Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, die oft durch Diabetes mellitus oder übermäßigen Alkoholkonsum verursacht wird. Sind die Nerven bereits geschädigt, ist eine Heilung oft schwierig. Mit der richtigen Behandlung und einer geeigneten Ernährung kann das Fortschreiten der Erkrankung jedoch verzögert werden. Dieser Artikel beleuchtet, welche Ernährungsempfehlungen bei Polyneuropathie sinnvoll sind und welche potenziellen Fehler vermieden werden sollten.
Ganzheitliche Behandlung durch gesunde Ernährung
Um die Beschwerden einer Polyneuropathie dauerhaft zu lindern, werden häufig ganzheitliche Behandlungsmethoden angewendet. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung stellt eine solche Maßnahme dar. Insbesondere bei Diabetikern kann die richtige Ernährung nicht nur die Beschwerden der Polyneuropathie lindern, sondern auch zur Regulierung des Blutzuckerspiegels beitragen. Eine geeignete Ernährung kann dazu beitragen, den Bedarf an Schmerzmitteln mit starken Nebenwirkungen zu reduzieren.
Grundprinzipien einer geeigneten Ernährung
Ballaststoffreiche Ernährung
Bei diabetischer Polyneuropathie ist eine ballaststoffreiche Ernährung von großer Bedeutung. Etwa die Hälfte des Energiebedarfs sollte mit Kohlenhydraten gedeckt werden, wobei Kohlenhydrate mit einem niedrigen glykämischen Index bevorzugt werden sollten. Der glykämische Index gibt an, wie schnell und stark ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt. Ballaststoffe haben einen niedrigen glykämischen Index und sorgen dafür, dass Kohlenhydrate langsamer ins Blut gelangen. Vollkornprodukte, Nüsse, Obst und Gemüse sind reich an Ballaststoffen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, täglich mindestens 30 Gramm Ballaststoffe aufzunehmen, bei diabetischer Polyneuropathie sogar 40 Gramm.
Gesunde Fettsäuren
Gesunde Fettsäuren sind wichtig für die Nerven. Alpha-Liponsäure ist als schwefelhaltige Fettsäure in jeder Körperzelle enthalten. Sie liefert Energie und wirkt als Antioxidans. Alpha-Liponsäure wird häufig zur Behandlung peripherer Nervendegeneration eingesetzt und ist in Brokkoli, Spinat und Tomaten enthalten. Omega-3-Fettsäuren sind ebenfalls gesunde Fettsäuren mit entzündungshemmender Wirkung. Sie dienen als Nahrung für das Nervensystem und können helfen, Nervensignale besser zu übertragen. Sie sind in fettem Fisch wie Hering, Makrele und Lachs, aber auch in Chia- und Leinsamen enthalten. Die in vielen Pflanzenölen enthaltene Alpha-Linolensäure hilft leider kaum gegen Polyneuropathie. Die in Fischöl enthaltenen Docosahexaensäure sowie die Eicosapentaensäure nutzen hingegen mehr. Da man nicht täglich Fisch essen kann, aber eine tägliche Einnahme von Fischölen notwendig ist, um die Polyneuropathie zu bremsen ist es am sinnvollsten, Fischölkapseln zu sich zu nehmen. Omega-3-Fettsäuren zeigten bei Patienten die eine Chemotherapie bekamen einen präventiven Effekt. Beispielstudien dazu finden Sie hier: Maschio et al. 2018, Anoushirvani et al.
Natürliche Fette bevorzugen
Natürliche Fette sind bei Polyneuropathie und Diabetes grundsätzlich gesünder. Pflanzliche Fette sind tierischen Fetten vorzuziehen. Besonders geeignet sind kaltgepresste Öle wie Olivenöl, Rapsöl oder Sonnenblumenöl. Diese Öle können helfen, Kohlenhydrate einzusparen, was sich positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirkt. Verarbeitete und gehärtete Fette sollten vermieden werden. Butter kann als Ersatz für Margarine verwendet werden, ist aber bei erhöhtem Cholesterinspiegel nur in Maßen zu genießen.
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B-Vitamine
Vitamine des B-Komplexes, vor allem Vitamin B1 und Vitamin B12, sind bei einer Polyneuropathie unerlässlich. Bei einer alkoholbedingten Polyneuropathie kommt es häufig zu einer Mangelernährung, bei der es an B-Vitaminen mangelt. Diese Mangelernährung kann die Beschwerden verstärken und das Fortschreiten der Polyneuropathie begünstigen. B-Vitamine sind in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Spinat und anderem Gemüse enthalten. Fisch, Fleisch, Eier und Milch sind reich an Vitamin B12. Veganer sollten Vitamin B12 supplementieren. Bei einer diabetischen Polyneuropathie sind magere Milchprodukte und mageres Fleisch empfehlenswert. Wenn Sie hingegen gerne Bier trinken, kann es sinvoll sein alkoholfreies Hefeweizen/Weißbier zu trinken. Darin sind B-Vitamine enthalten, sodass das Bier zu einer gesunden Versorgung mit diesen beitragen kann.
Zu meidende Lebensmittel
Verschiedene Lebensmittel können die Beschwerden bei einer Polyneuropathie verstärken und das Fortschreiten der Erkrankung begünstigen. Zuckerhaltige Getränke wie Cola und Limonaden stellen eine Gefahr für einen steigenden Blutzuckerspiegel dar. Stattdessen sollten Mineralwasser, ungesüßte Früchte- oder Kräutertees oder Saftschorlen bevorzugt werden. Auch Weißmehlprodukte und Fertiggerichte wirken sich negativ auf die Erkrankung aus, da sie versteckte Fette, Zucker und Geschmacksverstärker enthalten. Bei einer alkoholtoxischen Polyneuropathie ist Alkohol tabu, aber auch bei anderen Formen der Polyneuropathie ist Alkohol schädlich.
Spezielle Nährstoffe und Nahrungsergänzungsmittel
Vitamin D
Menschen mit niedrigen Vitamin D-Spiegeln entwickeln laut einiger Studien häufiger Polyneuropathie. Allerdings sind Versuche, die Polyneuropathie durch sehr große Mengen Vitamin D zu verbessern, bisher nicht erfolgreich verlaufen. Es wird empfohlen, Vitamin D in normalen Mengen einzunehmen, um einen Mangel auszugleichen, nachdem dieser durch einen Arzt festgestellt wurde. Der Vitamin D-Spiegel im Blut wird inzwischen von vielen Ärzten und in vielen Apotheken gemessen.
Alpha-Liponsäure
In wissenschaftlichen Studien wurde die Wirksamkeit von Alpha-Liponsäure nur bei diabetischer Polyneuropathie untersucht. Dort zeigte sich nur dann eine starke Wirkung, wenn die Alpha-Liponsäure als Infusion gegeben wurde. Es kann nämlich zu Wechselwirkungen mit manchen Medikamenten kommen.
B-Vitamine
Wer an Vitamin-B-Mangel leidet kann dadurch eine Polyneuropathie entwickeln. Leider hat sich diese Vermutung nicht bestätigt. Man erreicht dadurch keine Verbesserung der Polyneuropathie.
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Kupfer
Kupfer wirkt als Spurenelement an der normalen Funktion des Organismus mit. In aller Regel nimmt man mit einer normalen Ernährung genügend davon auf und muss sich darüber keine Gedanken machen. Gründe für einen Mangel an Kupfer können Operationen am Magen-Darm-Trakt sein. Insbesondere Magen-Bypass-Operationen können dazu führen, dass nicht mehr genügend Kupfer aufgenommen wird und sich langfristig eine Polyneuropathie entwickeln kann. Auch bei manchen Erkrankungen des Verdauungssystems kann es zum Kupfermangel kommen. Auch eine große Aufnahme an Zink kann dazu führen, dass nicht genügend Kupfer aufgenommen wird. Denn wenn große Mengen Zink im Verdauungssystem sind verhindern diese die Kupferaufnahme.
Kreatin
Kreatin wird seit langem als Nahrungsergänzungsmittel für Sportler eingesetzt. Auch bei manchen Nervenerkrankungen wie Amyotropher Lateralsklerose hat es positive Wirkungen. In Studien, in denen Kreatin mit Placebos verglichen wurde zeigte sich allerdings kein positiver Effekt. In diesen Studien führten Patienten mit Polyneuropathie Krafttraining durch und nahmen entweder Kreatin oder das Placebo zu sich. Das Training führte zwar zu mehr Muskelkraft, Kreatin brachte allerdings keinen zusätzlichen Nutzen. (Hier können Sie zwei der Studien nachlesen: Chetlin et al. 2004; Doherty et al.
Besondere Ernährungsformen
Vegane Ernährung
Vegane Ernährung ist gerade in Mode und wird häufig quasi als Allheimittel angepriesen. Auch bei Polyneuropathie wird sie inzwischen empfohlen. Bei der veganen Ernährung kommt es relativ häufig zum Mangel an B-Vitaminen. Bei einer normalen, nicht veganen Ernährung nehmen Sie hingegen automatisch genügend B-Vitamine auf.
Glutenfreie Ernährung
Auch glutenfreie Ernährung wird immer beliebter. Gluten kann tatsächlich bei Menschen mit Glutenunverträglichkeit eine Polyneuropathie auslösen. Diese Patienten müssen sich dann natürlich streng an eine glutenfreie Ernährung halten. Wenn Sie allerdings nicht an Zölliakie oder ärztlich diagnostizierter Gluten-Überempfindlichkeit leiden, sollten Sie auf diese Art der Ernährung allerdings verzichten. Das Gluten ist dann kein Problem für Sie und verursacht auch keine Probleme für die Nerven. Sie machen sich mit einer glutenfreien Ernährung dann nur das Leben schwer, ohne einen Nutzen dadurch zu erlangen. Es wird übrigens von Fällen berichtet, in denen durch die glutenfreie Ernährung ein Vitamin-B-Mangel entstand, der dann eine Polyneuropathie verursachte.
Salz
An vielen Stellen wird empfohlen, sich salzarm zu ernähren. Dies ist in häufig auch sinnvoll. Bei Polyneuropathie besteht aber die Gefahr, sich damit zu schaden. Zumindest in Tierversuchen zeigte sich durch eine salzreiche Ernährung sogar ein Schutz vor Polyneuropathie (Hier die Studie). Das gleiche zeigte sich in einer epidemiologischen Studie (hier der Link) des Zusammenhangs der Ernährungsgewohnheiten und Chronisch Axonaler Polyneuropathie. Dies reicht nicht aus, um in der Ernährung bei Polyneuropathie nun besonders viel Salz anzuwenden. Allerdings ist es ein Hinweis darauf, dass man Salz auch nicht meiden sollte.
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Heilfasten
Wenn Sie an Typ 2 Diabetes leiden, ist Heilfasten eine Möglichkeit, Ihren Blutzuckerspiegel zu regulieren und Gewicht zu verlieren, was langfristig hilft den Blutzucker zu reduzieren. Wichtig beim Heilfasten ist, gleichzeitig Muskeltraining zu betreiben. Trainiert man nicht, werden die Eiweiße aus den Muskeln verbrannt um Energie zu erzeugen. Immer häufiger liest man von positiven Effekten von Heilfasten in der Krebsbehandlung. Hier ist sehr große Vorsicht geboten. Es ist sogar in vielen Fällen besser, möglichst viel zu essen und zu versuchen Gewicht zuzunehmen. Es gibt inzwischen einige wissenschaftliche Daten die zeigen, dass Heilfasten einen positiven Effekt auf das Nervensystem haben kann. Deshalb wird vermutet, dass Heilfasten auch bei Polyneuropathie positive Auswirkungen auf die Nerven und damit die Erkrankung haben könnte. Es liegen derzeit noch keine wissenschaftlichen Studien mit Patienten mit Polyneuropathie vor, in denen dies untersucht wurde. Allerdings gibt es Studien in denen beobachtet wurde, dass Heilfasten die Gesundheit des peripheren Nervensystems zumindest positiv beeinflusst (Lee & Notterpeck 2012). In Tierversuchen wurden auch auch positive Auswirkungen auf den Verlauf der Polyneuropathie beobachtet (Madorsky et al. Ob die Polyneuropathie sich tatsächlich durch Heilfasten verbessert ist also noch nicht abschließend geklärt. Heilfasten sollte ausschließlich dann durchgeführt werden, wenn man kein Untergewicht hat. Mangel an Vitaminen und Spurenelementen sollte unbedingt vermieden werden um die Polyneuropathie nicht noch weiter zu verschlimmern.
Kaffee
Allerdings gibt es keine belastbaren Quellen, die das belegen. Vielmehr ist Kaffee in moderaten Mengen sogar gesund. Falls eine Polyneuropathie durch Diabetes entstanden ist, kann der Kaffee sogar dabei helfen, den Blutzuckerspiegel zu senken.
Entzündungshemmende Ernährung
Bei vielen Formen der Polyneuropathie sind entzündliche Prozesse an der Schädigung der Nerven beteiligt. Dies ist insbesondere beim Guillain-Barré-Syndrom und der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie der Fall, aber auch bei anderen Formen der Polyneuropathie (z.B. Die Ernährungsweise kann einen Einfluß darauf haben, wie stark man zu Entzündungen neigt und wie stark chronische Entzündungen sich ausprägen. Es wird deshalb vermutet, dass die Schwere der Polyneuropathie zu einem gewissen Grad davon abhängt, ob man Entzündungen durch die Ernährungsweise begünstigt oder eher hemmt. Tee aus Kamille, Salbei oder Grüner Tee. Eine Ernährungsweise, die entzündungshemmend ist, ist übrigens abgesehen von der Polyneuropathie förderlich für die Gesundheit und kann auch bei allen anderen Formen von Entzündungen hilfreich sein. Sie kann deshalb z.B.
Bewegung
Die richtige Bewegung kann ebenfalls helfen, den Blutzucker dauerhaft zu reduzieren. Mit meinem "Zuckertraining" möchte ich Ihnen das Training so einfach und zeitsparend wie möglich machen.
Wichtiger Hinweis zu Nahrungsergänzungsmitteln bei Chemotherapie
Polyneuropathie ist nicht gleich Polyneuropathie und Chemotherapie ist nicht gleich Chemotherapie. Für Acetyl-L-Carnitin wurden bei bestimmten Chemotherapien positive Wirkungen beobachtet. Dies scheint allerdings nur bei Chemotherapien mit Wirkstoffen aus Platinderivaten der Fall zu sein. Bei anderen Chemotherapien, z.B. Taxanen wurde keine positive Wirkung beobachtet. Sie sehen also, dass Nahrungsergänzungsmittel während der Chemotherapie eine sehr komplexe Sache sind, die Sie mit Ihrem Arzt besprechen sollten. Wenn Sie eine Chemotherapie bekommen sollten Sie unbedingt mit dem Arzt über das Thema sprechen, bevor Sie auf eigene Faust Nahrungsergänzungsmittel nehmen. Dies könnte auch Diabetikern zugute kommen, die an Polyneuropathie leiden. In einigen kleineren Studien zeigte sich eine Verbesserung der Symptome der Polyneuropathie durch die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren bei Diabetikern.