Gedicht über Alzheimer und das Vergessen: Eine Auseinandersetzung

Alzheimer ist eine Krankheit, die oft mit Leid, Elend, Vereinsamung, Entfremdung und Horror assoziiert wird. Sie ist tückisch, grausam und entwürdigend. Doch neben all dem Schrecklichen gibt es auch Aspekte, die oft übersehen werden. Vergessen kann manchmal ein Segen sein, und es ist wichtig, Alzheimer-Patienten nicht zu objektivieren, sondern sie als Menschen wahrzunehmen.

Die Gefühlswelt der Betroffenen und Angehörigen

Die Alzheimer-Erkrankung ist oft eine Achterbahn der Gefühle, sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Angehörigen. Menschen mit Alzheimer verändern sich, manchmal sogar dramatisch, was für ihr Umfeld eine große Herausforderung darstellt. Es ist nicht immer angenehm, mit diesen Veränderungen konfrontiert zu sein, da das Verhalten der Betroffenen oft den "normalen" Geist überfordert und einen Fluchtreflex auslöst.

Dabei sollte man nicht vergessen, dass ein Alzheimer-Patient nach wie vor ein Mensch mit Bedürfnissen ist. Auch wenn der intellektuelle Austausch schwieriger wird, funktioniert die emotionale Ebene oft noch sehr gut, manchmal sogar besser als zu gesunden Zeiten. Daher ist es wichtig, den Betroffenen mit Respekt und vor allem mit Gefühl zu begegnen.

Angehörige sind oft stark belastet durch die Begleitung und Unterstützung eines demenzkranken Familienmitglieds. Sie machen sich Sorgen und haben Ängste im Zusammenhang mit der Erkrankung. Es ist wichtig, dass sie Unterstützung erhalten und lernen, besser mit der Krankheit umzugehen. Ein offener Umgang mit der Erkrankung kann dabei helfen, da andere Menschen zu Komplizen werden können, die Verständnis zeigen und Unterstützung anbieten.

Poesie als Schlüssel zur Gefühlswelt von Menschen mit Demenz

Die Poesie kann ein Schlüssel zur Gefühlswelt von Menschen mit Demenz sein. Dies zeigt das Projekt "Weckworte" von Lars Ruppel, einem Slam-Poeten, der Gedichte für Menschen mit Alzheimer und Demenz vorträgt. Ruppel hat festgestellt, dass Menschen mit Demenz oft von Gedichten "geweckt" werden und dass auch die Pflegekräfte durch die Gedichte neue Möglichkeiten der Kommunikation und Interaktion entdecken.

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Ruppel arbeitet in Pflegeheimen mit Gedichten von Dadaisten, moderner Lyrik und Rap-Texten. Er achtet darauf, die Gedichte auszuwählen, die den Pflegekräften gefallen, da diese ihre Begeisterung besser vermitteln können. Bei der Auswahl der Gedichte berücksichtigt er die Stimmung der Zuhörer und passt die Texte entsprechend an. So kann er beispielsweise bei Trauernden das Gedicht "Kindersand" von Joachim Ringelnatz vortragen und dabei die Hand des Zuhörers streicheln, um Nähe und Zuneigung zu vermitteln.

Die Reaktionen auf die Gedichte sind vielfältig: Manche Zuhörer tanzen, andere rufen "aufhören!", wieder andere schlafen ein oder weinen vor Freude. Ruppel betont, dass es wichtig ist, die individuellen Bedürfnisse und Gefühlszustände der Zuhörer zu berücksichtigen und die Gedichte entsprechend auszuwählen.

Alz-Poetry: Dichten gegen das Vergessen

"Alz-Poetry" ist ein Ansatz, der Poesie nutzt, um Menschen mit Demenz zu erreichen und ihnen einen Zugang zu ihrer Gefühlswelt zu ermöglichen. Gary Glazner aus New York, der Erfinder von Alz-Poetry, trug seiner an einem Hirntumor erkrankten Mutter Gedichte vor und bemerkte dabei die positive Wirkung. Dies war die Geburtsstunde von Alz-Poetry, das in den USA bereits in vielen Pflegeeinrichtungen eingesetzt wird.

In Deutschland bieten Pauline Füg, Diplompsychologin, und Henrikje Stanz, Diplompädagogin, sogenannte Demenz-Poesie-Sessions in Altenheimen und auf Pflegestationen an. Sie tragen Gedichte vor, die die Zuhörer in ihrer Kindheit gelernt haben mögen, und animieren sie zum Sprechen, Mitsingen und zur Bewegung. Dabei greifen sie auf bewährte therapeutische Methoden und Kniffe aus Ergotherapie, Psychotherapie, Musiktherapie oder Gedächtnistraining zurück.

Füg und Stanz haben festgestellt, dass Demenz-Poesie-Sessions die Lebensqualität der Patienten steigern können. Die Patienten werden ruhiger, und einige benötigen weniger Medikamente. Auch wenn die Teilnehmer oft schnell vergessen, was sie erlebt haben, leuchten ihre Augen während der Sessions, und sie blühen sichtlich auf.

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Gedichte und Zitate über Demenz

Es gibt viele Gedichte und Zitate, die sich mit dem Thema Demenz auseinandersetzen und die Gefühlswelt der Betroffenen und ihrer Angehörigen widerspiegeln.

Ein Gedicht von Dirk Steinert beschreibt die Demenz als ein "Fortwandern" und "Verlassen" des "Gedankenorts". Es betont jedoch auch die Liebe und das Gefühl, das trotz der Krankheit in den Augen des Betroffenen spricht.

Ein weiteres Gedicht von Dirk Steinert schildert die Verwirrung und Angst eines Menschen mit Demenz, der seine Tochter und seinen Schwiegersohn nicht mehr erkennt und sich fremd und unwohl fühlt.

Die Poetry-Slammerin Leah Weigand lässt in ihrem Text "Clara" sprechen, um die Symptome und den Verlauf der Alzheimer-Erkrankung zu verdeutlichen. Sie verwendet das sprachliche Bild der Motten, die Kleider zerfressen, um das Gehirn zu beschreiben: "Ich habe Motten im Kopf".

Stella Braam, die selbst jung an Demenz erkrankt ist, träumt von einem Land, in dem Menschen mit Alzheimer durch die Straßen irren können.

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Felix, eine Romanfigur, spricht aus, was niemand zu sagen wagt, und tut, was sonst niemand tun würde. Seine Erinnerungen sind wie Wellen in seinem Kopf, wogend und nicht festzuhalten.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen stehen vor vielen Herausforderungen. Dazu gehören Orientierungsschwierigkeiten, Sprachprobleme, Unsicherheit, Belastung der Angehörigen und Stigmatisierung durch die Gesellschaft.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist es wichtig, dass Menschen mit Demenz so lange wie möglich selbständig leben und Teil einer Gemeinschaft sein können. Dazu müssen Barrieren abgebaut und Hilfsmittel bereitgestellt werden. Auch die Gesellschaft muss sich ändern und Menschen mit Demenz als Teil der Gemeinschaft akzeptieren.

Es gibt bereits viele Initiativen, die sich für ein besseres Leben für Menschen mit Demenz und ihre Familien einsetzen. Dazu gehören Projekte wie "Weckworte" und Demenz-Poesie-Sessions, die den Betroffenen einen Zugang zu ihrer Gefühlswelt ermöglichen und ihre Lebensqualität steigern.

Die Zukunft gestalten

In Zukunft wird die Zahl der Menschen mit Demenz steigen. Daher ist es wichtig, dass wir uns heute schon Gedanken darüber machen, wie wir ein besseres Leben für diese Menschen gestalten können.

Wir müssen Begegnungen mit Menschen mit Demenz ermöglichen und ihnen die Möglichkeit geben, ihre Fähigkeiten einzubringen. Wir müssen unsere Städte und Dörfer so gestalten, dass sie für Menschen mit Demenz lebenswert sind. Und wir müssen neue Ideen entwickeln, um das Leben von Menschen mit Demenz und ihren Familien zu verbessern.

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