Die Gesundheit unseres Gehirns ist ein Thema, das in unserer alternden Gesellschaft immer wichtiger wird. Geistige Fitness bis ins hohe Alter ist möglich. Es ist eine Tatsache, dass die Hirnfunktionen im Laufe des Lebens nachlassen können. Doch das bedeutet nicht, dass wir uns damit abfinden müssen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir unsere Gehirngesundheit aktiv fördern und Demenzrisiken reduzieren können.
Die Bedeutung der Gehirngesundheit
Die Bedeutung einer gesunden Lebensweise für die Gehirngesundheit zählt zu den noch neueren Erkenntnissen. Weltweit leiden etwa 50 Millionen Menschen an Demenz, in Deutschland sind es 1,6 Millionen. Im Jahr 2050 könnten es bereits 2,8 Millionen sein. Etwa 40 % aller Demenzerkrankungen könnten verhindert oder verlangsamt werden, wenn die Risikofaktoren angegangen würden.
Das Brain Health Network in den USA hat die wichtigsten Säulen der Gehirngesundheit identifiziert, mit denen sich insbesondere das Demenzrisiko beeinflussen lässt. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie möchte das Konzept der Brain Health in Deutschland in ähnlicher Weise etablieren. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels nimmt die Relevanz für jeden Einzelnen zu. In einer immer älter werdenden Bevölkerung steigt die Zahl altersassoziierter Krankheiten wie vaskulärer und Alzheimer-Demenz, aber auch neurodegenerativer Erkrankungen wie M. Parkinson.
Die Säulen der Gehirngesundheit
Das Brain Health Network hat folgende Säulen der Gehirngesundheit identifiziert:
- Gesunder Lebensstil
- Mentale Aktivität
- Körperliche Aktivität
- Gesunde Ernährung
- Darmgesundheit
- Guter Schlaf
Diese Säulen müssen in allen Altersgruppen täglich gepflegt und gestärkt werden, um die Gehirngesundheit zu erhalten.
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Gesunder Lebensstil
Das Vermeiden von Risikofaktoren bzw. deren Behandlung ist ein wesentliches Element dieser Säule. Das umfasst u.a. Nikotinverzicht, Normalgewicht, die Behandlung von Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus.
Eine Studie, die im Fachmagazin JAMA Neurology veröffentlicht wurde, zeigt, dass Salz ein Faktor ist, der Bluthochdruck begünstigt. Zwar ist der Zusammenhang noch nicht vollständig geklärt, Studien zeigen indes eindeutig, dass ein hoher Salzkonsum die Wahrscheinlichkeit erhöht, an Bluthochdruck zu erkranken. Bluthochdruck wiederum begünstigt kognitive Defizite. Im Durchschnitt sind die mentalen Einbußen, die durch Bluthochdruck verursacht werden, zwar nur gering, jedoch begünstigt Bluthochdruck ebenfalls die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden. Schlaganfälle sind oftmals mit gravierenden Schädigungen des Gehirns verbunden.
Mentale Aktivität
Mentale Aktivität mit regelmäßigem kognitiven Training ist einer der wesentlichsten Faktoren für die Gehirngesundheit. Dazu gehören v.a. soziale Kontakte und Aktivitäten, Interessen und Hobbys (z.B. Museumsbesuche, Kreuzworträtsel, Puzzeln, Erlernen eines Musikinstruments oder Sprachen). Ein niedriger Bildungsstand ist ein eigenständiger Risikofaktor der Demenzentwicklung. Es gibt viele Dinge, die Du tun kannst, um Dein Gehirn in Form zu halten - Stichwort Gehirnjogging. Rätsel lösen, lesen, Karten spielen, ein Puzzle zusammensetzen… das alles ist Training für die grauen Zellen. Noch besser ist es das Gehirn immer wieder vor neue Herausforderungen zu stellen, denn es liebt Abwechslung! Egal ob es eine neue Sprache oder ein Musikinstrument ist, oder nur ein neues Kochrezept - wer Unbekanntes ausprobiert, zwingt seine Nervenzellen dazu sich neu zu vernetzen. Das stärkt die mentale Leistungsfähigkeit. Auch wer sich kreativ betätigt, tut seinem Gehirn etwas Gutes. Egal wofür Du Dich entscheidest, die Aufgaben sollten Dich fordern, aber natürlich auch Spaß machen!
Zur Aufrechterhaltung von intellektuellen Interessen und sozialer Teilhabe im Alter und damit zur Vorbeugung einer Demenzentwicklung wurde das Hörvermögen als wichtigster Faktor ermittelt. Die frühzeitige Korrektur und Wiederherstellung eines beeinträchtigten Hörvermögens trägt wesentlich zur Demenzprävention bei. Eine Studie der Johns Hopkins Universität ergab, dass schwerhörige Personen eine zwischen 30 und 40% höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, unter kognitiven Einbußen zu leiden. Aus diesem Grunde ist es ratsam, die Ohren zu schützen so gut es nur geht. Inzwischen gibt es Einsätze für die Ohren, die bei einem Audiologen maßgeschneidert angepasst werden und die Ohren effektiv vor zu großer Lautstärke schützen.
Körperliche Aktivität
Soziale Aktivität kann gut mit körperlichen Aktivitäten verbunden werden. Empfohlen werden in allen Altersgruppen pro Woche mindestens 140 Minuten Bewegung bzw. Sport. Allerdings können Sportarten mit höherem Risiko für Schädelprellungen bzw. leichte Schädel-Hirn-Traumata (z.B. Ballsportarten wie Fußball oder Kampfsport) das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen im späteren Leben erhöhen. Im höheren Lebensalter senkt bereits regelmäßiges Spazierengehen das Demenzrisiko deutlich, zeigt eine aktuelle Studie. Machen Sie mehrmals pro Woche aktiv Sport und bewegen Sie sich jeden Tag. Wer täglich rund 9.000 Schritte geht - am besten schnell gehen - hat ein deutlich niedrigeres Demenz-Risiko. Ab etwa 3.800 Schritten täglich zeigt sich bereits ein schützender Effekt. Mehrere Studien zeigen, dass körperlich aktive Menschen im Vergleich zu inaktiven geistig leistungsfähiger sind und es auch länger bleiben. Sie haben zudem ein geringeres Risiko an Demenz oder Alzheimer zu erkranken. Denn Bewegung jeder Art - am besten an der frischen Luft - ist gut für die Gehirnstruktur und so für die mentale Gesundheit. Sie begünstigt die Entstehung und das Wachstum neuer Gehirnzellen und wirkt sich positiv auf die Blutgefäße aus. Das Gehirn kann besser mit Sauerstoff und Blutzucker versorgt werden. Bereits regelmäßige kurze Spaziergänge können die Neuroplastizität fördern. Körperliche Aktivität hat zudem einen positiven Einfluss auf Herz-Kreislauf- und Immunsystem, was indirekt zum Erhalt der geistigen Leistungsfähigkeit beitragen kann.
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Gesunde Ernährung
Die mediterrane Kost gilt als optimal zum Schutz vor Krebs und zur Erhaltung der kardiovaskulären sowie der Gehirngesundheit (MIND-Diät, Mediterranean Diet Intervention for Neurodegenerative Delay). Der Alkoholkonsum sollte 15 g/d (Frauen) und 30 g/d (Männer) nicht überschreiten. Völlige Abstinenz führt nach der aktuellen Datenlage nicht zur Senkung spezifischer gesundheitlicher Risiken (Ausnahme: in der Schwangerschaft). Mit gesunder Ernährung können wir das Gehirn unterstützen und sogar das Risiko für Alzheimer reduzieren. Nüsse, Haferflocken, Beeren und Kichererbsen versorgen uns mit B-Vitaminen, Flavonoiden und Eiweiß. Unser Gehirn macht zwar nur ein Fünfzigstel unseres Körpergewichts aus, verbraucht aber ein Fünftel unserer Energie. Kein Wunder, denn es ist immer im Dienst - und immer hungrig. Es gibt viele Lebensmittel, mit denen wir unsere grauen Zellen unterstützen können. Nichts braucht unser Gehirn so sehr wie Wasser. Reicht die Flüssigkeit nicht aus, schrumpfen die Gehirnzellen, die Neuronen, und funktionieren nicht mehr richtig. Das Gehirn kann dann nicht mehr gut denken. Grundsätzlich gilt: Ungesunde Nahrungsmittel, die Herzinfarkte oder Schlaganfälle begünstigen, fördern auch Durchblutungsstörungen im Gehirn, die lange unbemerkt bleiben können. Deshalb sollte man möglichst frühzeitig auf eine gefäßgesunde Ernährung achten. Auch wenn es sich in jedem Alter lohnen kann, seine Ernährung auf eine gesündere Ernährungsform wie die mediterrane Küche umzustellen, ist der Effekt für das Gehirn umso größer, je früher man beginnt.
Unser Gehirn braucht 120 bis 140 Gramm Glukose pro Tag, um ausreichend mit Energie versorgt zu werden. Bekommt es zu wenig, schaltet es auf Sparflamme und verliert an Leistungsfähigkeit. Gute Energielieferanten für das Gehirn sind Haferflocken, denn sie lassen den Blutzuckerspiegel langsam steigen. Hafer gilt zudem als Muntermacher, beugt Nervosität, Stress und Konzentrationsproblemen vor. Nüsse sind reich an ungesättigten Fettsäuren und B-Vitaminen. Vor allem Walnüsse gelten als Brainfood, denn sie liefern neben Omega-3-Fettsäuren auch Eiweiß und die Vitamine B1, B2, B6 und E. Für den internen Informationsaustausch, also beim Lernen und Erinnern, benötigt unser Gehirn auch reichlich Aminosäuren. Die bekommt es aus Eiweiß, zum Beispiel aus Eiern oder Quark, aber auch aus pflanzlichen Quellen: Kichererbsen liefern neben Eiweiß reichlich B-Vitamine und auch Sojabohnen (zum Beispiel Sojamilch, Tofu) sind nicht nur gute Eiweißquellen, sondern enthalten auch die Vitamine B1, B2 und B6, dazu Eisen, Magnesium und Zink. Fisch liefert reichlich Omega-3-Fettsäuren, genauer die Fettsäuren DHA und EPA. Sie wirken entzündungshemmend und halten die Wände unserer Zellen geschmeidig. Davon profitieren auch die grauen Zellen, denn für Verfallsprozesse im Gehirn sind oft Entzündungen mitverantwortlich. Zum Brainfood werden auch Obstsorten wie Beeren gezählt, die reich an sogenannten Antioxidantien sind. Diese Stoffe schützen unsere grauen Zellen zum Beispiel vor Stress. Die Wirkung von Nahrungsmitteln auf die Gehirngesundheit wird nach wissenschaftlichen Erkenntnissen maßgeblich über das Darm-Mikrobiom vermittelt. Die Darmbakterien verarbeiten, was an Nahrungsresten bei ihnen ankommt. Dabei entstehen Stoffwechselprodukte, die über die Darmwand und die Blutbahn direkt ins Gehirn gelangen oder indirekt den Vagusnerv die Kommunikationsautobahn ins Gehirn beeinflussen.
Gesunder Darm
Die Bedeutung des Darmmikrobioms für die Gesundheit steht zunehmend im Fokus. Die Forschung entschlüsselt immer neue Zusammenhänge zwischen Darmmikrobiom und z.B. Immunsystem, Übergewicht, Diabetes mellitus bis hin zur Hirngesundheit. Faktoren wie Ernährung, Antibiotika, Stress, Erkrankungen beeinflussen das Darmmikrobiom. Zwischen Darm und Gehirn gibt es Millionen von Nervenverbindungen, die zunehmend besser verstanden werden. So hat das Darmmikrobiom nachweislich Einfluss auch auf neurologische und neurodegenerative Erkrankungen, die früher in erster Linie mit genetischer Veranlagung in Verbindung gebracht wurden, wie Multiple Sklerose, M. Parkinson, Depression und Demenzen.
Guter Schlaf
Zu wenig Schlaf kann die Gesundheit auf vielfältige Weise beeinträchtigen: So zeigt die Forschung z.B. einen Zusammenhang mit Adipositas, Blutzuckerkontrolle, Bluthochdruck oder erhöhter Entzündungsbereitschaft des Organismus. Ebenso wichtig ist Schlaf für die Gehirngesundheit, u.a. für kognitive Prozesse, Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit. Zusammenhänge zwischen schlechtem Schlaf und neurologischen Erkrankungen wurden beobachtet, z.B. mit erhöhtem Auftreten der Alzheimer-Erkrankung sowie einem Rückgang der kognitiven Fähigkeiten. Achten Sie auf Ihren Schlaf. Eine anhaltend kurze Schlafdauer ist mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden. Sie sollten auf Dauer mindestens 6 Stunden erholsamen Schlaf finden. Schlafmangel behindert die Konzentrationsfähigkeit, reduziert die Kreativität, beeinträchtigt das Erinnerungsvermögen und verlangsamt die Reaktionszeit. Dabei ist Schlaf für das Gehirn viel mehr als nur ein Ruhezustand zur Regeneration. Schlafen ist bedeutend für die Informationsverarbeitung im Gehirn, es begünstigt die Neuroplastizität. Wichtige Inhalte werden im Langzeitgedächtnis abgespeichert, Unwichtiges dagegen wird gelöscht um wieder Platz für Neues zu schaffen. Unser Gehirn versucht im Schlaf zudem nicht mehr benötigte schädliche Stoffwechselprodukte und Eiweiße über das Lymphsystem wieder loszuwerden. Ein ausgeruhtes und aufgeräumtes Gehirn kann so konzentriert und aufmerksam in den neuen Tag starten.
Weitere Tipps für ein gesundes Gehirn
Neben den genannten Säulen gibt es noch weitere Faktoren, die unsere Gehirngesundheit beeinflussen können:
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- Soziale Kontakte: Nehmen Sie am sozialen Leben teil und bleiben Sie Neuem gegenüber stets offen. Das Gehirn muss ständig weiter aktiviert und trainiert werden. Es möchte lernen, bis ins hohe Alter. Tipp: Machen Sie einen Tanzkurs. Das verbindet Lernen, Sozialleben und Bewegung gleich miteinander. Pflege Deine Kontakte, egal ob zur Familie, zu Freunden, Kollegen oder Nachbarn, sei ein Teil einer Gemeinschaft. Gute Beziehungen und regelmäßiger Austausch mit anderen sind wichtig: Denn wir Menschen sind soziale Wesen. Schon im Kindesalter sind zwischenmenschliche Interaktionen für eine gesunde Entwicklung essentiell. Ältere Menschen mit wenig sozialen Kontakten haben nachweislich ein höheres Risiko kognitive Beeinträchtigungen und Demenz zu entwickeln.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Lassen Sie bestehende Erkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Depressionen oder Diabetes behandeln. Diese haben einen großen Einfluss auf das Entstehen einer Demenz - ebenso wie nachlassendes Seh- und Hörvermögen. Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sind ungesund, gerade für das Gehirn. Das gilt auch für Kopfverletzungen. Im Verkehr sollte man möglichst einen Helm aufsetzen und den Kopf auch beim Sport schützen.
- Stressreduktion: Stress kann ein Faktor sein, der zu vielen gesundheitlichen Problemen beiträgt, einschließlich Herzerkrankungen, Schlaflosigkeit und Angststörungen. Die Forschung zeigt auch, dass ein erhöhter Spiegel des Stresshormons Cortisol im Blut bei Erwachsenen mittleren Alters mit Gedächtnisstörungen und einer reduzierten Gehirngröße einhergeht. Meditation kann helfen, den Geist zu beruhigen, Stress zu reduzieren und den Blutdruck zu senken. Die Forschung zeigt auch, dass sie dazu beitragen kann, den altersbedingten Gedächtnisverlust zu reduzieren - oft erreichst du schon mit nur 12 Minuten regelmäßiger Meditation täglich einen spürbaren Nutzen. Meditieren kann dabei helfen, die negativen biochemischen Auswirkungen von Stress abzuschwächen, die zum kognitiven Abbau beitragen können.
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