Funktionelle Neurologische Störungen: Erfahrungen, Ursachen und Behandlungsansätze

Funktionelle Neurologische Störungen (FNS), auch bekannt als Konversionsstörungen oder dissoziative neurologische Störungen, stellen eine Gruppe von Erkrankungen dar, die sich durch neurologische Symptome äußern. Dazu gehören beispielsweise Lähmungen, Bewegungsstörungen, Taubheitsgefühle, Bewusstseinsstörungen sowie Konzentrations- und Gedächtnisprobleme. Diese Symptome sind jedoch nicht auf strukturelle Schädigungen des Gehirns zurückzuführen, sondern auf eine Funktionsstörung. Die richtige Diagnose einer FNS wird oft spät oder gar nicht gestellt, obwohl es sich um eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen handelt.

Was sind Funktionelle Neurologische Störungen?

Funktionelle Neurologische Störungen (FNS) sind neurologische Beschwerden, die nicht durch eine bekannte körperliche neurologische Erkrankung erklärt werden können. Es wird angenommen, dass funktionelle Veränderungen bei unveränderter Struktur des Gehirns und der Nerven vorliegen. Psychische Faktoren können eine Rolle spielen, müssen es aber nicht. Die Symptome sind vielfältig und können unterschiedliche Körperregionen betreffen. Einige Patienten leiden unter Lähmungserscheinungen, während andere unwillkürliche Bewegungen oder Schwindel erleben.

Erfahrungen von Betroffenen

Viele Betroffene berichten von einem langen Leidensweg, der von Arztbesuchen und erfolglosen Untersuchungen geprägt ist. Die Symptome sind real und beeinträchtigen das tägliche Leben erheblich. Oft fühlen sich die Patienten nicht ernst genommen und alleingelassen, da keine organische Ursache für ihre Beschwerden gefunden wird.

Julia E., eine Heilerziehungspflegerin in Ausbildung, erlebte plötzlich starke Krämpfe in ihrer linken Hand. In der Folge konnte sie ihre Hände nicht mehr öffnen und ihre Beine nicht mehr beugen. Nach zahlreichen Untersuchungen wurde bei ihr eine funktionelle neurologische Störung diagnostiziert. Die Ärzte konnten keine organischen Probleme feststellen und vermuteten psychische Ursachen. Julia E. erhielt in den Kliniken Schmieder eine vielseitige Therapie, bestehend aus Ergo-, Physio- und Psychotherapie, Schwimmen und Walken. Mit wenigen Einschränkungen funktioniert nun alles wieder, obwohl ihr linkes Bein manchmal noch etwas hinterherhinkt.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen für FNS sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren eine Rolle spielt. Dazu gehören:

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  • Psychische Belastungen: Krisen, Stress, traumatische Erlebnisse und andere psychische Belastungen können die Entstehung einer FNS begünstigen.
  • Fehlregulation der Körperempfindungen: Bei FNS kommt es zu einer Fehlregulation der normalen Körperempfindungen und ihrer Verarbeitung im Gehirn.
  • Individuelle Veranlagung: Manche Menschen sind aufgrund ihrer Persönlichkeit oder ihrer genetischen Veranlagung anfälliger für die Entwicklung einer FNS.
  • Biopsychosoziales Modell: Die Symptome treten zwar auf der Ebene der neuronalen Informationsverarbeitung auf, sind jedoch mit Veranlagungen und Fehlanpassungen auf vielen anderen Ebenen - von der Biologie der Gehirnentwicklung bis zur sozialen Sinngebung - unlösbar verzahnt.

Symptome

Die Symptome von FNS sind vielfältig und können von Person zu Person unterschiedlich sein. Häufige Symptome sind:

  • Motorische Störungen: Lähmungen, Schwäche, Zittern, unwillkürliche Bewegungen, Gangstörungen
  • Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln, Schmerzen
  • Bewusstseinsstörungen: Dissoziative Anfälle (Zucken in einzelnen/mehreren Körperbereichen, eingeschränktes Bewusstsein)
  • Kognitive Störungen: Konzentrations- und Gedächtnisprobleme
  • Weitere Symptome: Schwindel, Müdigkeit, Erschöpfung

Diagnose

Die Diagnose von FNS kann eine Herausforderung sein, da die Symptome oft unspezifisch sind und keine organische Ursache gefunden wird. Die Diagnose wird in der Regel von einem Neurologen gestellt. Wichtig ist, dass die Diagnose nicht durch Ausschluss anderer Erkrankungen erfolgt, sondern anhand charakteristischer Krankheitsmerkmale und klinischer Zeichen.

Bestimmte anamnestische Hinweise können auf eine funktionelle Störung hindeuten:

  • Plötzliches erstmaliges Auftreten
  • Trigger ohne objektiven Kausalzusammenhang
  • Schwankende Phänomenologie und Schwere
  • Beschreibung der Störung als von außen gemacht
  • Häufige Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Schmerzen
  • Inkongruente Symptomkonstellationen
  • Inkonsistenz der Symptome

Behandlung

Die Behandlung von FNS erfordert einen multimodalen Ansatz, der verschiedene Therapiebausteine umfasst. Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu lindern, die Funktionalität des Körpers zu verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen.

Folgende Therapieansätze haben sich bewährt:

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  • Aufklärung und Akzeptanz: Eine wichtige Voraussetzung für den Therapieerfolg ist, dass der Patient die Diagnose akzeptiert und versteht, dass es sich um eine reale Störung handelt, auch wenn keine organische Ursache gefunden wurde.
  • Psychotherapie: Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eineForm der Psychotherapie, die darauf abzielt, dysfunktionale Denkmuster und Verhaltensweisen zu identifizieren und zu verändern. Weitere Elemente einer Psychotherapie sind:
    • die Entwicklung eines Störungskonzepts
    • das Trainieren der Körperwahrnehmung
    • die Förderung von Selbstwirksamkeit
    • die Integration traumatischer Erlebnisse
    • die Einigung auf eine weitere Behandlungsperspektive
  • Physiotherapie: Die Physiotherapie spielt eine zentrale Rolle bei der Behandlung von FNS. Sie hilft den Patienten, die Kontrolle über ihre Körperbewegungen wiederzuerlangen und die motorischen Funktionen zu verbessern.
  • Ergotherapie: Die Ergotherapie unterstützt Patienten mit FNS dabei, ihre normalen Aktivitäten und beruflichen Aufgaben wieder aufzunehmen.
  • Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Achtsamkeitsübungen können dazu beitragen, die Symptome von FNS zu reduzieren.
  • Medikamentöse Therapie: In einigen Fällen kann eine medikamentöse Therapie sinnvoll sein, um Begleitsymptome wie Depressionen oder Angstzustände zu behandeln. Einer zentral dämpfenden Medikation bei akuten funktionalen Anfällen wird jedoch eine klare Absage erteilt.

Bedeutung einer frühen Diagnose und Behandlung

Eine frühe Diagnose und Behandlung sind entscheidend für den Therapieerfolg. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Chancen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Forschung und Ausblick

Die Forschung im Bereich der FNS hat in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Es werden zunehmend die neurobiologischen Mechanismen verstanden, die der Erkrankung zugrunde liegen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung effektiverer Behandlungsansätze.

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