Gesichtsfeldausfall nach Schlaganfall: Ursachen und Therapie

Ein Gesichtsfeldausfall kann eine erhebliche Belastung im Alltag darstellen, die durch verschiedene Ursachen wie Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Tumorerkrankungen oder diabetische Retinopathie ausgelöst werden kann. Viele Betroffene bemerken zunächst nur kleine Ausfälle, was die Diagnose erschwert. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten eines Gesichtsfeldausfalls nach einem Schlaganfall, um Betroffenen und Angehörigen ein umfassendes Verständnis dieser Beeinträchtigung zu ermöglichen.

Was ist ein Gesichtsfeldausfall?

Das Gesichtsfeld bezeichnet den Bereich, der bei unbewegtem, geradeaus gerichtetem Blick wahrgenommen wird. Bei einer Schädigung von Hirnarealen durch Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Tumorerkrankungen oder diabetische Retinopathie kann die Sehverarbeitung beeinträchtigt werden. Dies führt dazu, dass Teile des Sehvermögens verloren gehen oder nur noch unvollständig funktionieren. Insbesondere nach einem Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma treten Gesichtsfeldeinschränkungen plötzlich auf.

Ein Gesichtsfeldausfall kann unterschiedliche Formen annehmen, von kleinen blinden Flecken (Skotomen) bis hin zum Ausfall einer kompletten Gesichtshälfte (Hemianopsie). Betroffene bemerken möglicherweise, dass ein Teil der Textzeile beim Lesen fehlt oder dass sie Hindernisse auf der Straße übersehen. Die Ausprägung des Gesichtsfeldausfalls kann auf beiden Augen unterschiedlich stark sein, betrifft aber in der Regel dieselbe Seite.

Ursachen von Gesichtsfeldausfällen nach Schlaganfall

Ein Schlaganfall kann verschiedene Arten von Sehstörungen verursachen. Zum einen kann das Auge oder die Sehbahn direkt betroffen sein, wenn die Blutversorgung nicht ausreicht. Dies kann zur Erblindung auf einem Auge führen. Zum anderen kann eine Hirnregion betroffen sein, die für die Verarbeitung der Augeninformationen zuständig ist. In diesem Fall ist das Auge intakt, aber die Informationsverarbeitung im Gehirn funktioniert nicht richtig, was zu Wahrnehmungsstörungen führt.

Weitere Ursachen für Gesichtsfeldausfälle sind:

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  • Schädel-Hirn-Trauma: Verletzungen des Gehirns können die Sehbahnen und -zentren schädigen.
  • Tumorerkrankungen: Tumore im Gehirn können Druck auf die Sehbahnen ausüben oder diese direkt schädigen.
  • Diabetische Retinopathie: Diese Augenerkrankung, die durch Diabetes verursacht wird, kann die Netzhaut schädigen und zu Gesichtsfeldausfällen führen.
  • Neurologische Ursachen: Migräne und Multiple Sklerose können ebenfalls Skotome verursachen. Während einer Migräneattacke können vorübergehende Skotome auftreten, die von flimmernden Lichtern bis hin zu vorübergehenden blinden Flecken im Sichtfeld reichen. Multiple Sklerose kann den Sehnerv beeinträchtigen und Skotome verursachen.
  • Augenerkrankungen: Glaukom (Grüner Star) kann den Sehnerv schädigen und zu Skotomen führen. Makuladegeneration kann zu einem zentralen Skotom führen, während eine Netzhautablösung einen plötzlichen Verlust des peripheren Gesichtsfelds verursachen kann.
  • Traumatische Ursachen: Verletzungen des Auges oder des Sehnervs können ebenfalls Skotome verursachen.

Symptome von Gesichtsfeldausfällen

Die Symptome eines Gesichtsfeldausfalls können je nach Größe, Position und Ursache variieren. Häufige Symptome sind:

  • Einschränkungen im Sichtfeld: Objekte oder Bereiche können nicht klar oder gar nicht wahrgenommen werden.
  • Dunkle oder blinde Flecken im Sehen: Skotome manifestieren sich oft als dunkle oder blinde Flecken im Sichtfeld.
  • Veränderungen in der Wahrnehmung von Farben oder Kontrasten: Eine abnormale Farbwahrnehmung oder Schwierigkeiten beim Erkennen von Unterschieden in der Helligkeit können auftreten.
  • Augenflimmern: Ein Flimmerskotom ist eine spezielle Art von Skotom, die durch flimmernde oder blinkende Lichterscheinungen gekennzeichnet ist.
  • Probleme beim Lesen: Satzanfänge oder -enden werden übersehen, was die Lesegeschwindigkeit verringert.
  • Unsicherheit im öffentlichen Raum und im Straßenverkehr: Ein eingeschränktes Blickfeld erschwert die Orientierung und das Erkennen von Hindernissen.
  • Stossen an Gegenständen: Hindernisse werden übersehen, was zu Stössen führen kann.

Diagnose von Gesichtsfeldausfällen

Ein vermuteter Gesichtsfeldausfall lässt sich zunächst mit einem sogenannten Konfrontationstest grob abschätzen. Erste Hinweise ergeben sich häufig aus berichteten Problemen sowie einer genauen Verhaltensbeobachtung des Betroffenen. Eine umfassende Diagnose umfasst in der Regel:

  • Augenärztliche Untersuchung: Der Augenarzt untersucht die Augen und das Gesichtsfeld, um die Art und den Umfang des Ausfalls zu bestimmen.
  • Neurologische Untersuchung: Ein Neurologe untersucht das Nervensystem, um die Ursache des Gesichtsfeldausfalls zu ermitteln.
  • Bildgebende Verfahren: MRT- oder CT-Scans des Gehirns können helfen, Schädigungen oder Tumore zu identifizieren.

Therapie von Gesichtsfeldausfällen

Die Therapie von Gesichtsfeldausfällen zielt darauf ab, die verbleibenden Funktionen des Gesichtsfelds zu nutzen und die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern. Es gibt verschiedene Behandlungsansätze, die je nach Ursache und Ausprägung des Gesichtsfeldausfalls eingesetzt werden können.

Kompensationstraining

Das Ziel des Kompensationstrainings ist es, die noch erhaltenen Funktionen des Gesichtsfelds zu nutzen.

  • Sakkadentraining: Dieses Training verbessert die Suchbewegungen (Sakkaden) in dem betroffenen Gesichtsfeldbereich, was zu einer Vergrößerung des Suchfeldes führt. Es gibt speziell entwickelte Trainingsprogramme, die am Computer oder mit Unterstützung von Therapeuten durchgeführt werden können.
  • Explorationstraining: Dieses Training führt ebenfalls zur Vergrößerung des Suchfeldes und kann beispielsweise mit Papier- und Bleistift-Aufgaben durchgeführt werden. Dabei sollen bestimmte Wörter, Buchstaben oder Zahlen gesucht werden. Computergestützte Programme wie Cogpack können ebenfalls eingesetzt werden.

Restitutionstraining

Das Restitutionstraining zielt auf die teilweise Wiederherstellung der Sehfähigkeit in der betroffenen Region ab.

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  • Stimulation mit Licht-, Farb- oder Formreizen: Hier erfolgt eine Stimulation über Licht-, Farb- oder Formreize, auf die mit Drücken einer Taste reagiert werden soll. Dieses Training wird in der Regel computergestützt und unter Anleitung eines Therapeuten durchgeführt.

Eigenübungen

Neben den computergestützten Programmen gibt es auch die Möglichkeit, selbstständig zu üben.

  • Fernsehtraining: Dabei fixiert der Patient einen Punkt an der Zimmerwand neben dem Fernseher. Der Fernseher sollte sich dann genau an der visuellen Wahrnehmungsgrenze im Randgebiet der Hemianopsie befinden. Der Patient versucht, die Personen oder Ereignisse auf dem Fernsehbild zu erraten, ohne den Blick auf den Fernseher zu richten. Voraussetzung für diese Übung ist, dass der Fernseher stumm geschaltet wird.

Weitere Therapieansätze

  • SAVIR-Therapie: Diese ganzheitliche Therapie kombiniert nicht-invasive Augen- und Hirnstimulation, Sehtraining und Stressreduktion. Sie zielt darauf ab, die Synchronisation des Gehirns zu fördern und die bestmögliche Aktivierung und Zusammenarbeit der verbliebenen Nervenzellen zu erreichen.
  • Lesetherapie: Neuropsychologen haben eine Lesetherapie entwickelt, die das Lesevermögen von Patienten mit Gesichtsfeldeinschränkungen verbessert. Diese Therapie kombiniert verschiedene Methoden, darunter das Lesen von Fließtexten, die schnelle serielle visuelle Präsentation (RSVP) von einzelnen Wörtern und die Technik des bewegten Fensters.

Hilfsmittel und Anpassungen im Alltag

Neben den spezifischen Therapien gibt es auch verschiedene Hilfsmittel und Anpassungen, die Betroffenen helfen können, ihren Alltag besser zu bewältigen:

  • Räumliche Anpassungen: Entfernen Sie potenzielle Hindernisse und schaffen Sie klare Wege für eine bessere Orientierung.
  • Beleuchtung: Sorgen Sie für eine gute Beleuchtung, um Kontraste zu verbessern und Schatten zu minimieren.
  • Kontraste nutzen: Verwenden Sie kontrastreiche Farben und Muster, um Objekte und Konturen deutlicher erkennen zu können.
  • Vergrößerungshilfen: Verwenden Sie Lupen oder elektronische Sehhilfen, um Texte und Objekte zu vergrößern.
  • Sprachgesteuerte Technologie: Nutzen Sie sprachgesteuerte Assistenten oder Sprachbefehle, um Informationen abzurufen oder Aufgaben auszuführen.
  • Orientierungshilfen: Markieren Sie wichtige Punkte in Ihrer Umgebung mit farbigen Aufklebern oder Tastmarkierungen.
  • Unterstützung suchen: Wenden Sie sich an Selbsthilfegruppen oder Organisationen für Menschen mit Sehbehinderungen.

Prognose von Gesichtsfeldausfällen

Die Prognose von Gesichtsfeldausfällen hängt von der Ursache und dem Ausmaß der Schädigung ab. Bei einigen Patienten verbessert sich die Situation innerhalb der ersten Wochen nach dem Schlaganfall. Wer nach sechs Monaten noch Ausfälle hat, muss jedoch damit rechnen, dass sie dauerhaft sind.

Es ist wichtig zu beachten, dass auch wenn ein Gesichtsfeldausfall nicht vollständig heilbar ist, eine frühzeitige Diagnose und angemessene Behandlung das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und das verbleibende Sehvermögen erhalten können. Durch gezieltes Training und den Einsatz von Hilfsmitteln können Betroffene lernen, mit den Einschränkungen umzugehen und ihren Alltag selbstständiger zu gestalten.

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