Fäulnis – "Gehirn zwischen Wahn und Sinn" (Vinyl): Eine Reise zwischen Wahnsinn und Melodie

Im Black Metal Deutschland hat sich eine gewisse Leere breitgemacht. Zwar gibt es weiterhin eine Fülle an guten Bands, die das Genre mit beachtlichem Material bereichern - man denke nur an das respektable letzte Album von Suidakra oder das neue Werk von Secrets of the Moon. Doch wenn es um schrullige Alben geht, deren Texte ebenso seltsam wie anspruchsvoll sind, herrscht momentan eher Dürre. Mit dem Verschwinden von Nocte Obducta und Lunar Aurora entstand eine Lücke, die nicht einfach zu füllen ist. Dornenreich klangen auf ihrem letzten Album wunderschön, aber eben auch sehr folkig. Umso mehr weckt der Bandname Fäulnis und ihr Album "Gehirn zwischen Wahn und Sinn" Hoffnungen, dass hier jemand in die Bresche springen könnte, mit einer Vertonung des Wahnsinns im Black Metal-Gewand.

Hoffnungsvoller Auftakt

"MorgenGrauen" beginnt ganz wunderbar: eine voranpeitschende Melodie, eine unwirkliche Instrumentierung und ein Gesang, der tatsächlich am Geisteszustand der Urheber zweifeln lässt - das lässt das Pessimistenherz frohlocken. Schön ist auch, dass hier nicht einfach nur böse gefaucht wird. Die Texte klingen nach wirren, erzählten Zusammenschnitten oder Schreipassagen - das wirkt authentischer und weniger gestellt.

Schwächen im Mittelteil

Leider können "Angstzustand" und "Kopfkrieg" die durch das Eingangslied geschürte Erwartung nicht ganz erfüllen. Es fehlt der letzte Kick, um die Songs wirklich gut zu machen. Die Vocals im dritten Track sind an vielen Stellen einfach zu anstrengend: Die Growls passen nicht in das Konzept und die Schreipassagen sind zu erschlagend.

Eindringen in den Wahnsinn

Dennoch wird der Hörer durch kleine Ambientpassagen (Husten, Kratzen, Rauschen) immer weiter in den Strudel des langsamen Wahnsinns gezogen. Das langsame und zermürbende "Weiße Wände" ist eine hirnvernichtende Walze.

Starke Songs am Ende

"Landgang", "Trümmer" und "Weltuntergang folgt" sind dann wieder richtig gute Black Metal Songs mit einem Schuss Anspruch und Irrsinn. Das unnötige, weil furchtbar langweilige "Spiegel, Splitter, Schrott" lassen wir hier einmal links liegen.

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Vergleiche und Einflüsse

Fäulnis erinnern in ihren guten Phasen an eine Mischung aus Nocte Obducta (Konzept), typischem Black Metal (Riffs und Sound) und ganz besonders Urfaust (Vocals und Wahnsinn). Dabei gehen sie nicht so schonungslos, räudig und perfekt wie Letztgenannte zu Werke, sind aber auf jeden Fall eine Hörprobe wert.

Vinyl-Erlebnis

Die Vinyl-LP + EP-Version von "Gehirn zwischen Wahn und Sinn" bietet ein besonderes Erlebnis. Das Öffnen der Vinyl, das Booklet und das Klappcover lassen die Erinnerungen an das Fäulniskonzert wieder hochkommen, das für den Rezensenten eines der bisher geilsten Konzerte überhaupt war. Zwei Bonus Songs sind auf der Platte enthalten.

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