Demenzerkrankungen stellen eine der größten Herausforderungen im Bereich der neuropsychiatrischen Erkrankungen im höheren Alter dar. In Deutschland sind derzeit schätzungsweise 1,6 Millionen Menschen betroffen, wobei ein Anstieg auf fast 3 Millionen bis zum Jahr 2050 prognostiziert wird. Diese Erkrankungen führen zu einem fortschreitenden Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit, der sich in Orientierungslosigkeit, beeinträchtigter Urteilsfähigkeit, Sprach- und Rechenschwierigkeiten sowie Veränderungen der Persönlichkeit äußert.
Demenzformen und ihre Ursachen
Es gibt verschiedene Formen von Demenz, wobei die Alzheimer-Demenz mit einem Anteil von etwa 60 bis 65 Prozent die häufigste irreversible Form darstellt. Vaskuläre Demenzen folgen mit etwa 20 bis 30 Prozent, während in etwa 15 Prozent der Fälle eine Kombination beider Demenzformen vorliegt.
Alzheimer-Demenz
Die Alzheimer-Demenz ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, bei der Nervenzellen irreversibel zerstört werden. Dieser Prozess verläuft individuell unterschiedlich, lässt sich aber grundsätzlich in drei Stadien einteilen, die fließend ineinander übergehen. Charakteristisch ist ein schleichender, kaum merklicher Beginn.
Veränderungen im Gehirn bei Alzheimer-Demenz:
- Absterben von Nervenzellen und Zerstörung ihrer Verbindungen
- Eiweißablagerungen im Gehirn (Plaques bzw. Fibrillen)
- Verminderung des Botenstoffs Acetylcholin, der für das Gedächtnis wichtig ist
Obwohl diese Veränderungen bekannt sind, geben sie noch keine vollständige Auskunft darüber, warum die Demenz entsteht. Genetische Faktoren spielen nur in weniger als zwei Prozent der Fälle eine alleinige Rolle. Das Risiko für Demenzerkrankungen steigt mit zunehmendem Alter. Studien deuten darauf hin, dass neben nicht veränderbaren Faktoren wie Alter, Geschlecht und Genetik auch Verhaltensweisen und Lebensumstände das Erkrankungsrisiko beeinflussen.
Risikofaktoren und Prävention:
- Risiko senken: Körperliche Aktivität, ausgewogene Ernährung, geistige Aktivität und soziale Teilhabe
- Erhöhtes Risiko: Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Diabetes, schwere Kopfverletzungen, Infektionen, Depression, chronischer Stress, Hör- oder Sehminderung, erhöhte Cholesterinwerte
Vaskuläre Demenz
Bei gefäßbedingten Demenzen kommt es infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zum Absterben von Nervengewebe. Eine besondere Form ist die Multiinfarktdemenz, bei der wiederholte kleine Durchblutungsstörungen zum Absterben von Hirnzellen führen. Die Symptome ähneln denen der Alzheimer-Demenz, oft treten jedoch auch körperliche Beschwerden wie Taubheitsgefühle, Lähmungserscheinungen oder andere neurologische Auffälligkeiten auf.
Lesen Sie auch: Risiken von Hirnaneurysma-Operationen
Frontotemporale Demenz (FTD)
Die frontotemporale Demenz (FTD), auch als Pick-Krankheit bekannt, ist eine eher seltene neurodegenerative Erkrankung, die vor allem den Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns betrifft. Dies führt zu Veränderungen der Persönlichkeit und des sozialen Verhaltens, während das Erinnerungsvermögen weniger beeinträchtigt ist. Die FTD tritt oft bei jüngeren Menschen zwischen 45 und 60 Jahren auf.
Lewy-Körper-Demenz
Die Lewy-Körper-Demenz ist ebenfalls eine neurodegenerative Erkrankung, die durch sogenannte Lewy-Körperchen in der Hirnrinde verursacht wird. Typische Symptome sind optische Sinnestäuschungen (Halluzinationen) und motorische Störungen. Ein rascher Wechsel von Wachheit zu Müdigkeit im Tagesverlauf kommt häufig vor.
Gemischte Demenz
Eine gemischte Demenz ist eine Kombination aus Alzheimer-Demenz und vaskulärer Demenz.
Stadien der Demenz
Jede Demenzerkrankung verläuft individuell und unterschiedlich schnell. Die Einteilung in Demenzstadien dient lediglich der Übersicht über Phasen, die im Verlauf der Krankheit zu erwarten sind.
Frühphase
In der Frühphase treten erste Symptome auf, die noch keine dramatischen Auswirkungen haben. Betroffene sind weitgehend selbstständig und können oft noch allein leben. Es ist wichtig, dass sie weiterhin am sozialen Leben teilnehmen und aktiv bleiben.
Lesen Sie auch: Hirnbestrahlung: Was Sie wissen müssen
Mittelschwere Demenz
In diesem Stadium sind die Symptome deutlich ausgeprägt und kaum mehr zu übersehen. Die räumliche und zeitliche Orientierung bereitet erhebliche Schwierigkeiten. Wesensveränderungen können stark ausgeprägt sein, und die Sprach- und Bewegungsfähigkeit sind spürbar eingeschränkt.
Schwere Demenz
Bei einer schweren Demenz führen die starken Symptome dazu, dass die Person auf intensive Betreuung und Pflege angewiesen ist. Betroffene können weitgehend bettlägerig werden, und selbst engste Vertraute werden kaum mehr erkannt.
Endstadium
Im Endstadium sind die Erkrankten vollständig auf Pflege angewiesen. Es kommt zum Verlust der Sprache, völliger Orientierungslosigkeit und Inkontinenz. Schluckstörungen erschweren die Nahrungsaufnahme, und das Immunsystem ist geschwächt, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen führt.
Symptome und Beschwerden am Lebensende
In den letzten Wochen, Tagen und Stunden können für Menschen mit fortgeschrittener Demenz belastende Beschwerden auftreten. Diese können jedoch meist gemildert oder vorbeugend verhindert werden.
Schmerzen
Schmerzen treten häufig auf und werden oft nicht erkannt oder ausreichend behandelt. Ursachen können Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Zahnschmerzen, Harnblasenentzündungen oder Verstopfung sein. Veränderungen im Verhalten können Hinweise auf Schmerzen sein. Zur Behandlung können Schmerzmittel und nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Ergotherapie oder Physiotherapie eingesetzt werden.
Lesen Sie auch: Behinderungsgrad nach Schlaganfall: Ein Überblick
Infekte
Das Immunsystem von Menschen mit Demenz ist oft geschwächt, was zu wiederholten Infekten führen kann. Häufig sind es Lungenentzündungen, die mit Luftnot einhergehen können. Auch Harnwegsinfekte kommen häufig vor und können starke Schmerzen auslösen.
Luftnot
Luftnot kann sehr belastend und ängstigend sein. Ursachen können Lungeninfektionen, Blutarmut oder andere Erkrankungen sein. Die Behandlung der Ursache ist nicht immer möglich, aber die Schwere der Luftnot kann meist gemildert werden. Maßnahmen umfassen Sauerstofftherapie, kühle Luftzüge, aufrechte Körperposition und in manchen Fällen niedrig dosiertes Morphin.
Unruhe und Angst
Besonders am Lebensende kann sich eine starke Unruhe entwickeln, die sich durch körperliche Unruhe und wiederkehrende Bewegungen äußern kann. Angst kann ebenfalls Unruhe auslösen. Engmaschige Begleitung durch vertraute Personen, Berührungen, Massagen oder Musik können beruhigend wirken. Medikamente sollten erst in Betracht gezogen werden, wenn nicht-medikamentöse Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Akute Verwirrtheit
Neben den Zeichen der Demenz kann es zu einer akuten Verwirrtheit kommen, die meist plötzlich entsteht und wieder abklingt. Schmerzen können die Ursache sein. Wenn körperliche Ursachen ausgeschlossen wurden und eine enge Begleitung nicht zur Linderung führt, können Medikamente zur Linderung der Unruhe verordnet werden.
Sterbeorte und Todesursachen
Die meisten Menschen mit Demenz werden zu Hause von Angehörigen betreut und wünschen sich, auch dort zu sterben. Mit Fortschreiten der Erkrankung wird jedoch häufiger eine Pflegeeinrichtung das neue Zuhause. Überwiegend versterben Menschen mit fortgeschrittener Demenz an den Folgen oder Komplikationen der Demenz, insbesondere an Lungenentzündung.
Letzte Lebensphase und Sterbephase
In den letzten Lebensmonaten kommt es meist zu einer starken Verschlechterung des Zustandes und zunehmenden Einschränkungen. Häufige Infekte schwächen die Betroffenen weiter. Schwierigkeiten beim Schlucken können zunehmen, und das Interesse an Essen und Trinken nimmt ab. Die Betroffenen wirken körperlich schwächer und sind weniger mobil.
In der Sterbephase können Veränderungen des Bewusstseins, erhöhter Herzschlag, sinkender Blutdruck, blasse Hautfarbe und veränderte Atmung auftreten. Eine Rasselatmung kann entstehen, wenn sich Speichel und Sekret im Rachen ansammeln.
Nach dem Tod und Trauerphase
Nach dem Tod muss eine Ärztin oder ein Arzt den Tod bestätigen und den Totenschein ausfüllen. Die Angehörigen haben Zeit, sich zu verabschieden. Der Raum kann entsprechend den Wünschen der Angehörigen gestaltet werden. Nach der Verabschiedung wird die oder der Verstorbene an ein Bestattungsinstitut übergeben.
Der Tod eines nahestehenden Menschen ist mit tiefen Emotionen verbunden. Hinterbliebene müssen nicht allein mit ihrer Trauer bleiben, und es gibt verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung, wie Hospizdienste und Trauerbegleitung.
Diagnostik und Behandlung
Eine frühe Diagnose von Demenz erleichtert den Umgang mit der Krankheit und bietet größere Chancen, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten oder zu verlangsamen. Die Diagnostik umfasst das Patientengespräch (Anamnese), die körperliche Untersuchung, Demenz-Tests, bildgebende Verfahren und Nervenwasserentnahme.
Obwohl viele Demenzformen bis heute nicht heilbar sind, ist die Behandlung wichtig, um die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. Je nach Demenzform, Stadium und individuellem Gesundheitszustand kommen unterschiedliche Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien in Frage.
Umgang mit Demenz
Der Umgang mit Menschen mit Demenz erfordert einen würdevollen und wertschätzenden Ansatz. Es ist wichtig, sich auf die Lebenserfahrung der Person zu beziehen und diese wertzuschätzen. Eine demenzgerechte Raumgestaltung kann helfen, Barrieren abzubauen und Orientierung zu schaffen.
Gesellschaftliche Aspekte
Akzeptanz, Verständnis und Unterstützung durch das Umfeld sind wichtige Faktoren, damit Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen möglichst gut mit der Erkrankung leben können. Gesellschaftliche Aufklärung und Sensibilisierung für die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz sind daher von großer Bedeutung.
Prävention und Risikofaktoren
Es gibt verschiedene Risikofaktoren für Demenz, die beeinflussbar sind. Dazu gehören Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Schwerhörigkeit, Luftverschmutzung, geringe Bildung und soziale Isolation. Durch medizinische Vorsorge und gesunde Lebensgewohnheiten können diese Risiken reduziert und Demenzerkrankungen vermieden oder hinausgezögert werden.
Wichtige Präventionsmaßnahmen:
- Regelmäßige körperliche Aktivität
- Ausgewogene Ernährung
- Geistige Anregung
- Soziale Kontakte
- Vermeidung von Übergewicht, Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum
- Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes und erhöhten Cholesterinwerten
- Schutz vor schweren Kopfverletzungen
- Vermeidung von chronischem Stress und Depression