Ein Schlaganfall kann die Mobilität erheblich beeinträchtigen und das Gehen erschweren. Glücklicherweise gibt es eine Vielzahl von Geräten und Therapieansätzen, die Betroffenen helfen können, ihre Gehfähigkeit wiederzuerlangen oder zu verbessern. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über verschiedene Geräte und Therapien zum Laufenlernen nach einem Schlaganfall, von robotikgestützten Systemen bis hin zu konventionellen Methoden und der Rolle von Angehörigen.
Frührehabilitation: Der Schlüssel zur langfristigen Selbstständigkeit
Die frühe Rehabilitation nach einem Schlaganfall ist entscheidend für die langfristige Selbstständigkeit des Patienten. In den ersten Wochen und Monaten nach dem Ereignis ist das Gehirn besonders lernfähig, was die Neubildung von Verbindungen und die Förderung von Funktionen wie Gehen, Sprechen und Greifen ermöglicht. Die neurologische Frührehabilitation beginnt idealerweise wenige Tage nach dem Schlaganfall, oft schon auf der Intensivstation oder der Schlaganfallstation.
Multiprofessionelle Teams für individuelle Therapiepläne
Ein multiprofessionelles Team aus Ärzten, Pflegekräften, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen und Sozialarbeitern erstellt individuelle Therapiepläne, die flexibel an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden.
Therapieansätze zur Förderung von Bewegung und Gleichgewicht
Etwa zwei von drei Schlaganfallpatienten weisen Defizite der Mobilität auf. Um diesen entgegenzuwirken, wird ein breites Spektrum an Therapien eingesetzt, von konventionellen Methoden wie Laufbändern und Fahrradergometern bis hin zu speziellen Elektrostimulationsverfahren und roboter- bzw. exoskelettgestützten Verfahren. Ziel ist es immer, Mobilität, Stabilität und Koordination gezielt und individuell zu verbessern.
Robotikgestützte Therapien: Neue Chancen für das Gehen lernen
Robotiksysteme helfen insbesondere bei schweren Lähmungen oder Gleichgewichtsstörungen, erste Schritte in aufrechter Körperposition zu trainieren. Der wesentliche Vorteil der Gangroboter besteht darin, dass Patienten mit geringem Aufwand deutlich höhere Schrittzahlen in der Therapie erreichen können. Die trainierten Bewegungen spiegeln sich ins Nervensystem und beeinflussen die Erholung günstig.
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Im Vivantes Klinikum Spandau werden verschiedene Systeme vom stationären zum mobilen Exoskelett bis hin zu speziellen Robotik-Systemen genutzt, die auch die frühe, sichere und intensive Beübung komplexer Bewegungen erlauben. Dies erfordert ein entsprechend ausgebildetes Team von Physiotherapeuten, die die Patienten absichern und motivieren.
Arten von Gangrobotern
Es gibt verschiedene Arten von Gangrobotern, darunter:
- Stationäre Exoskelette: Diese umgeben Beine und Rumpf und unterstützen Bewegungen aktiv.
- Stationäre Endeffektoren: Diese führen lediglich die Füße, während die Gelenke frei bleiben.
- Mobile Exoskelette: Diese ermöglichen es Patienten, sich im Raum zu bewegen und können als Gehhilfe im Alltag dienen.
Studienlage zur Wirksamkeit von Gangrobotern
Die aktuelle Studienlage hinsichtlich Gangrobotern in der neurologischen Rehabilitation nach Schlaganfall ist insgesamt sehr gut. Eine Cochrane Review aus dem Jahr 2020 deutet darauf hin, dass jede achte Gehbehinderung nach einem Schlaganfall durch roboter-assistiertes Gehtraining verhindert werden könnte.
Hinsichtlich des Wiedererreichens der Gehfähigkeit gibt es keine Unterschiede zwischen Exoskelett und Endeffektor. Allerdings schneiden Endeffektor-Geräte in indirekten Vergleichen in Meta-Studien besser ab als Exoskelette hinsichtlich der Verbesserung von Gehgeschwindigkeit und Gangausdauer.
Für wen sind Gangroboter geeignet?
Analysen deuten darauf hin, dass vor allem schwer betroffene Patienten, die gar nicht gehen oder zum Teil noch nicht einmal sitzen können, von dieser Technologie profitieren. Patienten hingegen, die bereits einige Meter weitgehend alleine unter Aufsicht gehen können, profitieren wohl eher nicht von dieser teuren Technologie.
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Konventionelle Therapieansätze
Neben der Robotik gibt es auch eine Reihe konventioneller Therapieansätze, die beim Laufenlernen nach einem Schlaganfall eingesetzt werden:
- Laufbandtraining: Das Laufbandtraining hilft vor allem bei der Verbesserung der Gehgeschwindigkeit und Ausdauer. Bei Bedarf kann ein Gurtsystem angelegt werden, um das Körpergewicht während des Übens zu verringern.
- Balance-Training: Ein Balance-Training ist Bestandteil der Sturzprophylaxe und wird häufig auch in Verbindung mit einem Gangtraining durchgeführt. Es gibt viele Übungen und Geräte, mit denen man seine Balance, Gleichgewicht und Koordination verbessern und trainieren kann.
- Kraft- und Dehnungsübungen: Diese Übungen dienen der Verbesserung und dem Erhalt der Kraft, Beweglichkeit und Flexibilität der Muskeln.
- Training der Bewegungsstrategien: Hierbei werden gezielte Bewegungsabläufe geübt, um die Koordination und Effizienz des Gehens zu verbessern.
- Aufgabenorientiertes Training (AOT): AOT kommt unter anderem für Menschen mit grob- und feinmotorischen Störungen infrage. Ziel ist es, die einzelne Bewegungsabläufe zu verbessern und das Gelernte direkt im Alltag einzusetzen.
- Bobath-Konzept: Das Bobath-Konzept wird zur Befundaufnahme und Behandlung von Menschen mit Störungen des Muskeltonus verwendet. Ziel ist die Verbesserung der funktionellen Fähigkeiten, sodass der Patient wieder am täglichen Leben teilnehmen kann.
- Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT): CIMT ist eine Therapie, bei der der nicht-betroffene Arm immobilisiert wird, um den verstärkten Einsatz des betroffenen Armes im Alltag zu fördern.
Elektrostimulation
Die Elektrotherapie kann dabei helfen, Bewegungsabläufe mit Unterstützung von Elektrostimulation wieder zu erlernen. Es gibt verschiedene Formen der Elektrostimulation:
- Neuromuskuläre Elektrostimulation (NMES): Hierbei werden Elektroden auf dem betroffenen Muskel platziert, um Nerven und Muskeln zu stimulieren und eine Bewegung zu erzeugen.
- EMG (Elektromyographie)-getriggerte Elektrostimulation (EMG-ES): Diese Methode misst die Muskelaktivität und stimuliert den Muskel, sobald eine gewisse Aktivität erreicht wird.
- Funktionelle Elektrostimulation (FES): Hierbei werden mehrere Elektroden auf die Haut geklebt, um mehrere betroffene Muskeln gleichzeitig zu stimulieren und Aktivitäten wie das Greifen und Loslassen von Gegenständen zu ermöglichen.
Weitere Geräte und Hilfsmittel
- Sprunggelenksorthesen: Diese helfen Betroffenen mit einer Fußheberschwäche, die als Folge des Schlaganfalls entstehen kann. Die Orthese korrigiert die Fehlstellung des Fußes und ermöglicht dadurch ein besseres Abrollen.
- Gehhilfen: Rollatoren, Gehstöcke oder andere Gehhilfen können zusätzliche Stabilität und Sicherheit beim Gehen bieten.
- Teilbelastungssysteme: Nach Verletzungen oder Operationen kann mit entsprechender Entlastung auf dem Laufband und anderen Geräten trainiert werden.
Die Rolle der Angehörigen
Angehörige sind oft der wichtigste Halt für Schlaganfallpatienten - emotional, pragmatisch und motivierend. Ein engagiertes soziales Umfeld wirkt sich positiv auf die Prognose aus. Angehörige sollten aktiv in alle wichtigen Prozesse im Rehabilitationsverlauf einbezogen werden, durch Schulungen, Gespräche, Beratung und begleitete Pflegeeinheiten.
Die GEHFABRIK: Ein spezialisiertes Therapiezentrum
Die GEHFABRIK ist ein Therapiezentrum, das sich auf die Rehabilitation von Patienten mit Gehstörungen spezialisiert hat. Das Konzept der GEHFABRIK hat im Mittelpunkt das Gehen, stellvertretend für die Mobilisierung, und die Fabrik, für den Gedanken, mehr aktiv als passiv zu arbeiten. Der Schwerpunkt liegt auf Gehtraining, aufgabenbezogenem Training und Behandlungen, die zur Eigenaktivität der Patienten motivieren und so früh wie möglich zum eigenständigen Handeln führen.
Ausstattung und Spezialisierung
Die GEHFABRIK verfügt über eine umfangreiche und spezialisierte Ausstattung, die eine wirkungsvolle Arbeit mit den Patienten ermöglicht. Die Ausrichtung der Praxis orientiert sich an den evidenzbasierten Empfehlungen in den jeweiligen Leitlinien, z.B. der DGNR oder DGU.
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Therapieangebote
Die GEHFABRIK bietet eine Vielzahl von Therapieangeboten, darunter:
- Gangtraining, auch mit Entlastung, auch als Laufbandtraining
- Verbesserung/Erhalt des Gleichgewichts
- Kraft- und Dehnungsübungen
- Verbesserung/Erhalt der aeroben Kapazität
- Verbesserung/Erhalt der Bewegungsamplituden
- Verbesserung/Erhalt der Bewegungsinitiierung
- Verbesserung/Erhalt der Mobilität und Selbstständigkeit bei Aktivitäten des täglichen Lebens
- Training der Bewegungsstrategien
- Sturzprävention
Medizinische Trainingstherapie
Die Arbeit mit den geeigneten Geräten bedeutet für die GEHFABRIK, für die Patienten die geeigneten Trainingsmöglichkeiten auf der Fläche, auf der Matte und am Gerät zu kombinieren. Dabei können wir auf Geräte zurückgreifen, die auch für Patienten mit stärkeren Einschränkungen in der Beweglichkeit, Gehfähigkeit oder Leistungsfähigkeit geeignet sind. Nachweisbare Erfolge in der Gehtherapie, speziell auch bei neurologischen Krankheitsbildern, setzen in der Rehabilitation eine hohe Intensität und eine hohe Wiederholungsrate des Trainings voraus.
Gesichertes Geh- und Laufband-Training
In der GEHFABRIK ist ein gesichertes Geh- und Laufband-Training möglich (aktiv/passiv). Es gibt zwei Steh- und Balance-Trainer für das Oberkörpertraining und die Rumpfstabilität. Ein gesichertes Ganzkörpertraining, je nach Beeinträchtigung, ist im NuStep möglich.
Wichtige Überlegungen und Tipps
- Frühzeitiger Beginn der Rehabilitation: Je früher die Rehabilitation beginnt, desto besser sind die Chancen auf eine erfolgreiche Wiederherstellung der Gehfähigkeit.
- Individuelle Therapiepläne: Jeder Patient ist anders, daher ist es wichtig, einen individuellen Therapieplan zu erstellen, der auf die spezifischen Bedürfnisse und Ziele des Patienten zugeschnitten ist.
- Realistische Ziele setzen: Es ist wichtig, realistische Ziele zu setzen und sich nicht von Rückschlägen entmutigen zu lassen.
- Dranbleiben: Rehabilitation ist ein Marathon, kein Sprint. Es ist wichtig, dranzubleiben und kontinuierlich zu trainieren, auch wenn die Fortschritte langsam sind.
- Einbindung der Angehörigen: Angehörige können eine wichtige Rolle bei der Unterstützung und Motivation des Patienten spielen.
- Professionelle Unterstützung suchen: Es ist wichtig, sich von einem qualifizierten Team aus Ärzten, Therapeuten und anderen Fachleuten unterstützen zu lassen.