Stress ist ein allgegenwärtiges Phänomen in der modernen Gesellschaft. Ob durch hohe Arbeitsbelastung, zwischenmenschliche Konflikte oder digitale Reizüberflutung - Stress kann sich auf vielfältige Weise manifestieren und sowohl körperliche als auch psychische Auswirkungen haben. Ein zentraler Aspekt dabei ist der Energieverbrauch unseres Gehirns, der unter Stressbedingungen erheblich beeinflusst wird. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen Energieverbrauch des Gehirns, Stress und deren Auswirkungen auf unsere Gesundheit.
Stress und seine körperlichen Auswirkungen
In Stresssituationen reagiert der Körper mit einer Reihe von physiologischen Veränderungen. Wenn sich ein Mensch bedroht fühlt, weiten sich seine Pupillen, die Muskeln spannen sich an, das Herz schlägt schneller und die Atmung beschleunigt sich. Diese Reaktionen sind darauf ausgelegt, dem Körper in Sekundenschnelle die Möglichkeit zu geben, entweder zu fliehen oder zu kämpfen.
Heute sind es in der Regel nicht mehr Raubtiere, die Stress auslösen, sondern Faktoren wie Konflikte, Leistungsdruck oder die mediale Reizüberflutung. Die Stressreaktion des Körpers bleibt jedoch die gleiche. Es werden Nervenbotenstoffe wie Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol ausgeschüttet. Diese Botenstoffe bewirken, dass sich Herzfrequenz, Blutdruck und Blutzuckerspiegel erhöhen und die Bronchien sich weiten. Dadurch erhält der Körper einen Energie-Boost, und Gehirn sowie Muskeln werden mit einer Extraportion Sauerstoff versorgt.
Gleichzeitig wird die Aktivität anderer Organe, wie beispielsweise der Geschlechts- und Verdauungsorgane, gedrosselt, da diese im Alarmzustand nicht als vordringlich erachtet werden. Dieser Zustand der Alarmbereitschaft kann jedoch nicht dauerhaft aufrechterhalten werden. Wenn die Stressfaktoren nicht nachlassen, kann es zu Dauerstress kommen. In diesem Fall übersäuert das Blut, und die Bronchien ziehen sich zusammen, um den Energieverbrauch wieder zu normalisieren. Ein dauerhaft hoher Spiegel an Stresshormonen schwächt das Immunsystem, drosselt Wachstumsprozesse und kann die Funktion weiterer Prozesse im Körper beeinträchtigen. Es ist daher wichtig, körperliche und psychische Stresssymptome als Warnsignale ernst zu nehmen.
Stress kann sich vielfältig auf den Körper auswirken. Neben den häufigsten Symptomen kann es unter anderem auch zu Panikattacken, Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Tinnitus, einem Hörsturz, vermehrten Erkältungen oder Herpes kommen.
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Körperliche Symptome bei Stress
Stress beeinflusst viele Prozesse im Körper und greift in den Stoffwechsel sowie die Organfunktionen ein. Dies wird an einer Reihe von Symptomen sichtbar:
- Schlechtes Hautbild: Die Haut kann innere Probleme von außen sichtbar machen. Studien zeigen, dass sich das Hautbild durch Stress verändern kann. So wurde beispielsweise festgestellt, dass bei Studierenden mit Akne vulgaris die Pickel bei erhöhtem Stressniveau vermehrt sprießen.
- Kopfschmerzen: Stress kann sich in Form von Kopfschmerzen äußern. Bei zunehmendem Stress steigt auch die Anzahl der Kopfschmerztage. Dies gilt insbesondere für Menschen, die unter Spannungskopfschmerzen leiden, vor allem jüngere Patientinnen und Patienten bis 40 Jahre.
- Magen-Darm-Beschwerden: Der Magen-Darm-Bereich ist von einem dichten Nervennetz umspannt und durch die Bauch-Hirn-Achse eng mit dem Gehirn verbunden. Psychische Anspannung kann sich daher in Magen-Darm-Symptomen niederschlagen. Psychischer Stress kann beispielsweise chronisch-entzündliche Darmerkrankungen beeinflussen. Auch der Appetit wird durch Stress reguliert: Viele Menschen essen, obwohl sie kein Hungergefühl verspüren. Akuter Stress kann aber auch Appetitlosigkeit hervorrufen.
- Müdigkeit: Starker Stress beeinträchtigt oft die Schlafqualität, da das Stresshormon Kortisol die Ausschüttung des schlaffördernden Botenstoffs Melatonin behindert. Dies führt zu einem Gefühl der Ruhelosigkeit vor dem Schlafengehen. Zudem kann Stress zu chronischen Schmerzzuständen führen, beispielsweise Rückenschmerzen.
Psychische Auswirkungen von Stress
Auch die Psyche leidet unter Stress. Menschen gehen unterschiedlich gut mit Stresssituationen um. Während manche in hektischen Momenten nur etwas gereizt reagieren, kann chronischer Stress bei anderen zu depressiven Symptomen wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit oder Rückzug führen. Auch das Sexualleben kann unter Stress leiden.
Typische Symptome bei seelischem Stress sind:
- Miese Stimmung: Wer dauerhaft gestresst ist, ist leicht reizbar und nervös und steht psychisch ständig unter Druck. Dies kann zu Launenhaftigkeit führen. Auch nachlassende geistige Fähigkeiten können ein Anzeichen von Dauerstress sein. Betroffene denken langsamer, sind häufiger müde und haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren.
- Lustverlust: Dauerstress kann die sexuelle Lust drosseln. Gestresste Menschen haben oft ein geringeres sexuelles Verlangen, sind weniger leicht erregbar und empfinden Sexualität als unbefriedigender.
- Erschöpfung: Der Körper kann Stress im Dauerzustand nicht aushalten. Nach der ersten Alarmphase geht er in eine Widerstandsphase über, in der der Organismus versucht, sich dem Stressdruck anzupassen. Auf Dauer folgt jedoch die Erschöpfungsphase, in der der Körper überfordert ist und die körperlichen sowie geistigen Fähigkeiten dauerhaft abnehmen.
- Depressive Symptome: Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Interessenverlust über einen längeren Zeitraum hinweg können typische Symptome einer Depression sein, die als Folge von Stress auftreten kann.
Geistige Ermüdung und ihre Ursachen
Stundenlange geistige Anstrengung kann ebenfalls zu Erschöpfung führen. Forschende in Frankreich haben herausgefunden, dass bei starker geistiger Anstrengung im präfrontalen Kortex des Gehirns Giftstoffe, darunter Glutamate, entstehen. Diese Ansammlung schädlicher Substanzen führt zu einer echten funktionellen Veränderung und signalisiert dem Körper, die Arbeit zu unterbrechen.
Der hohe Energieverbrauch des Gehirns
Das Gehirn verbraucht im Vergleich zu anderen Organen sehr viel Energie. Obwohl es nur etwa zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht, verbraucht es etwa 20 Prozent der Gesamtenergie, was etwa 500 Kilokalorien pro Tag entspricht.
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Dieser hohe Energieverbrauch ist auf die ständige Aktivität des Gehirns zurückzuführen. Neuronale Aktivität, insbesondere die für höhere Hirnfunktionen, verbraucht besonders viel Energie. Der Transport von Ionen und Botenstoffen ist sehr kostspielig, aber für eine funktionierende Signalübertragung unverzichtbar. Hinzu kommt die Instandhaltung der Zellen, die bereits ein Viertel der Energie aufbraucht.
Den dafür nötigen Brennstoff ATP produzieren Mitochondrien, indem sie hauptsächlich Glucose umwandeln. Nervenzellen können die Glucose aber nicht speichern und sind daher auf die Glykogenspeicher der Astrozyten angewiesen. Ein komplexes Hormonsystem sorgt dafür, dass immer genügend Energieträger vorhanden sind, indem es Hunger auslöst und uns zum Essen animiert. Schließlich benötigt das Gehirn im Schnitt 129 Gramm Glucose am Tag.
Mechanismen des Energieverbrauchs im Gehirn
Es gibt mehrere Gründe, warum das Gehirn so viel Energie benötigt:
- Ständige Aktivität: Im Gegensatz zu Skelettmuskeln, die in Ruhephasen weniger Energie verbrauchen, ist das Gehirn rund um die Uhr aktiv.
- Housekeeping: Etwa ein Viertel der Energie wird für grundlegende Funktionen wie die Reparatur von DNA-Schäden und den Transport von Proteinen verwendet.
- Signalübertragung: Nervenzellen betreiben eine komplexe und teure Form der Signalübertragung, die den Transport von Ionen und Botenstoffen über die Zellmembranen erfordert. Die Natrium-Kalium-Pumpe, die diese Ionen wieder auf die richtige Seite der Zellmembran befördert, verbraucht mehr als die Hälfte der dem Gehirn zur Verfügung stehenden Energie.
- Synaptische Aktivität: Die Synapsen, die Verbindungsstellen zwischen Nervenzellen, sind die größten Energiefresser. Hier sind nicht nur die Natrium-Kalium-Pumpe, sondern auch die Transportsysteme für andere Ionen sowie Botenstoffe aktiv.
Die Rolle der Mitochondrien
Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle und produzieren ATP aus Glucose. Sie werden im Zellkörper gebildet und zu den Synapsen transportiert, um dort Energie zu produzieren, wo sie benötigt wird. Aus einem Molekül Glucose generieren Mitochondrien mit Hilfe von Sauerstoff etwa 38 Moleküle ATP.
Hunger und Sättigung
Damit das Gehirn mit genügend Glucose versorgt wird, müssen wir essen. Das Hormon Ghrelin, das von Zellen des Magens ausgeschüttet wird, sorgt für das Hungergefühl. Es gelangt über den Blutkreislauf oder den Vagusnerv ins Gehirn und beeinflusst dort die Aktivität von Neuronen im Hypothalamus, die den Appetit stimulieren.
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Das Sättigungsgefühl ist ein komplexer Prozess, der noch nicht vollständig verstanden ist. Ein erstes Signal kommt durch die Spannung der Magenwand, die von Mechanorezeptoren gemessen und an das Gehirn weitergeleitet wird. Chemische Signale, wie ein erhöhter Insulin-Spiegel, sind ebenfalls notwendig. Auch das Hormon Leptin, das von Fettzellen freigesetzt wird, spielt eine Rolle, indem es dem Gehirn signalisiert, wie viele Energiereserven noch vorhanden sind.
Energiemangel im Gehirn und Migräne
Die Migräneforschung hat gezeigt, dass die Energieversorgung des Gehirns eine große Bedeutung bei der Entstehung von Migräneattacken hat. Wenn im Gehirn eine Energieknappheit entsteht, bedeutet dies eine Stresssituation, die eine Migräneattacke auslösen kann. Diese Attacke ist eine Art Schutzmechanismus, der den Organismus zur Ruhe zwingt, um den Energiehaushalt wieder zu normalisieren.
Mitochondriale Erkrankungen und Migräne
Mitochondriale Erkrankungen, die durch Fehlfunktionen der Mitochondrien verursacht werden, können ebenfalls zu Migräne führen. Wissenschaftliche Arbeiten haben gezeigt, dass Patientinnen und Patienten mit einer mitochondrialen Erkrankung überdurchschnittlich häufig eine Migräne entwickeln.
In Fällen, in denen der Migräne eine mitochondriale Erkrankung zugrunde liegt, ist es wichtig, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, um Energiemangelzustände im Gehirn zu vermeiden. Dazu gehört eine regelmäßige Nahrungsaufnahme, die eine gleichmäßige Kohlenhydratzufuhr bereitstellt, sowie eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung. Auch eine gute Versorgung mit Vitamin B2, Coenzym Q10 und Magnesium kann die Arbeit der Mitochondrien unterstützen und stabilisieren.
Stress und Stoffwechsel: Gewichtszunahme und Gewichtsverlust
Stress kann den Stoffwechsel beeinflussen und sowohl zu Gewichtszunahme als auch zu Gewichtsverlust führen. In Stresssituationen schüttet der Körper Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol aus, die den Herzschlag, den Blutzuckerspiegel und den Blutdruck erhöhen. Andauernder Stress kann jedoch die hormonelle Balance gefährden und sich negativ auf den gesamten Stoffwechsel auswirken.
Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann den Appetit steigern und dazu führen, dass Menschen vermehrt zu kalorienreichen Lebensmitteln greifen. Zudem kann Cortisol eine Insulinresistenz begünstigen, die die Blutzuckerregulation stört und zu einer erhöhten Einlagerung von Fett beiträgt.
Bei anderen Menschen führt Stress jedoch zu einem Gewichtsverlust. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann die Verdauung beeinflussen und zu Verstopfung, Durchfall, Magenschmerzen oder zum Reizdarmsyndrom führen. Zudem reagieren einige Menschen mit Nervosität oder einer gesteigerten körperlichen Aktivität auf Stress und verbrennen deswegen mehr Kalorien als normalerweise.
Tipps zum Umgang mit stressbedingten Gewichtsproblemen
Um einer stressbedingten Gewichtszunahme oder -abnahme entgegenzuwirken, sollten Betroffene die auslösenden Stressfaktoren identifizieren und reduzieren oder vermeiden. Zudem können folgende Tipps helfen:
- Entspannungstechniken: Finden Sie eine Methode, die Ihnen hilft zu entspannen, wie beispielsweise Spaziergänge in der Natur, Atemtechniken oder Achtsamkeitsübungen.
- Ausgewogene Ernährung: Eine gesunde und ausgewogene Ernährung stärkt das Immunsystem und macht den Körper widerstandsfähiger gegen Stress.
- Zeitmanagement: Strukturieren Sie Ihren Tag und teilen Sie Aufgaben ein, um Stress im Alltag zu reduzieren.
- Sport: Regelmäßige Bewegung baut Stresshormone ab und steigert die Leistungsfähigkeit.
- Professionelle Hilfe: Wenn Sie mit der Situation überfordert sind, können Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, beispielsweise bei Psychotherapeutinnen und Physiotherapeutinnen.
Maßnahmen zur Stressbewältigung
Stress kann sich auf vielfältige Weise äußern und durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Es ist daher wichtig, Stressoren im Alltag zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken.
Mögliche Maßnahmen zur Stressbewältigung sind:
- Bewusste Auszeiten: Nehmen Sie sich bewusst kleine Auszeiten, um sich zu entspannen und zu erholen.
- Sport und Bewegung: Finden Sie einen Ausgleich durch Sport oder Spaziergänge in der Natur.
- Psychotherapie: Bei Anzeichen einer psychischen Erkrankung kann eine Psychotherapie helfen.
- Entspannungstechniken: Progressive Muskelrelaxation nach Edmund Jacobson ist ein wichtiges Werkzeug für Kopfschmerzbetroffene.
- Regelmäßiger Schlaf: Achten Sie auf regelmäßigen, ungestörten Schlaf, um Kopfschmerzen vorzubeugen.
- Bewusste Ernährung: Eine bewusste Ernährung kann der Entstehung von Kopfschmerzen vorbeugen. Achten Sie nicht nur auf die Auswahl der Speisen, sondern auch auf Ihren Tagesablauf.
- Regelmäßiges Trinken: Trinken Sie regelmäßig, um Kopfschmerzen vorzubeugen.
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