/oder Linguistik) inkl. computerunterstützte Sprachtherapie
  • Neuropsychologische Therapie (zur Verbesserung u. a. von Aufmerksamkeit und Gedächtnis)
  • Physiotherapie (bei Lähmungen und Bewegungseinschränkungen)
  • Ergotherapie (Übungen zum Wiedererlernen von Alltagsfähigkeiten)
  • Physikalische Therapien (Elektrotherapie, Massage, Bäder)

Epilepsie im Alter

Gedächtnisstörungen, Sprachstörungen und kurze Abwesenheitszustände oder Verhaltensänderungen können bei Senioren auf eine bisher unerkannte Epilepsie hinweisen. Die Therapie ist jedoch bei älteren Menschen etwas komplizierter als in jüngeren Jahren. Sind Medikamente notwendig, muss die Einstellung der Dosierung meist langsam und unter Berücksichtigung zusätzlicher Erkrankungen sowie anderer notwendiger Präparate und deren möglichen Wechselwirkungen erfolgen. In der Regel ist die Dosierung der jeweiligen Medikamente aufgrund des veränderten Stoffwechsels im Alter wesentlich niedriger als bei jüngeren Patienten.

Fehldiagnosen vermeiden

Bis zu 25 % aller Anfallsereignisse werden in der Notaufnahme fehldiagnostiziert. Deshalb ist es wichtig, die Angehörigen beziehungsweise die Rettungssanitäter und Notärzte nach ersten, auch noch so kleinen Zeichen eines Anfallsereignisses zu fragen.

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