Geist-Gehirn-Dualismus: Definition und historische Entwicklung

Der Geist-Gehirn-Dualismus ist ein philosophisches Konzept, das die Trennung von Geist und Körper postuliert. Diese Vorstellung hat eine lange Geschichte und prägt bis heute unser Denken über das menschliche Bewusstsein und seine Beziehung zur physischen Welt.

Die Ursprünge des Dualismus

Schon vor Descartes betrachtete man den Körper als Sitz der unsterblichen Seele. Aber man maß ihm kaum Bedeutung bei und schon gar nicht wähnte man beide in Interaktion miteinander. Der Körper galt als bloße Hülle und wurde deshalb lange Zeit kaum ausgiebiger untersucht oder obduziert.

Die Wurzeln des Dualismus reichen bis in die Antike zurück. Platon (427-347 v.Chr.) unterschied zwischen der Ideenwelt (Bereich des ewigen und vollkommenen Seins) und der Welt der sinnlichen Erfahrung, die kraft ihrer Teilhabe an jener existiere. Platon grenzt die Ebene der irrtumsbehafteten sinnlichen Wahrnehmung von einer Ebene der wahren Erkenntnis der Ideen ab (Höhlengleichnis). Diese Vorstellung einer immateriellen, ewigen Seele, die vom Körper getrennt ist, findet sich in verschiedenen philosophischen und religiösen Traditionen.

René Descartes und der Substanzdualismus

Einer der einflussreichsten Vertreter des Dualismus war der französische Philosoph René Descartes (1596-1650). Descartes gilt als Begründer des Rationalismus und auch als geistiger Vater der Zweiteilung von Körper und Seele in getrennten Entitäten, die jedoch miteinander wechselwirken. Er argumentierte, dass Geist (res cogitans) und Körper (res extensa) zwei unterschiedliche Substanzen seien, die unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Der Körper ist materiell, räumlich ausgedehnt und den Gesetzen der Physik unterworfen. Der Geist hingegen ist immateriell, nicht räumlich und frei von physikalischen Gesetzen.

Descartes erkannte, dass der menschliche Körper vom Gehirn gesteuert wird. Den Körper stellte er sich als mechanisch funktionierende Maschine vor. Er teilte den Menschen in Leib und Seele ein und glaubte, dass beide über die Zirbeldrüse im Gehirn miteinander wechselwirken. Bewegungen kämen dadurch zustande, dass der gasförmige Lebensgeist durch die Nerven zu den Muskeln gepumpt wird und diese kontrahieren lässt. Gefühle, willentliche Handlungen und bewusste Wahrnehmungen sind jedoch nur möglich, weil es im Gehirn das Seelenorgan, die Zirbeldrüse, gibt.

Lesen Sie auch: Was unterscheidet Geist, Gehirn und Maschine?

Descartes' dualistische Theorie hatte einen großen Einfluss auf die westliche Philosophie und Wissenschaft. Sie ermöglichte die wissenschaftliche Untersuchung des Körpers, stellte aber den göttlichen Ursprung der Seele nicht in Abrede. Descartes war das wichtig. Sie trug zur Entstehung der modernen Medizin bei, die Körper und Geist als getrennte Einheiten betrachtet. Allerdings führte sie auch zu dem sogenannten Leib-Seele-Problem, der Frage, wie Geist und Körper miteinander interagieren können, wenn sie so grundverschieden sind.

Kritik am Dualismus

Die dualistische Theorie von Descartes ist im Laufe der Zeit auf Kritik gestoßen. Eines der Hauptprobleme ist die Frage der Interaktion zwischen Geist und Körper. Wie kann ein immaterieller Geist einen materiellen Körper beeinflussen und umgekehrt? Descartes vermutete den Ort dieser Wechselwirkung im Gehirn, in der so genannten Zirbeldrüse. Diese hatten schon Gelehrte vor ihm beschrieben, etwa der griechische Anatom Galen, der die zapfenförmige Zirbeldrüse korrekt im Zwischenhirn verortete. Er hielt sie allerdings für ein Ventil, das den Gedankenstrom der Seitenventrikel koordiniere. Sich auf diese Vorarbeiten stützend vermutete auch Descartes die Zirbeldrüse unter dem Gehirn etwa in der Mitte des Kopfes, ohne sie jedoch je gesehen zu haben. Denn er sezierte nur hin und wieder Tierköpfe, die in seinem Verständnis als seelenlose Wesen keine Zirbeldrüse benötigten. Tatsächlich weiß man inzwischen, dass er falsch lag: Auch Tiere besitzen das Organ. Aber diese Theorie konnte nie bewiesen werden und gilt heute als überholt.

Ein weiteres Problem ist, dass der Dualismus nicht erklären kann, wie Bewusstsein aus dem Gehirn entstehen kann. Wenn der Geist eine separate Substanz ist, wie kann er dann von den neuronalen Prozessen im Gehirn abhängen?

Alternative Positionen zum Dualismus

Als Reaktion auf die Probleme des Dualismus haben sich verschiedene alternative Positionen entwickelt, darunter:

  • Materialismus: Diese Position besagt, dass alles, was existiert, materiell ist. Geist und Bewusstsein sind demnach nichts anderes als Produkte des Gehirns.
  • Idealismus: Diese Position besagt, dass alles, was existiert, geistig ist. Die materielle Welt ist demnach eine Illusion oder ein Produkt des Geistes.
  • Neutraler Monismus: Diese Position besagt, dass Geist und Körper zwei Aspekte einer einzigen, neutralen Substanz sind.

Der Dualismus im Alltag und in der Wissenschaft

Ein Bild, das bis heute im Sprachgebrauch und im Denken vieler Menschen fortbesteht, etwa wenn Ärzte nach psychischen und physischen Beschwerden untergliedern und den wechselseitigen Einfluss als „psychosomatisch“ bezeichnen. Aber auch geläufigen Redewendungen wohnt das dualistische Verständnis inne: Wir reden uns beispielsweise etwas von der Seele oder es lastet uns etwas auf der Seele, ohne dass es dafür eine körperliche Entsprechung gäbe.

Lesen Sie auch: Einblicke in die Welt der Psychologie

Trotz der Kritik und der Existenz alternativer Positionen hat der Dualismus bis heute einen Einfluss auf unser Denken. Er prägt unsereIntuitionen über das Verhältnis von Geist und Körper und beeinflusst unsere Vorstellungen vonPersonalität, Freiheit und Verantwortung.

Auch in der Wissenschaft spielt der Dualismus weiterhin eine Rolle, insbesondere in der Hirnforschung und der Philosophie des Geistes. Obwohl die meisten Hirnforscher heute davon ausgehen, dass das Bewusstsein ein Produkt des Gehirns ist, gibt es weiterhin Debatten darüber, wie genau diese Entstehung vonstattengeht und welche Rolle der Körper dabei spielt.

Lesen Sie auch: Geist und Gehirn bei Depressionen

tags: #Geist #Gehirn #Dualismus #Definition