Frau Mauerhoff: Einblick in die Welt der Demenz

Einführung

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Demenz ist in unserer alternden Gesellschaft von großer Bedeutung. Der Dokumentarfilm "Der Tag, der in der Handtasche verschwand" von Marion Kainz bietet einen bewegenden Einblick in das Leben von Menschen mit Demenz. Anhand der Protagonistin Frau Mauerhoff werden die Erlebenswelt, Gefühle und Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz beleuchtet.

Der Dokumentarfilm "Der Tag, der in der Handtasche verschwand"

Der Film "Der Tag, der in der Handtasche verschwand", gedreht im Jahr 2000 und mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet, zeigt ein eindrucksvolles Portrait der an Alzheimer erkrankten Frau Eva Mauerhoff. Die Kamera begleitet Frau Mauerhoff in ihrem Alltag in einem Pflegeheim in Duisburg. Der Zuschauer erlebt mit, wie sie sich bruchstückhaft an das Vergangene zu erinnern versucht und wie ihr Gedächtnis sie immer öfter im Stich lässt. Regisseurin Marion Kainz verzichtet bewusst auf Kommentare, Effekte und Musik, um ein unverfälschtes Bild des Lebens im Pflegeheim zu vermitteln. Durch ihre charismatische Persönlichkeit und ihre poetische Sprache kann Frau Mauerhoff die beunruhigende Welt, in der sie lebt, sehr nachvollziehbar schildern. Frau Mauerhoff starb sieben Jahre nach dem Film am 21. März 2006.

Demenz: Eine Herausforderung für Betroffene und Angehörige

Demenz steht für eine Vielzahl von Erkrankungen, die mit dem Verlust der Intelligenz einhergehen. Die bekannteste Form ist die Alzheimer-Demenz, an der in Deutschland etwa 700.000 Menschen leiden. Momentan sind ca. 1,2 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz erkrankt. Die steigende Überalterung der Bevölkerung führt natürlich auch zu mehr Erkrankungen mit Demenz. Bis zum Jahr 2040 werden es wohl zwei bis drei Millionen Demenzkranke sein. Bei der Alzheimer-Demenz kann das Gehirn neue Eindrücke und bereits gespeicherte Erfahrungen nicht mehr sinnvoll verknüpfen. Betroffene vergessen bereits Erlerntes und können alltägliche Aufgaben nicht mehr allein bewältigen.

Die innere Welt von Menschen mit Demenz

Aufgrund ihres Krankheitsbildes ziehen sich dementiell veränderte Menschen in ihr Inneres zurück. Sie tun dies, weil sie mit ihrem aktuellen Leben nicht mehr zurecht kommen, weil die äußere Realität sie überfordert. Die erlittenen hirnorganische Verluste können sie nicht ausgleichen; vom Verstand her können sie ihr Leben nicht mehr bewältigen. So leben sie oftmals in Szenen der Vergangenheit, die filmartig vor ihrem inneren Auge ablaufen. Das, was sie aktuell erleben und fühlen, verschlüsseln sie in ihr vergangenes Leben hinein. Dort kennen sie sich noch einigermaßen aus. Sie kombinieren aktuelle Gefühle und alte Erlebnisse, die ihnen im Langzeitgedächtnis zur Verfügung stehen. Zugang zu dieser Erlebniswelt bekommen wir nur über ein einfühlendes Nachspüren (Empathie) und die Kenntnis jener Lebensbilder, die die Demenzerkrankten bevorzugt aufsuchen, in denen sie meinen, noch leben zu können oder in denen sie vielleicht sogar leben müssen. In der täglichen Kommunikation ist die Biografiekenntnis ein hervorragender Ansatzpunkt für ein Gespräch. Eine angemessene und gute Betreuung ist nur dann möglich, wenn wir ihre innere Welt, ihre Wahrnehmungen, ihr Erleben und ihre Denkvorgänge verstehen. Deshalb ist es wichtig zu wissen, dass eine demenzerkrankte Person im Anfangsstadium ihre Defizite voll wahrnimmt. Sie merkt, dass sie neue Informationen leicht vergisst, dass sie oft Gegenstände verlegt und nicht mehr finden kann, dass ihr Namen von Bekannten nicht mehr einfallen und sie Verabredungen mit ihnen vergisst. All dies löst Gefühle der Angst aus, Angst davor, die Kontolle über das eigene Leben zu verlieren: „Wie soll das bloß weitergehen? Wer kümmert sich um mich und meine Angelegenheiten, wenn ich das immer weniger selbst tun kann?“ Diese und ähnliche Fragen bewegen einen demenzerkrankten Menschen im Anfangsstadium der Erkrankung. Im weiteren Verlauf der Erkrankung wird die Realität für den Betroffenen zunehmend unverständlich und unerklärbar. Situationen und Informationen können nicht mehr in einen größeren Kontext eingeordnet werden. Aus dieser Befindlichkeit heraus entsteht beim demenzerkrankten Menschen das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit. Es ist z.B. häufig zu beobachten, dass sie in einer solchen Situation der Bezugsperson permanent folgen oder immer wieder dieselben Fragen stellen. Der niederländische Autor Bernleff hat in seinem Buch „Hirngespinste“ das Erleben eines Demenzerkrankten zu beschreiben versucht. Demnach besteht die Welt eines demenzerkrankten alten Menschen nur noch aus flüchtigen und beziehungslosen Situationen, die nicht mehr abgespeichert und daher auch nicht mehr reflektiert werden können. Ähnlich ist es in dem Film von Marion Kainz „Der Tag, der in der Handtasche verschwand“. Der Film zeigt, wie die an Demenz erkrankte Frau Mauerhoff die Welt um sie herum wahrnimmt. Es ist aus. Ich weiß nicht mehr weiter. vor mir. Demenzerkrankte Menschen sind bereits im fortgeschrittenen Anfangsstadium nicht mehr in der Lage, dasjenige, was sie sehen und erleben, abzuspeichern, d.h. sie leben ohne Erinnerung an jüngst Vergangenes. Während das Kurzzeitgedächtnis mehr oder weniger stark angegriffen ist, können Langzeitgedächtnisinhalte jedoch noch lange Zeit recht gut abgerufen werden.

Personenzentrierte Pflege und Biografiearbeit

Ein würdevoller Umgang mit Menschen mit Demenz erfordert, ihr Anderssein und ihre Wirklichkeit zu akzeptieren. Eine personenzentrierte Pflege basiert auf einem verstehenden Umgang und einer Haltung, die die individuellen Bedürfnisse und die Lebensgeschichte des Betroffenen berücksichtigt. Biografiearbeit kann dabei helfen, die innere Welt des Menschen mit Demenz besser zu verstehen und eine Brücke zu seiner Vergangenheit zu bauen.

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Allerdings kann Biografiearbeit auch falsch betrieben werden. Einige Irrtümer, die es zu vermeiden gilt, sind:

  • Wir haben ein Recht darauf, alles zu wissen! In der Pflege ist es wichtig, die Privatsphäre des Betroffenen zu respektieren und nur so viel über sein Leben zu erfahren, wie er selbst erzählen möchte.
  • Wir müssen so schnell wie möglich Biografiedaten erheben, damit wir effektiv planen können! Vertrauen braucht Zeit. Es ist fairer, dem Betroffenen Zeit zu geben, sich einzugewöhnen, bevor man ihn mit Fragen zu seinem Leben konfrontiert.
  • Alles "von Früher" ist heute noch wichtig! Nicht alles aus der Vergangenheit hat für den Betroffenen noch Bedeutung. Es ist wichtig, durch Beobachtung herauszufinden, welche Dinge noch relevant sind.
  • Der beste Weg der Biografieerhebung läuft über die Angehörigen. Informationen von Angehörigen sind wertvoll, aber die Person selbst sollte immer im Mittelpunkt stehen.
  • Der Mensch verändert sich im Alter nicht mehr! Menschen entwickeln sich auch im Alter weiter. Es ist wichtig, den Betroffenen nicht auf seine Vergangenheit zu reduzieren.

Kommunikation mit Menschen mit Demenz

Die Kommunikation mit Menschen mit Demenz kann eine Herausforderung sein, da ihre sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt sind. Es ist wichtig, sich auf ihre veränderte Wirklichkeit einzulassen und ihre Äußerungen zu deuten. Vermeintlich verwirrte Äußerungen können in ihrer eigenen Wirklichkeit sinnvoll sein und Gefühle wie Einsamkeit, Bedeutungslosigkeit oder Schutzbedürfnis ausdrücken. Eine Konfrontation mit der Realität der Umwelt stellt die Erkrankten bloß und entwürdigt sie, anstatt ihnen zu helfen.

Die nichtsprachliche Kommunikation spielt eine wichtige Rolle. Berührungen können Nähe, Wärme und Schutz vermitteln. Es ist jedoch wichtig, auf die Wirkung der Berührung zu achten und bedrohlich wirkende Berührungen zu vermeiden.

Herausforderungen für die Gesellschaft

Die steigende Zahl von Menschen mit Demenz stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Es ist wichtig, eine gesamtgesellschaftliche Entscheidungs- und Handlungskompetenz zur Beantwortung der Fragen "Wer pflegt? Wer bezahlt?" zu entwickeln.

Unterrichtseinheit "Umgang mit dementiell Erkrankten"

Die Beschäftigung mit dem Thema Demenz in der Qualifikationsphase des Gymnasiums im Fach Evangelische Religion berührt massive Ängste sowohl um Angehörige als auch um sich selbst. Angesichts der demographischen Entwicklung ist die Bearbeitung dieser Anforderungssituation Präventionsarbeit im besten, d. h. konkreten Sinne. So kann als Ziel der Unterrichtseinheit formuliert werden: Sensibilisierung für die Problematik Demenz; Vorbereitung auf die Herausforderung im eigenen sozialen Umfeld; Vorbereitung auf die statistisch wahrscheinliche eigene Betroffenheit; Sensibilisierung für den gesamtgesellschaftlichen Problemhorizont.

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Die Unterrichtseinheit "Umgang mit dementiell erkrankten Menschen" in der Qualifikationsphase ist eingebunden in den Kompetenzbereich "Ethik", hierbei als inhaltsbezogene Kompetenz "Grundfragen christlicher Ethik - Was soll ich tun?". Im Kompetenzbereich "Mensch" geht es um den Menschen "als Geschöpf und Ebenbild Gottes - Wer bin ich?". Am Gymnasium Alfeld baut dies im Sinne des Spiralcurriculums auf die Arbeit in der Sek I auf, die insbesondere im Jg. 10 im Rahmen eines Studientages "Leben und Sterben" zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der letzten Lebensphase führt (Workshops mit externen Fachkräften). Die Differenzierung verschiedener ethischer Konzeptionen und die Schritte der ethischen Urteilsbildung wurden anhand mehrerer aktueller Konfliktfelder (Organspende, Notfallmedizin, (Spät-)Abtreibung, „Götze Geld“, Internettransparenz u. a.) erarbeitet. Als Weiterführung und Vertiefung auch anderer ethischer Konfliktsituationen werden im weiteren Kursverlauf biblische Texte erarbeitet. Diese belegen die unantastbare Würde des Menschen auch vor dem Ichbewusstsein (Ps 22, 10f.; Ps 71, 1-10), im Zustand der mangelnden Reife (Mt 5,3; Mt 19,13ff./Lk 18,15ff.), der sozialen Vereinsamung mit Anfeindung (Ps 31; Ps 71) und der Hilflosigkeit (Ps 71; Jes 46,3f.). Alles Handeln muss sich messen lassen an der Forderung nach Zuwendung zu den Bedürftigen, wie sie in Mt 25, 31-40 gebündelt ist.

Praktische Durchführung einer Unterrichtseinheit

Der Lernweg folgt dem Verlauf dementieller Erkrankungen: Orientierungsverlust (Dokumentarfilm); Gedächtnisreduktion bis -verlust (Identitätstüte; Sprachreise); Verlust der Kommunikation (Berührungsübungen; Atemübung). Besonders zielführend erscheint es mir, die ganze Unterrichtseinheit im Block zu unterrichten; dafür werden mindestens vier Unterrichtsstunden plus längere Pausenzeiten benötigt. Besonders der Verzicht auf die üblichen Pausen mit dem unweigerlichen Abtauchen in die schulische Normalität belässt die Jugendlichen im Spannungsbogen. Die Lehrkraft legt also die Pausenzeiten eigenständig fest.

Orientierungsverlust - Konfrontation durch einen Dokumentarfilm

Das Thema geht unter die Haut - und so soll es auch sein. Ein Ziel besteht darin, die Verdrängung der eigenen Lebensperspektive mit der Möglichkeit eigener Betroffenheit zu verhindern bzw. aufzubrechen. Dies gilt es behutsam anzugehen. Eine ausführliche Beschreibung des Films ist unter dem Titel auch bei Wikipedia zu finden). Spontane Reaktionen nach dem Film ermöglichen eine emotionale Entlastung; auch inhaltliche Fragen können geklärt werden. Für die Lehrkraft wird in dieser Lernphase deutlich, wie weit das Spektrum des Bezuges in der Lerngruppe ist. Den statistischen Angaben und meiner unterrichtlichen Erfahrung nach gibt es in jeder Lerngruppe Menschen mit Erfahrungen aus jeder Phase der dementiellen Erkrankung von der harmlosen Vergesslichkeit bis zur Heimunterbringung nach dem Zusammenbruch des familiären Pflegesystems bei Groß-, Urgroßeltern oder weiteren Angehörigen. Der Konfrontation mit dem konkreten Vollbild der Erkrankung folgt die Auseinandersetzung mit der medizinischen Information (s. M 1). Als Synthese der affektiven und kognitiven Lernschritte ergeht der Arbeitsauftrag: Erarbeiten Sie in Kleingruppen konkrete Grundsätze, wie Angehörige mit dementen Menschen umgehen sollen! Die Ergebnisse werden auf eine OH-Folie notiert; Doppelungen sind zu vermeiden. Die Folie wird als Ergebnissicherung kopiert. Rückfragen und ein kurzer Austausch beenden die Doppelstunde oder eine Pause unterbricht den vierstündigen Block.

Gedächtnisreduktion - Existenzielle Auseinandersetzung durch Herstellung einer Identitätstüte

Der Lernweg setzt nach der Pause an der persönlichen Relevanz des Themas wieder ein: Die Wahrscheinlichkeit, bei weiterhin steigender Lebenserwartung selbst an Demenz zu erkranken, gebietet „Vorsorge“. Das Erstellen einer „Identitätstüte“ nötigt die Jugendlichen, sich über Schwerpunkte ihres gegenwärtigen Lebens Gedanken zu machen, besonders eingedenk der Tatsache, dass gerade diese Lebensphase bis ca. 18 Jahre im Altgedächtnis relativ lange präsent bleibt. Die Lehrkraft erläutert den Arbeitsauftrag anhand ihrer eigenen „Identitätstüte“. Mögliche Erinnerungsstücke aus der Vergangenheit der Lehrkraft: Schallplatte der Lieblingsmusik, Kleidungsstück (Latzhose?!), Muschel o. a. vom Familienurlaub, Schmuckstücke; Geschirr; Fotos von Freundinnen/Freunden, Bücher. Der fast intime Einblick in die Vergangenheit der Lehrkraft im mehr oder weniger fortgeschrittenen Alter schafft in der Regel eine Atmosphäre des Vertrauens und der Vertrautheit, die dem Thema angemessen ist. Bestehen Zweifel daran, sollte dieser Lernschritt überdacht werden. Die Dokumentation der eigenen Identität der jungen Menschen erfolgt zuerst dadurch, dass ein Briefumschlag oder eine Tüte mit vollem Namen, Geburtsdatum und Geburtsort beschriftet wird. Anschließend folgt der Arbeitsauftrag: Schreiben Sie das, was Ihnen gegenwärtig sehr wichtig ist, auf ein farbiges Blatt und verwahren es im Umschlag. Hinweis: Zuhause können Gegenstände und Fotos er­gänzt werden. Eine freiwillige Offenlegung einzelner „Schätze“ gegenüber vertrauten Kursmitgliedern, gegebenenfalls mit Rückfragen, vertieft die Selbstvergewisserung.

Gefährdete Kommunikation - Verständnis entwickeln durch die Klärung unbekannter Begriffe (Sprachreise)

Dem Verlauf der Krankheit gemäß wird im nächsten Lernschritt auf die Reduktion der kommunikativen Kompetenz eingegangen. Die möglichen Verständigungsschwierigkeiten, bedingt durch die „Rückkehr“ in Kindheit und Jugend, werden anhand regionaler Begriffe, Dialektsprache und veralteter Begriffe erfahrbar gemacht durch ein Ratespiel „Was heißt das heute?“ in zwei Gruppen (s. M1). Nach dem ernsthaften, aber entspannenden Ratespiel folgt vertiefend die Aufgabe, verwirrte Äußerungen angemessen zu deuten und zu beantworten. Im ersten Schritt werden in Arbeitsgruppen mögliche Gefühle von Erkrankten erarbeitet, im zweiten Schritt die angemessene Reaktion auf Äußerungen (s. AB II und III). Eine kurze Vorstellung der Ergebnisse sichert, dass die Differenz zwischen Gesagtem und Gemeintem (II) und zwischen Realität und Wahrheit (III) von allen erkannt und als Auf- bzw. Herausforderung zu würdevollem Um­gang mit dementiell erkrankten Menschen begriffen wird.

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Nichtsprachliche Kommunikation - durch Körperübungen sinnliche Erfahrungen sammeln

Die Bedeutung der nichtsprachlichen Kommunikation kann sprachlich und kognitiv nicht angemessen erarbeitet werden, deshalb muss dieser Lernschritt praktisch-affektiv gegangen werden. Nach einer kurzen Einführung (s. 1.) macht die Lerngruppe angeleitete Berührungsübungen in Partnerarbeit. Die Paare sollen sich nicht nach Neigung bilden, sondern nach zufälliger Nachbarschaft. Kaum jemand kann sich seine Pflegekräfte aussuchen. Berühren Sie Ihren Partner/Ihre Partnerin mit der Hand an Schulter, Rücken, Hinterkopf, Oberkopf, auf der Hand, unter der Hand, am Ellenbogen. Verweilen Sie einige Zeit in der jeweiligen Berührung. Die empfangende Person nimmt die Berührung haptisch und emotional wahr und bewertet sie für sich. Nach fünf Minuten wechseln die Rollen. Der Austausch im Plenum dokumentiert die Ambivalenz der Berührungserfahrungen zwischen Geborgenheit und Bedrohung und bindet zurück an existentielle Erfahrungen mindestens in der Kindheit. Als abschließender Lernschritt soll die bei Demenz letzte verbleibende Zuwendungsmöglichkeit jenseits aller Kommunikation erfahren werden. Die folgende Übung sollte nur in Lerngruppen angeboten werden, in denen eine vertrauensvolle Atmosphäre herrscht. Zunächst werden vertrauensvolle Paarungen gebildet; bei ungerader Personenzahl ist zu entscheiden, ob es eine Dreiergruppe gibt oder eine Paarbildung mit der Lehrkraft. Nach einer kurzen Einführung (s. 1.) wird mit geschlossenen Augen - zwecks Reduktion ablenkender Sinneseindrücke - angestrebt, hintereinander sitzend oder stehend aneinander gelehnt im gleichen Rhythmus zu atmen. Die Wirkung dieser Übung ist tiefgehend, greift sie doch die existentiell prägende Grunderfahrung von Embryo/Fötus und Kleinkind im engsten Kontakt mit der Mutter auf. Die Lehrkraft sollte je nach Situation sensibel regieren und entscheiden, wie lange diese Übung dauert; fünf Minuten Stille und „Untätigkeit“ sind sehr lang für Ungeübte, andererseits kann es vorkommen, dass sich einzelne Schülerinnen oder Schüler (diese seltener) in die Stille richtig hineinfallen lassen. Die Unterrichtseinheit wird mit einem „offenen Ende“ beschlossen.

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