Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen grundlegend verändern kann. Umso wichtiger ist eine umfassende und individuell abgestimmte Therapie, die idealerweise bereits in der Akutphase beginnt und sich über die Rehabilitation bis hin zur Nachsorge erstreckt. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Therapieansätze und -phasen nach einem Schlaganfall, um Betroffenen und ihren Angehörigen eine Orientierungshilfe zu geben.
Akutbehandlung: "Time is brain"
Bei einem akuten Schlaganfall zählt jede Minute, da jede Minute ohne ausreichende Blutversorgung zu weiteren Schäden im Gehirn führen kann. Der Leitsatz "Time is brain" unterstreicht die Notwendigkeit einer sofortigen medizinischen Versorgung.
Diagnostik und Ursachenklärung
Die Diagnose eines Schlaganfalls erfolgt in der Regel schnell und umfasst bildgebende Verfahren wie die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztomographie (MRT). Diese Untersuchungen ermöglichen es, die Ursache des Schlaganfalls festzustellen - ob es sich um eine Durchblutungsstörung (ischämischer Schlaganfall) oder eine Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall) handelt.
Therapie bei ischämischem Schlaganfall
Bei einem ischämischen Schlaganfall, der durch ein Blutgerinnsel verursacht wird, stehen zwei Haupttherapieoptionen zur Verfügung:
- Thrombolyse (Lyse-Therapie): Hierbei werden Medikamente verabreicht, die das Blutgerinnsel auflösen sollen. Diese Therapie ist in bestimmten Fällen bis zu neun Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome möglich.
- Thrombektomie: Dieses katheterbasierte Verfahren wird eingesetzt, wenn größere Blutgefäße im Gehirn verschlossen sind. Dabei wird versucht, das Gefäß mit einem Katheter, der über die Leistenarterie eingeführt wird, wieder zu eröffnen.
In einigen Fällen können beide Verfahren kombiniert werden, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen.
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Therapie bei hämorrhagischem Schlaganfall
Bei einem hämorrhagischen Schlaganfall, der durch eine Hirnblutung verursacht wird, kann eine Operation am offenen Gehirn erforderlich sein, um die Blutung zu stoppen und den Druck auf das Gehirn zu verringern. Die Entscheidung für oder gegen eine Operation hängt von der Art und Lokalisation der Blutung ab. Unabhängig von der Ursache des Schlaganfalls werden Patienten in der Akutphase auf einer "Stroke Unit" oder Intensivstation überwacht, um den Blutdruck zu senken, den Blutzucker zu regulieren und Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Rehabilitation: Wiederherstellung und Kompensation
Nach der Akutbehandlung beginnt die Phase der Rehabilitation, deren Ziel es ist, verlorengegangene Funktionen wiederherzustellen oder Kompensationsstrategien zu erlernen. Die Rehabilitation ist ein individueller Prozess, der auf die spezifischen Bedürfnisse und Einschränkungen des Patienten zugeschnitten ist.
Stationäre Rehabilitation
Die stationäre Rehabilitation findet in der Regel in einer Rehabilitationsklinik statt und dauert in der Regel drei Wochen. Bei Bedarf kann die Maßnahme verlängert werden. Für ältere Patienten kommen sowohl neurologische als auch geriatrische Rehabilitation in Frage. Die neurologische Rehabilitation bietet in der Regel mehr Therapieeinheiten und wird von Neurologen empfohlen, da Studien gezeigt haben, dass auch ältere Patienten davon profitieren.
Ambulante Rehabilitation
Alternativ zur stationären Rehabilitation gibt es ambulante Rehabilitationszentren, die den Vorteil bieten, dass Patienten abends und am Wochenende in ihrem gewohnten Umfeld sind. Dies ermöglicht es ihnen, das Training mit den Therapeuten direkt in ihrem Alltag zu erproben. Allerdings sind ambulante Zentren seltener als Kliniken und erfordern, dass die Patienten in der Lage sind, sich selbst zu versorgen oder dass die Versorgung durch Angehörige oder einen Pflegedienst sichergestellt ist.
Ablauf einer stationären neurologischen Rehabilitation
Der Ablauf einer stationären neurologischen Rehabilitation ist in den meisten Kliniken ähnlich. Nach einer Eingangsuntersuchung und einem Aufnahmegespräch werden Therapieziele formuliert und ein individueller Therapieplan erstellt. Die Ziele orientieren sich am Lebensalltag des Patienten und umfassen beispielsweise die Wiederherstellung der Selbstständigkeit im Alltag, die Verbesserung der Mobilität und dieReduzierung von Sprachstörungen. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Unterstützung bei einer notwendigen Umstellung des Lebensstils, um einen erneuten Schlaganfall zu vermeiden.
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Therapiebereiche in der Rehabilitation
Die Rehabilitation umfasst verschiedene Therapiebereiche, die je nach Bedarf des Patienten eingesetzt werden:
- Physiotherapie: Ziel ist die Wiederherstellung der motorischen Fähigkeiten, wie Gehen, Stehen und Greifen. Durch gezielte Übungen werden Muskeln aktiviert, das Gleichgewicht trainiert und die Koordination verbessert. Auch computergestützte Verfahren wie der Lokomat® und der Armeo® können zum Einsatz kommen.
- Ergotherapie: Hier geht es um die Förderung der Selbstständigkeit im Alltag. Patienten üben Alltagsaktivitäten wie Anziehen, Essen und Waschen. Bei Bedarf werden auch Hilfsmittel wie Rollatoren oder Orthesen angepasst und trainiert.
- Logopädie: Die Logopädie behandelt Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen, die häufig nach einem Schlaganfall auftreten. Durch gezielte Übungen werden die Kommunikationsfähigkeit und die Schluckfunktion verbessert.
- Neuropsychologische Therapie: Dieses psychotherapeutische Verfahren wurde speziell für Menschen mit Hirnverletzungen entwickelt. Es dient dazu, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung zu trainieren und den Umgang mit den Einschränkungen im Alltag zu erlernen.
- Pflege: Eine aktivierende Pflege unterstützt die Patienten bei der Körperpflege, beim Essen und beim An- und Auskleiden. Ziel ist es, die Selbstständigkeit der Patienten so weit wie möglich zu erhalten oder wiederherzustellen.
Frührehabilitation
Die Frührehabilitation beginnt unmittelbar nach der Akutbehandlung und zielt darauf ab, die körperlichen Funktionen so schnell wie möglich wiederherzustellen und Folgeschäden zu minimieren. Ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, Therapeuten und Pflegekräften arbeitet eng zusammen, um einen individuellen Rehabilitationsplan zu erstellen.
Herausforderungen in der Rehabilitation
Der Verlauf der Rehabilitation ist individuell unterschiedlich und hängt von der Schwere des Schlaganfalls und den individuellen Voraussetzungen des Patienten ab. Häufige Herausforderungen sind Lähmungen, Sprachstörungen, kognitive Defizite, Schluckstörungen und psychische Belastungen. Es ist wichtig, dass Patienten und ihre Angehörigen Geduld haben und sich realistische Ziele setzen. Die Rehabilitation erfordert viel Fleiß, Willen und ständige Wiederholung, damit das Gehirn lernt.
Nachsorge: Langfristige Unterstützung und Prävention
Nach der Rehabilitation ist eine langfristige Nachsorge wichtig, um die erzielten Fortschritte zu erhalten und weiter zu verbessern. Die Nachsorge umfasst regelmäßige Kontrolltermine beim Arzt, die Fortsetzung der Therapie im ambulanten Bereich und die Anpassung des Lebensstils, um einen erneuten Schlaganfall zu verhindern.
Ärztliche Nachsorge
Die ärztliche Nachsorge erfolgt in der Regel durch den Hausarzt und gegebenenfalls durch Fachärzte wie Neurologen oder Kardiologen. Der Arzt überwacht den Gesundheitszustand des Patienten, passt dieMedikation an und berät ihn hinsichtlich der Prävention eines erneuten Schlaganfalls.
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Ambulante Therapie
Die ambulante Therapie umfasst Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und neuropsychologische Therapie. Die Therapieeinheiten werden individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt.
Lebensstiländerung
Eine gesunde Lebensweise ist entscheidend, um das Risiko eines erneuten Schlaganfalls zu reduzieren. Dazu gehören eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, der Verzicht auf Nikotin und übermäßigen Alkoholkonsum sowie dieReduzierung von Stress. Eine spezielle Ernährung nach einem Schlaganfall kann eine gute Prävention sein, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern. Orientieren Sie sich an den Grundregeln der „mediterranen Diät“: Eine Mischkost aus viel Obst und Gemüse, Olivenöl, Fisch sowie wenig rotem Fleisch.
Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen bieten Schlaganfall-Patienten und ihren Angehörigen eine wichtige Unterstützung. Hier können sie sich austauschen, Erfahrungen teilen und von den Erfahrungen anderer profitieren. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist eine gute Adresse, wenn es darum geht, Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen.
Hilfsmittel und Wohnraumanpassung
Je nach Bedarf können Hilfsmittel wie Rollatoren, Orthesen oder spezielle Essbestecke den Alltag erleichtern. In einigen Fällen ist auch eine Anpassung der Wohnumgebung erforderlich, um die Selbstständigkeit des Patienten zu fördern. Bei Wohnraumanpassungen helfen die kostenlosen Wohnberatungsstellen der Kommunen oder Kreise.
Pflegeleistungen
Bei Bedarf können Schlaganfall-Patienten Pflegeleistungen der Pflegeversicherung beantragen. Voraussetzung hierfür ist ein anerkannter Pflegegrad. Ein Pflegegrad bietet Patienten zahlreiche Vorteile, die ihre Lebensqualität erheblich verbessern können. Pflegegrade sollen sicherstellen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen im täglichen Leben die Pflegeunterstützung bekommen, um ein möglichst lange selbstbestimmtes Leben zu führen und im Voranschreiten von Erkrankungen dafür Sorge zu tragen, dass Patienten finanzielle Unterstützung erhalten, um Pflege zu finanzieren.
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