Gehirn-Neustart: Wissenschaftliche Studien und Erkenntnisse

Das menschliche Gehirn ist ein komplexes Organ, dessen Entwicklung eine entscheidende Rolle für die psychische Gesundheit spielt. Bereits in den frühen Lebensphasen zeigen sich deutliche Unterschiede in der Art und Weise, wie das Gehirn Informationen verarbeitet. Eine gestörte Entwicklung kann langfristige Folgen haben und zu psychischen Erkrankungen führen. Aktuelle wissenschaftliche Studien liefern aufschlussreiche Erkenntnisse über die Gehirnentwicklung und mögliche Therapieansätze.

Neuronale Komplexität und Geschlechtsunterschiede in der frühen Gehirnentwicklung

Forschende des Universitätsklinikums Tübingen haben in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern herausgefunden, dass sich die neuronale Komplexität der Gehirnaktivität vom späten Stadium der Schwangerschaft bis in die frühe Kindheit anders verändert als erwartet. Zudem wurden geschlechtsspezifische Unterschiede festgestellt. In der Studie wurde untersucht, wie das menschliche Gehirn auf äußere Reize wie Tonsequenzen reagiert, sowohl vor als auch nach der Geburt. Die Reaktionen des Gehirns wurden mit der fetalen Magnetenzephalographie (fMEG) gemessen, einer nicht-invasiven Methode, die die Gehirnaktivität bereits im Mutterleib erfasst.

Die Hypothese der Forschenden war, dass die neuronalen Reaktionen auf Reize von außen mit fortschreitender Gehirnentwicklung komplexer werden. Überraschenderweise zeigten die Ergebnisse jedoch, dass die Komplexität der neuronalen Antworten abnimmt, und zwar in unterschiedlichem Tempo bei Jungen und Mädchen. Diese Unterschiede könnten erklären, warum bestimmte Entwicklungsstörungen bei Jungen und Mädchen unterschiedlich häufig auftreten.

Dr. Joel Frohlich vom Institut für Neuromodulation und Neurotechnologie zeigte sich zunächst überrascht von den Ergebnissen. Er hatte erwartet, dass die Gehirnaktivität mit der Reifung des Gehirns komplexer wird. Es erscheint jedoch plausibel, dass reifende Gehirnverbindungen strukturierter auf externe Reize reagieren. Das Forscherteam plant, den Zusammenhang zwischen den beobachteten Gehirnmustern und der langfristigen psychischen Gesundheit weiter zu untersuchen.

Diese Erkenntnisse könnten den Weg für zukünftige präventive Maßnahmen und Behandlungsstrategien ebnen. Das Forschungsteam untersucht dies auch im Rahmen des Zentrums für Bionic Intelligence und des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit.

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Neurotechnologie für bessere Therapien von Gehirnerkrankungen

Das Tübinger Institut für Neuromodulation und Neurotechnologie wurde 2020 mit dem Ziel gegründet, Patientinnen und Patienten mit innovativen Methoden zu helfen. Rund 25 Ärztinnen, Neurowissenschaftler, Ingenieurinnen und Informatiker arbeiten zusammen, damit Patienten von modernsten neurotechnologischen Entwicklungen profitieren können. Ein Schwerpunkt ist die Neuromodulation.

Hirnstimulation mit Gleichstrom (tDCS) bei Depressionen

Rund 9,5 Millionen Deutsche leiden an einer ärztlich diagnostizierten Depression. Neben der Standardbehandlung mit Physiotherapie und Medikamenten könnte die Hirnstimulation mit Gleichstrom (transkranielle Gleichstromstimulation, tDCS) einigen Betroffenen helfen. Die Methode wird intensiv erforscht und in einigen Spezialkliniken angeboten. Inzwischen gibt es sogar Headsets für die Anwendung zu Hause auf dem Markt.

In einer aktuellen Studie konnte die Selbstanwendung bei mehr als der Hälfte der Teilnehmenden die Symptome einer mittelschweren Depression lindern. Dennoch sind Experten zurückhaltend. Prof. Frank Padberg von der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) weist darauf hin, dass die Ergebnisse klinischer Studien bislang noch widersprüchlich sind und die Wirksamkeit der Methode nicht klar belegen. Daher kann die Anwendung zu Hause nicht empfohlen werden.

Bei der klinischen Anwendung der tDCS wird über Elektroden auf der Kopfhaut mittels einer Kappe oder eines Stirnbandes für 20 bis 30 Minuten ein schwacher Strom angelegt. Dieser wirkt auf den dorsolateralen präfrontalen Kortex, ein Gehirnareal, das unter anderem an der Entscheidungsfindung beteiligt ist. Bei Menschen mit Depression zeigen die Nervenzellen in diesem Areal eine veränderte Aktivität.

Eine aktuelle, placebokontrollierte Doppelblindstudie aus Großbritannien und den USA mit dem Headset eines schwedischen Start-up-Unternehmens, die im Fachmagazin Nature Medicine veröffentlicht wurde, ist die erste für die Anwendung zu Hause über einen längeren Zeitraum von zehn Wochen. In der randomisierten Studie konnte die tDCS bei Anwendung im privaten Umfeld bei mehr als der Hälfte der Betroffenen mit mittelschwerer Depression die Symptome abschwächen.

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Die Behandlung erwies sich insgesamt als nebenwirkungsarm. Prof. Padberg betont jedoch, dass die Ergebnisse noch nicht sicher wegweisend sind und der Unterschied zwischen der tDCS und der Placebo-Behandlung eher gering war. Andere aktuelle placebokontrollierte klinische Studien konnten keine Überlegenheit einer identischen tDCS-Behandlung gegenüber einer Placebo-Stimulation zeigen.

Prof. Padberg warnt vor einer voreiligen Empfehlung der Heimanwendung mittels eines tDCS-Headsets. Es sei noch zu früh, um Patientinnen und Patienten diese Option zu empfehlen. Weitere Forschungen sind notwendig, um die Wirkungsweise der Stimulation auf der Ebene der neuronalen Netzwerke im Gehirn besser zu verstehen und die Behandlung zu personalisieren.

Neuro-Bildgebung: Ein Blick in das lebende Gehirn

Die Neuro-Bildgebung ermöglicht es, einen Blick in das lebende Gehirn zu werfen. Mit nicht-invasiven Untersuchungen können Wissenschaftler sowohl etwas über die Struktur als auch über die Funktion des Gehirns lernen. Prof. Dr. Christian Büchel vom Neuroimage Nord in Hamburg betont die hohe Auflösung der Bilder, die mittlerweile Aufnahmen auf 1x1x1 Millimeter Genauigkeit erlaubt.

Eine der ersten bildgebenden Techniken zur Messung von Aktivität im Gehirn war die Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Bei dieser Methode nutzen die Forscher die Tatsache, dass der Stoffwechsel von Nervenzellen erhöht ist, wenn ein Mensch eine Tätigkeit ausübt. Bei der PET werden radioaktive Substanzen in die Vene injiziert, die sich an blutreichen Stellen ansammeln und mit Detektoren geortet werden können.

Vor etwa 20 Jahren wurde die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) entwickelt, die ohne Radioaktivität auskommt. Die funktionelle MRT (fMRT) nutzt die Tatsache, dass sich die magnetischen Eigenschaften des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin ändern, wenn Sauerstoff transportiert wird. So wird das Blut selbst als Kontrastmittel genutzt, um aktive Bereiche im Gehirn zu visualisieren.

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Die funktionelle Bildgebung ist besonders bei der Erforschung von psychiatrischen, neurologischen und neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer fortgeschritten. Mit einem hochauflösenden Gerät lassen sich selbst kleinste Veränderungen erkennen. So geben Abweichungen in der Vernetzung von Nerven wichtige Hinweise auf eine mögliche Alzheimer-Erkrankung. Eine weitere Erfolgsgeschichte der funktionellen Bildgebung ist die Diagnose von Cluster-Kopfschmerz.

Die Funktionsweise des menschlichen Gehirns bis ins Detail zu erforschen, ist eine wissenschaftliche Herausforderung, die die Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern aus verschiedenen Disziplinen erfordert. Initiativen, wie sie beispielsweise vom BMBF gestartet wurden, seien hierbei enorm hilfreich, denn sie führen zum Aufbau von Zentren, an denen interdisziplinär geforscht und ausgewertet wird.

Prof. Dr. Büchel sieht Potenzial in der Kooperation mit Experten aus dem Feld der Computational Neuroscience, bei der das Verhalten von Nervenzellen mithilfe von Computermodellen simuliert wird. Seine Vision für die Zukunft des Neuroimaging ist es, nicht nur Veränderungen in der Stoffwechselaktivität im Gehirn sichtbar zu machen, sondern mit den vorhandenen Kernspin-Tomographen auch die tatsächlichen elektrischen Veränderungen im Gehirn messen zu können.

Das "Default Mode Network" (DMN)

Das "Default Mode Network" (DMN) ist eine Gruppe von Hirnregionen, die aktiv sind, wenn wir nicht mit unserer Umgebung interagieren - zum Beispiel beim Tagträumen. Jülicher Forscher:innen haben die Struktur und Funktion dieses Netzwerks mit Hilfe von Gewebeanalysen und modernen bildgebenden Verfahren untersucht. Dabei konnten sie mikrostrukturelle Unterschiede identifizieren, die beeinflussen, wie das DMN mit anderen Hirnregionen kommuniziert.

Das DMN umfasst unter anderem den Parahippocampus, das Precuneus, den mittleren Temporallappen und Teile des Frontallappens. Es ermöglicht das so genannte reizunabhängige Denken (engl. stimulus-independent thought) - also kognitive Prozesse, die nicht durch äußere Sinnesreize ausgelöst werden.

Die Forscher:innen vom Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1 und INM-7) fanden heraus, dass die Architektur des Gehirns nicht nur seine Struktur, sondern auch seine Funktion bestimmt - von einfachen Wahrnehmungsprozessen bis hin zu komplexen kognitiven Leistungen. Die Erkenntnisse liefern wertvolle Hinweise darauf, warum manche Gedanken stark von Sinneseindrücken beeinflusst werden - etwa wenn ein bestimmter Duft Erinnerungen weckt oder ein Lied Emotionen hervorruft - und wie das DMN solche Reize in unsere innere Gedankenwelt übersetzen kann.

Um die Struktur und Funktion des DMN genauer zu untersuchen, kombinierten die Forschenden detaillierte Gewebeanalysen verstorbener Personen und moderne bildgebende Verfahren bei lebenden Menschen. Der Schlüssel lag in der Kombination dieser Methoden. Normalerweise können mit MRT allein keine so feinen Details der Gehirnstruktur erkannt werden. Durch den Vergleich mit echten Gewebeproben wurde jedoch sichtbar, dass bestimmte Muster der Nervenzellorganisation auch in lebenden Menschen eine Rolle spielen.

Neuroplastizität: Die Reparaturzentrale des Gehirns

Schäden im Gehirn sind fatal, doch zum Glück kann sich unser Denkorgan selbst helfen. Der Prozess der Neuroplastizität ermöglicht es Nervenzellen, sich neu zu organisieren und geschädigte Funktionen zu kompensieren.

Erstmals entdeckten US-amerikanische Forschende das Phänomen im Tierversuch. Sie stellten fest, dass sich die Hirnstruktur von Ratten und Mäusen verändert, wenn die Tiere Spielmöglichkeiten in ihrem Käfig haben. Heute ist klar, dass das Gehirn Ausfälle ausgleichen kann und sich die neuronalen Netze im Kopf ständig neu verschalten.

Christian Grefkes-Hermann, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Frankfurt, betont, dass unser Gehirn ein Leben lang neue Inhalte abspeichern oder unbekannte Bewegungen erlernen kann. Diese Fähigkeit der Plastizität ist nach einem Schlaganfall oder einem Unfall Gold wert. Schon Stunden später beginnen die überlebenden Nervenzellen, sich anders zu verknüpfen. Sie bilden Fortsätze, Axone genannt, die aussprießen und sich über Synapsen mit anderen Nervenzellen verbinden.

Dorit Klieman vom California Institute of Technology (Caltech) konnte mit anderen Forschenden zeigen, dass in jungen Jahren sogar der Verlust einer kompletten Hirnhälfte kompensiert werden kann.

Wie gut eine Funktion von anderen Regionen übernommen werden kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem Ausmaß der Verletzung, dem Ort des Geschehens und dem zeitlichen Verlauf von Schädigung und Reha. Kleine Schäden könne das Gehirn vor allem dann kompensieren, wenn sie langsam auftreten, berichtet Christian Grefkes-Hermann.

Der Neurologe und sein Team setzen auf die Stimulation mit Magnetfeldern, um die Reparatur des Gehirns nach einem Schlaganfall oder einer Hirnblutung zu unterstützen. Das magnetische Feld einer Magnetspule bewirkt im Nervensystem einen Stromfluss. Damit lassen sich ausgewählte Areale aktivieren oder hemmen, was die Hirnregeneration in die richtigen Bahnen lenkt.

Christian Grefkes-Hermann ist überzeugt davon, dass die Reha deshalb bereits am ersten Tag nach einem Schlaganfall beginnen sollte. Am Universitätsklinikum Tübingen versucht ein Team am Institut für Neuromodulation und Neurotechnologie, die Neuroplastizität mit intelligenten Orthesen zu unterstützen.

Das EU-Projekt WATCH: Die Funktion spezialisierter Gehirnzellen der Blut-Hirn-Schranke

Das EU-Projekt WATCH (Well-Aging and the Tanycytic Control of Health) erforscht spezialisierte Gehirnzellen, die sich im Hypothalamus befinden, dem Steuerzentrum unseres vegetativen Nervensystems. Diese Tanyzyten genannten Gliazellen übernehmen wichtige Funktionen bei der Kontrolle, Steuerung und dem Transport von Botenstoffen und Stoffwechselsignalen über die Blut-Hirn-Schranke.

Das internationale Forschungsteam will mithilfe von neuesten Technologien der systemischen Neurowissenschaften, Mausgenetik und translationaler Forschung die Rolle der Tanyzyten und Endothelzellen insbesondere im Kontext der Blut-Hirn-Schranke, bei der neuroendokrinen Regulation von Körpergewicht und Fruchtbarkeit und im peripheren Metabolismus entschlüsseln.

Das Team konnte zeigen, dass Tanyzyten im Hypothalamus das aus Fettzellen stammende Hormon Leptin ins Gehirn transportieren und darüber die Nahrungsaufnahme, Fettsäuresynthese und den Insulinmetabolismus steuern. Störungen in diesem Stoffwechsel könnten bei der Entstehung von Fettleibigkeit oder Diabetes von Bedeutung sein.

Weiterhin fand das Forschungsteam heraus, dass Neuronen des Hypothalamus, die die Energiehomöostase regulieren, mit einem Netzwerk aus Tanyzyten verschaltet sind, wobei die Tanyzyten über die Umwandlung von Glukose zu Laktat als Energiesensoren und -lieferanten dieser Neuronen fungieren. Diese Ergebnisse könnten neue Behandlungsmöglichkeiten von Stoffwechselstörungen wie Fettleibigkeit und Diabetes eröffnen.

In den letzten Jahren wurde das Forschungsthema um Covid-19 erweitert, weil die Blut-Hirn-Schranke von der Erkrankung betroffen ist. Das Forschungsteam hat interessante Daten gefunden, wie SARS-CoV-2 die Blut-Hirn-Schranke schädigen kann.

Der Verlauf struktureller Veränderungen des menschlichen Gehirns beim Erwerb einer Fertigkeit

Forscher am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung untersuchen den Verlauf struktureller Veränderungen des menschlichen Gehirns während des Erwerbs einer Fertigkeit. Die Daten zeigen eine anfängliche Zunahme und nachfolgende Abnahme des Hirnvolumens.

Eine zentrale, bisher jedoch weitgehend unbeantwortete Frage im Bereich der strukturellen Gehirnplastizität betrifft ihren zeitlichen Verlauf. Bislang veröffentlichte Studien aus dem Bereich der Neuroplastizität berichten Ergebnisse auf sehr unterschiedlichen Zeitskalen. Viele dieser Experimente zu struktureller Plastizität bedienen sich außerdem des klassischen Prätest-Posttest-Designs.

Im Gegensatz zu dieser Annahme könnte der zeitliche Verlauf plastischer Veränderungen aber auch aus einem anfänglichen Zuwachs an Hirnvolumen bestehen, auf den im weiteren Verlauf des Trainings eine teilweise oder vollständige Re-Normalisierung des Volumens folgt.

Im Jahr 2016 haben Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung ein Experiment durchgeführt, das den Verlauf erfahrungsbedingter Veränderungen der Gehirnstruktur bei erwachsenen Menschen genauer erfassen sollte, als dies bislang der Fall war. In einem Trainingsprogramm haben junge Erwachsene gelernt, mit ihrer nichtdominanten linken Hand zu schreiben und zu zeichnen. Während dieses Zeitraums wurden die Probanden bis zu zwanzigmal im MRT-Gerät untersucht.

Das Training der linken, nichtdominanten Hand führte zu einer Zunahme der grauen Substanz im linken und rechten Motorkortex, den Basalganglien, der linken Inselrinde, dem Temporallappen und dem Cerebellum. In etlichen Regionen wurde zwar ein monotoner Anstieg des Volumens mit zunehmender Trainingsdauer beobachtet. Doch kam es in Arealen des rechten und linken Motorkortex nach einer anfänglichen Zunahme zu einer Abnahme des Volumens.

Dieser umgekehrt U-förmige Plastizitätsverlauf steht im Einklang mit den oben bereits erwähnten Theorien der reifungsabhängigen Plastizität des Gehirns und Befunden aus der Tierforschung. Die Befunde widersprechen der Annahme, dass sich erfahrungsinduzierte Neuroplastizität beim Menschen generell in einem monotonen Anstieg der grauen Substanz zeigt.

Um die Neuroplastizität des menschlichen Gehirns zu erforschen, sind Forschungsansätze nötig, die der nichtlinearen Dynamik von Gehirn und Verhalten Rechnung tragen. Dies erfordert es, stärker auf aktuelle Befunde verwandter Forschungsprogramme Bezug zu nehmen, die Tiermodelle nutzen.

Fortschritte in der Neurologie: Neue Medikamente und Therapien

Die Neurologie hat sich in den letzten Jahrzehnten mit einer unglaublichen Dynamik entwickelt. Ein wichtiges Beispiel ist der akute Notfall, der Schlaganfall. Dank der heutigen bildgebenden Verfahren können wir uns nicht nur das Gehirngewebe, sondern auch die Blutgefäße im Detail anschauen.

1996 wurde zunächst in den USA und dann alsbald auch bei uns die sogenannte systemische Thrombolyse eingeführt. Ein weiterer großer Fortschritt in der Therapie ist die mechanische Thrombektomie, die seit 2008 zur Verfügung steht. Ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Therapie des Schlaganfalls war die Einführung von Schlaganfall-Spezialstationen, den „Stroke Units“, im Jahr 1990 in Deutschland.

Um Gerinnsel aufzulösen, die Hirngefäße verstopfen und so einen akuten Schlaganfall verursachen, wurde 2024 die Substanz Tenecteplase zugelassen. Sie wirkt genauso gut wie der Wirkstoff Alteplase, der in Deutschland seit 1987 im Einsatz ist. Der Vorteil: Tenecteplase lässt sich mit einer einzigen Injektion verabreichen.

Regelmäßige körperliche Aktivität verlangsamt das „Einrosten“ der Beweglichkeit bei Parkinson und lässt das Gleichgewicht länger gut funktionieren. Für die spezielle Akutbehandlung der Migräne-Kopfschmerzen wurden bislang Medikamente aus der Substanzklasse der „Triptane“ erfolgreich eingesetzt. Nun wurde der erste Vertreter der Substanzklasse der „Ditane“ in Deutschland zugelassen. Das Medikament ist für all jene geeignet, bei denen die Triptane nicht wirken oder nicht einsetzbar sind.

Bisher gibt es bei der Alzheimer-Erkrankung nur Medikamente, die die Folgen der Erkrankung mildern. Jetzt konnten mehrere Substanzen in Studien positiv zeigen, dass Alzheimer auch an einer der Wurzeln angegangen werden kann. Einer der Hauptursachen für die Krankheit sind unterschiedliche Eiweißablagerungen und -verklumpungen (Beta-Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen), die sich im Gehirn festsetzen und dadurch zum geistigen Abbau führen.

2022 und 2023 wurden weitere Medikamente gegen neurologische Autoimmunerkrankungen erforscht und zugelassen. Bei diesen Erkrankungen kommt es zu einer Aktivierung der eigenen Körperabwehr, die anstelle „äußerer Feinde“, wie Bakterien oder Viren, fälschlicherweise eigene Zellen angreift - speziell Zellen des Nervensystems.

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