Der Wunsch nach einem klaren Kopf und gesteigerter Konzentration ist weit verbreitet. Natürliche Helfer wie Ginkgo und Ginseng erfreuen sich großer Beliebtheit. Ginseng, insbesondere der koreanische Ginseng, wird seit Jahrhunderten in der traditionellen asiatischen Medizin für seine stärkenden Eigenschaften geschätzt. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkung von Ginseng auf das Gehirn, basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Studien und traditionellem Wissen.
Was ist Ginseng?
Ginseng, botanisch bekannt als Panax Ginseng C.A. Meyer, ist eine Waldpflanze, die ursprünglich aus den Bergwäldern Chinas und Koreas stammt. Die Ginsengpflanze entwickelt einen 30 bis 60 Zentimeter langen Stängel mit ahornähnlichen, handförmig geteilten Blättern. Im Frühjahr und Sommer bildet sie unscheinbare Blüten, aus denen sich hellrote Beeren entwickeln. Arzneilich verwendet wird ausschließlich die Wurzel. Der Begriff „Ginseng“ hat seinen Ursprung in dem chinesischen Wort „rénshēn“, wobei „rén“ „Mensch“ und „shēn“ Pflanzenwurzel bedeutet, was sich auf die menschenähnliche Form der Wurzel bezieht. Der Name der Pflanzengattung „Panax“ bedeutet im Griechischen „heilt alles“.
Verschiedene Ginseng-Arten
Es gibt verschiedene Ginseng-Arten, darunter:
- Panax ginseng (Asiatischer Ginseng, auch Roter oder Koreanischer Ginseng genannt): Er soll das Nervensystem stimulieren und die kognitive Leistungsfähigkeit fördern.
- Panax quinquefolius (Amerikanischer Ginseng): Er wirkt entspannend und bekämpft Müdigkeit.
- Eleutherococcus senticosus (Sibirischer Ginseng): Er kann Müdigkeit bekämpfen und das Immunsystem stärken.
Roter und weißer Ginseng stammen von derselben Pflanze (Panax ginseng C.A. Meyer), werden aber unterschiedlich konserviert. Roter Ginseng wird durch zusätzliche Behandlung der Wurzeln mit heißer Luft gewonnen, wodurch er seine rötliche Farbe erhält.
Die wichtigsten Inhaltsstoffe: Ginsenoside
Die pharmakologisch relevanten Inhaltsstoffe der Ginsengwurzel sind Ginsenoside, spezielle Triterpensaponine. Mittlerweile wurden über 30 Einzelverbindungen identifiziert, wobei der Gehalt an Ginsenosiden ausschlaggebend für die Wirksamkeit ist. Ginsenoside werden je nach ihrer chemischen Struktur in zwei grundlegende Gruppen unterteilt: Protopanaxadiole und Protopanaxatriole. Studien zeigen, dass Ginsenoside teilweise durch Mikroorganismen in der Darmmikrobiota metabolisiert werden, wobei zusätzliche Metaboliten gebildet werden, die absorbiert werden.
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Ginseng und seine Wirkung auf das Gehirn
Die moderne Forschung geht davon aus, dass die Ginsengwirkstoffe (Ginsenoside) in der Hypothalamus-Hypophysen-Region des Gehirns ansetzen, wo die körperlichen und geistigen Bedürfnisse des Körpers gesteuert werden. Ginseng sorgt dafür, dass unser Gehirn sensibler reagiert und die Nervenzellen aktiver sind, wodurch der aktuelle Körperstatus schneller erfasst und angepasst werden kann.
Positive Effekte auf kognitive Funktionen
Für Ginseng wurde bereits bewiesen, dass er positive Effekte auf kognitive Funktionen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnisleistung und Reaktionszeiten bei gesunden Personen hat. Viele Anwender berichten von einer Stärkung der Hirnfunktionen sowie der mentalen Leistungsfähigkeit. Dies wird auf verschiedene Weisen erzielt:
- Gedächtnisleistung: Studien belegen positive Wirkungen auf die Gedächtnisleistung.
- Reaktionszeit: Ginseng kann die Reaktionszeit verbessern.
- Lerngeschwindigkeit: Die Lerngeschwindigkeit kann durch Ginseng gefördert werden.
- Speicherfähigkeit: Auch die Speicherfähigkeit kann positiv beeinflusst werden.
- Schutz und Reparatur von Neuronen: Forscher bestätigen, dass Ginseng Neuronen im Hirn und im Nervensystem schützen und reparieren kann.
Ginseng als Nootropikum
Ginseng wird als Nootropikum eingesetzt, um das Gedächtnis zu fördern sowie Energie und Stressresistenz zu steigern. Es gibt jedoch wenige Studien, die die Hirnleistung von Menschen, die Ginseng einnehmen, mit der einer Vergleichsgruppe untersucht haben. Der positive Effekt von Ginseng auf die kognitiven Fähigkeiten des Menschen ist noch nicht eindeutig belegt.
Ginseng bei Alzheimer Demenz
Mit steigendem Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung hat auch das Auftreten von Erkrankungen wie Alzheimer Demenz stetig zugenommen. Klinische Studien befassen sich zunehmend mit Heilpflanzen und deren Potential für eine wirksame Vorbeugung oder zumindest eine verlangsamte Progression.
Einfluss von Ginseng auf den Abbau von Abeta
Forscher der Mayo-Klinik in Florida untersuchten den Einfluss von Ginseng auf den Abbau von „Abeta“ (Alzheimer’s Amyloid-beta-Peptid) mithilfe eines Zell-Modellsystems. Die Studie erbrachte folgende Ergebnisse:
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- Ginseng und mehrere seiner isolierten Inhaltsstoffe bewirken eine deutliche Reduzierung der Konzentration von Abeta in der Zelle.
- Diese Wirkung ist dosisabhängig, d.h. je höher die Dosis, desto größer die Reduktion.
- Die Ginseng-Inhaltsstoffe wirken, indem sie die Aktivität der zellulären Abbausysteme (Proteasomen) steigern.
Langzeitstudie zur Wirkung von Ginseng bei Alzheimer-Patienten
Eine langfristig angelegte klinische Studie hatte zum Ziel, den Langzeiteffekt einer Ginsengeinnahme als begleitende Therapie zu konventionellen Anti-Demenz-Medikamenten bei Alzheimer Erkrankung zu klären sowie Veränderungen kognitiver Fähigkeiten während der länger andauernden Versuchsreihe zu überwachen. Insgesamt wurden 61 Patienten im Alter zwischen 50 und 80 Jahren über einen Gesamtzeitraum von 2 Jahren untersucht. Die Ergebnisse zeigten:
- Eine messbare Verbesserung der Lebensqualität trat schon nach 3 Monaten und geringer Ginsengdosis (4,5 g/Tag) auf.
- Sowohl mit zunehmender Einnahmedauer (6 Monate) als auch steigender Ginsengdosis (9 g/Tag) verbesserten sich die kognitiven Fähigkeiten und somit die Lebensqualität nochmals entscheidend.
- Diese deutliche Verbesserung der Lebensqualität bleibt bei weiterer Ginseng-Einnahme auch über mindestens 2 Jahre erhalten.
Ginseng zur Stressbewältigung und Stimmungsverbesserung
Ginseng wird oft als natürlicher Energie- und Stimmungsbooster genutzt. Besonders geschätzt wird er für seine adaptogenen Eigenschaften, die den Körper besser an Stress anpassen können. Ginseng stärkt die Bildung der Neurotransmitter Serotonin und Dopamin - die sogenannten Glückshormone im Gehirn. Dies wirkt sich positiv auf Ihre Stimmung und Ihren Schlaf aus. Ginseng kann Jugendlichen bei Prüfungssituationen in Schule und Ausbildung zu erhöhter Konzentration verhelfen, Prüfungsängste abbauen und Prüfungsstress vermeiden. Erwachsenen verschafft er die notwendige Ausgeglichenheit, um private und berufliche Stressphasen zu bewältigen und das innere Gleichgewicht wieder herzustellen. So kann einem "Burn-out" gezielt vorgebeugt werden.
Weitere positive Effekte von Ginseng
Neben den Auswirkungen auf das Gehirn, kann Ginseng auch bei folgenden Beschwerden helfen:
- Immunfunktion: Die Einnahme von koreanischem Ginseng wirkt sich positiv auf das menschliche Immunsystem aus, was wahrscheinlich auf die Stimulierung der Produktion von Makrophagen und T‑Lymphozyten zurückzuführen ist.
- Blutzuckerspiegel: Ginseng kann den Blutzuckerspiegel senken und somit bei Diabetes helfen.
- Erektile Dysfunktion: Studien haben gezeigt, dass Ginseng bei erektiler Dysfunktion helfen kann.
- Wechseljahresbeschwerden: Ginseng kann die Häufigkeit und Intensität von Hitzewallungen und nächtlichen Schweißausbrüchen bei Frauen in den Wechseljahren senken.
- Entzündungen: Ginseng wirkt entzündungshemmend und kann bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen eingesetzt werden.
- Krebstherapien: US-amerikanische Studien haben gezeigt, dass Ginseng Krebskranken helfen kann, ihre Therapien besser zu verkraften.
Anwendung und Dosierung von Ginseng
Ginseng kann roh oder leicht gedünstet verzehrt werden. Die Wurzel ist vor allem in Nordamerika sowie auf der Nordhalbkugel in Ostasien heimisch. In unserem Kulturkreis wird Ginseng am ehesten mit Nahrungsergänzungsmitteln in Verbindung gebracht, wobei Ginseng am häufigsten allein oder als Teil eines Multivitaminpräparats eingenommen wird. Bei regelmäßiger Einnahme wird meist eine Tagesdosis von 200-400 mg koreanischen Ginsengextrakts empfohlen. Hochwertige Extrakte sind in der Regel auf ihren Ginsenosidgehalt standardisiert, wobei die gängigste Spanne zwischen 4-10 % Ginsenosiden liegt. Ginseng darf über einen Zeitraum von drei Monaten regelmäßig eingenommen werden.
Sicherheitshinweise und Nebenwirkungen
Ginseng verursacht normalerweise nur milde Nebenwirkungen. Bei manchen Menschen wirkt er stimulierend und kann Nervosität und Schlaflosigkeit verursachen. Eine langfristige Einnahme oder die Verwendung hoher Dosen kann zu Kopfschmerzen, Schwindel, Magenbeschwerden und anderen Symptomen führen. Bei Frauen, die regelmäßig Ginseng einnehmen, kann sich der Menstruationszyklus verändern.
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Wechselwirkungen mit Medikamenten
Da Ginseng den Blutzuckerspiegel beeinflussen kann, sollten Diabetiker, die Medikamente zur Stabilisierung ihres Blutzuckerspiegels einnehmen, Ginseng nicht ohne Rücksprache mit ihrem Arzt einnehmen. Es bestehen Wechselwirkungen zwischen Ginseng und Warfarin sowie einigen Antidepressiva.
Gegenanzeigen
Da Ginseng hormonell wirken kann, wird er nicht für Schwangere, Stillende oder Frauen mit hormonabhängigen Erkrankungen empfohlen. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Bluthochdruck sollten vorsichtig sein.
Fazit
Ginseng ist eine vielseitige Heilpflanze mit einer langen Tradition in der asiatischen Medizin. Studien deuten auf positive Effekte auf die kognitiven Funktionen, die Stressbewältigung und die allgemeine Gesundheit hin. Insbesondere der koreanische Ginseng scheint vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von Alzheimer Demenz zu zeigen. Es ist jedoch wichtig, Ginseng in Maßen zu konsumieren und mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten zu beachten. Bei bestehenden gesundheitlichen Problemen sollte vor der Einnahme von Ginseng ein Arzt konsultiert werden.