Frührehabilitation nach Schlaganfall: Definition, Ziele und Behandlung

Die neurologische Frührehabilitation ist ein wichtiger Bestandteil der Schlaganfallbehandlung und beschreibt die Behandlungsphase, die direkt auf die Akutphase folgt. Ziel ist es, Patienten so früh wie möglich zu mobilisieren und Folgeschäden zu minimieren. Dieser Artikel beleuchtet die Definition, Ziele und Behandlungsmethoden der Frührehabilitation nach einem Schlaganfall.

Definition der neurologischen Frührehabilitation

Die neurologische Frührehabilitation (Phase B) ist eine Behandlungsphase, die sich unmittelbar an die Akutbehandlung (Phase A) anschließt. In dieser Phase werden Patienten behandelt, die nach einer schweren neurologischen Schädigung, wie z.B. einem Schlaganfall, noch nicht ausreichend mobilisiert sind und nicht oder nur eingeschränkt an Gruppentherapien teilnehmen können. Rechtlich gesehen findet die Frührehabilitation nur in der Phase B statt. Patienten in dieser Phase benötigen in der Regel noch eine intensivmedizinische Behandlung, einschließlich Beatmung.

Ziele der Frührehabilitation

Die Hauptziele der neurologischen Frührehabilitation sind:

  • Stabilisierung des Patientenzustandes: Der aktuelle Status soll medizinisch gesichert werden.
  • Frühmobilisierung: Durch intensive ärztliche, therapeutische und pflegerische Behandlung soll der Patient so früh wie möglich mobilisiert werden.
  • Vermeidung oder Minimierung von Folgeschäden: Komplikationen durch langes Liegen, wie Muskelverkürzungen, Muskel- und Knochenabbau, Lungenentzündungen, Thrombosen, Druckgeschwüre und Spastiken sollen vermieden werden.
  • Wiederaufbau und Erhalt der Alltagsfähigkeiten: Die Patienten sollen ihre Selbstständigkeit bei alltäglichen Verrichtungen so weit wie möglich wiedererlangen.
  • Förderung einfacher sensorischer und motorischer Funktionen: Dazu gehört die Verbesserung der Bewusstseinslage und Kommunikationsfähigkeit.
  • Klären und Planen weiterer Reha- und Versorgungsmaßnahmen: Es soll geklärt werden, welche weiteren Rehabilitationsmaßnahmen und welche ambulante Versorgung notwendig sind.
  • Ängste nehmen: Durch aufmerksame Zuwendung soll den Patienten Sicherheit, Geborgenheit und Hoffnung vermittelt werden.
  • Lebensqualität zurückgewinnen: Schritt für Schritt soll der Mensch, der geliebt und vermisst wird, ins Bewusstsein zurückgeholt werden.

Behandlungsschwerpunkte in der Frührehabilitation

Die Behandlung in der neurologischen Frührehabilitation konzentriert sich auf die Wiederherstellung elementarer Funktionen. Häufige Behandlungsschwerpunkte sind:

  • Zerebrale Durchblutungsstörungen: Schlaganfälle oder Hirnblutungen.
  • Hirnschäden unter Sauerstoffmangel: Zum Beispiel nach einem Herzstillstand.
  • Schädel-Hirn-Trauma.
  • Rückenmarkserkrankungen.
  • Zustand nach operativen Eingriffen.
  • Tumoren.
  • Muskelerkrankungen.
  • Entzündungen und degenerative Erkrankungen des zentralen Nervensystems: Einschließlich Multiple Sklerose und Parkinson in schweren Stadien.
  • Polyneuropathie: Schädigung von peripheren Nerven, z.B. nach langer intensivmedizinischer Behandlung.
  • Erworbene Sprach- und Sprechstörungen.
  • Neurogen bedingte Schluckstörungen.
  • Störungen des peripheren Nervensystems.
  • Tumoren des zentralen Nervensystems.
  • Infantile Zerebralparese.
  • Konzentrationsstörungen.
  • Lese-/ Rechenstörungen.
  • Merkfähigkeitsstörungen.
  • Neuropsychologische Störungen.
  • Orientierungsstörungen.
  • Polyradikulitiden.
  • Zustände nach entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems.

Diagnostik in der Frührehabilitation

Bei der Behandlung sind häufig diagnostische Kontrolluntersuchungen erforderlich. Hierfür werden moderne Untersuchungsgeräte und diagnostische Methoden eingesetzt, wie:

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  • Monitorüberwachung: Konstante Messung von EKG, Blutdruck, Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung.
  • Ultraschallgerät.
  • Digitales EEG-System: Misst die elektrische Aktivität des Gehirns.
  • EMG: Messung der elektrischen Muskelaktivität.
  • Evozierte Potenziale: Untersuchung der Funktionsfähigkeit von Nervenbahnen.
  • EKG-Geräte: Für den Einsatz auf Station und für die Eingangsdiagnostik.
  • Langzeit-EKG-Messung.
  • 24-Stunden-Blutdruckmessung.
  • Röntgenapparatur: Für konventionelle Röntgenaufnahmen von Thorax, Abdomen und Knochen.
  • Labor: Für die Bestimmung wichtiger Parameter.
  • Spirometrie: Misst die Lungenfunktion.
  • Screeninggerät zur Schlaf-Apnoe Diagnostik.
  • Bilddiagnostik: Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT).

Therapieformen in der Frührehabilitation

Im Zentrum der frühen Phase der Rehabilitation stehen die Wiederherstellung elementarer Funktionen sowie die Verbesserung der Bewusstseinslage und Kommunikationsfähigkeit des Patienten. Um die Rehabilitationsziele zu erreichen, ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, der nicht nur die Aspekte der akuten Erkrankung, sondern auch bereits bestehende Krankheiten berücksichtigt. In der Frühreha werden überwiegend Einzeltherapien angewendet. Die wesentlichen Inhalte sind:

  • Aktivierende Pflege: Die Pflegekräfte vermitteln Sicherheit, Geborgenheit und Hoffnung und helfen den Patienten, Vertrauen in sich selbst und den eigenen Körper zurückzugewinnen. Die Basispflege umfasst die Körperpflege, die Hygiene, das Umlagern und das Bewegen.
  • Basale Stimulation.
  • Alltagsbezogene funktionelle Therapie.
  • ADL-Training: Ziel des Trainings ist es, die Selbstständigkeit bei Aktivitäten des täglichen Lebens aufrecht zu erhalten oder wieder zu erlangen.
  • Wasch- und Anziehtraining.
  • Wahrnehmung und Sensibilitätstraining.
  • Hilfsmittelberatung: Beratung zu Rollstühlen und Hilfsmittelversorgung nach der Entlassung.
  • Funktionelle Übungsbehandlung der oberen Extremität und des Rumpfes.
  • Kognitives Training.
  • Koordinationsübungen.
  • Schienenversorgung.
  • Sensibilitätstraining und Wahrnehmungsschulung.
  • Angehörigenberatung und -schulung.
  • Sprachtherapie/ Logopädie, Aphasietherapie: Zur Verminderung sprachlicher Symptomatik, zur Verbesserung kommunikativer Kompetenz oder Aufbau einer elementaren Kommununikationsstruktur.
  • Therapien zur Verminderung von Schluckstörungen.
  • Therapien zur Vermeidung einer PEG-Anlage: Perkutane endoskopische Gastrostomie zur künstlichen Ernährung.
  • Therapien zur Ermöglichung einer komplikationslosen, ausreichenden Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme und ggf. Festlegung einer Ernährungsstrategie (z.B. Anpassung der Kostform).
  • Engmaschiges Trachealkanülen-Management, inkl. Beachtung von Entblockungszeiten.
  • Physiotherapie: Unterstützt die Betroffenen dabei, ihre Bewegungsfähigkeit und Selbstständigkeit schrittweise zurückzugewinnen. Sie hilft gezielt, die Bewegungsfähigkeit wiederherzustellen, indem Muskeln aktiviert und Bewegungsmuster neu trainiert werden.
  • Ergotherapie: Unterstützt die Patientinnen und Patienten dabei, sich im Alltag wieder zurechtzufinden. Dabei lernen sie, wie sie trotz Einschränkungen ein möglichst selbstständiges Leben führen können.
  • Neuropsychologie: Behandelt Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen sowie Störungen der Wahrnehmung.

Spezielle Therapieansätze

  • Transkranielle Gleichstromtherapie (tDCS): Schwache, ungefährliche elektrische Ströme werden über Elektroden auf der Kopfhaut angewendet, um die Aktivität bestimmter Hirnareale zu beeinflussen.
  • Funktionelle Elektrostimulation (FES): Gezielte elektrische Impulse werden an bestimmte Muskeln gesendet, um Bewegungen zu unterstützen oder wiederherzustellen.
  • Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT): Der gesunde Arm oder das gesunde Bein wird zeitweise ruhiggestellt, damit die betroffene Seite gezielt trainiert wird.

Phasen der neurologischen Rehabilitation

Im Bereich der Neurologischen Rehabilitation gibt es nach der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (BAR) ein Phasenmodell mit den Phasen A bis F:

  • Phase A: Akutbehandlung (im Krankenhaus, z.B. auf einer Stroke Unit oder der Intensivstation).
  • Phase B: Neurologische Frührehabilitation.
  • Phase C: Patienten können bereits in der Therapie mitarbeiten, der medizinische und pflegerische Aufwand ist hoch.
  • Phase D: Rehabilitation nach Abschluss der Frühmobilisation.
  • Phase E: Nachgehende Reha-Leistungen, berufliche Rehabilitation.
  • Phase F: Dauerhaft unterstützende Leistungen bei anhaltend hoher Pflegebedürftigkeit.

Kostenträger der Frührehabilitation

Die Kosten für Frührehabilitation übernimmt meistens die Krankenkasse. Wer nicht krankenversichert ist, kann das Geld für Frührehabilitation bei finanzieller Bedürftigkeit ganz oder teilweise als Leistung der Sozialhilfe bekommen. Für Reha nach der Frührehabilitation (bei neurologischer Rehabilitation ab Phase C) sind die sog. Rehabilitationsträger zuständig.

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