Die moderne Medizin und Neurowissenschaft haben enorme Fortschritte in der Bildgebung des Gehirns gemacht. Gehirnscans, insbesondere mittels Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT), ermöglichen detaillierte Einblicke in die Struktur und Funktion des Gehirns. Diese Technologien helfen nicht nur bei der Diagnose und Überwachung von Krankheiten, sondern eröffnen auch neue Möglichkeiten, das menschliche Verhalten und den Gesundheitszustand besser zu verstehen. Allerdings werfen sie auch wichtige ethische und rechtliche Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf den Datenschutz und die Interpretation der gewonnenen Informationen.
Die Bedeutung von Gehirnscans in der modernen Medizin
Was sind Gehirnscans?
Gehirnscans sind bildgebende Verfahren, die es ermöglichen, detaillierte Aufnahmen des Gehirns zu erstellen. Zu den gängigsten Methoden gehören die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztomographie (MRT).
- Computertomographie (CT): Die Schädel-CT ist ein medizinisches Bildgebungsverfahren, das detaillierte dreidimensionale Bilder des Schädels erzeugt. Sie basiert auf einer speziellen Röntgentechnik, bei der eine Röntgenröhre und ein Detektor um den Kopf rotieren, um eine Vielzahl von Querschnittsbildern zu erzeugen. Diese Schnittbilder werden dann von einem Computer verarbeitet, um ein detailliertes Bild des Schädels zu erstellen. Eine ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung ist CCT (craniale Computertomographie). Dies ist das Gleiche wie eine CT, es wird nur spezifiziert, dass es sich um eine CT des Kopfes handelt.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT, auch Kernspintomographie genannt, nutzt magnetische Eigenschaften der Atome im Körper, um Organe und ihre Funktionen bildlich darzustellen. Ein starkes Magnetfeld wird eingesetzt, um detaillierte Bilder des Gehirns zu erzeugen. Die MRT liefert hochauflösende Bilder und ist besonders gut geeignet, Weichteilgewebe und Nervengewebe darzustellen. Auch Gefäße lassen sich somit gut beurteilen.
Technologischer Hintergrund
Die Computertomographie basiert auf der herkömmlichen Röntgentechnik. Anders als bei dieser wird der untersuchte Bereich des Körpers allerdings in Schichten abgebildet. Dazu wird der Patient durch einen Ring, die Gantry, gefahren. Innerhalb der Gantry befinden sich eine Röntgenröhre, die Röntgenstrahlen erzeugt und Blenden, die diese Strahlung zu einem einzigen Fächerstrahl zusammenfassen. Dieser Strahl dringt durch den Körper und trifft dort auf Knochen, Muskeln, Fett, Organe und Gefäße, die ihn allesamt unterschiedlich stark abschwächen. Spezielle Detektoren messen nun die ankommende Röntgenstrahlung auf der gegenüberliegenden Seite und schicken diese an einen Computer. Die Detektoren und die Röntgenröhre umkreisen den Patienten innerhalb der Gantry und können so zahlreiche Aufnahmen aus verschiedenen Richtungen aussenden. Diese Aufnahmen werden dann verarbeitet und es werden Schichtbilder, sogenannte Tomogramme, erzeugt. Möchte man mehrere Schichtbilder aufnehmen, wird der Patient auf der Liege ein wenig weiter vorgeschoben und der Vorgang erneut durchgeführt. Die so gewonnenen Daten werden dann nachbearbeitet und es können dreidimensionale Bilder des untersuchten Bereiches erstellt werden. CT-Untersuchungen können nicht nur im Bereich des Kopfes vorgenommen werden, sondern für den gesamten Körper, z.B. Extremitäten- und Thorax-CTs.
Die Schädel-CT hat trotz der vergleichsweise hohen Strahlenbelastung einige Vorteile gegenüber anderen bildgebenden Verfahren. Dank der besonderen Aufnahmetechnik können insbesondere innere Organe, in diesem Fall das Gehirn, und die umliegenden Strukturen, wie die Blutgefäße und Knochen besser dargestellt werden als bei einer herkömmlichen Röntgenuntersuchung. Auch werden die inneren Strukturen nicht wie im Röntgenbild überlagert dargestellt, da durch eine Nachbearbeitung der Daten eine dreidimensionale Darstellung des untersuchten Bereiches erzeugt werden kann. Oft ermöglicht erst diese eine genaue Diagnose.
Die MRT des Kopfes ist für die Patienten deutlich angenehmer, als zum Beispiel eine Magnetresonanztomographie (MRT). Diese kann unter Umständen deutlich länger dauern und findet oft in einer engen Röhre unter lauten Geräuschen statt, während die Computertomographie meist innerhalb von zehn Minuten beendet ist und ohne laute Geräusche auskommt. Auch ist die CT für Menschen mit Platzangst oft deutlich angenehmer, da die Patienten nicht über längere Zeit in einer engen Röhre liegen müssen, wie es beim geschlossenen MRT der Fall ist, sondern durch einen Ring, die sogenannte Gantry, gefahren werden.
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Anwendungsbereiche
Gehirnscans werden in verschiedenen medizinischen Bereichen eingesetzt:
- Diagnose von Gehirnerkrankungen und -verletzungen: Eine Schädel-CT wird bei Vorliegen und Verdacht auf Verletzungen und Erkrankungen des Kopfes durchgeführt. Üblicherweise wird sie als Erstdiagnostik eingesetzt. Mögliche Gründe für eine Schädel-CT sind Kopfverletzungen nach einem Unfall, Schädelfrakturen, Schlaganfall, Schädelbruch, Hirntumor, Hirnblutung, Fehlbildung der Gefäße, Aneurysmen des Gehirns, Hirninfarkt, Gehirnschwellungen, Entzündung der Nasennebenhöhlen, Erkrankungen und Verletzungen der Felsenbeine. Mit einer Schädel-CT können verschiedene Erkrankungen und Verletzungen des Gehirns präzise diagnostiziert werden. Dazu gehören Hirnblutungen, Hirntumore, Hirninfarkte, Meningitis (Hirnhautentzündung), Enzephalitis (Gehirnentzündung), entzündliche Veränderungen im Bereich des Kopfes, Epilepsie und Schädel-Hirn-Trauma.
- Krebserkennung und -überwachung: Sollte ein klinischer Verdacht auf einen Gehirntumor bestehen, steht die Computertomographie als eine der ersten Diagnosemöglichkeiten zur Verfügung.
- Erkennung von Gefäßerkrankungen: Mithilfe der CT-Angiographie, bei der ein jodhaltiges Kontrastmittel verabreicht wird, können die Hirngefäße gescannt und Veränderungen der Blutgefäße erkannt werden. Auch ein Schlaganfall oder eine Thrombose der Hirngefäße kann diagnostiziert werden.
Verschiedene Arten von Schädel-CTs
Es gibt verschiedene Typen der Schädel-CT, die je nach Fragestellung eingesetzt werden:
- Einfache Schädel-CT: Dient dazu, detaillierte Schnittbilder des Schädels zu erstellen, um Verletzungen, anatomische Veränderungen und Fehlbildungen zu erkennen. Sie wird auch als "Schädel-CT nativ" bezeichnet. Auch die Nasennebenhöhlen können mithilfe von CT-Aufnahmen untersucht werden.
- Schädel-CT mit Kontrastmittel: Wird eingesetzt, wenn speziell nach Entzündungen, Tumoren oder Metastasen gesucht wird. Das Kontrastmittel wird üblicherweise intravenös verabreicht.
- Spezialisierte Schädel-CT-Scans:
- Perfusions-CT: Mithilfe von Kontrastmitteln und einer speziellen Software kann die Durchblutung des Gehirns farblich dargestellt werden. Dies wird üblicherweise zur Diagnostik eines akuten Schlaganfalls oder zur Beurteilung von Tumoren verwendet.
- CT-Angiographie: Dem Patienten wird ein jodhaltiges Kontrastmittel verabreicht, während die Hirngefäße gescannt werden. Dieses Verfahren basiert auf dem Multislice-CT (Mehrschicht-CT) und ermöglicht eine aussagekräftige 3D-Darstellung der Blutgefäße, um Veränderungen wie Schlaganfälle oder Thrombosen zu erkennen.
Ablauf einer Schädel-CT
Eine CT-Untersuchung des Schädels bedarf keiner besonderen Vorbereitung. Es ist nicht notwendig, zuvor Kontrastmittel zu trinken oder nüchtern zur Untersuchung zu erscheinen. Allerdings müssen vor der Untersuchung einige Fragen geklärt werden, um Komplikationen zu vermeiden und Problemen im Vorwege vorzubeugen. Ein detailliertes Aufklärungsgespräch wird mit dem Radiologen geführt, wobei es wichtig ist, dass alle Fragen wahrheitsgetreu beantwortet werden. Einige dieser Fragen sind: Leiden Sie an Herz- oder Nierenerkrankungen? Leiden Sie an einer Schilddrüsenüberfunktion? Reagieren Sie allergisch auf Medikamente oder bestimmte Nahrungsmittel? Haben Sie in der Vergangenheit auf eine Jodgabe allergisch reagiert? Leiden Sie an Asthma oder an Stoffwechselerkrankungen? Haben Sie bereits einmal Kontrastmittel bekommen und wie haben Sie darauf reagiert? Sind Sie schwanger oder besteht die Möglichkeit, dass sie schwanger sein könnten? Wenn Sie unter 18 sind: Haben Sie die Einverständniserklärung eines Erziehungsberechtigten?
Unter Umständen muss vor der Untersuchung ein Kontrastmittel in eine Vene injiziert werden, um Gefäßerkrankungen, Entzündungen oder Tumore besser erkennen zu können. Die Untersuchung selbst findet in einem Röntgenring (Gantry) statt. Dabei liegt der Patient auf dem Rücken auf einem Untersuchungstisch. Der Kopf wird in der Regel fixiert, um ein stabiles Bild ohne Verwacklungen zu erhalten. Daraufhin wird der Untersuchungstisch durch den Röntgenring gefahren, welche um den Patienten herum rotiert und Röntgenstrahlen aussendet. Es werden innerhalb kürzester Zeit mehrere tausend Bilder angefertigt. Detektoren, die gegenüber der Röhre liegen, fangen die Strahlung auf. Zum Schluss setzt ein Computer die Aufnahmen zu einem Bild zusammen.
Nach einer Schädel-CT kann es noch einen Moment dauern, bis die Bilder fertig sind und die Ergebnisse mit dem Arzt besprochen werden können. Abgesehen davon ist keine nennenswerte Nachbereitung seitens der Patienten notwendig. Sofern kein Beruhigungsmittel verabreicht wurde, sind die Patienten sofort wieder einsatzfähig und können ohne Bedenken am Straßenverkehr teilnehmen.
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Fortschritte in der KI-gestützten Gehirnanalyse
Künstliche Intelligenz und Gehirnscans
Die Fortschritte in der künstlichen Intelligenz (KI) eröffnen neue Möglichkeiten zur Analyse von Gehirnscans. Insbesondere tiefe neuronale Netzwerke, eine KI-Technologie, die der Funktionsweise echter Neuronen nachempfunden ist, können Sprache verstehen, Texte interpretieren und Objekte und Menschen in Bildern erkennen. Sie können auch das Alter einer Person anhand eines MRT-Scans ihres Gehirns bestimmen.
Ein Forscherteam um Prof. Dr. Dr. Hans-Otto Karnath vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und der Neurologischen Universitätsklinik Tübingen berichtet nun, dass die Untersuchung auch unsere Gehirnleistungen beeinflusst. Das starke Magnetfeld des MRT-Scanners stimuliere ungewollt das Gleichgewichtsorgan und verzerre dadurch die Raumwahrnehmung bei gesunden Versuchspersonen. Werden sie wieder aus der Röhre geholt, normalisiert sich ihre Wahrnehmung. Die Erkenntnis ist bedeutsam für künftige Studien in den Neurowissenschaften. Das MRT ist in der medizinischen Diagnostik und Forschung weit verbreitet. Das Verfahren nutzt die magnetischen Eigenschaften der Atome in unserem Körper, um Organe und ihre Funktion bildlich darzustellen. Dazu ist allerdings ein starkes Magnetfeld erforderlich. „Untersuchungen im Magnetfeld sind harmlos und schaden nicht der Gesundheit. Manche Personen bemerken die Auswirkung des Feldes, indem ihnen im Scanner leicht schwindelig wird“, berichtet Neurobiologe und Erstautor Dr. Axel Lindner. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen beobachtete er, dass sich gesunde Versuchspersonen im MRT plötzlich anders verhielten: Ihre räumliche Aufmerksamkeit driftete zur rechten Seite ab und das Gefühl für die Orientierung des eigenen Körpers im Raum war gestört. „Diese Beobachtungen erinnerten uns stark an Wahrnehmungsstörungen, wie sie nach Schlaganfällen auftreten können. Patientinnen und Patienten mit sogenanntem räumlichem Neglect vernachlässigen Reize in einer Seite des Raums. In der Hirnforschung wird das MRT gerne eingesetzt, um dem Gehirn quasi beim Denken zuzuschauen. Mit ihm kann man untersuchen, wie es Reize wahrnimmt und verarbeitet. Dass Probandinnen und Probanden im Scanner ihre räumliche Wahrnehmung und Verhalten ändern, sollten künftige neurowissenschaftliche Studien unbedingt berücksichtigen, so die beiden Wissenschaftler. Möglicherweise kann das beobachtete Phänomen dazu genutzt werden, um Schlaganfallpatientinnen und -patienten mit Neglect zu therapieren.
Wie KI-gestützte Gehirnanalyse funktioniert
KI-Systeme werden mit großen Mengen von MRT-Bildern und zugehörigen Daten (z.B. Alter, Geschlecht, Erkrankungen) trainiert. Dadurch lernen sie, Muster zu erkennen und Vorhersagen über den Gesundheitszustand und das biologische Alter des Gehirns zu treffen. Forscher des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften haben einen Algorithmus entwickelt, der die Altersschätzungen der Netzwerke analysiert und zeigt, dass diese auf einer ganzen Bandbreite an Merkmalen im Gehirn basieren.
Anwendung der KI in der medizinischen Praxis
Die KI-gestützte Analyse von Gehirnscans hat das Potenzial, die medizinische Praxis erheblich zu verbessern:
- Frühdiagnose: KI kann subtile Veränderungen im Gehirn erkennen, die auf beginnende neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson hindeuten. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass das Gehirn von Parkinsonerkrankten im Schnitt fünf bis sechs Jahre "älter" ist als das tatsächliche Alter der Probanden.
- Präzise Diagnostik: KI kann Medizinern helfen, den genauen Ort und die Ausdehnung von Tumoren, Entzündungen oder Verletzungen zu bestimmen.
- Personalisierte Medizin: Durch die Analyse von Gehirnscans können individuelle Eigenschaften und Risiken besser beurteilt werden, was zu einer personalisierten Behandlung führen kann.
- Automatisierte Analyse: KI kann die Analyse von Gehirnscans automatisieren und beschleunigen, wodurch Mediziner entlastet und die Genauigkeit der Diagnosen verbessert werden kann.
Aktuelle Forschungsprojekte
Mehrere Forschungsprojekte nutzen KI-gestützte Gehirnanalyse, um medizinische Fragestellungen zu beantworten:
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- Altersbestimmung: KI-Systeme können das Alter von Probanden anhand von MRT-Scans bestimmen, wenn auch noch mit einer gewissen Abweichung.
- Erkennung von neurodegenerativen Erkrankungen: KI kann Veränderungen im Gehirn erkennen, die auf neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson hindeuten.
- Vorhersage von postnatalen Depressionen: Neurowissenschaftler versuchen, anhand von Hirnscans eine postnatale Depression bei jungen Müttern vorherzusagen.
Das "Black Box"-Problem und seine Lösung
Obwohl KI-Systeme präzise Vorhersagen treffen können, war bisher unklar, welche Informationen aus den Gehirnbildern ihre Algorithmen dafür nutzen. Dieses "Black Box"-Problem wurde durch die Entwicklung neuer Interpretationsalgorithmen angegangen, die es ermöglichen, die Altersschätzungen der Netzwerke zu analysieren. Diese Algorithmen zeigen, dass KI-Systeme unter anderem die weiße Substanz, die Breite der Furchen in der Großhirnrinde und die Größe der Ventrikel nutzen, um Vorhersagen zu treffen.
Ethische und rechtliche Aspekte
Datenschutz und Datensicherheit
Die Nutzung von Gehirnscans und KI-gestützter Analyse wirft wichtige Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit auf. Die Datensätze der Hirnscans enthalten sensible Informationen über die Gesundheit und möglicherweise auch über die Persönlichkeit von Personen. Es ist daher entscheidend, dass diese Daten sicher gespeichert und verarbeitet werden und dass die Privatsphäre der Betroffenen geschützt wird.
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