Der fokussierte Ultraschall stellt eine vielversprechende, nicht-invasive Behandlungsmöglichkeit für Patienten mit essentiellem Tremor oder Tremor im Rahmen von Morbus Parkinson dar. Diese Methode ermöglicht die gezielte Behandlung von Hirnarealen, die für die Entstehung der Symptome verantwortlich sind - ohne chirurgischen Eingriff.
Was ist fokussierter Ultraschall?
Fokussierter Ultraschall kombiniert die Anwendung von Ultraschall mit der Magnetresonanztomographie (MRT). Bei diesem Verfahren werden Ultraschallwellen auf einen kleinen Punkt im Gehirn fokussiert, der für das unkontrollierte Zittern verantwortlich ist.
Die zu behandelnde Person liegt während der Behandlung in einem MRT. Auf dem Kopf wird ein Helm mit über 1.000 kleinen Ultraschallsendern angebracht, der die Kopfhaut kühlt. Das Ärzteteam erstellt im MRT eine dreidimensionale Karte des betroffenen Hirnbereichs, der nur etwa zwei Millimeter groß ist. Anschließend wird der fokussierte Ultraschall auf diese Stelle gerichtet. Zunächst wird mit einer reduzierten Temperatur von 50 Grad Celsius der Effekt des fokussierten Ultraschalls geprüft. Ist der exakte Punkt gefunden, werden die betroffenen Nervenzellen bei 57 bis 60 Grad Celsius mit den gebündelten Schallwellen ausgeschaltet. Dieser Vorgang kann in mehreren Intervallen stattfinden.
Wie wirkt die Behandlung?
Beim Parkinson-Tremor schaltet der gebündelte Ultraschall beschädigte Gehirnzellen aus, die das Zittern verursachen. Dazu wird der Schall in den Subthalamus geleitet, einem Teil des Gehirns, der vor allem die Grobmotorik steuert.
Ablauf der Behandlung
- Vorbereitung: Der Kopf der behandelten Person wird kahl rasiert und die Haut lokal betäubt.
- Ultraschallsender anbringen: Rund um den Kopf werden über 1.000 kleine Ultraschallsender mit einer Art Helm verteilt.
- Betroffene Stelle finden: Im MRT erstellen die Behandelnden eine dreidimensionale Karte des betroffenen Bereichs im Subthalamus.
- Erfolg testen: Mit einer Temperatur unter 50 Grad Celsius wird die genaue Stelle gesucht, ohne Nervenzellen zu zerstören. Die Erkrankten berichten, ob das Zittern wie gewünscht abnimmt.
- Mit Hitze behandeln: Bei 57 bis 60 Grad Celsius werden die betroffenen Nervenzellen mit den gebündelten Schallwellen zerstört. Das findet in mehreren Intervallen statt, währenddessen das MRT laufend Bilder zur Kontrolle erzeugt.
Wie schnell wirkt die Behandlung?
In den meisten Fällen verbessert sich das Zittern unmittelbar nach dem Eingriff. Der positive Effekt verstärkt sich zudem innerhalb der ersten Stunden nach der Behandlung. Die Behandelten können das Krankenhaus in der Regel nach zwei bis drei Tagen wieder verlassen. Zunächst wird nur der Tremor auf einer Körperseite behandelt, die andere Seite kann einige Monate später folgen. Eine Kontrolle ist meist nach jeweils sechs Monaten sinnvoll.
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Fokussierter Ultraschall bei essentiellem Tremor
Ein starkes, unkontrolliertes Zittern der Hände (Tremor) schränkt viele Patienten mit essentiellem Tremor erheblich in ihrer Lebensqualität ein. Der fokussierte Ultraschall wird routinemäßig einseitig angewendet, so dass der Tremor auf einer Körperseite stark reduziert werden kann. Durch das geringe Risiko des Eingriffs können die Patient*innen in der Regel bereits nach wenigen Tagen mit erheblicher Verbesserung ihrer Symptome entlassen werden.
Studienergebnisse und Wirksamkeit
Eine Studie, die Ende 2020 im angesehenen „The New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass der fokussierte Ultraschall Parkinson-Symptome wirkungsvoll lindern kann. An der Studie nahmen 40 Personen teil, von denen 27 die Ultraschall-Therapie erhielten und 13 ein Scheinverfahren als Kontrolle. Nach vier Monaten waren Überbeweglichkeiten, Sprechstörungen und eine Schwäche der behandelten Körperseite deutlich zurückgebildet.
Fokussierter Ultraschall im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden
Neben Medikamenten und einem „Hirnschrittmacher“ (Tiefe Hirnstimulation) kann fokussierter Ultraschall das Zittern bei Parkinson deutlich verringern. Gegen den Tremor und andere Parkinson-Symptome wirken Medikamente zum Teil sehr gut. Bei schweren Verläufen kann Betroffenen ein Hirnschrittmacher helfen, bei dem hauchdünne Elektroden in bestimmte Steuerzentren des Gehirns implantiert werden. Die Tiefe Hirnstimulation ist besonders sinnvoll, wenn Parkinson-Erkrankte neben dem Tremor noch andere starke motorische Symptome haben.
Tiefe Hirnstimulation
Die tiefe Hirnstimulation ist nur eine von mehreren Optionen bei fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung. Ein Wechsel oder eine Kombination der Therapieformen kann die Wirksamkeit der Therapie wiederherstellen. Tiefe Hirnstimulation, fokussierter Ultraschall sowie intestinale oder subkutane Pumpentherapien werden bei fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung gelegentlich kombiniert oder sequenziell angewendet.
Daten zu der Effektivität eines solchen Behandlungswechsels wurden auf der DGN-Jahrestagung 2024 vorgestellt. Die Arbeitsgruppe recherchierte für ihre Metaanalyse 19 großteils retrospektive Fallsammlungen, in denen 305 Patientenfälle mit fortgeschrittenen Therapiekombinationen beschrieben wurden. Es zeigte sich, dass die häufigsten Therapiekombinationen die Hinzunahme von LCIG zu THS und der Ersatz von CSAI durch THS waren. Therapieinsuffizienz sowie Nebenwirkungen unter der 1. fortgeschrittenen Therapie waren die wichtigsten Gründe für einen Therapiewechsel.
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Aktuelle Situation in Deutschland
Noch ist fokussierter Ultraschall bei Parkinson-Tremor eine experimentelle Therapie. Die Krankenkassen dürfen die Kosten für die Behandlung nicht vollständig übernehmen, sondern erstatten nur einen Basissatz für sogenannte stereotaktische Eingriffe. Grund dafür ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bei der Ultraschall-Methode keinen Zusatznutzen gegenüber anderen bestehenden Behandlungsverfahren wie der Tiefen Hirnstimulation sieht.
Am Universitätsklinikum Freiburg gibt es gegen den Essentiellen Tremor eine neue, schonende Behandlungsoption: Erstmals in Süddeutschland ist hier eine Therapie möglich, die gezielt ins Gehirn eingreift - ohne Operation, ohne den Kopf zu eröffnen, ohne Schnitt, ohne Implantat.
Vorteile der HiFUS-Therapie am Universitätsklinikum Freiburg
- Präzise Behandlung ohne Schnitt: Die schmerzfreie HiFUS-Behandlung erfolgt vollständig ohne Schnitte oder Implantate.
- Kontinuierliche Überwachung: Patient*innen liegen während des Eingriffs in einem Magnetresonanztomografen (MRT), mit dem die Behandlung in Echtzeit überwacht wird.
- Gezielte Deaktivierung von Nervenzellen: Durch die entstehende Wärme werden die überaktiven Nervenzellen gezielt deaktiviert, ohne umliegendes Gewebe zu schädigen.
- Direkte Rückmeldung: Die Patient*innen sind während der gesamten HiFUS-Behandlung wach und erleben die Wirkung auf ihren Tremor direkt mit.
- Schnelle und anhaltende Erholung: Die neue HiFUS-Therapie überzeugt durch eine kurze Erholungszeit und ein geringes Risiko für Komplikationen.
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