Die Verbesserung, Erhaltung und Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit bei Krankheit ist ein globales Anliegen von höchster Priorität. Im Fokus stehen dabei neurologische Erkrankungen, die zu den Hauptursachen für vorzeitige Sterblichkeit und Invalidität gehören. Das ERA-NET NEURON hat sich zum Ziel gesetzt, die Forschungsanstrengungen und Förderprogramme seiner Partnerländer im Bereich der psychischen und neurologischen Störungen sowie der Erkrankungen der Sinnessysteme zu koordinieren und zu optimieren.
Hintergrund und Ziele von ERA-NET NEURON
Das "Netzwerk NEURON" wurde 2003 von der Europäischen Kommission gegründet, 2008 in ein ERA-NET überführt und wird nun in der dritten Förderphase fortgesetzt. Das wichtigste Instrument des ERA-NET NEURON sind jährliche internationale Ausschreibungen, die verschiedene Themenkomplexe aus der neurowissenschaftlichen und psychiatrischen Forschung in den Fokus stellen. Durch konzertierte Aktivitäten aller beteiligten Förderorganisationen leistet das ERA-NET NEURON einen wichtigen Beitrag zu länderübergreifenden Forschungskooperationen zwischen Wissenschaftler*innen in den Bereichen Neurowissenschaften, Neurologie und Psychiatrie.
Die Partner des ERA-NET NEURON umfassen 26 Förderorganisationen aus 22 europäischen und nicht-europäischen Ländern. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft beteiligt sich 2022 erstmalig an einer internationalen Ausschreibung.
Schwerpunkte der Forschungsförderung
ERA-NET NEURON fördert multinationale Forschungsprojekte, die einen Beitrag zur translationalen und interdisziplinären Erforschung neurologischer Erkrankungen leisten. Ein besonderer Fokus liegt auf folgenden Bereichen:
Zerebrovaskuläre Erkrankungen
Zerebrovaskuläre Erkrankungen, einschließlich Mikroangiopathien und Störungen der Hirnschranken, sind ein zentrales Thema. Ziel ist es, die Ursachen und Krankheitsmechanismen von Schlaganfällen und anderen zerebrovaskulären Erkrankungen besser zu verstehen und diese Erkenntnisse in eine verbesserte Prävention, Diagnose und Therapie zu überführen. Veränderungen der kleinsten Hirngefäße, sogenannte Mikroangiopathien, Fehlfunktion der Hirnschranke und Veränderungen in der Immunreaktionen werden häufig mit der Entwicklung von Schlaganfällen und vaskulärer kognitiver Dysfunktion in Verbindung gebracht.
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Im Rahmen einer Fördermaßnahme wurden 14 transnationale Verbundvorhaben mit insgesamt 58 beteiligten Forschungsgruppen für eine Förderung ausgewählt. Dreizehn Forschungsgruppen kommen aus Deutschland. Die Fördersumme beträgt insgesamt etwa 11,9 Millionen Euro, das BMBF fördert hierbei die deutschen Forschungsgruppen mit rund 2,8 Millionen Euro.
Neurowissenschaft des Schmerzes
Chronische Schmerzen sind ein weiteres wichtiges Forschungsfeld. Unterstützt werden multinationale Forschungsprojekte, die durch präklinische und klinische Forschungsansätzen einen Beitrag zur translationalen und interdisziplinären Erforschung der Neurowissenschaft des Schmerzes leisten. Im Rahmen dieser Förderrichtlinie kann ein breites Spektrum an Aspekten erforscht werden, wie z. B. Biomarker, klinische Phänotypisierung, intra- und interindividuelle Unterschiede, die Rolle der Neuroplastizität und Plastizität im nozizeptiven System, Neuroinflammation, genetische, epigenetische und molekulare Mechanismen (neuronal und nicht-neuronal) sowie psychologische Auswirkungen von chronischen Schmerzen und deren Behandlung.
Bidirektionale Interaktionen zwischen Gehirn und Körper
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat eine neue Richtlinie zur Förderung von Projekten zum Thema multinationale und transnationale Forschung im Rahmen des ERA-NET NEURON zu bidirektionalen Interaktionen zwischen Gehirn und Körper veröffentlicht. Im Rahmen dieser gemeinsamen Förderbekanntmachung wird eine begrenzte Anzahl multinationaler Forschungsprojekte gefördert, die einen Beitrag zur grundlegenden translationalen Erforschung von bidirektionalen Interaktionen zwischen Gehirn und Körper leisten. Es wird darauf hingewiesen, dass die Etablierung von großen Patientinnenkohorten nicht förderfähig ist. Hingegen wird der Gebrauch von bereits bestehenden Kohorten oder Biobanken empfohlen. Der angemessene Zugang zu solchen relevanten und gut charakterisierten Patientinnenkohorten oder Bioprobensammlungen muss nachgewiesen werden.
Entwicklungsstörungen des Nervensystems
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Entwicklungsstörungen des Nervensystems. Im Rahmen dieser Förderbekanntmachung können Entwicklungsstörungen des Nervensystems untersucht werden, die Verhalten und Kognition beeinträchtigen und zu Schwierigkeiten im Erwerb und/oder bei der Ausführung von intellektuellen, motorischen und sozialen Fähigkeiten führen. Es können nur Entwicklungsstörungen des Nervensystems untersucht werden, die vor dem Erwachsenenalter in Erscheinung treten. Die Erforschung von Symptomen, die im Erwachsenenalter weiterbestehen oder fortschreiten, ist nur möglich, wenn sich diese bereits vor dem Erwachsenenalter manifestiert haben. Ein breites Spektrum an Aspekten, die bei Entwicklungsstörungen des Nervensystems ein Rolle spielen, kann erforscht werden, z. B. Sowohl die Entwicklung neuer Verfahren zur Verbesserung therapeutischer oder diagnostischer Technologien zur Behandlung von Entwicklungsstörungen des Nervensystems, als auch die Erforschung gesundheitsökonomischer Fragen, basierend auf bestehenden Daten und Kohorten sind förderfähig.
Es werden nur Forschungsvorhaben im Rahmen multidisziplinärer multinationaler Forschungsverbünde gefördert, die aus mindestens drei Forschungsgruppen aus drei unterschiedlichen Ländern bestehen. Von der Kooperation wird ein Synergieeffekt erwartet. Daher muss aus den Projektanträgen der zusätzliche Nutzen der multinationalen Zusammenarbeit klar hervorgehen (z. B. die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, Know-how bzw. innovativen Technologien). Multidisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Forschungsgruppen sowie translationale Forschungsansätze, bei denen Grundlagenforschung mit klinischen Fragestellungen kombiniert wird, sollen gefördert werden. Die Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten mit grundlagenorientierten Forschenden in den Neurowissenschaften wird ausdrücklich befürwortet. Auch grundlagenorientierte Forschungsansätze zu Pathogenese, Ätiologie, Suszeptibilität und/oder Resilienzmechanismen von Entwicklungsstörungen des Nervensystems werden gefördert.
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Das ERA-NET NEURON strebt eine verstärkte Einbeziehung von Patientinnen und Patienten in die Forschung an. Es wird erwartet, dass die Verbünde alle Anstrengungen unternehmen, um Patientinnen und Patienten in ihren Forschungsprozess einzubeziehen. Eine solche Patientenbeteiligung kann in die Planung, Durchführung und/oder Ergebnisverbreitung der Vorhaben eingebunden werden.
Rückenmarksverletzungen
Auch die Erforschung von Rückenmarksverletzungen wird unterstützt. Nach einer traumatischen Rückenmarksverletzung treten im ersten Jahr nach der Verletzung oberhalb dieser umfangreiche morphometrische Veränderungen (das heißt Volumenverlust) im zentralen Nervensystem auf. Paraplegie (Lähmung der unteren Extremitäten) und Tetraplegie (Lähmung der Beine und Arme) schränken die Lebensqualität des betroffenen Menschen ebenso drastisch und dauerhaft ein wie die Erwerbsfähigkeit.
Mittels MRT-basierter in vivo Histologie - ein in der Entwicklung befindlicher Teilbereich der Magnetresonanztomografie - wollen wir die fehlende Verbindung zwischen den gemessenen MRT-Signalen und den Veränderungen im Gehirn herstellen, was uns dabei helfen wird, die Erkrankungsprozesse bei einer Rückenmarksverletzung zu erklären und besser zu verstehen. Derzeit entwickeln wir Messprotokolle für die quantitative Multiparameter-Kartierung und die diffusionsgewichtete Magnetresonanztomografie (dMRT), die das Signal-Rausch-Verhältnis maximieren und die Qualität der Aufnahmen im somatomotorischen Kortex und in der kortikospinalen Bahn verfeinern. Die Multiparameter-Kartierung wird insbesondere optimiert, um Off-Resonance-Artefakte und Radiofrequenz-Transmissionsfeld-Inhomogenitäten unter Beibehaltung einer hohen räumlichen Auflösung zu minimieren. Die Optimierung der diffusionsgewichteten Bildgebung (DWI) umfasst die Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses, der räumlichen Auflösung, der diffusionswichtenden b‑Faktoren sowie die Reduktion von Artefakten.
Interdisziplinäre Ansätze
Aufgrund der vielfältigen Mechanismen, die an der Entstehung neurologischer Erkrankungen beteiligt sind, sind interdisziplinäre Forschungsansätze unabdingbar. Das ERA-NET Neuron fördert daher ausdrücklich die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen, einschließlich Neurowissenschaften, Neurologie, Psychiatrie, Psychologie und Sozialwissenschaften. Chronic pain is associated with structural and functional changes in different brain regions and is linked to altered neurotransmitter levels. Such changes can also be accompanied by emotional, cognitive and behavioural impairment. People affected by chronic pain have an increased risk of mental disorders such as depression and anxiety and vice versa. The occurrence of those comorbidities hinders effective pain management and therapy. Thus, significant progress in the field of pain research can only be achieved through coordinated collaboration between different disciplines, including e.g.
Antragsverfahren
Das Antragsverfahren ist in der Regel mehrstufig angelegt. In der ersten Stufe werden Projektskizzen eingereicht, die von externen, internationalen Expertinnen und Experten begutachtet werden. Nach einer positiven Bewertung werden die Antragsteller aufgefordert, ausführliche Projektanträge einzureichen. Nach einer erneuten Begutachtung werden die ausgewählten Projekte für eine Förderung ausgewählt.
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Um zu der Zielerreichung der Fördermaßnahme beizutragen, sollen die Ergebnisse jedes einzelnen Forschungsvorhabens in mindestens einer Veröffentlichung publiziert oder patentiert und auf mindestens einem internationalen Konsortialtreffen vorgestellt werden.