Manfred Eicher, Gründer des legendären Plattenlabels ECM (Edition of Contemporary Music), ist eine prägende Figur der internationalen Musikwelt. Seine Arbeit hat das Musikhören tiefgreifend beeinflusst und Generationen von Künstlern inspiriert. Anlässlich seines 80. Geburtstages und zahlreicher Auszeichnungen, darunter der Bayerische Staatspreis für Musik und der Lindauer Kulturpreis, würdigen wir sein Lebenswerk und seinen unermüdlichen Einsatz für die Musik.
Die Anfänge und die Gründung von ECM
Manfred Eicher wurde 1943 in Lindau geboren und wuchs dort mit vier Schwestern auf. Seine Kindheit am Bodensee, geprägt vom Plätschern der Wellen und der Stille, legte den Grundstein für seine Sensibilität für Klang und Raum. Der prägende Musikunterricht durch Alfred Kuppelmayr und die Begegnung mit Jupp Zeltinger, der ihm die Welt des Jazz eröffnete, waren entscheidend für seinen weiteren Weg.
Nach dem Musikstudium in Berlin, wo er Kontrabass bei den Berliner Philharmonikern und im Jazztrio spielte, gründete Eicher 1969 zusammen mit zwei Mitstreitern in Gräfelfing bei München das Label ECM. Der Impuls dazu kam aus einer schönen Erfahrung während einer Aufnahme. ECM entstand aus dem Wunsch heraus, Musik abseits des Mainstreams zu produzieren und das Musikhören eindringlicher, weiter und tiefer zu gestalten.
ECM: Eine künstlerische Haltung
ECM steht für eine künstlerische Haltung, die sich in der sorgfältigen Auswahl der Künstler, der akribischen Produktionsweise und der unverwechselbaren Ästhetik widerspiegelt. Eicher legt Wert auf Unabhängigkeit und hat es stets abgelehnt, ECM einem großen Label anzugliedern.
Das "Köln Concert" des Pianisten Keith Jarrett, veröffentlicht im November 1975, wurde millionenfach verkauft und ermöglichte ihm finanzielle Unabhängigkeit. Die allermeisten Platten entstehen in drei Tagen: zwei Tage aufnehmen, einen Tag mischen.
Lesen Sie auch: Prof. Spitzer über digitale Demenz
Künstler und musikalische Vielfalt
Das Label ECM beherbergt eine beeindruckende Liste von Künstlern aus den Bereichen Jazz und Klassik, darunter Keith Jarrett, Chick Corea, Pat Metheny, Jan Garbarek, Meredith Monk, Arvo Pärt, András Schiff, Gidon Kremer und Steve Reich.
Eicher hat sich früh für die Klangwelt des estnischen Komponisten Arvo Pärt begeistert und viele weitere Komponisten und Ensembles aus dem Baltikum und Skandinavien gefördert. Er setzte Maßstäbe in Aufnahmen mit besonderer zeitgenössischer Musik.
Grenzüberschreitungen und innovative Projekte
Manfred Eicher ist bekannt für seine Fähigkeit, Grenzen zu überschreiten und bisher Ungehörtes zum Klingen zu bringen. In den 1990er Jahren trafen in der Propstei St. Gerold im Großen Walsertal das britische Hilliard Ensemble und der norwegische Saxophonist Jan Garbarek aufeinander. Das Album „Officium“, eine Mischung aus Gregorianik und Jazz, wurde über vier Millionen Mal verkauft.
Eicher arbeitete mit namhaften Regisseuren wie Jean-Luc Godard und Gus van Sant zusammen und riss die Grenzen zwischen alter und zeitgenössischer Musik ein.
Die Ästhetik von ECM
ECM-Scheiben haben eine unverwechselbare Bildsprache. Eichers Produktionsweise bei ECM-Alben hat sich nicht geändert. Sie finden außerdem immer wieder Berührungspunkte zwischen ECM-Platten und der Welt des Theaters, der Literatur, des Films.
Lesen Sie auch: Ursachen und Risikofaktoren für Schlaganfälle bei Katzen
Das "Köln Concert" und seine Geschichte
Ein besonderes Beispiel für Eichers Wirken ist das legendäre "Köln Concert" von Keith Jarrett. Am 24. Januar 1975 spielte der Jazzpianist in der Kölner Oper ein Konzert, das als eines der bedeutendsten Jazzkonzerte aller Zeiten gilt. Die Umstände waren jedoch alles andere als ideal: Jarrett sollte auf einem Bösendorfer Imperial spielen, fand aber einen kleineren, mangelhaften Flügel vor. Trotzdem gelang es ihm, ein einzigartiges Konzert zu improvisieren, das Millionen von Menschen begeisterte.
Der Film "Köln 75" erzählt die Geschichte dieses Konzerts aus der Perspektive der 18-jährigen Konzertveranstalterin Vera Brandes, die den Auftritt ermöglichte. Der Film beleuchtet die Entstehung des Konzerts und die Rolle von Manfred Eicher als Produzent.
Der Klang der Stille
"The most beautiful sound next to silence" - dieses Motto von ECM verdeutlicht Eichers Streben nach einem kristallinen Klang, der organisch aus der Stille auftaucht. In jedem Ton schwingt etwas Existenzielles, unmittelbar Notwendiges mit. Es ist ein Klang, in dem immer ein Geheimnis mitschwingt, wie alles Lebendige ein Geheimnis birgt.
Ehrungen und Auszeichnungen
Manfred Eicher wurde für sein Lebenswerk vielfach geehrt, darunter mit dem Ehrenpreis der deutschen Schallplattenkritik (1986), dem Musikpreis der Landeshauptstadt München (1998) und dem Grammy als „Bester Klassik-Produzent des Jahres“ (2002). Die Jazz-Zeitschrift Down Beat verlieh ihm zwischen 2008 und 2014 ein halbes Dutzend mal den Titel „Produzent des Jahres“. 2014 erhielt er den Lindauer Kulturpreis, und vor kurzem wurde ihm einer von fünf Bayerischen Staatspreisen für Musik überreicht.
Der Weltbürger und seine Heimat
Manfred Eicher ist ein Weltbürger, der ruhelos auf der ganzen Welt unterwegs ist, immer auf der Suche nach Klängen, die er in jene wunderbare Stille betten kann. Trotz seiner internationalen Erfolge ist er seiner Heimatstadt Lindau eng verbunden. Dort begann seine musikalische Reise, und dort wird er immer wieder inspiriert von der Stille des Sees und den Klängen der Natur.
Lesen Sie auch: Gesundheitliche Rückschläge und politische Leistungen von Lafontaine
tags: #Manfred #Eicher #Gesundheit