Erektionsprobleme nach Schlaganfall: Ursachen und Therapie

Erektionsstörungen sind eine häufige Folge von Schlaganfällen und können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Sie resultieren aus einer Kombination verschiedener Faktoren, darunter direkte Hirnschädigungen, psychischer Stress, Vorerkrankungen sowie Nebenwirkungen von Medikamenten. Oftmals werden diese Störungen nach einem Schlaganfall unzureichend diagnostiziert und behandelt. Es ist daher wichtig, dass Betroffene das Thema aktiv bei ihrem Arzt ansprechen, da Auswertungen zeigen, dass sich nur ein geringer Teil der Fachkräfte in der Schlaganfallrehabilitation aktiv nach der sexuellen Gesundheit der Patienten erkundigt.

Ursachen von Erektionsstörungen nach einem Schlaganfall

Erektile Dysfunktion nach einem Schlaganfall ist oft das Ergebnis einer Kombination aus neurologischen, psychologischen und medikamentösen Faktoren.

Neurologische Schäden

Eine zentrale Rolle spielt die direkte Schädigung bestimmter Hirnareale wie des präfrontalen Cortex, des limbischen Systems und des Hypothalamus. Diese Bereiche sind entscheidend für die sexuelle Motivation, die Entscheidungsfindung und die hormonelle Regulation, die für Erregung und Libido wichtig sind. Je nach Lokalisation des Schlaganfalls können unterschiedliche Auswirkungen auf die Sexualfunktion auftreten. Schlaganfälle im Bereich der rechten Kleinhirnhemisphäre sind eher mit Ejakulationsstörungen assoziiert, während Schlaganfälle im Bereich der Arteria cerebri media, insbesondere in der rechten Hemisphäre, häufiger mit Erektionsstörungen einhergehen (87,5 % vs. 70,6 % in der linken Hemisphäre).

Psychische Faktoren

Neben den neurologischen Schäden können auch psychische Faktoren die sexuelle Funktion nach einem Schlaganfall beeinflussen. Die emotionale Belastung durch die Anpassung an die veränderte Lebenssituation und die Angst vor weiteren gesundheitlichen Problemen können das sexuelle Verlangen und die sexuelle Leistungsfähigkeit stören. Scham, Angst und Depressionen spielen hierbei eine wichtige Rolle.

Medikamentöse Ursachen

Medikamente können ebenfalls für Erektionsstörungen verantwortlich sein. Speziell die Einnahme von Blutdrucksenkern und Antidepressiva ist häufig mit Erektionsstörungen verbunden. Allerdings führen entgegen landläufiger Meinung nicht alle Blutdrucksenker zu Impotenz. Es gibt auch Medikamentengruppen wie ACE-Hemmer, die sich positiv auf die Erektionsfähigkeit auswirken können.

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Vorbote für Schlaganfall

Erektionsstörungen können nicht nur nach Schlaganfällen auftreten, sondern auch ein Vorbote dafür sein. Forschungen zeigen, dass Männer mit Erektionsstörungen ein um etwa 34 bis 35 % erhöhtes Risiko haben, einen Schlaganfall zu erleiden. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, Erektionsprobleme ernst zu nehmen und frühzeitig zu behandeln. Viele Herz- und Gefäßerkrankungen können mit einer eingeschränkten Funktion des Penis einhergehen. Die Erektionsstörung kann sogar als Frühsymptom einer generalisierten Arterienverkalkung angesehen werden. Im Allgemeinen treten die Symptome der verminderten Erektionsfähigkeit ein bis fünf Jahre vor den durchblutungsbedingten Herzbeschwerden auf. D.h., jeder Patient mit Erektionsschwächen sollte zur Darstellung der Durchblutungsverhältnisse beim Arzt am Penis duplex-sonographisch untersucht werden - nach dem Motto: Der Penis - die Antenne des Herzens.

Häufigkeit erektiler Dysfunktion nach Schlaganfällen

Sexuelle Funktionsstörungen nach einem Schlaganfall sind weit verbreitet. Selbst bei jüngeren Patienten berichtet ein Drittel der Betroffenen ein Jahr nach einem ischämischen Schlaganfall über Schwierigkeiten beim Geschlechtsverkehr. In einer von Sexualmedizinern betreuten niederländischen Studie berichteten sogar 80 % der befragten Männer von gelegentlichen Erektionsproblemen; 93 % waren mit der Dauer der Erektion unzufrieden. Obwohl die Befragung nach Abschluss der Rehabilitation stattfand, waren 63 % der Patienten unzufrieden mit ihrem Sexualleben.

Behandlungsmöglichkeiten bei Erektionsstörungen nach Schlaganfall

Je nach Diagnose gibt es verschiedene Ansätze zur Behandlung von Erektionsstörungen nach einem Schlaganfall. Manchmal erfordert die Behandlung einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl physische als auch psychische Aspekte berücksichtigt.

Medikamentöse Therapie

PDE-5-Hemmer wie Sildenafil (Viagra®) oder Tadalafil (Cialis®) können bei einigen Patienten die Erektionsfähigkeit verbessern. Diese Medikamente erhöhen den Blutfluss zum Penis und helfen so, eine Erektion zu bekommen. PDE-5-Hemmer gelten als sicher für Patienten mit stabiler Herzerkrankung, die keine Nitrate einnehmen. Mehrere unabhängige Quellen haben bestätigt, dass PDE-5-Hemmer kein zusätzliches Ischämierisiko bergen.

Allerdings dürfen PDE-5-Hemmer nicht ohne weiteres mit Blutdrucksenkern oder Herzmedikamenten kombiniert werden. Insbesondere die gleichzeitige Einnahme von Nitraten kann zu lebensbedrohlichen Kreislaufproblemen führen. Laut den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie sollten PDE-5-Inhibitoren zudem nicht in den ersten sechs Monaten nach einem Schlaganfall verschrieben werden. Eine Abstimmung ist essenziell, um gefährliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden. Es ist ratsam, die möglichen Nebenwirkungen der Medikamente mit dem Arzt zu besprechen.

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Bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, direkt nach einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall, der weniger als 6 Monate zurückliegt, sowie starken Leberfunktionsstörungen dürfen diese Substanzen nicht eingenommen werden. Dieses gilt ebenso bei Einnahme von Nitraten, einem Notfallmedikament bei Angina pectoris, und bestimmten anderen blutdrucksenkenden Substanzen. Außerdem ist eine Reihe von Erkrankungen bekannt, bei denen die Anwendung Beschränkungen unterliegt.

Bei nachgewiesenem dauerhaftem Testosteron-Mangel kann das Hormon dem Körper in Form von Injektionen, Gel, Pflastern oder Tabletten zugeführt werden. Yohimbin wird aus der Rinde eines westafrikanischen Baums gewonnen und gilt in seiner Heimat als Aphrodisiakum. Yohimbin wird seit fast 100 Jahren in der Behandlung der erektilen Dysfunktion eingesetzt, hat aber in den letzten Jahren durch die Einführung der PDE-5-Hemmer an Stellenwert verloren. Heute wird es bevorzugt bei leichten organischen und psychischen Störungen der Erektionsfähigkeit eingesetzt. Bei richtiger Dosierung kann es lediglich zu milden Nebenwirkungen kommen, z. B. Unruhe, Händezittern, verstopfte Nase und Schlafstörungen. Auch der Wirkstoff Apomorphin, ein Abkömmling des Morphins, hat sich in der Therapie der erektilen Dysfunktion nicht durchgesetzt.

Vor dem Einsatz der PDE-5-Hemmer war SKAT die Therapie der Wahl. Bei dieser Methode injiziert sich der Betroffene vor dem Geschlechtsverkehr mit einer dünnen Nadel ein Medikament in einen Schwellkörper des Penis. Als Wirkstoffe werden Prostaglandin E1 oder Papaverin verwendet. Folgende Nebenwirkungen können bei der Anwendung auftreten: Blutergüsse, Penis- und Erektionsschmerzen, Schwellkörper-Infektionen, krankhaft anhaltende schmerzhafte Erektionen (Priapismus), Spätfolgen: Schwellkörper-Fibrose (krankhafte Vermehrung des Bindegewebes), Sensibilitätsstörungen. Bei einigen Krankheiten darf eine SKAT nicht angewendet werden.

Bei dieser Therapie verabreichen sich die Betroffenen den Wirkstoff Prostaglandin E1 über einen in die Harnröhre eingeführten Applikator aus Plastik. Auch hier entspannen sich die glatten Muskeln im Penis, die Schwellkörper werden stärker durchblutet und es kommt zu einer Erektion. Nebenwirkungen können Schmerzen, Kopfschmerzen, Harnröhrenverletzungen, Schwindelgefühle, Blutdruckabfall und kurze Bewusstlosigkeit sein.

Patienten, bei denen andere Behandlungen erfolglos waren, können Schwellkörperimplantate aus Kunststoff eingesetzt werden. Heutzutage wird überwiegend ein hydraulisches 3-Komponenten-System, das aus einem Flüssigkeitsreservoir, einer Pumpe und künstlichen Schwellkörpern besteht, implantiert. Als Nebenwirkungen kann es zu Schmerzen, Infektionen, Perforationen, Gewebsverhärtungen (Fibrosen) und Lecks im System kommen. Diese machen weitere Eingriffe nötig.

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Sind die Penisarterien nicht durchlässig genug oder gar verschlossen, kann mit einer Art „Bypass-Operation" eine neue Verbindung in den Arterien hergestellt werden. Eine andere Methode wird bei einem erhöhten Blutabfluss in den Venen des Penis eingesetzt. Dabei wird operativ verhindert, dass das aufgestaute Blut zu früh abfließt. Aufgrund mangelnder Erfolge werden beide Eingriffe nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt.

Psychologische Beratung und Paartherapie

Psychologische Beratung kann helfen, mit Ängsten und Depressionen umzugehen, die nach einem Schlaganfall häufig auftreten. Auch eine Paartherapie kann bei Kommunikationsproblemen hilfreich sein. Gerade bei jüngeren Patienten (unter 50 Jahren) sind psychische Probleme ein möglicher Auslöser für Erektionsstörungen. Ärzte stellen häufig fest, dass es eine enge Beziehung zwischen depressiven Störungen und erektiler Dysfunktion geben kann, auch beeinflussen Antidepressiva die Sexualität negativ. Eine Psychotherapie kann helfen, die Ursachen zu erkennen und damit umzugehen.

Änderungen des Lebensstils

Die Verbesserung des Lebensstils kann auch zu einer Verringerung von Erektionsstörungen beitragen. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehört die Reduzierung von Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen, Depressionen und Bluthochdruck. Ein gesunder und aktiver Lebensstil sowie eine ehrliche Aussprache mit dem Partner können manchmal bei Erektionsstörungen helfen. Versuchen Sie mit viel Bewegung Bewegung und gesunder Ernährung Ihren Blutdruck, Blutzucker, Blutfette und Ihr Gewicht im Normalbereich zu halten. Trainieren Sie Ihren Beckenboden, um Ihr Sexualleben wieder in Schwung zu bringen. Die Schwellkörpermuskeln aus der äußeren Schicht des Beckenbodens sind entscheidend für die Erektion. Probleme mit der Erektion können deshalb auch auf einen schwachen Beckenboden hinweisen. Versuchen Sie deshalb so oft wie möglich die Beckenbodenmuskeln (ohne Hilfe der Bauch- und Gesäßmuskeln) anzuspannen. Auch wenn Sport und eine aktive Lebensweise vorteilhaft für die Erektionsfähigkeit sind, sollten Männer beim Radfahren vorsichtig sein. Denn: Eine falsche Haltung oder ein falscher Sattel behindern manchmal die Nervenbahnen oder den Blutfluss im Genitalbereich. Auch dies kann zu einer erektilen Dysfunktion führen. Tipp: Treten beim Radfahren Taubheitsgefühle im Penis oder Hodensack auf, sollten Sie Ihren Sattel überprüfen. Im Idealfall ist dieser möglichst breit und ergonomisch geformt.

Weitere Therapieansätze

Vakuumpumpen sind mechanische Erektionshilfen, die mit einem auf den Penis aufgesetzten Zylinder einen Unterdruck erzeugen. Dadurch kann sich der Penis mit Blut füllen und eine Erektion auslösen. Ein auf die Peniswurzel aufgesetzter Gummiring soll den schnellen Abfluss des Blutes verhindern. In manchen Fällen werden Erektionsringe auch isoliert eingesetzt. Auch dieses Verfahren ist jedoch nicht nebenwirkungsfrei.

Erektionsstörung: Was Sie selbst tun können

  • Sprechen Sie offen mit Ihrem Partner: Bei vielen Paaren sind Erektionsstörungen ein schambesetztes Thema. Sprechen Sie deshalb mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner offen über Ihre Probleme, denn eine Erektionsstörung betrifft Sie beide! Schon die Auseinandersetzung mit der eigenen und der partnerschaftlichen Sexualität kann ein wichtiger Teil der Behandlung sein.
  • Setzen Sie sich nicht unter Druck: Lassen Sie sich auch beim Sex nicht zu sehr unter Druck setzen, vielleicht hatten Sie in letzter Zeit viel Stress. Um Intimität zu verspüren, ist es manchmal genauso hilfreich, einfach nur Zärtlichkeiten auszutauschen. Nicht immer muss es zum „Äußersten“ kommen. Sehen Sie dies auch als Chance, Neues auszuprobieren.
  • Leben Sie gesund: Verzichten Sie auf Nikotin und Alkohol.
  • Achten Sie auf Ihre Medikamente: Bei den Blutdrucksenkern beispielsweise kann es manchmal schon helfen, die sexuelle Aktivität vor der Einnahme des Drucksenkers einzuplanen. Möchten Sie hingegen ein bestimmtes Medikament vielleicht lieber etwas später oder früher einnehmen oder komplett absetzen, ist es wichtig, dass dies nicht ohne ärztliche Rücksprache erfolgt.

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