Demenz ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. In Deutschland leben derzeit etwa 1,7 Millionen Menschen mit Demenz. Diese Zahl könnte bis 2030 auf 2 Millionen und bis 2050 auf fast 3 Millionen ansteigen. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz (DAlzG) und das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam Informationsangebote für Demenzkranke und deren Angehörige zu entwickeln. Diese Kooperation zielt darauf ab, die Lebensqualität von Betroffenen und ihren Familien zu verbessern und das Verständnis für die Krankheit in der Bevölkerung zu fördern.
Die Partnerschaft zwischen DAlzG und DZNE
Die DAlzG und das DZNE arbeiten zusammen, um die Erfahrung aus der Selbsthilfe mit der wissenschaftlichen Expertise zu verbinden. Heike von Lützau-Hohlbein, erste Vorsitzende der DAlzG, betont, dass diese Zusammenarbeit die Möglichkeit bietet, die Beratung zu vernetzen und neue Erkenntnisse in der Forschung für Betroffene zugänglich zu machen. Das DZNE kooperiert bereits seit 2012 mit dem Landesverband Mecklenburg-Vorpommern der DAlzG, wo Schulungen für Angehörige von Demenzkranken wissenschaftlich evaluiert werden. Prof. Pierluigi Nicotera, wissenschaftlicher Vorstand und Vorstandsvorsitzender des DZNE, freut sich, diese Partnerschaft nun zu erweitern, um die Öffentlichkeit besser über Forschungsergebnisse zu informieren.
Aufgaben und Angebote der Deutschen Alzheimer Gesellschaft
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz ist ein gemeinnütziger Verein, der als Bundesverband von derzeit 135 Alzheimer-Gesellschaften, Angehörigengruppen und Landesverbänden die Interessen von Demenzkranken und ihren Familien vertritt. Die DAlzG nimmt zentrale Aufgaben wahr, gibt zahlreiche Broschüren heraus, organisiert Tagungen und Kongresse und unterhält das bundesweite Alzheimer-Telefon unter der Service-Nummer 01803 - 171017 (9 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz) oder 030/259 37 95-14 (Festnetztarif). Die DAlzG engagiert sich für ein besseres Leben mit Demenz und bietet Unterstützung und Beratung für Menschen mit Demenz und ihre Familien.
Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) erforscht die Ursachen von Erkrankungen des Nervensystems und entwickelt Strategien zur Prävention, Therapie und Pflege. Es ist eine Einrichtung in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren mit Standorten in Berlin, Bonn, Dresden, Göttingen, Magdeburg, München, Rostock/Greifswald, Tübingen und Witten. Das DZNE kooperiert eng mit Universitäten, deren Kliniken und außeruniversitären Einrichtungen, um die bestmögliche Versorgung und Forschung zu gewährleisten.
Herausforderungen und Lösungsansätze im Umgang mit Demenz
Demenz stellt das Gesundheits- und Pflegesystem vor besondere Herausforderungen. Menschen mit Demenz benötigen verschiedene Versorgungsangebote parallel. Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS), betont, dass das Thema Demenz sektorenübergreifend gedacht werden muss - von der Pflegeberatung über die Pflege in der Haus- und Facharztpraxis ebenso wie in den Krankenhäusern. Wichtig ist die Vernetzung und Kooperation aller Beteiligten.
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Die medikamentöse Behandlung von Demenzerkrankungen ist ein wesentliches Element einer umfassenden Therapie. Dennoch gilt es, den Nutzen und die Risiken der Medikamentenversorgung, insbesondere bei längerfristigem Einsatz, in jedem Einzelfall sorgfältig abzuwägen und gerade bei psychischen Verhaltenssymptomen nicht-medikamentöse Verfahren als Alternative zu prüfen. Studien zeigen, dass viele Heimbewohner Psychopharmaka erhalten, oft ohne dass die Ursache für sogenanntes herausforderndes Verhalten nachgegangen wird. Es ist wichtig zu fragen: Wer ist der Mensch mit Demenz und was könnte ihm in der konkreten Situation helfen?
Bedeutung sozialer Unterstützung und nicht-medikamentöser Verfahren
Menschen mit Demenz sind aufgrund ihrer Verletzlichkeit und der Beeinflussbarkeit von Umwelteinflüssen besonders auf soziale Unterstützung angewiesen. Das tägliche Miteinander gewinnt mit der Schwere der Erkrankung an Bedeutung. Bei der Begleitung, Pflege und Therapie kommt es darauf an, sich auf die Lebensgeschichte des Betroffenen einzulassen. Die Begegnung sollte auf Augenhöhe erfolgen. Es geht darum, eine Beziehung aufzubauen und jenseits aller Fachlichkeit eine mitfühlende Haltung gegenüber dem Menschen mit Demenz zu entwickeln.
Eine wichtige Rolle spielen dabei die Zu- und Angehörigen, die durch die Begleitung und Versorgung aber besonders belastet sind. Ärztinnen und Ärzte, Pflegeberatungen und Pflegedienste haben zu ihnen oft einen besonders intensiven Kontakt. Dies sollte genutzt werden, um den Zu- und Angehörigen Mut zu machen und sie zu unterstützen, Entlastungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.
Es gibt eine Vielzahl an nicht-medikamentösen Verfahren, die in der Begleitung, Pflege und Therapie von Menschen mit Demenz eingesetzt werden können. Dazu gehören das Training kognitiver Funktionen und von Alltagsaktivitäten, Verfahren zur Beziehungsgestaltung und zur körperlichen Aktivierung. An vielen Stellen sollte den nicht-medikamentösen Verfahren eine Priorität gegenüber medikamentösen Verfahren eingeräumt werden. Dabei müssen wir uns im Klaren sein, dass nicht-medikamentöse Verfahren personal- und zeitintensiv sind, so dass hierdurch Fragen der Personalbemessung und -besetzung angesprochen sind.
Demenz in der Begutachtung der Medizinischen Dienste
Der Anstieg der gerontopsychiatrischen und demenziellen Erkrankungen spiegelt sich auch in den Begutachtungszahlen der Medizinischen Dienste wider. Im Jahr 2018 haben die Gutachter bei über einem Drittel der Versicherten (35,2 Prozent), die erstmal seinen Antrag auf einen Pflegegrad gestellt und erhalten haben, erhebliche Beeinträchtigungen ihrer kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten festgestellt. Konkret traf das auf 320.000 Versicherte zu. Bei den Erstantragstellern, die ambulant versorgt wurden, betrug der Anteil der Menschen mit Demenz ein Drittel (33,2 Prozent). Bei den in der stationären Pflege befindlichen Pflegebedürftigen bzw. bei denjenigen, die in ein Pflegeheim umzogen, betrug der Anteil der Menschen mit Demenz fast zwei Drittel (62,3 Prozent).
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Der MDS hat bereits 2008 dazu eine erste Grundsatzstellungnahme als Praxisleitfaden für die stationäre Pflege veröffentlicht. Die neu überarbeitete Grundsatzstellungnahme „Menschen mit Demenz - Begleitung, Pflege und Therapie“ fasst die aktuellen fachlichen Standards für die medizinische und pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz zusammen.
Lokale Initiativen und Veranstaltungen
Auch auf lokaler Ebene gibt es zahlreiche Initiativen und Veranstaltungen, die sich dem Thema Demenz widmen. In Lengerich beispielsweise startet die Lokale Allianz für Menschen mit Demenz eine Veranstaltungsreihe, um durch Informationen und gemeinsames Miteinander Ängste abzubauen. Die Volkshochschule Lengerich veranstaltet eine Vortragsreihe rund um das Thema Demenz, und es gibt kostenlose Tanztee-Veranstaltungen, um Erinnerungen zu wecken.
Welt-Alzheimertag und Woche der Demenz
Der Welt-Alzheimertag am 21. September und die Woche der Demenz vom 19. bis 28. September sind wichtige Anlässe, um auf das Thema Demenz aufmerksam zu machen und das Bewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen. Im Land Brandenburg organisieren viele Akteure Veranstaltungen, um über Demenz zu informieren und Unterstützung anzubieten.
Unterstützung für Familien und Angehörige
Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist oft eine große Belastung für Familien und Angehörige. Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung und Entlastung. So können beispielsweise Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden. Der Gesetzgeber hat die Nutzung dieser Leistungen vereinfacht, um den Verwaltungsaufwand für Familien zu reduzieren.
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