Die Synapse ist ein essenzieller Bestandteil des Nervensystems und ermöglicht die Kommunikation zwischen Nervenzellen sowie zwischen Nervenzellen und anderen Körperzellen, wie Muskel- oder Drüsenzellen. Diese Verbindungsstellen sind entscheidend für die Informationsverarbeitung und -weiterleitung im Körper.
Arten von Synapsen
Es gibt hauptsächlich zwei Arten von Synapsen: chemische und elektrische Synapsen.
Chemische Synapsen
Bei chemischen Synapsen erfolgt die Signalübertragung indirekt über chemische Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter. Diese Synapsen sind im menschlichen Nervensystem am häufigsten vertreten und ermöglichen eine komplexe Regulation, Verstärkung und Hemmung von Signalen.
Elektrische Synapsen
Elektrische Synapsen, auch Gap Junctions genannt, leiten das Aktionspotential direkt in elektrischer Form an die nächste Nervenzelle weiter. Dies geschieht ohne die Verwendung von Neurotransmittern. Diese Art von Synapsen findet man dort, wo eine sehr schnelle Erregungsleitung erforderlich ist, beispielsweise im Herzmuskel oder bei bestimmten Reflexbahnen. Hierbei übertragen spezielle Proteinkanäle (Gap Junctions) elektrisch geladene Teilchen (Ionen) direkt von Zelle zu Zelle. Der Signalfluss ist extrem schnell, jedoch weniger regulierbar als bei der chemischen Synapse.
Aufbau einer chemischen Synapse
Eine typische chemische Synapse besteht aus drei Hauptbereichen:
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- Präsynaptische Membran: Befindet sich am Axonende des Neurons, genauer gesagt am synaptischen Endknöpfchen. Im Endknöpfchen sind Vesikel vorhanden, die mit Neurotransmittern gefüllt sind. Das Neuron, welches das Signal an ein anderes Neuron sendet, wird als präsynaptisches Neuron bezeichnet.
- Synaptischer Spalt: Der synaptische Spalt ist der kleine Zwischenraum zwischen den beiden kommunizierenden Neuronen. Dieser Raum ist etwa 20-50 Nanometer breit.
- Postsynaptische Membran: Gehört zum Dendriten der nachfolgenden Nervenzelle. Hier befinden sich Rezeptoren, an die die Neurotransmitter binden. Das Neuron, das das Signal empfängt, wird als postsynaptisches Neuron bezeichnet.
Funktion einer chemischen Synapse
Die Übertragung eines Signals an einer chemischen Synapse erfolgt in mehreren Schritten:
- Aktionspotential erreicht das Endknöpfchen: Wenn ein Aktionspotential das Endknöpfchen der Präsynapse erreicht, kommt es zu einer Spannungsänderung.
- Öffnung der Calciumkanäle: Spannungsgesteuerte Calciumkanäle öffnen sich, und Calcium-Ionen ($\ce{Ca^{2+}}$) strömen in das Endknöpfchen ein, was die Membran depolarisiert.
- Freisetzung der Neurotransmitter: Die erhöhte Calcium-Konzentration im Endknöpfchen führt dazu, dass die Vesikel, die mit Neurotransmittern gefüllt sind, mit der präsynaptischen Membran verschmelzen und die Neurotransmitter in den synaptischen Spalt freisetzen.
- Diffusion der Neurotransmitter: Die Neurotransmitter diffundieren durch den synaptischen Spalt zur postsynaptischen Membran.
- Bindung an Rezeptoren: An der postsynaptischen Membran binden die Neurotransmitter an spezifische Rezeptoren, die rezeptorgesteuerte Ionenkanäle öffnen.
- Ionenstrom und postsynaptisches Potential: Durch die geöffneten Ionenkanäle strömen Ionen (z.B. Natriumionen $\ce{Na^{+}}$) in die postsynaptische Zelle, was zu einem postsynaptischen Potential führt. Je nach Art des Ionenstroms wird ein aktivierendes (erregendes) oder hemmendes Signal ausgelöst.
- Beendigung des Signals: Um sicherzustellen, dass die Signale nicht "hängenbleiben", werden die Neurotransmitter nach ihrem Einsatz rasch abgebaut oder zurück in die Präsynapse aufgenommen (Reuptake). Beispielsweise wird Acetylcholin enzymatisch durch Acetylcholinesterase in Cholin und Acetat zerlegt, die dann wieder in die Präsynapse aufgenommen werden. Dort werden aus Cholin und Acetat erneut Acetylcholin synthetisiert und in Vesikel verpackt.
Erregende und hemmende Synapsen
Synapsen können entweder erregend (exzitatorisch) oder hemmend (inhibitorisch) wirken, was bedeutet, dass sie entweder die Wahrscheinlichkeit erhöhen oder verringern, dass die postsynaptische Zelle ein Aktionspotential auslöst.
- Erregende Synapsen: Diese Synapsen depolarisieren die postsynaptische Membran und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Aktionspotential ausgelöst wird. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Wirkung von Glutamat im Gehirn.
- Hemmende Synapsen: Diese Synapsen hyperpolarisieren die postsynaptische Membran und verringern die Wahrscheinlichkeit, dass ein Aktionspotential ausgelöst wird. Beispiele für hemmende Neurotransmitter sind GABA oder Glycin.
Die Erregung eines Neurons ergibt sich aus der Summe der verschiedenen Signale, die das Neuron erhält (synaptische Integration). Dies bedeutet, dass alle erregenden postsynaptischen Potentiale (EPSPs) mit allen hemmenden postsynaptischen Potentialen (IPSPs) verrechnet werden.
Synaptische Plastizität: Lernen und Erinnern
Synaptische Plastizität bezeichnet die Fähigkeit von Synapsen, ihre Stärke und Effizienz im Laufe der Zeit zu verändern, je nachdem, wie oft und wie stark sie benutzt werden. Diese Anpassungsfähigkeit ist die Grundlage für Lern- und Erinnerungsprozesse im Nervensystem. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Langzeitpotenzierung (LTP), bei der wiederholte Aktivierung einer Synapse über längere Zeit zu einer verstärkten synaptischen Übertragung führt.
Beispiele für synaptische Plastizität
- Lernen am Instrument: Üben Sie Klavier, verstärken sich relevante Synapsen im Motorkortex.
- Reflexe: Ziehen Sie die Hand blitzschnell zurück, nachdem Sie etwas Heißes berührt haben, ist dies auf die synaptische Anpassung zurückzuführen.
- Lernen unter Stress: Unter Adrenalineinfluss, etwa bei einer Prüfung, werden Synapsen kurzfristig besonders "aufmerksam" und speichern Informationen effizienter.
Bedeutung der Synapse für Krankheiten
Die synaptische Funktion ist essenziell für die Gesundheit und das reibungslose Funktionieren des Nervensystems. Störungen der synaptischen Übertragung können zu verschiedenen neurologischen und psychischen Erkrankungen führen.
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Einige Beispiele hierfür sind:
- Myasthenia gravis: Eine Autoimmunerkrankung, bei der Autoantikörper gegen Acetylcholinrezeptoren auf der postsynaptischen Membran produziert werden. Die blockierten Rezeptoren hemmen die Muskelkontraktion, was zu Erschöpfung und Müdigkeit führt.
- Parkinson-Krankheit: Eine neurodegenerative Erkrankung, bei der die Produktion von Dopamin durch Zerstörung der produzierenden Zellen in der Substantia nigra vermindert ist.
- Autismus-Spektrum-Störung: Eine neurologische Entwicklungsstörung, die durch reduzierte soziale Fähigkeiten, eingeschränkte Interessen und soziale Interaktionen sowie sich wiederholende und stereotype Verhaltensweisen gekennzeichnet ist.
- Schizophrenie: Eine schwere chronische psychische Störung, die durch psychotische Symptome, desorganisiertes Sprechen oder Verhalten, Affektverflachung, Avolition, Anhedonie und verminderte Aufmerksamkeitsfähigkeit gekennzeichnet ist.
- Chorea Huntington: Eine progressive neurodegenerative Erkrankung mit autosomal-dominanter Vererbung, die durch vervielfältigte CAG-Triplett-Wiederholungen im Huntingtin-Gen (HTT) verursacht wird.
- Tetanus: Das Tetanustoxin verhindert die Freisetzung des hemmenden Neurotransmitters GABA, was zu Muskelkrämpfen führt, insbesondere in der Kiefermuskulatur (Kieferklemme). Im Verlauf kann auch die Atemmuskulatur gelähmt werden.
- Botulismus: Das Botulinumtoxin, produziert von Clostridien, verhindert die Freisetzung von Acetylcholin, was zu Lähmungen führt.
Synapsengifte und ihre Wirkung
Verschiedene Substanzen, sogenannte Synapsengifte, können die Funktion der Synapsen beeinträchtigen, indem sie in unterschiedliche Teile der Synapse (Präsynapse, synaptischer Spalt, Postsynapse) eingreifen.
- Nikotin: Aktiviert postsynaptische Rezeptoren und öffnet dadurch Natriumkanäle, was eine erregende Wirkung auf den Körper hat.
- Kokain: Bewirkt, dass der Botenstoff Dopamin ohne ein elektrisches Signal in den synaptischen Spalt gelangt und verhindert die Wiederaufnahme in den präsynaptischen Teil, was zu einer Dauergereiztheit der nachfolgenden Zelle führt.
- Atropin: Hemmt Acetylcholin-Rezeptoren, indem es die Bindung von Acetylcholin verhindert.
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