Die virale Meningitis ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute, die meist durch Viren verursacht wird. Im Vergleich zur bakteriellen Meningitis verläuft sie in der Regel milder und heilt oft ohne spezifische Behandlung aus. Dennoch ist eine rasche Diagnose und adäquate Therapie wichtig, um Komplikationen zu vermeiden und die Beschwerden zu lindern.
Was ist eine virale Meningitis?
Meningitis ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute (Meningen), die das zentrale Nervensystem umhüllen. Bei einer viralen Meningitis sind diese Häute durch Viren entzündet. Im Falle einer Meningoenzephalitis sind sowohl die Hirnhäute als auch das Hirngewebe betroffen.
Ursachen und Erreger
Die virale Meningitis wird hauptsächlich durch Viren verursacht. Zu den häufigsten Erregern gehören:
- Enteroviren (insbesondere Coxsackie- und Echoviren)
- Herpesviren (Herpes simplex Typ 1 und 2, Varicella zoster Virus)
- Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSME-Virus)
- Mumpsvirus (seltener, da es eine Impfung gibt)
- Influenzaviren
In den letzten Jahren wurden auch ungewöhnliche Erreger viraler Meningoenzephalitiden in westlichen Ländern zunehmend häufiger gefunden. Polio-ähnliche Erkrankungen werden beispielsweise am häufigsten durch Enteroviren (EV-68, EV-71, EV-88) verursacht.
Epidemiologie
Die Inzidenz der viralen Meningitis in Deutschland liegt bei etwa 20 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Schulkinder und junge Erwachsene sind besonders häufig betroffen, wobei die Haupterkrankungszeit im Sommer und Herbst liegt.
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Symptome
Die Symptome einer viralen Meningitis ähneln oft denen einer Grippe. Typische Anzeichen sind:
- Kopfschmerzen (sehr häufig, bis zu 95% der Fälle)
- Fieber (in der Anamnese oder aktuell, ca. 71% der Fälle)
- Nackensteifigkeit (ca. 36% der Fälle)
- Licht- und Geräuschempfindlichkeit (Hyperakusis oder Photophobie, ca. 67% der Fälle)
- Übelkeit und Erbrechen
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Reizbarkeit
- In seltenen Fällen: Krampfanfälle, Bewusstseinseintrübung
Die klassische Trias aus Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Lichtscheue tritt nur bei etwa 28 % der Patienten auf. Bei Säuglingen und Kleinkindern können die Symptome unspezifischer sein, wie z.B. Reizbarkeit, Trinkschwäche oder ein vorgewölbte Fontanelle.
Diagnose
Die Diagnose einer viralen Meningitis basiert auf den folgenden Säulen:
- Anamnese und klinische Untersuchung: Erhebung der Krankengeschichte, inklusive möglicher Zeckenbisse, Kontakt zu Infizierten, Vorerkrankungen und Impfstatus. Neurologische Untersuchung zur Feststellung von Meningismus-Zeichen (Brudzinski-, Kernig-, Lasègue-Zeichen) und anderen neurologischen Auffälligkeiten.
- Laboruntersuchungen:
- Blutuntersuchung: Entzündungszeichen (erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozyten, CRP, Procalcitonin, Interleukin-6)
- Liquoruntersuchung (Lumbalpunktion): Beurteilung von Zellzahl und Zelldifferenzierung, Proteingehalt, Glukose, Laktat, Grampräparat und Erregeranzucht. Bei V.a. bakterielle Meningitis sollte vorab ein Latexagglutinationstest erfolgen.
- Bildgebende Verfahren: In manchen Fällen Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Schädels, um andere Ursachen auszuschließen oder Komplikationen darzustellen.
Die Liquorbefunde sind entscheidend für die Differenzierung zwischen viraler und bakterieller Meningitis. Bei einer viralen Meningitis ist der Liquor in der Regel klar, die Glukose normal, das Protein normal oder leicht erhöht, das Laktat normal und die Zellzahl erhöht (10 bis 500), wobei Lymphozyten überwiegen.
Differenzialdiagnose
Wichtig ist die Abgrenzung zu anderen Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen können, wie z.B.:
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- Bakterielle Meningitis
- Tuberkulöse Meningitis
- Meningitis durch Pilze oder Parasiten
- Nicht-infektiöse Meningitis (z.B. bei Autoimmunerkrankungen, Krebs)
- Autoimmunenzephalitis
Therapie
Die Therapie der viralen Meningitis zielt in erster Linie auf die Linderung der Symptome ab. Folgende Maßnahmen können eingesetzt werden:
- Schmerzlinderung: Analgetika (z.B. Paracetamol, Ibuprofen)
- Fiebersenkung: Antipyretika (z.B. Paracetamol, Ibuprofen)
- Bettruhe und Schonung
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- Dunkler Raum und Lärmvermeidung
Eine kausale Therapie, d.h. eine Behandlung, die direkt gegen die Viren wirkt, ist nur bei bestimmten viralen Erregern möglich. Bei Herpes-simplex-Viren und Varicella-zoster-Viren kann Aciclovir eingesetzt werden. Bei CMV-bedingter Enzephalitis kommen Ganciclovir und Foscarnet in Frage. Für die Therapie der durch Influenzaviren bedingten ZNS-Infektionen können Neuraminidasehemmer (Oseltamivir, Zanamivir, Peramivir) eingesetzt werden.
Prognose
Die Prognose der viralen Meningitis ist in der Regel gut. Die meisten Patienten erholen sich vollständig innerhalb von Tagen bis Wochen ohne bleibende Schäden. Schwere Komplikationen oder ein tödlicher Ausgang sind selten.
Prävention
Gegen einige Erreger der viralen Meningitis gibt es Impfungen, z.B. gegen Mumps und FSME. Eine Impfung gegen das FSME-Virus ist besonders für Personen empfehlenswert, die in Risikogebieten leben oder sich dort aufhalten. Ansonsten ist eine gute Hygiene wichtig, um die Ausbreitung von Viren zu verhindern.
Aktuelle Leitlinien und Empfehlungen
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat ihre S1-Leitlinie zur viralen Meningoenzephalitis im Jahr 2025 aktualisiert. Die Leitlinie betont die Bedeutung einer raschen Diagnosestellung und Therapie, insbesondere bei Verdacht auf eine Herpesvirus-Ätiologie. In diesem Fall sollte Aciclovir ohne Verzug intravenös verabreicht werden. Molekulare Methoden (PCR-Paneldiagnostik, NGS-Sequencing-Methoden) sind zum elementaren Bestandteil der Diagnostik geworden.
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Die aktualisierte Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur viralen Meningitis liefert neue Erkenntnisse zu epidemiologischen Veränderungen, gerade zur Ausweitung des Erregerspektrums.
Die S1-Leitlinie "Nichteitrige ZNS-Infektionen von Gehirn und Rückenmark im Kindes- und Jugendalter" (Version 5.0, März 2024) hebt die Besonderheiten zu Ätiologie, klinischer Präsentation, Diagnostik und Therapie hervor und löst die Vorgängerversion aus dem Jahr 2015 ab. Die neue Leitlinie präsentiert eine rationale Diagnostik einschließlich Flow-Schemata für die Enzephalitis und die Meningitis. Zur Zusammenstellung der Therapieoptionen trug eine Cochrane-Analyse zu viralen ZNS-Infektionen für den Zeitraum von 2015 bis Juli 2023 bei.
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