Das menschliche Gehirn: Aufbau, Funktionen und Geschlechtsunterschiede

Das menschliche Gehirn ist ein faszinierendes und komplexes Organ, das unser Denken, Verhalten und Empfinden steuert und beeinflusst. Es ist die Steuerzentrale für lebenswichtige Abläufe im Körper. Es besteht aus verschiedenen Teilen und Milliarden von vernetzten Nervenzellen. Das Gehirn steuert alle wichtigen Fähigkeiten des Menschen: was wir wahrnehmen und empfinden, was wir wissen und denken oder wie wir uns verhalten. Es stellt aber auch sicher, dass unsere Organe richtig arbeiten und steuert all unsere Bewegungen. Es nimmt Sinneseindrücke auf und verarbeitet sie. Außerdem speichert es Informationen im Gedächtnis und ruft sie bei Bedarf wieder ab.

Allgemeiner Überblick über das Gehirn

Das Gehirn (Encephalon) ist der Teil des zentralen Nervensystems, der innerhalb des knöchernen Schädels liegt und diesen ausfüllt. Das Gehirnvolumen (Mensch) beträgt etwa 20 bis 22 Gramm pro Kilogramm Körpermasse. Das Gewicht (Gehirn) macht mit 1,5 bis zwei Kilogramm ungefähr drei Prozent des Körpergewichts aus. Es besteht aus unzähligen Nervenzellen, die über zuführende und wegführende Nervenbahnen mit dem Organismus verbunden sind und ihn steuern. Ein Mensch hat ungefähr 100 Milliarden Gehirnzellen, die das zentrale Nervensystem, unser Gehirn, aufbauen und untereinander verknüpft sind. Die Zahl dieser Verknüpfungen wird auf 100 Billionen geschätzt.

Das Gehirn ist kein homogenes Organ, sondern besteht aus verschiedenen Abschnitten, die jeweils spezifische Funktionen erfüllen. Die Hauptbereiche des Gehirns sind:

  • Großhirn (Telencephalon)
  • Zwischenhirn (Diencephalon)
  • Mittelhirn (Mesencephalon)
  • Kleinhirn (Cerebellum)
  • Nachhirn (Myelencephalon, Medulla oblongata)

Diese Bereiche sind durch komplexe neuronale Netzwerke miteinander verbunden und kommunizieren ständig, um die vielfältigen Aufgaben des Gehirns zu erfüllen.

Die Hauptstrukturen des Gehirns und ihre Funktionen

Großhirn (Telencephalon)

Das Großhirn ist der größte und am höchsten entwickelte Teil des Gehirns. Es ist für höhere kognitive Funktionen wie Denken, Lernen, Gedächtnis, Sprache und Bewusstsein verantwortlich. Die Großhirnrinde, die äußere Schicht des Großhirns, ist in verschiedene Lappen unterteilt:

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  • Stirnlappen (Frontallappen): zuständig für Planung, Entscheidungsfindung, Problemlösung, willkürliche Bewegungen und Persönlichkeit
  • Schläfenlappen (Temporallappen): zuständig für Hören, Gedächtnis, Sprache und emotionale Verarbeitung
  • Scheitellappen (Parietallappen): zuständig für sensorische Wahrnehmung, räumliche Orientierung und Aufmerksamkeit
  • Hinterhauptlappen (Okzipitallappen): zuständig für visuelle Verarbeitung

Die beiden Gehirnhälften sind durch ein dickes Bündel aus Nervenfasern verbunden, dem Balken. Jede Gehirnhälfte besteht wiederum aus sechs Bereichen (Lappen) mit unterschiedlichen Funktionen. Das Großhirn kontrolliert Bewegungen und verarbeitet Sinneseindrücke von außen. Hier entstehen bewusste und unbewusste Handlungen und Gefühle. Es ist außerdem für Sprache und Hören, Intelligenz und Gedächtnis verantwortlich.

Zwischenhirn (Diencephalon)

Das Zwischenhirn befindet sich zwischen dem Großhirn und dem Mittelhirn und besteht aus mehreren wichtigen Strukturen:

  • Thalamus: fungiert als Relaisstation für sensorische Informationen, die von den Sinnesorganen zum Großhirn gelangen; filtert und leitet Informationen weiter
  • Hypothalamus: reguliert wichtige Körperfunktionen wie Körpertemperatur, Hunger, Durst, Schlaf-Wach-Rhythmus und Hormonhaushalt; steuert das vegetative Nervensystem
  • Hypophyse: produziert und setzt Hormone frei, die verschiedene Körperfunktionen regulieren

Im Thalamus werden Sinneseindrücke verarbeitet; über den Hypothalamus werden der Schlaf-Wach-Rhythmus, Hunger und Durst, das Schmerz- und Temperaturempfinden und der Sexualtrieb gesteuert.

Hirnstamm

Der Hirnstamm ist der älteste Gehirn-Teil in der Entwicklungsgeschichte des Menschen. Er verbindet das Gehirn mit dem Rückenmark. Zum Hirnstamm werden drei Hirn-Abschnitte gerechnet: verlängertes Mark, Mittelhirn und Brücke. Der Hirnstamm ist u. a. Durch den Hirnstamm verlaufen wichtige Nerven-Bahnen. Sie sorgen dafür, dass eingehende Sinneseindrücke aus dem Körper an das Großhirn weitergeleitet werden. Umgekehrt leiten sie auch Informationen vom Großhirn zu den Nervenzellen des Rückenmarks. Diese sind z. B. Außerdem regelt der Hirnstamm lebenswichtige Systeme wie Herzschlag, Atmung und Blutdruck. Auch wichtige Körperreflexe haben hier ihren Sitz. Dazu gehören z. B.

Der Hirnstamm, der entwicklungsgeschichtlich älteste Teil des Gehirns, ist für die grundlegenden Lebensfunktionen zuständig. Er steuert die Herzfrequenz, den Blutdruck und die Atmung sowie Reflexe wie den Lidschluss-, Schluck- oder Hustenreflex.

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Kleinhirn (Cerebellum)

Das Kleinhirn befindet sich hinter dem Hirnstamm und ist für die Koordination von Bewegungen, das Gleichgewicht und die Feinmotorik zuständig. Es speichert auch gelernte Bewegungsabläufe und trägt zur Aufrechterhaltung der Körperhaltung bei. Gemeinsam mit dem Großhirn steuert es die Muskeln und somit die Bewegungen. Außerdem sorgt es ganz wesentlich mit dafür, dass die Muskel-Spannung des Körpers erhalten bleibt. Während das Großhirn vorrangig für bewusste Bewegungen zuständig ist, steuert das Kleinhirn bereits gelernte Bewegungsabläufe. Hier werden bestimmte Bewegungsabfolgen wie Tanzschritte oder das Schalten beim Autofahren gespeichert.

Die Rolle von Nervenzellen und Synapsen

Das Gehirn ist ein gigantisches Netzwerk von Nervenzellen. Dieses Netzwerk steuert all unsere Organe und Körperfunktionen. Man unterscheidet verschiedene Bereiche im Gehirn, wobei jeder Bereich auf bestimmte Aufgaben spezialisiert ist. Das Gehirn ist wie ein großer Computer. Es verarbeitet Sinneseindrücke und Informationen des Körpers und schickt Botschaften in alle Bereiche des Körpers zurück. Doch das Gehirn kann weit mehr als eine Maschine: Mit dem Gehirn denkt und fühlt der Mensch, hier liegen die Wurzeln seiner Intelligenz.

Die Gehirnzellen sind durch Synapsen, Kontaktstellen zwischen den Zellen, miteinander verbunden. Diese Kontaktstellen spielen eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung der Nachrichten. Informationen aus dem Körper oder der Umwelt gelangen etwa in Form von Hormonen über das Blut oder als elektrische Impulse aus den Sinneszellen über Nervenbahnen bis ins Gehirn. Dort werden sie bewertet und verarbeitet. Als Reaktion werden entsprechende Signale vom Gehirn wieder ausgesendet - zum Beispiel an Muskeln, um sich zu bewegen, an Drüsen, um Sekrete zu produzieren und abzugeben, oder an Sinnesorgane, um Reize aus der Umwelt zu beantworten.

Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen

Dass Männer im Durchschnitt größere Gehirne haben als Frauen, ist in den Neurowissenschaften weithin bekannt. Strukturelle Geschlechtsunterschiede zeigen sich sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch. Das männliche Gehirn ist durchschnittlich ca. 15 % größer und schwerer als das weibliche. Ein Unterschied bleibt auch nach Berücksichtigung der Körpergröße bestehen. Strukturelle Geschlechtsunterschiede in subkortikalen Strukturen, wie insbes. dem Hypothalamus, werden mit Geschlechtsunterschieden in sex. und reproduktivem Verhalten in Verbindung gebracht. Im Neokortex zeigt das männliche Gehirn 15,5 % mehr Neurone als das weibliche. Außerdem weist der männliche Kortex in allen vier Hirnlappen eine höhere Anzahl und Dichte von Neuronen auf sowie ein größeres kortikales Volumen. Die kortikale Komplexität ist dagegen stärker bei Frauen ausgeprägt.

Wie sich das Gehirn zwischen Geschlechtern jedoch funktionell unterscheidet, ist weniger gut verstanden. Die Forscherinnen haben für ihre Analyse Datensätze des Human Connectome Project genutzt, welches öffentlich zugänglich die Gehirn-Daten von 1000 Studienteilnehmerinnen und Teilnehmern enthält. Das Gehirn arbeitet wie ein großer Computer. Es verarbeitet Sinneseindrücke und Informationen des Körpers und schickt Botschaften in alle Bereiche des Körpers zurück. Doch das Gehirn kann weit mehr als eine Maschine: Mit dem Gehirn denkt und fühlt der Mensch, hier liegen die Wurzeln seiner Intelligenz.

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Die Forscherinnen haben für ihre Analyse Datensätze des Human Connectome Project genutzt, welches öffentlich zugänglich die Gehirn-Daten von 1000 Studienteilnehmerinnen und Teilnehmern enthält. „Entgegen unseren Erwartungen konnten wir herausfinden, dass Unterschiede in der Gehirngröße, -mikrostruktur und Abstand der funktionellen Verbindungen entlang der kortikalen Oberfläche die funktionellen Unterschiede zwischen den biologischen Geschlechtern nicht widerspiegeln können. Wir haben uns deswegen weiter angeschaut, welche Merkmale der Funktion der grundsätzlichen funktionellen Gestaltung des Gehirns erklären könnten. Hier haben wir festgestellt, dass es kleine Geschlechtsunterschiede in den Verbindungen innerhalb und zwischen funktionellen Netzwerken gibt, was die kleinen Unterschiede in der funktionale Netzwerktopographie zwischen den Geschlechtern allgemein erklären könnte. Die Unterschiede sind klein, aber kleine Effekte können manchmal teilweise helfen, bedeutsame Unterschiede in Mechanismen zu erklären. Da wir kognitive und verhaltensbezogene Assoziationen im Rahmen unserer Studie nicht geprüft haben, sollten wir dennoch vorsichtig sein, Spekulationen darüber anzustellen, was diese Unterschiede im Gehirn für beobachtbare Unterschiede zwischen den Geschlechtern bedeuten könnten. Eine Frage, die mich aber persönlich fasziniert, ist zum Beispiel warum Frauen statistisch gesehen zweimal mehr anfällig für Depressionen sind als Männer. Hierbei spielen zum Beispiel die Sexualhormone vermutlich eine bedeutsame Rolle, was sich wiederum eine Kollegin aus unserem Team genauer angeschaut hat“, so Serio weiter.

Einfluss von Sexualhormonen

Sexualhormonrezeptoren sind sowohl in Neuronen als auch in Gliazellen weit verbreitet, was es ihnen ermöglicht, über verschiedene molekulare Mechanismen mit den wichtigsten Zellgruppen des Gehirns zu interagieren. Diese Mechanismen führten zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Gehirnstruktur sowie zu hormonbedingter Plastizität im Gehirn - sowohl durch körpereigene und künstliche Sexhormone, wie Svenja Küchenhoff beschreibt. „Wir haben uns die regionalen Unterschiede in der Mikrostruktur der Gehirnrinde, des Kortex, angeschaut und zwar mithilfe von Magnetresonanztomographie bei über 1000 gesunden Frauen und Männern. In einem ersten Schritt haben wir in der Studie gezeigt, dass es geschlechtsspezifische regionale Unterschiede in der Mikrostruktur der Gehirnrinde und des Hippocampus gibt. Allerdings verändern sich diese geschlechtsspezifischen Unterschiede, je nachdem, welches Hormonprofil man bei den Frauen betrachtet - teilweise verschwinden sie sogar ganz oder drehen sich um. Außerdem finden wir diese Effekte vor allem in Hirnregionen, in denen Gene von Östrogenrezeptoren und der Synthese von Sexualsteroiden besonders stark ausgeprägt werden. Zusammengenommen können wir also sagen, dass Sexualhormone eine wichtige Rolle in der Modulierung und Plastizität der Mikrostruktur des Gehirns haben.“

Die "Female Data Gap" in der Neurowissenschaft

Dass dies dringend nötig ist, findet auch Svenja Küchenhoff, auf deren Studie sich Bianca Serio bezieht. „Wir haben leider immer noch eine ‚Female Data Gap‘ - auch in den Neurowissenschaften. Der männliche Körper wird als Standard angesehen und viele medizinische Lösungen passen daher nicht für viele Frauen. Um zu verstehen, was wirklich hinter medizinischen Problemen steckt, die Männer oder Frauen stärker betreffen, ist es wichtig, die darunterliegenden Faktoren zu betrachten - wie zum Beispiel Variation im Hormonspiegel.“

Das Gehirn im digitalen Zeitalter

Die grundlegende Erkenntnis kommt aus der modernen Hirnforschung: Das Gehirn bildet sich immer so aus, wie man es benutzt und wie es gebraucht wird. Unser digitales Zeitalter, in dem der Mensch fliegt, Auto fährt und im Internet surft, hinterlässt also auch in unserem Gehirn seine Spuren.

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