Einleitung
Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Problem, das viele Ursachen haben kann. Eine davon ist der Druck eines Dornfortsatzes auf einen Nerv. Der Dornfortsatz ist ein knöcherner Vorsprung an der Rückseite jedes Wirbels. Wenn dieser auf einen Nerv drückt, kann dies zu Schmerzen, Taubheit und anderen Symptomen führen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten, wenn ein Dornfortsatz auf einen Nerv drückt.
Anatomie der Wirbelsäule und des Dornfortsatzes
Um die Problematik besser zu verstehen, ist ein kurzer Exkurs in die Anatomie der Wirbelsäule notwendig. Die Wirbelsäule besteht aus einzelnen knöchernen Wirbelkörpern, die durch Bandscheiben aus Bindegewebe voneinander getrennt sind. Die Bandscheiben dienen als Puffer und ermöglichen die Beweglichkeit der Wirbelsäule.
Jeder Wirbel besteht aus einem Wirbelkörper und einem Wirbelbogen, die gemeinsam das Wirbelloch bilden. Durch die Übereinanderlagerung der Wirbellöcher entsteht der Wirbelkanal, in dem das Rückenmark verläuft. Vom Wirbelbogen gehen verschiedene Fortsätze ab, darunter der Dornfortsatz (Processus spinosus), der sich an der Rückseite des Wirbels befindet.
Der Dornfortsatz dient als Ansatzpunkt für Muskeln und Bänder, die für die Stabilisierung und Bewegung der Wirbelsäule wichtig sind. Die Form und Ausrichtung der Dornfortsätze variiert je nach Abschnitt der Wirbelsäule.
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Halswirbelsäule (HWS): Der Dornfortsatz des ersten Halswirbels (Atlas) ist reduziert. Die Dornfortsätze der Wirbel C2 bis C6 sind kurz, gegabelt und leicht nach hinten unten geneigt. Der Dornfortsatz des siebten Halswirbels (C7) ist besonders prominent und gut tastbar.
Brustwirbelsäule (BWS): Die Dornfortsätze der Brustwirbel sind lang, spitz und überlagern sich dachziegelartig.
Lendenwirbelsäule (LWS): Die Dornfortsätze der Lendenwirbel sind kräftig, lang und horizontal nach hinten gerichtet.
Kreuzbein (Os sacrum): Hier sind die Dornfortsätze weitestgehend zurückgebildet.
Ursachen für Druck auf einen Nerv
Es gibt verschiedene Ursachen, die dazu führen können, dass ein Dornfortsatz auf einen Nerv drückt.
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Bandscheibenvorwölbung
Eine Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) liegt vor, wenn der Faserring einer Bandscheibe seine runde Form verlässt und sich in Richtung des Nervenkanals vorwölbt. Dies kann in jedem Bereich der Wirbelsäule passieren, besonders häufig jedoch in der Lendenwirbelsäule (LWS). Durch die Vorwölbung kann Druck auf die Nervenwurzeln ausgeübt werden, was zu Schmerzen und anderen Symptomen führt.
Eine Bandscheibenvorwölbung ist jedoch kein Bandscheibenvorfall. Bei einem Bandscheibenvorfall reißt der Faserring (Anulus fibrosus) ein, und der gallertartige Kern (Nukleus) verlagert sich in diesen Riss. Bei einer Vorwölbung bleibt der Faserring intakt, wölbt sich aber aus. Eine Bandscheibenvorwölbung kann als Vorstufe eines Bandscheibenvorfalls betrachtet werden.
Dornfortsatzbruch
Ein gebrochener Dornfortsatz (Processus spinosus Fraktur) ist eine Fraktur des knöchernen Vorsprungs eines Wirbels. Diese Frakturen treten häufig infolge von Traumata oder Sportverletzungen auf und verursachen Schmerzen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen.
Morbus Baastrup
Morbus Baastrup, auch bekannt als Baastrup-Syndrom oder "Kissing Spine Disease", ist eine Erkrankung, bei der benachbarte Dornfortsätze durch eine verstärkte Lordose oder andere mechanische Belastungen miteinander in Kontakt kommen. Die Erkrankung tritt häufig bei Menschen mit einer übermäßigen Hohlkreuzhaltung oder Fehlbelastungen der Wirbelsäule auf.
Facettensyndrom
Ein Facettensyndrom (Facettenarthrose) entsteht durch altersbedingte Veränderungen an der Wirbelsäule, die zu einer Reizung der Nerven in den Facettengelenken (Wirbelgelenken) führen. Diese Veränderungen können ebenfalls Druck auf die Nerven ausüben.
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Andere Ursachen
Weitere mögliche Ursachen für Druck auf einen Nerv durch einen Dornfortsatz sind:
- Spondylolisthesis (Wirbelgleiten): Hierbei verschiebt sich ein Wirbel gegenüber dem angrenzenden Wirbel.
- Skoliose: Eine angeborene oder erworbene Fehlstellung der Wirbelsäule.
- Osteoporose: Knochenschwund, der die Wirbel anfälliger für Frakturen macht.
- Tumoren: Selten können Tumoren im Bereich der Wirbelsäule Druck auf die Nerven ausüben.
Symptome
Die Symptome, die durch den Druck eines Dornfortsatzes auf einen Nerv verursacht werden, können vielfältig sein und hängen von der Lokalisation und dem Ausmaß des Drucks ab.
Schmerzen
Schmerzen sind das häufigste Symptom. Sie können lokal im Bereich der betroffenen Wirbelsäule auftreten oder in andere Körperteile ausstrahlen. Bei einer Bandscheibenvorwölbung in der LWS können die Schmerzen beispielsweise ins Bein ausstrahlen (Ischias). Die Schmerzen werden oft als einschießend, spitz oder scharf beschrieben.
Taubheits- und Kribbelgefühle
Wenn ein Nerv durch den Druck des Dornfortsatzes stark komprimiert wird, kann dies zu Taubheits- und Kribbelgefühlen in den von diesem Nerv versorgten Bereichen führen. Im Falle einer LWS-Problematik können diese Gefühle in den Beinen auftreten.
Muskelschwäche
Eine starke Kompression eines Nervs kann zu Muskelschwäche in den von diesem Nerv versorgten Muskeln führen. Dies kann sich beispielsweise durch Schwierigkeiten beim Gehen oder Heben von Gegenständen äußern.
Reflexstörungen
Reflexe sind unwillkürliche Muskelaktionen, die durch das Aktivieren eines bestimmten Nervs ausgelöst werden. Durch den Druck auf einen Nerv können auch die Reflexe beeinträchtigt sein.
Weitere Symptome
Je nach Ursache und Lokalisation des Drucks können weitere Symptome auftreten:
- Bewegungseinschränkungen: Schmerzen und Muskelverspannungen können die Beweglichkeit der Wirbelsäule einschränken.
- Muskelkrämpfe: Verspannungen und Reizungen der Muskulatur können zu Muskelkrämpfen führen.
- Urin- und Stuhlinkontinenz: In seltenen Fällen, insbesondere bei tief gelegenen Vorwölbungen im Kreuzbeinbereich, kann es zu Problemen mit der Blasen- und Darmfunktion kommen.
Diagnose
Die Diagnose, ob ein Dornfortsatz auf einen Nerv drückt, umfasst in der Regel mehrere Schritte.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Zunächst wird der Arzt eine ausführliche Anamnese erheben, um die Krankengeschichte des Patienten zu erfassen. Dabei werden Fragen zu den Symptomen, deren Beginn und Verlauf, sowie zu möglichen Auslösern und Vorerkrankungen gestellt.
Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei der der Arzt die Wirbelsäule abtastet, die Beweglichkeit prüft und neurologische Tests durchführt, um die Funktion der Nerven zu überprüfen.
Bildgebende Verfahren
Um die Ursache der Beschwerden zu identifizieren und den Druck auf den Nerv zu visualisieren, kommen in der Regel bildgebende Verfahren zum Einsatz.
Röntgen: Ein Röntgenbild kann knöcherne Veränderungen wie Frakturen, Arthrose oder Wirbelgleiten darstellen. Es ist jedoch nicht geeignet, Weichteile wie Bandscheiben oder Nerven darzustellen.
Magnetresonanztomografie (MRT): Das MRT ist das bildgebende Verfahren der Wahl, um Bandscheibenvorfälle, Bandscheibenvorwölbungen, Nervenkompressionen und andere Weichteilveränderungen darzustellen.
Computertomografie (CT): Eine CT kann in bestimmten Fällen, insbesondere bei knöchernen Fragestellungen, ergänzend zum MRT eingesetzt werden.
Weitere diagnostische Maßnahmen
In einigen Fällen können weitere diagnostische Maßnahmen erforderlich sein:
Diskographie: Hierbei wird Kontrastmittel in die Bandscheibe gespritzt, um das Ausmaß der Vorwölbung im Röntgenbild kontrastreich und eindeutig darstellen zu können. Dies ist indiziert, wenn eine Operation an der Lendenwirbelsäule geplant ist.
Elektromyogramm (EMG): Das EMG ist ein diagnostisches Mittel, um die elektrische Aktivität einzelner Muskeln messen und vergleichen zu können. Bei einer Bandscheibenvorwölbung kann es dabei helfen einzuschätzen, wie sehr die nachgeschalteten Muskeln eines bestimmten Nervs in ihrer Funktion eingeschränkt sind.
Diagnostischer Block (Facettenblockade): Dabei wird ein Mittel zur örtlichen Betäubung möglichst nah an die mutmaßlich schmerzauslösenden Nerven gespritzt, um sie vorübergehend zu betäuben. Lassen die Schmerzen dann für einige Stunden deutlich nach, nimmt man an, dass das „blockierte“ Facettengelenk den Schmerz auslöst.
Behandlung
Die Behandlung, wenn ein Dornfortsatz auf einen Nerv drückt, richtet sich nach der Ursache, dem Ausmaß der Beschwerden und dem individuellen Zustand des Patienten. In den meisten Fällen kommen konservative Behandlungsmethoden zum Einsatz. Operative Eingriffe sind nur in seltenen Fällen erforderlich.
Konservative Behandlung
Schmerzlinderung: Schmerzmittel können helfen, die Schmerzen zu lindern. Zum Einsatz kommen in der Regel nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac. Bei stärkeren Schmerzen können auch Opioide verschrieben werden. Zusätzlich kann eine Kortisonspritze schmerzlindernd wirken. Die örtliche Applikation mit Voltarensalbe ist bei einer Bandscheibenvorwölbung nicht sehr hilfreich, da sie zu oberflächlich ist.
Physiotherapie: Physiotherapie ist ein wichtiger Bestandteil der konservativen Behandlung. Ziel ist es, die Muskulatur zu stärken, die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu verbessern und Fehlhaltungen zu korrigieren.
Wärme- und Kälteanwendungen: Wärme kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen, während Kälte Entzündungen reduzieren kann.
Entlastung: Eine Entlastung der Wirbelsäule kann helfen, den Druck auf den Nerv zu reduzieren. Dies kann beispielsweise durch das Liegen auf dem Rücken mit angewinkelten Beinen oder durch das Tragen einer Stützbandage erreicht werden.
Periradikuläre Therapie (PRT): Bei einer PRT wird ein Gemisch aus Kortison und einem Betäubungsmittel direkt an die Wurzel des gereizten Nervs gebracht.
Operative Behandlung
Eine Operation ist in der Regel nur dann erforderlich, wenn die konservativen Behandlungsmethoden nicht ausreichend helfen oder wenn neurologische Ausfälle wie Muskelschwäche oder Blasen- und Darmfunktionsstörungen auftreten.
Es gibt verschiedene operative Verfahren, die je nach Ursache des Drucks auf den Nerv in Frage kommen:
- Mikrodiskektomie: Bei einem Bandscheibenvorfall wird der vorgefallene Teil der Bandscheibe entfernt, um den Nerv zu entlasten.
- Laminektomie: Hierbei wird ein Teil des Wirbelbogens entfernt, um den Nervenkanal zu erweitern und den Druck auf den Nerv zu reduzieren.
- Spondylodese (Wirbelversteifung): Bei Instabilität der Wirbelsäule kann eine Versteifung der betroffenen Wirbel erforderlich sein.
Vorbeugung
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die dazu beitragen können, den Druck eines Dornfortsatzes auf einen Nerv zu verhindern:
- Gesunde Körperhaltung: Achten Sie auf eine aufrechte Körperhaltung im Sitzen, Stehen und Gehen.
- Ergonomischer Arbeitsplatz: Gestalten Sie Ihren Arbeitsplatz ergonomisch, um Fehlbelastungen zu vermeiden.
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung und Sport stärken die Muskulatur und fördern die Beweglichkeit der Wirbelsäule.
- Gewichtskontrolle: Übergewicht belastet die Wirbelsäule zusätzlich.
- Vermeidung von Fehlbelastungen: Heben Sie schwere Gegenstände richtig, vermeiden Sie ruckartige Bewegungen und tragen Sie Lasten nah am Körper.
- Stressmanagement: Stress kann zu Muskelverspannungen führen. Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen.
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