Fahrtüchtigkeit nach Schlaganfall: Informationen und wichtige Aspekte

Ein Schlaganfall kann weitreichende Folgen haben, die sich individuell stark unterscheiden. Eine häufige Frage, die sich Betroffene stellen, ist die nach der Fahrtüchtigkeit. Darf ich trotz bleibender Schäden wieder Autofahren? Wer überprüft meine Fahrtauglichkeit? Kann mein Auto umgebaut werden? Dieser Artikel gibt Antworten und beleuchtet die wichtigsten Aspekte.

Schlaganfall und Fahrtüchtigkeit: Eine komplexe Frage

Ein Schlaganfall bedeutet nicht automatisch, dass man nicht mehr Autofahren darf. Prinzipiell ist es möglich, die Fahrtüchtigkeit wiederzuerlangen. Ob dies der Fall ist, hängt jedoch von der Art und Schwere der Beeinträchtigungen ab.

Beeinträchtigungen, die die Fahrtüchtigkeit beeinflussen können:

  • Weitreichende Lähmungserscheinungen
  • Gefühlsstörungen in Armen oder Beinen
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Seh- und Sprechstörungen
  • Vergesslichkeit, Konzentrationsstörungen oder Orientierungsprobleme
  • Psychische Probleme im Umgang mit Stresssituationen
  • Eingeschränktes Koordinationsvermögen

Wenn körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigungen als Folge des Schlaganfalls bestehen, hängt die Entscheidung über die Fahrtauglichkeit von der Schwere der Einschränkungen ab. Wenn kein Risiko für andere Verkehrsteilnehmer entsteht bzw. die Beeinträchtigungen durch Umbauten am Fahrzeug ausgeglichen oder kompensiert werden können, steht dem Autofahren auch nach einem Schlaganfall nichts im Wege.

Ärztliche Beratung und Gutachten

Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, Rücksprache mit einem Arzt zu halten, der die Fahrtauglichkeit aus medizinischer Sicht beurteilt. Ein "ärztliches Fahrverbot" ist bindend. Wer jedoch dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und macht sich strafbar, wenn andere Personen dadurch gefährdet werden. Bei einem Unfall drohen Geld- und sogar Freiheitsstrafen, wenn jemand verletzt oder im schlimmsten Fall getötet wird. Zudem kann die Kfz-Haftpflichtversicherung bereits an die Unfallgeschädigten ausgezahltes Geld zurückfordern; die Kaskoversicherungen können Leistungen kürzen oder verweigern.

Wann ist ein Gutachten nötig?

In welchen Fällen ein Gutachten nötig ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Die Hausarztpraxis kann medizinisch beraten und gegebenenfalls Fachärzt*innen nennen, die das medizinische Gutachten erstellen können.

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Wer erstellt das Gutachten?

Ein verkehrsmedizinisches Gutachten kann nicht von der Hausarztpraxis erstellt werden, sondern lediglich durch:

  • Ärztliches Fachpersonal mit verkehrs- oder rechtsmedizinischer Qualifikation
  • Ärztinnen und Ärzte des Gesundheitsamts
  • Betriebsmediziner oder -medizinerinnen
  • Fachärzte/-ärztinnen für Rechtsmedizin
  • Die Begutachtungsstelle für Fahreignung (BfF)

Das Verfahren zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit

Es gibt zwei Möglichkeiten, die Fahrtauglichkeit nachzuweisen: amtlich oder nicht-amtlich.

Amtlicher Nachweis der Fahrtauglichkeit

Dies ist der offizielle Weg, der besonders für Menschen ratsam ist, die aus beruflichen Gründen ein Fahrzeug führen. Dazu wendet man sich an die Fahrerlaubnisbehörde (Führerscheinstelle).

Schritte beim amtlichen Nachweis:

  1. Meldung bei der Fahrerlaubnisbehörde: Dort erhält man Informationen, welche Dokumente in welchem Zeitraum einzureichen sind.
  2. Verkehrsmedizinisches Gutachten: Dieses wird in der Regel durch einen Neurologen mit verkehrsmedizinischer Qualifizierung erstellt. Es umfasst umfangreiche Untersuchungen und gibt Auskunft über Fähigkeiten, Einschränkungen, Medikamente und die Einstufung der Fahrtauglichkeit.
  3. Reaktionstest (neuropsychologisches Gutachten): Anhand von Computertests werden Reaktionsfähigkeit, Belastbarkeit, visuelle Orientierung und Konzentrationsfähigkeit überprüft.
  4. Fahrprobe: Diese erfolgt in der Regel bei Fahrschulen mit speziell umgebauten Fahrzeugen. Ein Fahrlehrer und ein Prüfer beurteilen das Fahrverhalten und den eventuellen Umbaubedarf.
  5. Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU): In manchen Fällen fordert die Behörde zusätzlich eine MPU an, die aus einer medizinischen Untersuchung, Leistungstests und einem Gespräch mit einem Psychologen besteht.

Nach erfolgreichem Abschluss erhält man eine amtliche Bestätigung der Fahrtauglichkeit. Im Führerschein können Vermerke (Schlüsselzahlen) über Besonderheiten wie ein angepasstes Bremspedal eingetragen werden.

Nicht-amtlicher Nachweis der Fahrtauglichkeit

Beim nicht-amtlichen Weg ist es wichtig, schriftliche Belege über die Fahrtauglichkeit zusammenzutragen, um im Falle eines Unfalls nachweisen zu können, dass man vorsorglich gehandelt hat.

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Notwendige Dokumente:

  • Gutachten durch den behandelnden Arzt (Neurologe) oder besser eines Verkehrsmediziners darüber, dass der Zustand stabil ist und keine akute Rückfallgefahr besteht.
  • Neuropsychologische Untersuchungen in einer neurologischen Praxis oder Klinik.
  • Augenärztliches Gutachten, um mögliche Sehstörungen oder Gesichtsfeldbegrenzungen auszuschließen.

Diese Nachweise können um weitere Dokumente ergänzt werden, die auch von der Behörde gefordert werden.

Fahrzeugumbau und Hilfsmittel

Abhängig von der Art und Schwere der Beeinträchtigungen müssen an einem Pkw individuelle Umbauten vorgenommen werden. Typische Umbauten für Schlaganfall-Patienten sind:

  • Integration eines Multifunktionslenkknaufs
  • Pedalverlegungen (z.B. Linksgas)
  • Umsetz- und Einstiegshilfen
  • Anbringung von mechanischen Fahrhilfen (z.B. Handbediengeräte, Gasringe)
  • Rollstuhlverladehilfen

Finanzielle Unterstützung:

Die Kraftfahrzeughilfe bezuschusst den Kauf bzw. den Umbau von behindertengerecht umgebauten Fahrzeugen. Eine Bezuschussung kann beantragt werden für den Kauf eines Pkws (Neu- oder Gebrauchtwagen). Die maximale Förderung beim Kauf eines Neuwagens beträgt in der Regel bis zu 22.000 Euro und ist abhängig vom Einkommen.

Voraussetzungen für die Kfz-Hilfe:

  • Es muss eine dauerhafte Schwerbehinderung vorliegen.
  • Das Auto muss durch die beantragende Person selbst geführt werden können oder durch eine andere Person / einen Fahrer gesteuert werden.
  • Ein wichtiges Kriterium ist die Erwerbstätigkeit: die sollte voll oder zumindest teilweise ausgeübt werden. Aber auch Auszubildende, Studierende und Arbeitslose mit Aussicht auf einen Arbeitsplatz sind unter bestimmten Voraussetzungen förderfähig.
  • Es muss nachgewiesen werden, dass das Auto dauerhaft genutzt wird, vor allem für den Weg zur Ausbildungs- oder Arbeitsstelle.

Fahrsicherheit und Fahrtraining

Fahrsicherheitstrainings eignen sich, um die eigene Fahrsicherheit wiederzuerlangen oder auszubauen. Das ist besonders nach einer längeren Fahrpause wichtig. Zusätzlich ist ein Fahrtraining notwendig, um sich mit den Umbauten vertraut zu machen, es kann aber auch ohne Umbauten eine zusätzliche Möglichkeit sein, um sich wieder daran zu gewöhnen, Zeit am Steuer zu verbringen.

Wichtige Hinweise und Empfehlungen

  • Keine Meldepflicht: In Deutschland gibt es keine Meldepflicht für neurologische Erkrankungen wie einen Schlaganfall.
  • Verantwortung: Jeder trägt die Verantwortung für seine Teilnahme am Straßenverkehr selbst.
  • Informationen einholen: Besorgen Sie sich Informationen zum Thema „Autofahren nach Schlaganfall“.
  • Medizinische Gutachten: Holen Sie medizinische Gutachten ein, wenn die Fahreignung geprüft werden muss.
  • Finanzierung klären: Klären Sie im Vorfeld die Finanzierung von Gutachten, Hilfsmitteln oder Umbauten an Ihrem Fahrzeug.
  • Geeignete Fahrschulen: Informieren Sie sich über geeignete Fahrschulen, um sicherzustellen, dass Sie nach dem Schlaganfall wieder fahrtauglich sind.
  • Führerscheinstelle informieren: Informieren Sie die Führerscheinstelle über die bestehenden Einschränkungen, jedoch nur nach Absprache mit Ihrer Arztpraxis, spezialisierten Fahrlehrer*innen oder rechtlicher Beratung.
  • Aphasie-Ausweis: Für Menschen, die nach einem Schlaganfall Sprachstörungen aufweisen, empfiehlt es sich, einen Aphasie-Ausweis mit sich zu führen.

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