Fingerkrämpfe: Ursachen, Behandlung und Vorbeugung

Muskelkrämpfe sind ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Menschen betrifft. Sie können in verschiedenen Muskelgruppen auftreten, einschließlich der Finger, und sind oft schmerzhaft und störend. Obwohl sie in der Regel harmlos sind, können häufige oder schwere Krämpfe die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Glücklicherweise gibt es eine Reihe von Behandlungs- und Vorbeugungsmaßnahmen, die helfen können, Fingerkrämpfe zu lindern oder zu verhindern.

Was sind Muskelkrämpfe?

Muskelkrämpfe sind plötzliche, unwillkürliche und schmerzhafte Kontraktionen eines Muskels oder einer Muskelgruppe. Sie treten auf, wenn sich ein Teil oder der komplette Muskel plötzlich und ohne willentliche Beeinflussung anhaltend zusammenzieht. Der betroffene Muskel verhärtet sich und ist bewegungsunfähig. Die bekannteste Erscheinungsform ist der Wadenkrampf, aber auch Fingerkrämpfe sind möglich.

Pathophysiologisch entstehen Muskelkrämpfe durch hochfrequente Entladungsserien der motorischen Einheiten mit etwa 50 und 150 Hz. Dies konnte während Muskelkrämpfen elektromyografisch nachgewiesen werden und ist Ausdruck einer neurogenen Übererregbarkeit. Zusätzlich scheinen spinale Faktoren wie der Wegfall inhibitorischer Einflüsse an den Vorderhornzellen bedeutsam zu sein.

Ursachen von Fingerkrämpfen

Die Ursachen für Fingerkrämpfe können vielfältig sein. Oftmals ist eine Überbelastung des Muskels der Auslöser. Aber auch Hormone, bestimmte Erkrankungen oder ein Ungleichgewicht des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts können mögliche Ursachen sein.

Einige der häufigsten Ursachen sind:

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  • Überlastung: Eine zu intensive oder einseitige Belastung der Fingermuskulatur, beispielsweise beim Sport, bei handwerklichen Tätigkeiten oder bei der Arbeit am Computer, kann zu Verkrampfungen führen.
  • Dehydration und Elektrolytungleichgewicht: Schwitzen, insbesondere bei körperlicher Anstrengung oder warmem Wetter, kann zu einem Verlust von Flüssigkeit und Elektrolyten wie Natrium, Kalium, Kalzium und Magnesium führen. Diese Elektrolyte sind wichtig für die normale Muskelfunktion, und ein Mangel kann Krämpfe auslösen.
  • Erkrankungen: In einigen Fällen können Fingerkrämpfe ein Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung sein, wie z. B. Schilddrüsenfunktionsstörung, Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen, Polyneuropathie oder neurologische Erkrankungen. Auch Medikamente wie Diuretika, Statine und Beta-2-Sympathomimetika können Muskelkrämpfe begünstigen.
  • Hormonelle Veränderungen: Hormonelle Veränderungen, wie sie beispielsweise während der Schwangerschaft auftreten, können ebenfalls zu Muskelkrämpfen führen. Bei einer Unterfunktion der Nebenschilddrüse kann ein Calciummangel entstehen, der Muskelkrämpfe verursacht.
  • Durchblutungsstörungen: Eine Durchblutungsstörung des Arms kann dazu führen, dass weniger Blut und Sauerstoff in den Arm gelangt, was Krämpfe verursachen kann.

Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Vitamin-D-Mangel
  • Alkoholmissbrauch
  • Autoimmunerkrankungen
  • Infektionskrankheiten
  • Krebserkrankungen

Es ist wichtig zu beachten, dass in vielen Fällen die genaue Ursache von Muskelkrämpfen nicht identifiziert werden kann.

Symptome von Fingerkrämpfen

Die Symptome von Fingerkrämpfen sind in der Regel eindeutig und umfassen:

  • Plötzliche, unwillkürliche und schmerzhafte Kontraktion der Fingermuskeln
  • Verhärtung der betroffenen Muskeln
  • Bewegungsunfähigkeit der Finger
  • Kribbeln oder Taubheitsgefühl in den Fingern
  • In manchen Fällen Zuckungen der Muskelfasern

Die Krämpfe können nur wenige Sekunden oder bis zu mehreren Minuten dauern. Nach dem Krampf kann ein Schmerz noch persistieren. Häufig kommt es zu Schlafstörungen.

Diagnose von Fingerkrämpfen

Die Diagnose von Fingerkrämpfen basiert in erster Linie auf der Anamnese und der körperlichen Untersuchung. Der Arzt wird nach der Häufigkeit, Dauer, Intensität und Lokalisation der Krämpfe fragen, sowie nach möglichen Auslösern und Begleitsymptomen. Es ist wichtig, eine vollständige Medikamentenanamnese zu erheben, da zahlreiche Medikamente das Auftreten von Muskelkrämpfen begünstigen können.

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In einigen Fällen können weitere Untersuchungen erforderlich sein, um die Ursache der Krämpfe zu ermitteln. Dazu gehören:

  • Blutuntersuchungen: zur Überprüfung der Elektrolyte, der Nieren- und Leberfunktion, der Schilddrüsenwerte und des Vitamin-D-Spiegels
  • Neurologische Untersuchung: zur Beurteilung der Nervenfunktion und zum Ausschluss neurologischer Erkrankungen
  • Elektromyographie (EMG): zur Messung der elektrischen Aktivität der Muskeln und Nerven

Behandlung von Fingerkrämpfen

Die Behandlung von Fingerkrämpfen zielt darauf ab, die Krämpfe zu lindern und ihre Häufigkeit zu reduzieren. Die Behandlung kann sowohl nichtmedikamentöse als auch medikamentöse Maßnahmen umfassen.

Nichtmedikamentöse Behandlung

Nichtmedikamentöse Therapien werden sowohl in der Prävention als auch in der Akuttherapie angewandt.

  • Dehnübungen: Regelmäßige Dehnübungen der Fingermuskulatur können helfen, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Muskelkrämpfen zu reduzieren. Die Übungen sollten mehrmals am Tag für circa 30 Sekunden durchgeführt werden, 3-mal wiederholt mit Pausen von wenigen Sekunden zwischen den Durchgängen.
  • Massage: Eine sanfte Massage der betroffenen Muskeln kann helfen, die Muskeln zu entspannen und die Durchblutung zu fördern.
  • Wärme: Wärme, z. B. in Form von warmen Bädern oder einer Wärmflasche, kann ebenfalls helfen, die Muskeln zu entspannen.
  • Kälte: In einigen Fällen können auch Kälteanwendungen, wie z. B. kalte Güsse, helfen, die Durchblutung anzukurbeln und die Krämpfe zu lindern.
  • Flüssigkeitszufuhr: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, um Dehydration und Elektrolytungleichgewicht vorzubeugen. Trinken Sie mindestens 1,5 Liter Wasser pro Tag, besonders bei körperlicher Anstrengung oder warmem Wetter.
  • Ergonomische Anpassungen: Bei Krämpfen, die durch die Arbeit am Computer verursacht werden, können ergonomische Anpassungen des Arbeitsplatzes helfen, die Belastung der Hände und Finger zu reduzieren. Dazu gehören ein höhenverstellbarer Computertisch, ein Mauspad mit integrierter Handgelenkstütze und eine ergonomische Tastatur.
  • Akutbehandlung: In der Akutbehandlung kann der Muskelkrampf durch Anspannung der antagonistischen Muskulatur über die einsetzende reziproke antagonistische Hemmung beendet werden. Eine kräftige Dehnung des betroffenen Muskels kann ebenfalls zur Unterbrechung des Krampfes führen (sogenannte autogene Hemmung durch Golgi-Sehnenrezeptoren). Der betroffene verkrampfte Muskel kann z. B. durch leichtes Schütteln der Hand oder des Unterarms gelockert werden.

Medikamentöse Behandlung

Die medikamentöse Behandlung von Muskelkrämpfen beruht im Wesentlichen auf der Therapie mit Chinin. Gemäß der neurologischen Leitlinie sollte zunächst ein Versuch mit der Gabe von Magnesium aufgrund des günstigen Nebenwirkungsprofils durchgeführt werden - auch wenn die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist.

  • Magnesium: Magnesium ist ein wichtiger Mineralstoff für die Muskelfunktion. Ein Magnesiummangel kann Krämpfe begünstigen. Die empfohlene Tageszufuhr für Magnesium liegt bei 300-400 mg pro Tag. Es gibt zahlreiche Hersteller von Magnesiumpräparaten, häufig liegen deren Dosierungen ebenfalls bei 300 oder 400 mg pro Tablette/Kapsel. Es sind auch deutlich höher dosierte Präparate erhältlich. Im Zusammenhang mit der Einnahme von Magnesium kann es zu Durchfällen kommen. Insbesondere bei einer bestehenden Niereninsuffizienz muss die Gefahr einer Hypermagnesiämie beachtet werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt eine Tageshöchstdosis von 250 mg, da Magnesium zusätzlich über die Nahrung aufgenommen wird und insofern eine Überdosierung möglich sein kann. Der Nutzen von Magnesium in der Vorbeugung von Muskelkrämpfen scheint insgesamt jedoch sehr begrenzt zu sein. Die meisten Betroffenen haben Magnesium bereits versucht, bevor sie einen Arzt aufgrund ihrer Beschwerden aufsuchen.
  • Chinin: Die Gabe von Chinin zur vorbeugenden Behandlung von schmerzhaften Muskelkrämpfen ist etabliert und durch Studien belegt. Insofern wird diese Therapie auch in der aktuellen neurologischen Leitlinie empfohlen. Chininsulfat kann zur Prophylaxe von Muskelkrämpfen verordnet werden, da es zu Veränderungen im Bereich der neuromuskulären Übertragung führt. Es verlängert die Refraktärzeit durch direkte Wirkung auf die Muskelfaser. Es vermindert die Erregbarkeit an der motorischen Endplatte, eine Wirkung ähnlich der von Curare. Außerdem beeinflusst es die Verteilung von Kalzium in der Muskelfaser. Über diese Mechanismen wird die Schwelle für eine Reaktion des Muskels auf einen einzelnen maximalen Reiz erhöht. Die Bereitschaft zu einer tetanischen Kontraktion nimmt ab. Die Behandlung mit Chininsulfat beginnt mit 200 mg nach dem Abendessen. Der Behandlungserfolg kann etwa nach 4 Wochen beurteilt werden. Bei Bedarf kann die Dosis auf 400 mg gesteigert werden. Insbesondere zu Beginn der Therapie sollten die Betroffenen die Häufigkeit und die Intensität der Muskelkrämpfe dokumentieren, um die Wirksamkeit besser abschätzen zu können. Zahlreiche Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit Chininsulfat beschrieben wurden wie beispielsweise eine Schädigung des Nervus vestibulocochleares oder des Nervus opticus, sind auf hohe Plasmakonzentrationen zurückzuführen. Derartig hohe Plasmakonzentrationen werden in der Prophylaxe von Muskelkrämpfen nicht erreicht, da hierfür maximal 400 mg täglich gegeben werden. Dabei sind Plasmakonzentrationen deutlich unter 7 μg/ml zu erwarten. Chininsulfat darf nicht in der Schwangerschaft und der Stillzeit angewendet werden. Es ist bei Bradykardien und Herzrhythmusstörungen kontraindiziert, da es zu einer Verlängerung der QT-Zeit kommen kann. Auch sollten regelmäßige Kontrollen der Elektrolyte bei gleichzeitiger Anwendung von Diuretika oder Laxantien erfolgen. Patienten mit vorbestehendem QTc-Intervall > 500 ms sollten nicht mit Chininsulfat behandelt werden. In sehr seltenen Fällen kann sich unter der Behandlung mit Chininsulfat eine thrombozytopenische Purpura entwickeln.
  • Weitere Medikamente: In einigen Fällen können auch andere Medikamente zur Behandlung von Muskelkrämpfen eingesetzt werden, z. B. Antiepileptika oder Medikamente zur Behandlung neuropathischer Schmerzen.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Treten bei Ihnen Krämpfe immer wieder auf und sind diese auch mit Hausmitteln und Bewegung nicht in den Griff zu bekommen, sollten Sie eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Diese können weiterführende Untersuchungen durchführen und möglichen Ursachen der Muskelkrämpfe auf den Grund gehen. Nur so erhalten Sie eine effektive Behandlung zur Beseitigung oder Linderung Ihrer Beschwerden.

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Auch kann Ihre behandelnde Ärztin oder Ihr behandelnder Arzt Sie zur weiterführenden Diagnostik an Fachärztinnen oder Fachärzte überweisen (z. B. der Fachgebiete Orthopädie, Angiologie, Neurologie). Eine neurologische Abklärung sollte erfolgen, sofern sich Hinweise für eine Schädigung des ersten Motorneurons ergeben. Gesteigerte Reflexe, verbreiterte Reflexzonen, Pyramidenbahnzeichen, Muskeltonuserhöhung und spastische Paresen in der Untersuchung sind Hinweise für eine derartige Erkrankung. Auch bei Hinweisen für eine Schädigung des 2. Motoneurons sollte eine neurologische Mitbeurteilung erfolgen. Klinisch imponiert dies durch schlaffe Paresen, Muskelatrophie und Reflexausfälle. Erkrankungen des 2. Motorneurons wie Polyneuropathien oder Radikulopathien können zu Muskelkrämpfen führen.

Vorbeugung von Fingerkrämpfen

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die Sie ergreifen können, um Fingerkrämpfen vorzubeugen:

  • Regelmäßige Dehnübungen: Regelmäßiges Dehnen der Fingermuskulatur kann helfen, die Muskeln flexibel zu halten und Krämpfen vorzubeugen.
  • Ausreichend trinken: Achten Sie darauf, genügend Flüssigkeit zu trinken, um Dehydration vorzubeugen.
  • Elektrolythaushalt ausgleichen: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Elektrolyten wie Natrium, Kalium, Kalzium und Magnesium.
  • Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Achten Sie auf eine ergonomische Gestaltung Ihres Arbeitsplatzes, um die Belastung der Hände und Finger zu reduzieren.
  • Regelmäßige Pausen: Machen Sie regelmäßige Pausen bei Tätigkeiten, die die Hände und Finger stark beanspruchen.
  • Vermeiden Sie Überlastung: Vermeiden Sie eine Überlastung der Fingermuskulatur und steigern Sie die Belastung langsam und allmählich.
  • Behandeln Sie Grunderkrankungen: Lassen Sie Grunderkrankungen, die Muskelkrämpfe verursachen können, behandeln.
  • Überprüfen Sie Ihre Medikamente: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre Medikamente, um festzustellen, ob diese Muskelkrämpfe verursachen können.

Zusammenfassung

Fingerkrämpfe sind ein häufiges Problem, das viele Ursachen haben kann. In den meisten Fällen sind sie harmlos und können mit einfachen Maßnahmen wie Dehnübungen, Massage, Wärme und ausreichender Flüssigkeitszufuhr behandelt werden. In einigen Fällen können jedoch auch Grunderkrankungen oder Medikamente eine Rolle spielen. Wenn Sie häufige oder schwere Fingerkrämpfe haben, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um die Ursache abzuklären und eine geeignete Behandlung zu erhalten.

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