Alzheimer Gehirn Veränderungen

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz und betrifft Millionen von Menschen weltweit. Sie ist gekennzeichnet durch einen fortschreitenden Verlust kognitiver Fähigkeiten, der das tägliche Leben beeinträchtigt. Obwohl die genauen Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind, sind die Veränderungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten Gegenstand intensiver Forschung.

Was ist Alzheimer?

Alzheimer ist eine Demenz-Art, die Probleme mit dem Gedächtnis, dem Denken und dem Verhalten verursacht. Der Begriff „Demenz“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie "Weg vom Geist" oder "ohne Geist". Das beschreibt den Kern einer Demenz recht gut: Es handelt sich um den fortschreitenden Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit. Betroffen sind das Gedächtnis, das Denken, die Konzentrationsfähigkeit, aber auch eine Reihe anderer Hirnleistungen sowie das Verhalten. Grund für den Verlust der geistigen Fähigkeiten ist bei allen primären Demenzen ein fortschreitender Untergang von Nervenzellen im Gehirn. Die Ursachen dafür sind vielfältig und Gegenstand intensiver Forschung.

Alzheimer ist die häufigste Demenz-Art und ist eine allgemeine Bezeichnung für den Verlust des Gedächtnisses und anderer intellektueller Fähigkeiten, die schwerwiegend genug sind, um das tägliche Leben zu beeinträchtigen. Die Alzheimer-Krankheit verursacht 50 bis 80 Prozent aller Demenz-Fälle. Alzheimer ist keine normale Folge des Alterns, obwohl der bekannteste Risikofaktor steigendes Alter ist, und die meisten Personen mit Alzheimer 65 Jahre oder älter sind. Alzheimer ist jedoch nicht nur eine Alterserkrankung. Alzheimer verschlimmert sich mit der Zeit. Alzheimer ist eine fortschreitende Krankheit, bei der sich Demenz-Symptome über mehrere Jahre schrittweise verschlimmern. In der frühen Phase ist der Gedächtnisverlust gering, doch in der fortgeschrittenen Phase der Alzheimer-Krankheit verlieren die Betroffenen die Fähigkeit, eine Unterhaltung zu führen und auf ihre Umgebung zu reagieren.

Veränderungen im Gehirn bei Alzheimer

Im Gehirn von Menschen mit Alzheimer kommt es zu einer Reihe von Veränderungen, die zum Absterben von Nervenzellen und zum Verlust von Hirnfunktionen führen. Zu den wichtigsten Veränderungen gehören:

Amyloid-Plaques

Amyloid-beta (Aß) ist ein Protein, das natürlicherweise im Gehirn vorkommt. Im Gehirn von Menschen mit Alzheimer sammelt sich übermäßig viel Amyloid-beta zwischen den Gehirnzellen an und bildet kleinere, giftige Klumpen (Oligomere) und riesige Zusammenlagerungen (Plaques). Diese Plaques stören die Kommunikation zwischen den Nervenzellen und lösen Entzündungen aus, die zum Absterben der Zellen führen.

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Tau-Fibrillen

Im Gehirn gibt es ein weiteres Protein, das mit Alzheimer in Verbindung gebracht wird: das Tau-Protein. Im Inneren der Gehirnzellen sorgt es für die Stabilität und Nährstoffversorgung. Bei der Alzheimer-Krankheit ist das Tau-Protein chemisch so verändert, dass es seiner Funktion nicht mehr nachkommen kann. Die chemische Veränderung des Tau-Proteins bewirkt, dass es eine fadenförmige Struktur bildet. Diese Tau-Fibrillen verknäulen sich im Inneren der Nervenzellen und beeinträchtigen deren Funktion und Transport von Nährstoffen. Dies führt letztendlich zum Zelltod.

Schrumpfung des Gehirns

Die Alzheimer-Krankheit führt zu einer Schrumpfung bestimmter Bereiche des Gehirns. Diese Schrumpfung kann mithilfe von MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie) oder CT (Computer-Tomografie) sichtbar gemacht werden. Betroffen sind vor allem der Hippocampus, der für das Gedächtnis wichtig ist, und die Großhirnrinde, die für Denken, Sprache und Wahrnehmung zuständig ist.

Verlust von Synapsen

Im Zusammenhang mit diesem Nervenzellsterben sehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auffällige Eiweißablagerungen im Gehirn der Betroffenen. Zunächst sind vor allem die Synapsen betroffen: Das sind die Verbindungsstellen, über die Informationen von einer Nervenzelle an die nächste weitergeleitet werden. Im Zusammenhang mit diesem Nervenzellsterben sehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auffällige Eiweißablagerungen im Gehirn der Betroffenen.

Entzündungen

Die Ablagerungen von Amyloid und Tau führen zu einer entzündlichen Reaktion umgebender Immun- und Gliazellen, die auf unterschiedliche Weise die Krankheitsprozesse vorantreiben. Mikrogliazellen spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem unseres Gehirns. Wie eine Gesundheitspolizei sorgen sie dafür, dass schädliche Substanzen wie Krankheitserreger zerstört und abtransportiert werden.

Die Rolle von Gliazellen

Neben den Nervenzellen spielen auch Gliazellen eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit. Aufgabe der Gliazellen ist es, die Nervenzellen im Gehirn zu schützen und zu unterstützen, damit die Signalübertragung - und damit unser Denken und Handeln - reibungslos funktioniert. An der Signalübertragung selbst sind Gliazellen nicht beteiligt.

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Astrozyten sind Gliazellen mit gleich mehreren wichtigen Aufgaben, unter anderem versorgen sie das Gehirn mit Nährstoffen, regulieren die Flüssigkeitszufuhr und helfen bei der Regeneration des Zellgewebes nach Verletzungen. Astrozyten stehen im Verdacht, an der Verbreitung der giftigen Amyloid-beta-Oligomere und Tau-Fibrillen beteiligt zu sein.

Genetische Faktoren

Genetische Faktoren spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit und anderer Demenzen. Allerdings sind sie in weniger als 3% der Fälle der alleinige Auslöser für die Krankheit. Bisher sind drei Gene bekannt, die für diese Form verantwortlich sind. Sind sie verändert, bricht die Alzheimer-Erkrankung in jedem Fall aus - und zwar in der Regel sehr früh, zwischen dem 30. und 65.

Symptome der Alzheimer-Krankheit

Zu den typischen Symptomen der Alzheimer-Erkrankung zählen Gedächtnisverlust, Orientierungslosigkeit, Unruhezustände, Sprachstörungen sowie Aggression und Enthemmung, auch herausforderndes Verhalten genannt. Diese Probleme sind bei den Betroffenen verschieden stark ausgeprägt. Sie verstärken sich im Verlauf der Erkrankung, außerdem kommen mit der Zeit weitere Beschwerden hinzu. Die Alzheimer-Erkrankung schleicht sich langsam ein. Die Erkrankung beginnt bereits lange Zeit, bevor die ersten Symptome einsetzen. Irgendwann machen sich die ersten, vermeintlich harmlosen Aussetzer bemerkbar. Die betroffene Person wirkt fahrig und irgendwie schusselig. Sie wird vergesslich, verlegt Dinge, bringt ihre Sätze nicht zu Ende und kann sich auch sonst schlecht konzentrieren.

Frühstadium

Im frühen Krankheitsstadium stehen Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses im Vordergrund. Die Erkrankten können sich den Inhalt von Gesprächen nicht einprägen oder finden abgelegte Gegenstände nicht mehr wieder. Zusätzlich bestehen Störungen des planenden und organisierenden Denkens, Wortfindungs- und Orientierungsstörungen. Menschen mit Demenz erleben in diesem Stadium oft bewusst, dass sie etwas vergessen. Sie sind verwirrt, weil andere Menschen Dinge behaupten, an die sie sich nicht erinnern können. Dies wirkt bedrohlich für sie und es kommt vermehrt zu peinlichen Situationen. Je nach Persönlichkeitsstruktur reagieren die Erkrankten depressiv, aggressiv, abwehrend oder mit Rückzug. Sie versuchen, eine „Fassade“ aufrechtzuerhalten.

Die Betroffenen sind in diesem Stadium bei Alltagsaufgaben weitgehend selbstständig. Lediglich komplizierte Tätigkeiten, beispielsweise das Führen des Bankkontos oder die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, können sie nur mit Hilfe ausführen. Die Fähigkeiten, Urteile zu fällen und Probleme zu lösen, sind eingeschränkt, aber nicht aufgehoben.

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Mittleres Stadium

Die Einschränkungen von Gedächtnis, Denkvermögen und Orientierungsfähigkeit nehmen allmählich zu und erreichen einen Grad, der die selbstständige Lebensführung nicht mehr zulässt. Die Betroffenen brauchen zunehmend Hilfe bei einfachen Aufgaben des täglichen Lebens wie Einkaufen, Zubereiten von Mahlzeiten, Bedienen von Haushaltsgeräten oder der Körperpflege. Viele Erkrankte können keine vollständigen Sätze mehr bilden und sind dadurch schwer zu verstehen. Die Erinnerungen an lang zurückliegende Ereignisse verblassen ebenfalls. Sie wissen nicht mehr, wen sie geheiratet oder welchen Beruf sie ausgeübt haben, wie ihre Kinder heißen oder wie alt sie sind.

Auch die Wahrnehmung des eigenen Krankseins geht weitgehend verloren. Es kann vorkommen, dass sich die Erkrankten wie im besten Erwachsenenalter fühlen, ihre längst verstorbenen Eltern suchen oder zur Arbeit gehen wollen. Weiterhin können ausgeprägte Veränderungen des Verhaltens hinzukommen. Sie sind für die Angehörigen besonders belastend. Am häufigsten ist eine hochgradige Unruhe. Die Demenzerkrankten gehen rastlos auf und ab, laufen ihren Bezugspersonen hinterher, stellen fortwährend dieselben Fragen oder wollen ständig die Wohnung verlassen. Viele Betroffene zeigen auch gereizte und aggressive Verhaltensweisen.

Spätstadium

Im fortgeschrittenen Stadium besteht ein hochgradiger geistiger Abbau, die Sprache beschränkt sich nur noch auf wenige Wörter oder versiegt ganz. Die Demenzerkrankten sind bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens auf Hilfe angewiesen. In der Regel geht die Kontrolle über Blase und Darm sowie über die Körperhaltung verloren. Viele können nicht mehr ohne Hilfe gehen, brauchen einen Rollstuhl oder werden bettlägerig. Es können Versteifungen in den Gliedmaßen, Schluck­störungen und Krampfanfälle auftreten. Die Anfälligkeit für Infektionen steigt. Die Alzheimer-Krankheit selbst führt nicht zum Tod.

Diagnose

Die Diagnose von Demenzerkrankungen lässt sich bei den meisten Betroffenen mit einfachen Mitteln stellen. Auch die Alzheimer-Krankheit kann mit geringem diagnostischen Aufwand gut erkannt werden. Die Ärztin oder der Arzt muss bei Patientinnen und Patienten mit Störungendes Gedächtnisses, der Orientierung, der Sprache oder des Denk- und Urteilsvermögens eine sorgfältige Untersuchung durchführen, um behebbare Ursachen dieser Leistungsstörungen auszuschließen, einen individuell abgestimmten Behandlungsplan zu entwerfen und die Betroffenen und ihre Familien aufzuklären und zu beraten. Sofern Warnsignale vorliegen, zum Beispiel Vergesslichkeit für wiederkehrende Ereignisse und alltägliche Begebenheiten, Wortfindungsstörungen oder Orientierungseinbußen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Gerade bei leichten, beginnenden Einbußen ist es empfehlenswert, - nach Absprache mit dem Hausarzt - einen Facharzt (Neurologe bzw. Psychiater) oder eine Gedächtnissprechstunde aufzusuchen.

Behandlung

Für Alzheimer gibt es derzeit keine Heilung, aber die Behandlung von Symptomen ist verfügbar und die Forschung wird fortgeführt. Obwohl die derzeitigen Alzheimer-Behandlungen nicht in der Lage sind, das Fortschreiten von Alzheimer aufzuhalten, können sie zeitweise das Verschlechtern von Demenz-Symptomen verzögern und die Lebensqualität für Menschen mit Alzheimer und deren Betreuer verbessern.

In der Behandlung von Patienten mit Demenzerkrankungen spielen Medikamente eine wichtige Rolle. Sie werden zur Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsbewältigung, zur Milderung von Verhaltensstörungen und in manchen Fällen auch zur Verhinderung weiterer Schädigungen des Gehirns eingesetzt. Zur Behandlung gehören auch die geistige und körperliche Aktivierung der Betroffenen, die richtige Weise des Umgangs, die bedarfsgerechte Gestaltung der Wohnung und die Beratung der Angehörigen.

Aktuell sind Medikamente in der Entwicklung, die in einem sehr frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit den Krankheitsverlauf verzögern sollen. Solche Medikamente sind bisher in Europa nicht verfügbar. Im April 2025 wurde der Wirkstoff Lecanemab von der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) und der Europäischen Kommission zugelassen, derzeit wird aber noch geprüft, unter welchen Bedingungen er in Deutschland für Patientinnen und Patienten verfügbar gemacht werden kann.

Neben der medikamentösen ist die nicht-medikamentöse Behandlung von Menschen mit Demenz von großer Bedeutung. Sie kann die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten fördern, Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern.

Forschung

Die Alzheimer-Krankheit verändert das Gehirn auf vielfältige Weise, aber bis heute ist nicht klar, welche Ursachen die Krankheit letztlich auslösen. Die Forschung geht davon aus, dass die für Alzheimer typischen molekularen Prozesse im Gehirn Jahre oder Jahrzehnte vor dem Auftreten der ersten Symptome beginnen. Überall auf der Welt arbeiten Forscherinnen und Forscher daran, Antworten darauf zu finden, wie Alzheimer entsteht, wie es verhindert oder geheilt werden kann.

Forscherinnen und Forscher des DZNE widmen sich der Alzheimer-Erkrankung aus vielen verschiedenen Blickwinkeln. So wollen sie die Mechanismen hinter dieser Demenz besser verstehen: Sie suchen nach den genauen Ursachen für die Veränderungen im Gehirn der Betroffenen und wollen aufklären, in welcher Weise die auffälligen Eiweißablagerungen die Nervenzellen schädigen. Andere Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit den möglichen genetischen Ursachen der Erkrankung. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld am DZNE ist die Suche nach Ansatzpunkten für neue Therapien. Nicht zuletzt fahnden Forschende des DZNE nach sogenannten Biomarkern, typischen messbaren Veränderungen z. B. im Blut oder Nervenwasser, die als frühe Warnzeichen dafür dienen können, dass eine Person später an Alzheimer erkranken wird.

Neuronales Signalosom als Schlüssel zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit erforscht

Bei der Alzheimer-Erkrankung lassen sich kognitive Beeinträchtigungen direkt auf molekulare Veränderungen an den Synapsen des Gehirns zurückführen. Dr. Michael R. Kreutz hat mit seinem Team vom LIN und vom Zentrum für Molekulare Neurobiologie Hamburg (ZMNH) und dem Team von Prof. Dr. Stefan Remy vom LIN in einer neuen Studie, die kürzlich im EMBO-Journal publiziert wurde, herausgefunden: Die Substanz Nitarsone verhindert im Alzheimer-Mausmodell den Verlust synaptischer Plastizität, indem sie die Aktivität des Transkriptionsfaktors CREB aufrechterhält.

Für die Aktivität von CREB ist auch das Protein Jacob von großer Bedeutung. Jacob ist ein Wandler zwischen Synapsen und dem Zellkern und kann das CREB-Protein aktivieren oder inaktivieren, je nach dem physiologischen Zustand der Synapsen. Bei Alzheimer-Betroffenen führen die toxischen Ablagerungen der Aβ-Peptide dazu, dass Jacob CREB inaktiviert und in der Folge Synapsen und später auch Nervenzellen sterben.

Durch molekulare Analyse und Modellierung des gesamten an dem Prozess beteiligten Signalosoms haben die Teammitglieder ein Molekül identifiziert, welches diese toxische Kaskade im Alzheimer-Gehirn stoppen kann: Nitarsone, ein ehemaliges Medikament aus der Tiermedizin, das in der Geflügelzucht als Futtermittelzusatzstoff genutzt wurde, um das Gewicht der Tiere zu steigern und sie gegen die Schwarzkopfkrankheit zu schützen, verhindert in Nervenzellen die Bildung des Signalosoms, das das CREB-Protein inaktiviert. Dadurch wird die synaptische Plastizität bewahrt und der kognitive Abbau zumindest im Mausmodell verhindert: Alzheimer-Mäuse mit Nitarsone im Futter konnten im Versuch bekannte von unbekannten Objekten ebenso gut unterscheiden wie ihre gesunden Artgenossen.

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